Normen
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. April 2009 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie sei berechtigt zum Marktfahrergewerbe im Standort W und habe als Arbeitgeberin am 14. Oktober 2007 in A, am A-Kirtag, in der B-Straße zwei näher bezeichnete indische Staatsbürger beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin habe dadurch zwei Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden zwei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je sechs Tagen) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, es stehe fest, dass die Beschwerdeführerin das Marktfahrergewerbe betreibe und im Rahmen dieses Gewerbes am 14. Oktober 2007 in A einen Verkaufsstand betrieben habe. Der österreichische Staatsbürger HE habe als Dienstnehmer der Beschwerdeführerin an diesem Stand gearbeitet. Der 1992 geborene GS (Sohn eines in Österreich lebenden Bruders, somit Neffe des Ehemannes der Beschwerdeführerin) und der 1988 geborene JS (Sohn eines in Indien lebenden Bruders, somit Neffe des Ehemannes der Beschwerdeführerin; er solle durch den Ehemann der Beschwerdeführerin adoptiert werden, ein Adoptionsverfahren sei beim Bezirksgericht M anhängig), beide indische Staatsbürger, hätten am 14. Oktober 2007 am Verkaufsstand der Beschwerdeführerin zum Verkauf bestimmte Waren aufgelegt. Die konkreten Arbeitsleistungen seien im Gewerbebetrieb der Beschwerdeführerin verrichtet worden.
Anschließend legte die belangte Behörde ihre detaillierten Erwägungen zur Beweiswürdigung dar. Sie wertete die Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihres Ehegatten, des GS, des JS und des HE als unglaubwürdig, welche jedwede Arbeitstätigkeiten des GS und des JS im Wesentlichen bestritten hatten.
Rechtlich beurteilte die belangte Behörde den Sachverhalt, dass es sich um Beschäftigungsverhältnisse "im üblichen Sinne" handle.
Zum "Eventualvorbringen" für den Fall, dass GS und JS dem HE "zur Hand gegangen seien", so sei dies ausschließlich deshalb gewesen, um der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann behilflich zu sein, weil GS und JS "sonst nichts anderes zu tun gehabt hätten", womit eine freiwillige familienhafte Mithilfe angesprochen wurde, antwortete die belangte Behörde (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof; Schreibfehler im Original):
"Vorauszuschicken ist, dass die konkreten Arbeitsleistungen im Rahmen des Gewerbebetriebes der (Beschwerdeführerin) verrichtet wurden.
Die (Beschwerdeführerin) hat zwar im Berufungsschriftsatz gerügt, die Erstbehörde habe sich nicht mit dem 'monierten Gefälligkeitsdienst' konkret auseinander gesetzt, sie hat jedoch im erstinstanzlichen Verfahren ihr bestreitendes Vorbringen im wesentlich auf die (angesichts der Geburtsdaten der Ausländer im Jahr 1992 bzw. 1988 faktisch nicht nachvollziehbare) Behauptung gestützt hatte, die beiden - von ihr so bezeichneten - 'Kinder' seien zum A-Kirtag im Rahmen eines Sonntagsausfluges mitgefahren, da sie sonst hätten unbeaufsichtigt zu Hause bleiben müssen. Lediglich für den zwar bestrittenen, aber offenbar nicht vollends ausgeschlossenen Fall, dass die 'Kinder' dem Angestellten HE 'zur Hand gegangen' seien, wurde eventualiter und ohne konkretes Sachverhaltssubstrat ein Gefälligkeitsdienst behauptet. Der (Beschwerdeführervertreter) hat in der Berufungsverhandlung ausdrücklich vorgetragen, Herr JS sei beim Stand der (Beschwerdeführerin) gewesen, habe aber 'nichts gemacht' (gemeint wohl keine Arbeitstätigkeit verrichtet). Lediglich bezüglich Herrn GS hat der (Beschwerdeführervertreter) eingeräumt, dieser habe kurzfristig geholfen.
Die persönlich zur Berufungsverhandlung erschienene (Beschwerdeführerin) hat, wie ihre oben wiedergegebenen Aussagen zeigen, bei ihrer mittels Dolmetsch durchgeführten Befragung hinhaltend und ausweichend geantwortet, um schließlich Fraugen zu konkreten Sachverhaltsdetails mit der Bemerkung zu quittieren, sie kenne sich nicht aus. Aus all dem kann lediglich der Eindruck gewonnen werden, dass die (Beschwerdeführerin) in Bezug auf den ihr angelasteten Sachverhalt keine konkreten Angaben machen wollte oder konnte bzw. das Vorbringen - ohne Rücksicht auf den wahren Sachverhalt - ausschließlich von dem Bestreben getragen wird, eine Bestrafung der (Beschwerdeführerin) abzuwenden.
Jedenfalls wurden in keiner Weise auch nur in Ansätzen jene besonderen Umstände dargetan, warum die beiden Ausländer im Betrieb der (Beschwerdeführerin) einen Gefälligkeitsdienst im Familienverband hätten leisten wollen bzw. geleistet haben, wurde doch im Verfahren von (Beschwerdeführerseite), aber auch von den Zeugen JS, GS und auch HE überhaupt jedwede Tätigkeit der Ausländer am Marktstand der (Beschwerdeführerin) in Abrede gestellt.
Die Zeugen GS und Herr JG konnten, wie dies ihren Aussagen in der Berufungsverhandlung zu entnehmen ist, über die konkreten Umstände der Tätigkeiten der spruchgegenständlichen Ausländer am Marktstand der (Beschwerdeführerin) aus eigener Wahrnehmung keine Angaben machen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Vorlage einer Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).
Die Beschwerdeführerin bringt auch in der Beschwerde vor, die Tätigkeit der Neffen ihres Ehemannes (den zu adoptierenden, in ihrem Haushalt lebenden JS sehe sie als ihren Sohn an) im Betrieb sei eine familienhafte Mithilfe gewesen und keine Beschäftigung nach dem AuslBG.
Als solche Familiendienste, die kein Arbeitsverhältnis begründen, sind im Rahmen einer familiären Beistands- und Mitwirkungspflicht erbrachte Leistungen anzusehen. Ob es sich um einen Familiendienst oder um ein Dienstverhältnis bzw. arbeitnehmerähnliches Verhältnis handelt, ist anhand aller Umstände des Falles, insbesondere auch unter Einbeziehung der Behauptungen und Zugeständnisse der Betroffenen zu beurteilen, wobei aber auch hinsichtlich von Leistungen, die von einer familiären Beistandspflicht erfasst wären, durchaus ein Dienstverhältnis vereinbart werden kann (vgl. mit zahlreichen weiteren Hinweisen das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2003, Zl. 2001/09/0135). Kein Dienstverhältnis bzw. arbeitnehmerähnliches Verhältnis ist bei Verwandten anzunehmen, wenn es sich lediglich um Gefälligkeitshandlungen handelt, die ihr gesamtes Gepräge, insbesondere nach Art, Umfang und Zeitdauer von den familiären Bindungen zwischen Angehörigen erhalten. Dabei sind die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beachten, insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der verrichteten Tätigkeiten, die Stärke der tatsächlichen verwandtschaftlichen Beziehungen sowie die Motive des Betroffenen. Ob die Tätigkeit wie ein Beschäftigter oder als "Familiendienst" verrichtet wird, entscheidet sich somit nach dem Gesamtbild der den Einzelfall prägenden Umstände. Wesentlich ist dabei der Verwandtschaftsgrad anzusehen. Je enger die Beziehungen sind, umso mehr spricht dafür, dass die Tätigkeit durch diese Beziehung geprägt ist und nicht wie von einem Beschäftigten verrichtet wird. In Verbindung mit dem Verwandtschaftsgrad sind außerdem Art und Umfang der Tätigkeit maßgebend. Es ist das Gesamtbild der ausgeführten oder beabsichtigten Verrichtungen zu beurteilen (vgl. dazu z.B. auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 18. Juli 2002, 10 ObS 196/02z, und das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2008/09/0277).
Im gegenständlichen Fall wurden GS und JS nach den Feststellungen der belangten Behörde lediglich am Sonntag, dem 14. Oktober 2007, bei Tätigkeiten am Marktstand der Beschwerdeführerin betreten, wobei es sich um bloß einfache Handgriffe (Auflegen von Waren auf einen Verkaufstisch im Beisein des Bediensteten HE) gehandelt habe.
Art, Umfang und Zeitdauer der von GS und JS verrichteten Tätigkeiten gehen damit unter Berücksichtigung des engen Verwandtschaftsverhältnisses (Neffen des Ehemannes, geplanter Adoptivsohn) und der Motive der Beteiligten, welche im gesamten Verfahren durchgehend beteuerten, es sei keine Beschäftigung gewollt gewesen, nicht über jene Tätigkeiten hinaus, die ihr Gepräge von familiären Bindungen zwischen Angehörigen erhalten, zumal GS und JS durch die kurzzeitige Inanspruchnahme (an einem Sonntag) de facto nicht gehindert waren, ihre Arbeitskraft anderweitig einzusetzen, eine Schule zu besuchen oder auf Lehrstellensuche zu gehen. Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht in Verkennung der Rechtslage von einem Beschäftigungsverhältnis ausgegangen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 25. März 2010
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