Normen
ASVG §354;
ASVG §355;
ASVG §412 Abs1;
AVG §62 Abs4;
ASVG §354;
ASVG §355;
ASVG §412 Abs1;
AVG §62 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt anerkannte mit Bescheid vom 29. März 2006 den Anspruch des Mitbeteiligten auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer ab 1. Jänner 2006; die Pension betrage ab 1. Jänner 2006 monatlich EUR 2.545,43. Erläuternd wurde dargelegt, die monatliche Leistung im April 2006 betrage EUR 2.545,43, abzüglich Krankenversicherungsbeitrag (EUR 126,--) und Lohnsteuer (EUR 623,51) ergebe sich ein Anweisungsbetrag von EUR 1.795,92.
Mit Bescheid vom 27. August 2008 nahm die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt das mit Bescheid vom 29. März 2006 abgeschlossene Verfahren über den Antrag des Mitbeteiligten auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer von Amts wegen wieder auf und lehnte diesen Antrag ab. Die in der Zeit vom 1. Jänner 2006 bis 30. Juni 2008 zu Unrecht in Empfang genommenen Pensionsbeträge von EUR 65.513,47 wurden rückgefordert und mit der Nachzahlung von EUR 60.300,44 (aus der Anerkennung der Alterspension ab 1. Oktober 2006) teilweise verrechnet; die verbleibende Überzahlung von EUR 5.213,03 werde ab 1. September 2008 in monatlichen Raten von EUR 500,-- von der laufenden Leistung in Abzug gebracht. Begründend wurde ausgeführt, der Pensionsversicherungsanstalt sei nach Bescheiderlassung bekannt geworden, dass der Mitbeteiligte am Stichtag (1. Jänner 2006) einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG unterlegen sei.
Mit weiterem Bescheid vom 27. August 2008 anerkannte die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch des Mitbeteiligten auf Alterspension ab 1. Oktober 2006; die Pension betrage ab 1. Oktober 2006 monatlich EUR 2.560,62, ab 1. Jänner 2008 monatlich EUR 2.597,37. Erläuternd wurde ausgeführt, die gebührende Nachzahlung für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. August 2008 betrage EUR 66.906,87, abzüglich Krankenversicherungsbeitrag (EUR 3.346,98), Lohnsteuer (EUR 1.437,89) und des zur Verrechnung einbehaltenen Betrages (EUR 60.300,44) ergebe sich eine Nachzahlung von EUR 1.821,56. Dieser Betrag werde zur teilweisen Deckung des mit Bescheid vom 27. August 2008 festgestellten Überbezuges herangezogen. Der verbleibende Überbezug von EUR 5.213,03 werde in Raten von der monatlichen Leistung abgezogen. Weiters wurde festgehalten, die monatliche Leistung ab September 2008 betrage EUR 2.597,37, abzüglich Krankenversicherungsbeitrag (EUR 132,47) und Lohnsteuer (EUR 643,34) sowie des Ratenabzuges (EUR 500,--) ergebe sich ein Anweisungsbetrag von EUR 1.321,56.
Mit Bescheid der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt vom 25. November 2008 wurde der Spruch des "Wiederaufnahmebescheides" vom 27. August 2008 dahin "richtig gestellt", dass die zu Unrecht in Empfang genommenen Pensionsbeträge von EUR 65.513,47 rückgefordert und mit der Nachzahlung von EUR 46.775,77 teilweise verrechnet würden; die verbleibende Überzahlung von EUR 18.737,70 werde ab 1. September 2008 in monatlichen Raten von EUR 500,-- von der laufenden Leistung in Abzug gebracht. Weiters wurde die Nachzahlung im "Zuerkennungsbescheid" vom 27. August 2008 dahin "richtig gestellt", die Nachzahlung für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. August 2008 betrage EUR 66.906,87, abzüglich Krankenversicherungsbeitrag (EUR 3.346,98), Lohnsteuer (EUR 14.959,50) und Gewerkschaftsbeitrag (EUR 3,06) ergebe sich ein zur Nachverrechnung einbehaltener Betrag von EUR 46.775,77, die Nachzahlung betrage EUR 1.821,56. Begründend führte die Pensionsversicherungsanstalt aus:
"Die Berichtigung von Schreib- und Rechenfehlern oder diesen gleichzuhaltenden, offenbar auf einem Versehen oder ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhenden Unrichtigkeiten in Bescheiden kann jederzeit von Amts wegen vorgenommen werden.
Bei der Ausfertigung des Bescheides vom 27. August 2008 ist ein Rechenfehler unterlaufen, der hiermit ab 1. Jänner 2006 richtig gestellt wird."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch Folge und behob den Bescheid der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt vom 25. November 2008 gemäß § 66 Abs. 4 AVG. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dem Bescheid der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt sei nicht zu entnehmen, worin der Rechenfehler gelegen und warum dieser offenkundig sein solle. Es sei vielmehr unter dem Titel einer Berichtigung eine inhaltliche Abänderung des Bescheides vorgenommen worden. Darüber hinaus komme dem Informationsblatt zum Leistungsbescheid vom 27. August 2008 kein Bescheidcharakter zu, weshalb schon aus diesem Grund eine Berichtigung nicht möglich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 62 Abs. 4 AVG (diese Bestimmung ist gemäß § 357 Abs. 1 ASVG im Verfahren vor den Versicherungsträgern in Leistungssachen und in Verwaltungssachen anwendbar) kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.
2. Gegenstand des berichtigenden Bescheides ist zunächst die verfahrensrechtliche Frage, ob die Voraussetzungen des § 62 Abs. 4 AVG vorliegen oder nicht, und erst im Falle der Bejahung dieser Frage die inhaltliche Berichtigung des Bescheides. In Sozialversicherungsangelegenheiten zählt die erste Frage immer zu den Verwaltungssachen nach § 355 ASVG und eröffnet insofern den Rechtszug an den Landeshauptmann; die zweite Frage stellt dann, wenn Gegenstand des berichtigten Bescheides eine Leistungssache war, ebenfalls eine solche dar (vgl. das Erkenntnis vom 30. September 1983, VwSlg. 11.172/A; Oberndorfer/Muzak in Tomandl, Sozialversicherungssystem, 6.2.1.1.L; Fasching/Klicka in Tomandl, Sozialversicherungssystem, 6.4.1.3.1; Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen (1995), 627 ff).
3. Zweck des Rechtsinstitutes der Berichtigung iSd § 62 Abs. 4 AVG ist es, im Wortlaut des Bescheides (in Spruch oder Begründung) textliche Unstimmigkeiten zu beseitigen, die den wahren Inhalt des Bescheides nicht in Frage stellen können, weil sie aus dem inhaltlichen Zusammenhang als ein bloßes Versehen bei der Textgestaltung eindeutig erkennbar sind. Mithin sind insbesondere solche Unrichtigkeiten einer Berichtigung zugänglich, die darin bestehen, dass der tatsächliche Inhalt des Spruches des Bescheides von dem in klar erkennbarer Weise gewollten Inhalt abweicht und den von der Behörde ihrem Bescheid offensichtlich zugrunde gelegten Gedanken unrichtig wiedergibt (vgl. das Erkenntnis vom 21. Dezember 2005, Zl. 2005/08/0205, mwN).
4. Die Berichtigung betrifft den zur Verrechnung einbehaltenen Betrag aus der Nachzahlung der Alterspension für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 31. August 2008 und hier den für die Lohnsteuer angesetzten Betrag. In der Begründung des Berichtigungsbescheides wurde ohne nähere Konkretisierung darauf verwiesen, es sei ein Rechenfehler unterlaufen, der richtig gestellt werde.
Ein Rechenfehler (im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG) liegt nur dann vor, wenn eine rechnerische Operation unrichtig vorgenommen wird. Rechenfehler können meist durch rechnerische Kontrollen festgestellt werden. Beruht der Fehler aber nicht auf der unrichtigen Vornahme einer im Bescheid offen gelegten Rechenoperation, sondern auf unrichtigen Grundannahmen, so liegt kein Rechenfehler in diesem Sinne vor (vgl. das Erkenntnis vom 19. November 2002, Zl. 2002/12/0140). Die in den Bescheiden offen gelegten Rechenoperationen wurden rechnerisch zutreffend vorgenommen. Das - wohl unrichtige - Ergebnis beruht auf dem unrichtig angesetzten Betrag für die Lohnsteuer. Ein Rechenfehler in diesem Sinne ist daher nicht ableitbar.
Aus der Begründung der Bescheide vom 27. August 2008 ist auch im Übrigen nicht ableitbar, dass die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt inhaltlich anders entscheiden wollte, als es dem Wortlaut der Bescheide entspricht. § 62 Abs. 4 AVG bietet aber keine Handhabe für eine inhaltlich berichtigende oder erklärende Auslegung des Spruches oder der Begründung eines Bescheides. Diese Bestimmung gestattet lediglich die Bereinigung textlicher Unstimmigkeiten, die den wahren Sinn des Bescheides nicht in Frage stellen dürfen, sondern den richtigen Gedanken der Behörde lediglich falsch ausdrücken (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 19. November 2002).
5. In der Beschwerde wird - an sich als unzulässige Neuerung -
vorgebracht, bei der maschinellen Berechnung der Nachzahlungssumme sei im Zusammenhang mit der Lohnsteuerberechnung die "Lohnsteuer-Fachmaske" nicht auf EUR 0,-- gestellt worden, sodass in der Folge der Lohnsteuerbetrag von EUR 13.521,61 zu Unrecht im Nachzahlungsbetrag von EUR 60.300,44 (ohne August-Leistung) enthalten sei. Auf diesen Umstand könnte aber eine Bescheidberichtigung nicht gestützt werden. Ein Berichtigungsfall aus "EDV-Gründen" läge nur dann vor, wenn der Wille der Behörde im Bescheid durch den mangelhaften Betrieb der Anlage verfälscht worden wäre, eine mangelhafte Bedienung ändert nichts an dem im Bescheid ausgedrückten Willen der Behörde (vgl. das Erkenntnis vom 24. September 1997, Zl. 95/12/0269).
Es kann daher offen bleiben, ob die Berichtigung des Bescheides vom 27. August 2008 nicht auch deshalb unzulässig war, weil die "Nachzahlung ...von EUR 60.300,44" im Spruch jenes Bescheides gar nicht mit normativer Wirkung festgelegt worden ist, sondern an sie nur im Zusammenhang mit der (normativ wirkenden) Aufrechnungserklärung angeknüpft wurde, sodass jenem Bescheid in Wahrheit nur die Wiedergabe eines im Informationsblatt des Gewährungsbescheides falsch errechneten Nachzahlungsbetrages zugrundelag, der bei der Durchführung der Aufrechnung ohne Berichtigung des Bescheides korrigiert werden konnte.
6. Die Berichtigung der Bescheide vom 27. August 2008 war demnach nicht zulässig, sodass die belangte Behörde zu Recht den Berichtigungsbescheid der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt mit dem angefochtenen Bescheid ersatzlos behoben hat. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 26. Mai 2010
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