VwGH 2008/21/0536

VwGH2008/21/053627.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 19. September 2007, Zl. 146.863/8-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §47;
NAG 2005 §54 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
NAG 2005 §47;
NAG 2005 §54 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, nach eigenen Angaben ein Staatsangehöriger von Algerien oder Burkina Faso, reiste am 4. Oktober 1997 in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos die Gewährung von Asyl. Am 22. Juli 2006 heiratete er, nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens, die österreichische Staatsbürgerin Mag. S., mit der er seit 26. Juli 2006 im gemeinsamen Haushalt wohnt.

Am 7. Dezember 2006 stellte er - unter Berufung hierauf - an die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung den Antrag, ihm gemäß § 54 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG das Aufenthaltsrecht als Angehöriger einer österreichischen Staatsbürgerin in Form einer Daueraufenthaltskarte ersichtlich zu machen. In eventu stellte er den Antrag, ihm einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger gem. § 47 NAG" zu erteilen. In eventu - "bei angenommener Nichtanwendbarkeit des NAG" - beantragte er schließlich, ihm "das Niederlassungsrecht gem. Richtlinie 2004/38/EG in Bescheidform zu bestätigen".

Mit Bescheid vom 28. März 2007 wies die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung namens des Landeshauptmannes von Niederösterreich den dargestellten (inhaltlich unverändert gelassenen) "Antrag auf erstmalige Erteilung einer Niederlassungsbewilligung" gemäß "§ 11 Abs. 2 Z. 1, § 11 Abs. 4 Z. 1, § 21 Abs. 1, § 19 Abs. 1 und 2 letzter Satz, § 29 Abs. 1" NAG ab. Begründend führte sie aus, es wäre dem Beschwerdeführer zuzumuten gewesen, seinen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu beenden und den genannten Antrag, der zudem entgegen § 19 Abs. 1 NAG von Mag. S. - und damit nicht vom Beschwerdeführer persönlich - eingebracht worden sei, gesetzeskonform aus dem Ausland zu stellen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 19 Abs. 1 und § 21 NAG ab.

Rechtlich teilte die belangte Behörde, soweit im vorliegenden Zusammenhang wesentlich, die erstinstanzlich vertretene Ansicht und verneinte auch das Vorliegen humanitärer Gründe. Auf das Berufungsvorbringen, der nach § 54 NAG gestellte Hauptantrag sei unerledigt geblieben, ging sie nicht ein.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 18. Juni 2008, B 2170/07-6, ablehnte und sie mit gesondertem Beschluss vom 19. August 2008 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über die im vorliegenden Verfahren ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Aus Spruch und Begründung des Bescheides vom 28. März 2007 ergibt sich, dass die Erstbehörde lediglich über den (ersten) vom Beschwerdeführer gemäß § 47 NAG gestellten Eventualantrag, nicht aber über den Hauptantrag nach § 54 Abs. 2 NAG entschieden hat.

Das Wesen eines Eventualantrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit. Eine solche Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung hätte die belangte Behörde, umso mehr als dies in der Berufung ausdrücklich gerügt worden war, aufzugreifen gehabt. Der erstinstanzliche Bescheid wäre von der belangten Behörde schon deshalb ersatzlos zu beheben gewesen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 2007, Zl. 2005/21/0041, und vom 22. Dezember 2009, Zl. 2008/21/0561).

Da die belangte Behörde dies nicht erkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 27. Jänner 2010

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