VwGH 2008/22/0420

VwGH2008/22/042018.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des F, vertreten durch Mag. Ralf Mössler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 11/7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Juni 2007, Zl. 317.132/2- III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

EMRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §73;
NAG 2005 §74;
NAG 2005 §81 Abs1;
NAG 2005 §82 Abs1;
EMRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §73;
NAG 2005 §74;
NAG 2005 §81 Abs1;
NAG 2005 §82 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 15. Juni 2007 wurde der am 4. April 2005 gestellte Antrag des aus dem Kosovo stammenden Beschwerdeführers auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Ö, § 49 Abs. 1 FrG 1997" gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 12. Mai 2003 illegal nach Österreich eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe, der am 30. September 2004 zweitinstanzlich rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die dagegen eingebrachte Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof zwischenzeitlich abgelehnt worden.

Weiters sei der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem zweitinstanzlichem Bescheid vom 18. Jänner 2005 ausgewiesen worden. Er sei jedoch seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen.

Am 24. Jänner 2005 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - unter Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 82 Abs. 1, 81 Abs. 1 und 21 Abs. 1 und 2 NAG - im Wesentlichen aus, dass das Verfahren über den gegenständlichen Antrag gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen sei. Da der Beschwerdeführer noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung für die Republik Österreich verfügt habe, sei sein nunmehriger Antrag vom 4. April 2005 als Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu werten. § 21 Abs. 1 NAG stehe einer Bewilligung des Antrages entgegen. Da der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel für die Republik Österreich verfüge, halte er sich illegal hier auf. Dies widerstreite den (öffentlichen) Interessen gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG. Auch seine Beschäftigung sei daher illegal. Die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin allein bewirke noch kein Aufenthaltsrecht nach dem NAG. Auch zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK sei die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht geboten. Der Antrag sei daher gemäß § 21 Abs. 1 NAG abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Fall im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach der Rechtslage des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 99/2006 zu beurteilen ist.

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe seinen Erstantrag nach dem Fremdengesetz 1997 (FrG) rechtmäßig im Inland gestellt und werde nun durch die neue Rechtslage nach dem NAG schlechter gestellt. Er halte sich somit nicht illegal in Österreich auf.

Dem ist zunächst mit der ständigen hg. Rechtsprechung zu erwidern, dass dem NAG weder ein Rückwirkungsverbot noch eine Regelung zu entnehmen ist, der zufolge auf vor dessen Inkrafttreten verwirklichte Sachverhalte etwa Bestimmungen des FrG anzuwenden wären. Der Gerichtshof hat auch ausgesprochen, dass die Übergangsbestimmungen des § 81 Abs. 1 iVm § 82 Abs. 1 NAG verfassungsrechtlich unbedenklich sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 2009, 2008/22/0338, mwN).

Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer noch nie über einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt hat und es sich bei dem gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag handelt, der im Inland gestellt und dessen Erledigung im Inland abgewartet wurde. Die diesbezügliche Beurteilung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer jedenfalls die Entscheidung über den Antrag - dem Grundsatz der Auslandsantragstellung in § 21 Abs. 1 NAG folgend - im Ausland abwarten hätte müssen, begegnet keinen Bedenken.

Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, die belangte Behörde hätte "amtswegige Nachforschungen nach den persönlichen Verhältnissen im Hinblick auf Art. 8 MRK" durchführen und zu Gunsten des Beschwerdeführers entscheiden müssen, weil der Eingriff in das Familienleben weitaus schwerer wiege als ein allfälliges öffentliches Interesse.

Gemäß § 74 NAG kann die Behörde von Amts wegen die Inlandsantragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder die Heilung von sonstigen Verfahrensmängeln zulassen, wenn die Voraussetzungen des § 72 NAG erfüllt werden. Nach § 72 Abs. 1 NAG kann im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses, ausgenommen bei Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden. § 73 NAG, der seinerseits auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 72 NAG abstellt, regelt die Möglichkeit der Erlangung der Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen.

Liegen die Voraussetzungen des § 72 NAG vor, so ist die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland zuzulassen, wobei diese Zulassung im Rechtsweg erzwungen werden kann. § 72 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsbewilligung zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn dieser Bestimmung dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 2009, 2008/22/0338, mwN).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, die Erteilung eines Aufenthaltstitels sei auch zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geboten, nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer hält sich seit weniger als vier Jahren im Bundesgebiet auf, wobei dieser Aufenthalt nur für etwa 16 Monate auf Grund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig und seither unrechtmäßig war. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer die im Instanzenzug mit Bescheid vom 18. Jänner 2005 erlassene Ausweisung missachtet und ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Zusätzlich ist er - was unbestritten blieb - einer illegalen Beschäftigung nachgegangen. Da er die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin nach Erlassung der Ausweisung während seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet geschlossen hat, durfte er zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen, auf Dauer ein Eheleben in Österreich führen zu können. Somit liegt fallbezogen kein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vor, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, dem Beschwerdeführer aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

Die Abweisung des gegenständlichen Antrages gemäß § 21 Abs. 1 NAG durch die belangte Behörde erweist sich somit als unbedenklich, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Anspruch auf den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. März 2010

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