VwGH 2009/12/0166

VwGH2009/12/016630.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde der MU in F, vertreten durch Dr. Günter Gsellmann, Rechtsanwalt in 8041 Graz, Raiffeisenstraße 138a, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Post Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 24. August 2009, Zl. PRB/PEV-578894/09-A02, betreffend amtswegige Ruhestandsversetzung gemäß § 14 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;
BDG 1979 §14 Abs3 idF 2006/I/090;
BDG 1979 §229 Abs3 idF 2003/I/130;
BDG 1979 §229 Abs3;
PT-ZuordnungsV 2003;
BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;
BDG 1979 §14 Abs3 idF 2006/I/090;
BDG 1979 §229 Abs3 idF 2003/I/130;
BDG 1979 §229 Abs3;
PT-ZuordnungsV 2003;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1958 geborene Beschwerdeführerin steht in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie ist der Österreichischen Post Aktiengesellschaft zur Verwendung zugewiesen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 2009 (zum vorangegangenen Verwaltungsverfahren siehe die tieferstehende Wiedergabe der Begründung des angefochtenen Bescheides) wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979), mit Ablauf des 30. September 2009 in den Ruhestand versetzt.

Begründend führte die belangte Behörde in diesem Bescheid Folgendes aus (Hervorhebungen im Original; Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Sie befinden sich seit April 2007 ununterbrochen im Krankenstand. In der Folge ist von Amts wegen das Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand nach § 14 BDG 1979 eingeleitet und entsprechend den Bestimmungen des § 14 Absatz 4 BDG 1979 die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) mit der Befunderhebung und Gutachtenserstellung beauftragt worden.

Unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Befunderhebung und Gutachtenserstellung durch die Pensionsversicherungsanstalt (PVA), zusammengefasst in der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes vom 20. Februar 2009, wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Österreichischen Post Aktiengesellschaft, Personalamt Graz, vom 7. Mai 2009, GZ PMG/PMT-516579/07, nach § 14 Absatz 1 BDG 1979 Ihre Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 31. Mai 2008 verfügt.

Gegen diesen Bescheid haben Sie mit Schreiben vom 22. Mai 2009 innerhalb offener Rechtsmittelfrist Berufung eingebracht. Begründend führen Sie aus, dass die von Ihnen zuletzt ausgeübte Tätigkeit beim Postamt G nicht der Verwendungsgruppe PT 4 (Spezialverkäufer Telekom, Postprodukte, Finanzdienstleistung), sondern tatsächlich der Verwendungsgruppe PT 5 zuzuordnen wäre. Im Sinn dieses Vorbringens wären Sie daher als arbeitsplatzverlustig zu betrachten und in das Karriere- und Entwicklungscenter (KEC) zu versetzen gewesen. Sie stellen daher den Antrag, über die gesetzmäßige Einstufung des von Ihnen zuletzt ausgeübten Arbeitsplatzes bescheidmäßig abzusprechen und das Ruhestandsversetzungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung darüber zu unterbrechen.

Gemäß § 14 Absatz 1 BDG 1979 ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist. Dienstunfähig ist der Beamte nach § 14 Absatz 3 BDG 1979 dann, wenn er infolge seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich der Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

Laut der letztaktuellen Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der PVA vom 20. Februar 2009 liegen bei Ihnen Harninkontinenz Grad I bei Zustand nach Gebärmutterentfernung und Totalvorfall des Scheidenblindsacks (Operation 04/2007), Untergewicht (BMI 16), Knochenentkalkung (Osteoporose) ohne Funktionsstörung und Belastungsschmerzen, eine Zehenfehlstellung rechts und ein Zustand nach Hallux valgus-Operation rechts vor. Als weiteres Leiden werden Hämorrhoiden mit rezidivierenden Blutungen angegeben. In den Anmerkungen wird festgehalten, dass das beschriebene Leistungskalkül auch bei Ausschöpfung aller ambulanten physikotherpeutischen Möglichkeiten höchstwahrscheinlich nicht zu bessern ist.

Zusammenfassend werden unter Berücksichtigung Ihres Gesundheitszustandes körperlich leichte Tätigkeiten mit fallweise leichten Hebe- und Trageleistungen für zumutbar erachtet. Kniende, hockende oder gebückte Zwangshaltungen werden fallweise für möglich gehalten. Hinsichtlich Arbeitshaltung, Bildschirmarbeit, Nacht- und Schichtarbeit, Kundenkontakt, Arbeitstempo und psychischer Belastbarkeit sowie geistigem Leistungsvermögen gibt es keine gesundheitsbedingten Einschränkungen.

Die Anforderungen auf dem Ihnen zuletzt dienstrechtlich zugewiesenen Arbeitsplatz 'Spezialverkäufer Telekom, Postprodukte, Finanzdienstleistungen - Code 4050' sind unter anderem mit fallweise mittelschweren Hebe- und Trageleistungen verbunden. Unter Zugrundelegung des in der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der PVA vom 20. Februar 2009 festgestellten Gesamtrestleistungskalküls sind Sie auf Grund Ihrer gesundheitlichen Verfassung nicht mehr in der Lage, die dienstlichen Aufgaben auf dem Ihnen dienstrechtlich zugewiesenen Arbeitsplatz als 'Spezialverkäufer Telekom, Postprodukte, Finanzdienstleistung' auszuüben, weil Ihnen nur mehr leichte, nicht aber mittelschwere Hebe- und Trageleistungen zugemutet werden können. Mittelschwere Hebe- und Trageleistungen, die als 'Spezialverkäufer Telekom, Postprodukte, Finanzdienstleistung' zumindest fallweise erforderlich sind, werden ärztlicherseits ausgeschlossen.

Die Richtigkeit des im Zuge der Befunderhebung und Gutachtenserstellung durch die PVA in Ihrem Fall festgestellten Gesundheitszustandes und das daraus resultierende Gesamtrestleistungskalkül haben Sie weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in Ihrer Berufung in Abrede gestellt. Auch das grundsätzliche Anforderungsprofil für die Tätigkeit 'Spezialverkäufer Telekom, Postprodukte, Finanzdienstleistung - Code 4050' ist von Ihnen nicht bestritten worden.

Da Sie auf einen Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 4 ernannt sind, war es erforderlich eine allfällige Verweisungsmöglichkeit für eine gleichwertige Ihrer dienstrechtlichen Stellung entsprechende Tätigkeit zu prüfen. Diese Prüfung hat ergeben, dass es im Wirkungsbereich des Personalamtes des Regionalzentrums Graz als Dienstbehörde noch folgende Tätigkeiten als Verweisungsmöglichkeit gibt:

Code

Bezeichnung

  

0401

Sachbearbeiter administrativer Dienst

0418

Sachbearbeiter Distribution

0419

Sachbearbeiter Logistik

0423

Hauptkassendienst

0447

Verteildienst für Auslandspostsendungen

0457

Sachbearbeiter Schalter/Backoffice

Von diesen Arbeitsplätzen scheiden die Tätigkeiten

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979, der erste Absatz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 820/1995, der dritte Absatz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 90/2006, lautet:

"§ 14. (1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

...

(3) Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann."

In der Beschwerde wird insbesondere gerügt, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, im Wege der Sekundärprüfung von Verweisungsarbeitsplätzen auch solche der Verwendungsgruppe PT 4, Code 7719 (Mitarbeiter Jobcenter B12), zu prüfen. Dies treffe umso mehr zu, als die Beschwerdeführerin derzeit faktisch nicht auf einem PT 4-wertigen Arbeitsplatz, sondern auf einem solchen verwendet werde, der der Verwendungsgruppe PT 5 zuzurechnen sei. Sie sei daher als arbeitsplatzverlustig anzusehen, weshalb ihre Versetzung zum Jobcenter (bzw. Karriere- und Entwicklungscenter; im Folgenden: KEC) angezeigt gewesen wäre.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin im Ergebnis eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Zwar ist unstrittig, dass der Beschwerdeführerin zuletzt in dienstrechtlich wirksamer Weise ein Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 4 (Spezialverkäufer Telekom, Postprodukte, Finanzdienstleistung) zugewiesen war. Der belangten Behörde ist daher insofern auch nicht entgegen zu treten, wenn sie die Primärprüfung der dauernden Dienstunfähigkeit gemäß § 14 Abs. 3 erster Fall BDG 1979 anhand des Anforderungsprofiles für diesen Arbeitsplatz vorgenommen hat. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie sei faktisch auf einem anderen, der Verwendungsgruppe PT 5 zuzuordnenden Arbeitsplatz verwendet worden, ohne dass ihr dieser in dienstrechtlich wirksamer Weise zugewiesen worden wäre, erweist sich für die Primärprüfung als bedeutungslos, zumal diese in Ansehung des dem Beamten zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesenen Arbeitsplatzes vorzunehmen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. September 2003, Zl. 2003/12/0068 = VwSlg. 16.180 A/2003, und vom 14. Oktober 2009, Zl. 2008/12/0212).

Zutreffend rügt die Beschwerdeführerin freilich, dass es die belangte Behörde ausgehend von einer unrichtigen Rechtsauffassung unterlassen hat, im Wege der Sekundärprüfung (§ 14 Abs. 3 zweiter Fall BDG 1979) auch Arbeitsplätze der Verwendungsgruppe PT 4 im Bereich des KEC in Betracht zu ziehen. Die Arbeitsplätze des KEC wurden auf Grund des § 229 Abs. 3 BDG 1979 durch die PZ-ZuordnungsV 2003 eingerichtet. Im Ruhestandsversetzungsverfahren betreffend die dauernd im KEC verwendeten Beamten sind diese Arbeitsplätze Maßstab für die vorzunehmende Primärprüfung der Dienstunfähigkeit der jeweiligen Beamten (gerade der Charakter der Verwendung beim KEC als Dauerverwendung erlaubt es ja erst, Mitarbeiter zu dieser Dienststelle zu versetzen). Da bei der Prüfung der Gleichwertigkeit alle Tätigkeiten der betreffenden Verwendungsgruppe im Wirkungsbereich der jeweiligen obersten Dienstbehörde in Prüfung zu ziehen sind, kommen auch die im KEC eingerichteten Arbeitsplätze der jeweiligen Verwendungsgruppe als mögliche Verweisungsarbeitsplätze nach § 14 Abs. 3 BDG 1979 in Betracht und sind daher im Rahmen der vorzunehmenden Sekundärprüfung zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 2009, Zl. 2008/12/0230).

Auf die im Verwaltungsverfahren und im angefochtenen Bescheid relevierte Frage, ob die Beschwerdeführerin "arbeitsplatzverlustig" ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Auch wenn der der Beschwerdeführerin dienstrechtlich wirksam zugewiesene Arbeitsplatz, in Ansehung dessen die Primärprüfung dauernde Dienstunfähigkeit ergeben hat, organisatorisch weiter besteht und auch in Zukunft weiter bestehen soll, kommt eine Versetzung auf einen im KEC eingerichteten Verweisungsarbeitsplatz (in der Verwendungsgruppe der Beschwerdeführerin) zur Vermeidung einer Ruhestandsversetzung in Betracht.

Insoweit die belangte Behörde in der Gegenschrift, in welcher sie das Unterbleiben einer Sekundärprüfung in Bezug auf im Bereich des KEC eingerichtete Arbeitsplätze zugesteht, Argumente dafür ins Treffen führt, dass die Beschwerdeführerin auch nicht in der Lage sei, die Aufgaben solcher Arbeitsplätze zu verrichten, ist sie darauf zu verweisen, dass eine in der Gegenschrift nachgetragene Überlegung nicht geeignet ist, eine fehlende Bescheidbegründung zu ersetzen (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2006, Zl. 2005/12/0224).

Indem die belangte Behörde in Verkennung der oben aufgezeigten Rechtslage Arbeitsplätze im Bereich des KEC für die durchzuführende Sekundärprüfung nicht in Betracht zog, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aus diesem Grunde aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 30. Juni 2010

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