Normen
AVG §52;
TierhaltungsV 02te 2005 Anl2 Z2;
TierschutzG 2005 §38 Abs1 Z1;
TierschutzG 2005 §5 Abs1;
TierschutzG 2005 §5 Abs2;
TierschutzG 2005 §5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §52;
TierhaltungsV 02te 2005 Anl2 Z2;
TierschutzG 2005 §38 Abs1 Z1;
TierschutzG 2005 §5 Abs1;
TierschutzG 2005 §5 Abs2;
TierschutzG 2005 §5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. September 2009 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe, wie im Zuge einer Amtshandlung des Amtstierarztes der Landeshauptstadt Innsbruck bezüglich der auf den Grundstücken 60 bzw. 62, GB H. (Volieren I bis VII), und auf dem Grundstück 3467/6, GB H. (Volieren VIII und IX), in Volieren gehaltenen Vögel festgestellt worden sei, als Tierhalter, und zwar von
3 Rotohraras (Ara rubrogenys) 5 Venezuela-Amazonen (Amazona amazonica amazonica) 3 Graupapageien (Psittacus erithacus erithacus) 3 Timneh-Graupapageien (Psittacus erithacus timneh) 5 Alexander-Sittichen (Psittacula eupatria)
2 Blauen Halsband-Sittichen (Psittacula spp.)
1 Gelben Halsband-Sittich (Psittacula spp.) 2 Grünen-Halsband-Sittichen (Psittacula spp.) sowie 2 Grünwangen-Amazonen (Amazona viridigenalis)
unter Außerachtlassung der ihm obliegenden Verpflichtungen nach den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes diesen Vögeln ungerechtfertigt Schmerzen und Leiden zugefügt und somit folgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten:
I.
- In den Schutzräumen der Volieren I, II, VI und VIII habe die Raumtemperatur lediglich zwischen 4 Grad C und 8 Grad C betragen, obwohl diese mindestens 10 Grad hätte betragen müssen.
- In den Volieren III und VI sei kein Schutzraum vorhanden gewesen und die Tiere seien bei einer Temperatur zwischen 4 Grad C und 8 Grad C gehalten worden, obwohl die Raumtemperatur mindestens 10 Grad C hätte betragen müssen.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Z. 10 1. Fall Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 (kurz: TSchG) begangen.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 TSchG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 700.--, Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage, verhängt.
II.
- In der Voliere I mit einer Grundfläche von ca. 44 m2 habe der Beschwerdeführer 26 Papageienvögel gehalten, obwohl für die Haltung eine Grundfläche von mindestens 56 m2 erforderlich gewesen wäre. Der Schutzraum habe eine Grundfläche von lediglich 6,10 m2 gehabt, obwohl ein Schutzraum mit einer Grundfläche von mindestens 7 m2 erforderlich gewesen wäre. Weiters habe der Schutzraum der Voliere I lediglich eine Ein- bzw. Ausflugsöffnung aufgewiesen.
- In der Voliere VI habe der Schutzraum eine Grundfläche von lediglich ca. 3 m2 aufgewiesen, obwohl er für die in dieser Voliere gehaltenen 11 Papageienvögel eine Grundfläche von mindestens 3,5 m2 hätte aufweisen müssen.
- Der Schutzraum der Voliere VII habe lediglich eine Einbzw. Ausflugsöffnung aufgewiesen, obwohl diese Voliere mindestens zwei Ein- bzw. Ausflugsöffnungen hätte aufweisen müssen.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Z. 10 4. Fall TSchG begangen.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 TSchG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 600.--, Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage, verhängt.
III.
- In den Volieren I, II, III, IV, VI, VII, VIII und IX seien keine (ausreichenden) dem Wohlbefinden der Tiere dienenden Beschäftigungsmöglichkeiten (z.B. in Gestalt von frischen Zweigen oder Beschäftigungsfutter oder dergleichen) oder Strukturierungen vorhanden gewesen.
- In den Volieren I, II, III, IV, VI, VII, VIII und IX sei den darin gehaltenen Tieren keine Bademöglichkeit zur Verfügung gestanden.
- In den Volieren VIII und IX sei den dort gehaltenen Tieren kein Schutzraum zur Verfügung gestanden.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Z. 13 1. Fall TSchG begangen.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 TSchG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 400.--, Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage, verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, die Haltung von insgesamt 60 Vögeln in neun teils zu kleinen und teils mangelhaft ausgestatteten Käfigen habe dazu geführt, dass diesen Tieren über einen längeren Zeitraum hindurch ungerechtfertigt Leiden und Schäden im Sinne des § 5 TSchG zugefügt worden seien. Der Beschwerdeführer habe auch nicht dargelegt, dass er Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen, sodass er jedenfalls fahrlässige Tatbegehung zu verantworten habe.
Es handle sich bei den (von der Behörde erster Instanz) festgestellten Verwaltungsübertretungen nicht um - betrachtet anhand der Volieren - jeweils eigenständige Delikte, sondern es seien diese nach Deliktstypen zusammenzufassen. Die Berechtigung zu dieser Spruchberichtigung ergebe sich aus dem gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 AVG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer wendet u.a. ein, der angefochtene Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig. Er sei insbesondere in seinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, nur bestraft zu werden, wenn die in § 5 Abs. 2 Z. 10 1. und 4. Fall bzw. Z. 13
1. Fall TSchG normierten Voraussetzungen vorlägen bzw. er tatbestandsmäßig im Sinne der zitierten Bestimmungen gehandelt habe.
Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 TSchG begeht derjenige, der einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15.000 Euro zu bestrafen.
Gemäß § 5 Abs. 1 TSchG ist es verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.
Nach § 5 Abs. 2 verstößt gegen Abs. 1 insbesondere derjenige, der
"1. .....
.....
10. ein Tier Temperaturen, Witterungseinflüssen, Sauerstoffmangel oder einer Bewegungseinschränkung aussetzt und ihm dadurch Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt;
.....
13. die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird;
....."
In den Erläuterungen zu § 5 Abs. 2 TSchG (446 der Beilagen zu den Sten. Prot., XXII. GP., S. 32) wird u.a. Folgendes ausgeführt:
"Abs. 2 enthält eine demonstrative Auflistung von Verstößen gegen Abs. 1, die an die demonstrative Auflistung von Tierquälereitatbeständen in den bisherigen Tierschutzgesetzen der Länder und in Art. 3 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zur Verbesserung des Tierschutzes im Allgemeinen und im Besonderen im außerlandwirtschaftlichen Bereich angelehnt ist. Der Gesetzesvorschlag folgt damit regelungstechnisch der Tradition der Tierschutzgesetze der Länder, deren "Palette" an Tierquälereitatbeständen vom Verbot des Ausreißens von Froschschenkeln über das Verbot des Schoppens von Geflügel bis hin zum Verbot von Qualzüchtungen reicht.
Bei den in Abs. 2 genannten Beispielen handelt es sich um ungerechtfertigte Zufügung von Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst im Sinne des Abs. 1. Das Fehlen einer Rechtfertigung wird bei diesen konkreten Tatbeständen gesetzlich vermutet."
Das Verbot der Tierquälerei findet sich in § 5 Abs. 1 TSchG und wird durch die demonstrative Auflistung von verschiedenen Tathandlungen in Abs. 2 leg. cit. lediglich näher dargelegt. Auch die Erläuterungen weisen darauf hin, dass Abs. 2 eine demonstrative Auflistung von Verstößen gegen Abs. 1 enthält. Ein Verstoß gegen das in § 5 TSchG enthaltene Verbot ist gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. unter Strafe gestellt.
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde stellen demnach die einzelnen, in § 5 Abs. 2 TSchG demonstrativ aufgezählten Tathandlungen keine selbstständigen, unter Strafe stehenden Tatbestände dar, weshalb sich die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen mehrerer Verstöße gegen § 5 TSchG schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig erweist. Allenfalls könnte sich das Zusammentreffen mehrerer Tathandlungen erschwerend in Bezug auf die zu verhängende Strafe (§ 19 VStG) auswirken.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 24. Februar 1955, VwSlg. 3665/A, zu einer Tierquälerei nach dem Wiener Tierschutzgesetzes ausgesprochen, dass dann, wenn jemand durch eine Handlung oder Unterlassung in gleicher Weise mehrere Tiere quält, er im Sinne der Bestimmungen des Gesetzes nicht mehrere selbständige Verwaltungsübertretungen (Idealkonkurrenz) - der Ausdruck "ein Tier" im Gesetz hat keineswegs eine zahlenmäßige Bedeutung - begeht, sondern vielmehr nur eine einmalige Verwirklichung desselben Deliktstypus vorliegt und somit eine selbständige Tat. Diese Überlegung kann sinngemäß auch auf das TSchG, wo gleichfalls sowohl in § 5 Abs. 1 als auch in § 38 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. von "einem Tier" die Rede ist, übertragen werden.
Im fortgesetzten Verfahren wird auch der Tatzeitpunkt bzw. der Tatzeitraum bezüglich der zur Last gelegten Tathandlungen zu klären sein.
Zutreffend weist die Beschwerde auch darauf hin, dass sich die in der Einleitung des Spruches genannten Tiere nach den Feststellungen des kontrollierenden Amtstierarztes nur in der Voliere I befanden und daher sämtliche Tatvorwürfe, dass diesen Tieren in anderen Volieren verschiedene Tathandlungen in Sinne der Tierquälerei zugefügt worden seien, nicht gegeben sein können.
Ferner wird - worauf auch schon der Beschwerdeführer im Zuge des behördlichen Verfahrens hingewiesen hat - zu beachten sein, dass sich einige Mindestanforderungen für die Haltung von nicht domestizierten Papageien (betreffend Mindestgröße von Käfigen, Schutzräumen, Mindesttemperaturen, Art der Haltung etc.) in Anlage 2, Z. 2 der 2. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 486/2004, finden. Ob durch die Nichteinhaltung insbesondere dieser Vorgaben allen oder nur bestimmten Tieren eine Tierquälerei im Sinne des § 5 Abs. 1 TSchG zugefügt wurde, ist jedoch auf sachkundiger Ebene zu klären, zumal es nach dem Wortlaut des Gesetzes darauf ankommt, dass einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden oder es in schwere Angst versetzt wird.
Da der angefochtene Bescheid schon aus den dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, erübrigt es sich auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 28. Juli 2010
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