Normen
NAG 2005 §19 Abs2;
NAG 2005 §81;
VwGG §42 Abs2 Z1;
NAG 2005 §19 Abs2;
NAG 2005 §81;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid gab die belangte Behörde dem noch während der Geltung des (am 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen) Fremdengesetzes 1997 (FrG) am 20. Dezember 2005 gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" des aus dem Kosovo stammenden Beschwerdeführers gemäß §§ 19 Abs. 1 und 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) keine Folge.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe den gegenständlichen Antrag, der als auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" nach § 47 Abs. 3 Z 3 NAG gerichtet anzusehen sei, entgegen § 19 Abs. 1 NAG nicht persönlich bei der Behörde gestellt. Der Antrag sei von seinem rechtsfreundlichen Vertreter auf dem Postweg bei der Bezirkshauptmannschaft K eingebracht worden.
Weiters liege - so die belangte Behörde weiter - ein Erstantrag vor, bei dem § 21 Abs. 1 NAG zu beachten sei. Nach dieser Bestimmung seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung sei im Ausland abzuwarten. Es ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung im Ausland befunden hätte. Vielmehr erscheine es nach der Aktenlage plausibel, dass er sich vor, während und nach der Antragstellung in Österreich aufgehalten habe. Es sei nämlich nicht anders zu erklären, weshalb er sich für die Antragstellung eines rechtsfreundlichen Vertreters bedient haben sollte. Es wäre doch bedeutend naheliegender - weil es einfacher und kostengünstiger sei -, dass der Beschwerdeführer die Antragstellung persönlich bei der örtlich zuständigen Behörde vorgenommen hätte, wenn er sich tatsächlich im Ausland aufgehalten hätte. Ein Tatbestand des § 21 Abs. 2 NAG, wonach die Inlandsantragstellung erlaubt gewesen wäre, sei nicht erfüllt.
Im Weiteren legte die belangte Behörde noch dar, weshalb ihrer Ansicht nach besonders berücksichtigungswürdige Gründe im Sinn des § 72 Abs. 1 NAG nicht vorlägen, weshalb die Inlandsantragstellung auch nicht nach § 74 NAG zugelassen werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach der Rechtslage des NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 99/2006 richtet.
Gemäß § 81 Abs. 1 NAG sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes (somit gemäß § 82 Abs. 1 NAG am 1. Jänner 2006) anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Der gegenständliche am 20. Dezember 2005 gestellte Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung war daher zu dem hier entscheidungswesentlichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach den Vorschriften des NAG zu beurteilen.
Gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz NAG sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels persönlich bei der Behörde zu stellen.
Im Zusammenhang mit Formvorschriften, die erst durch In-Kraft-Treten des NAG geschaffen wurden und nach den Vorschriften des zuvor geltenden FrG noch nicht existierten, hat der Verwaltungsgerichtshof allerdings unter Hinweis auf die Erläuterungen zu § 81 NAG bereits festgehalten, dass diese Formvorschriften für noch während der Geltung des FrG gestellte Anträge kein Prozesshindernis begründen können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2009, 2009/22/0322, mwN). Somit war der in § 19 Abs. 1 erster Satz NAG genannte, gegenüber der Rechtslage nach dem FrG ein neues Prozesshindernis schaffende Grund nicht geeignet, im gegenständlichen Fall, in dem der Antrag noch während der Geltung des FrG gestellt wurde, die von der belangten Behörde vertretene Annahme, dieser Zurückweisungsgrund liege vor und stehe einer Antragsbewilligung entgegen, zu tragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2009, 2008/22/0290, mwN). Insofern hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Die belangte Behörde stützt die Versagung des Aufenthaltstitels aber auch auf § 21 Abs. 1 NAG.
Nach dem in § 21 Abs. 1 NAG festgelegten Grundsatz der Auslandsantragstellung, dessen Einhaltung eine Erfolgsvoraussetzung bildet und der somit nach dem oben Gesagten hier Anwendung findet, ist ein Erstantrag - ein solcher liegt hier unbestritten vor - auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung darüber ist im Ausland abzuwarten.
Die Beschwerde bestreitet die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte sich im Zeitpunkt der Antragstellung und auch danach im Bundesgebiet aufgehalten. In diesem Zusammenhang rügt er, die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, und verweist auch darauf, dass die erstinstanzliche Behörde die Abweisung des Antrages ausschließlich auf die Ansicht gestützt habe, sein Lebensunterhalt sei nicht gesichert. Dieses Vorbringen ist berechtigt.
Gemäß § 45 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) ist den Parteien im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Die Behörde erster Instanz begründete die Antragsabweisung ausschließlich mit dem Fehlen eines Nachweises der für den Beschwerdeführer notwendigen Unterhaltsmittel.
Demgegenüber stützte sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Versagung des begehrten Aufenthaltstitels ausschließlich auf die - bereits genannten - Gründe nach § 19 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 NAG. Den dafür maßgeblichen, von ihr als erwiesen angenommenen Sachverhalt brachte sie dem Beschwerdeführer während des Verwaltungsverfahrens aber weder zur Kenntnis noch gab sie ihm Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Auf Grund des von der erstinstanzlichen Behörde zur Abweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages herangezogenen Grundes hatte dieser aber auch keine Veranlassung, im Zuge der Berufungserhebung auf die Voraussetzung der im Ausland erfolgten Antragstellung, die von der erstinstanzlichen Behörde nicht angezweifelt wurde, einzugehen.
Im Zusammenhang mit dem auch im Verwaltungsverfahren anerkannten "Überraschungsverbot" hat der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten, dass die Behörde, wenn sie gegenüber dem Bescheid der Vorinstanz den Versagungsgrund ändert, verpflichtet ist, der Partei die entsprechende Tatsachengrundlage vorzuhalten (vgl. Punkt 5.2. des hg. Erkenntnisses vom 3. April 2009, 2008/22/0711).
Der Verfahrensmangel erweist sich auch als relevant. Der Beschwerdeführer brachte bereits in seinem Antrag vor, sich im Zeitpunkt der Antragstellung im "Kosovo, Gemeinde Prishtina", aufzuhalten. Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte sich im Zeitpunkt seiner Antragstellung oder danach im Inland aufgehalten, sind der Aktenlage nicht zu entnehmen. Wenn die belangte Behörde darauf abstellt, dass sich der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet daraus ergebe, dass es einfacher und kostengünstiger für ihn gewesen wäre, sich nicht eines rechtlichen Vertreters zu bedienen, so ist diese Überlegung für sich allein keineswegs beweiskräftig genug, dass sich daraus schlüssig ableiten ließe, der Beschwerdeführer habe sich zu jener Zeit als der Antrag von seinem rechtlichen Vertreter eingebracht wurde, tatsächlich im Inland aufgehalten.
Sohin hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid hinsichtlich ihrer Annahme, einer Antragsbewilligung stehe die im Inland erfolgte Antragstellung entgegen, auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen - vorrangig wahrzunehmender - Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 18. März 2010
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