Normen
KVG 1934 §12 Abs1;
KVG 1934 §12 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Das beschwerdeführende Finanzamt setzte mit Bescheid vom 31. August 2005 gegenüber der Mitbeteiligten (G GmbH), deren Alleingesellschafterin nach der Aktenlage die G AG ist, die Gebühr für das als "Gesellschafterkredit vom 23. Oktober 2000 mit G AG (Großschreibung im Original)" bezeichnete Rechtsgeschäft mit EUR 176.000,01 fest. Die Berechnung der festgesetzten Gebühr sei gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 Z. 1 GebG mit 0,8 % von der Kreditsumme in Höhe von EUR 22,000.000,-- erfolgt.
In der Begründung verwies das beschwerdeführende Finanzamt auch auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung über das Ergebnis der bei den beiden genannten Gesellschaften durchgeführten Prüfung, die insoweit einen Bestandteil des Bescheides bilde.
In dieser Niederschrift wurde festgehalten, dass die G AG im Jahr 2000 unter anderem von der Mitbeteiligten eine Schuldverschreibung in der Höhe von EUR 22,000.000,-- im Vermögen gehabt habe. Weiter heißt es im Schlussbericht, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Schuldverschreibungen, die sich nicht an den anonymen Kapitalmarkt wendeten, die Voraussetzungen einer der Wertpapiersteuer unterliegenden Schuldverschreibung gemäß § 12 KVG nicht erfüllten. Infolgedessen könne darauf die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 GebG nicht angewendet werden. Vorliegende Schuldverschreibung unterläge daher der Rechtsgeschäftsgebühr für Kreditverträge von Gesellschaftern an ihre Gesellschaft gemäß § 33 TP 19 Abs. 2 in Verbindung mit § 33 TP 8 Abs. 4 GebG.
Die in Rede stehende Schuldverschreibung hat folgenden Wortlaut:
"Schuldverschreibung 2000 - 2005 - Nr. 01/00
der g GmbH, K,
Anleihebedingungen
§ 1
Gesamtnominale, Verzinsung
1. Das Nominale beträgt EUR 22.000.000,00 (= ATS 302.726.600,00).
2. Der Zinssatz für die gesamte Zinsperiode (bis einschließlich 31. Dezember 2005) wird mit dem sich ergebenden durchschnittlichen 1-Monats-EURIBOR-Zinssatz = EURO Interbank Offered Rate (Jänner bis Dezember), welcher jeweils zum Monatsultimo der einzelnen Monate bestimmt wird, plus eines Aufschlages von 0,75 % p.a. festgelegt. Die Zinsen werden jährlich am 31. Dezember dekursiv (im nachhinein) verrechnet und sind bis spätestens Ende Jänner des Folgejahres zu begleichen.
3. Die auf Inhaber lautende Schuldverschreibung trägt die Unterschriften des Geschäftsführers der g GmbH, K.
(Anleiheschuldnerin).
4. Die Schuldverschreibung wird im Nennwert von EUR 22.000.000,00 (= ATS 302.726.600,00) begeben. Ein Anspruch auf Ausfolgung der Schuldverschreibung besteht nicht.
5. Für die Forderungen des Inhabers der Schuldverschreibung haftet die g GmbH, K, mit ihrem gesamten Vermögen.
§ 2
Laufzeit
Die Laufzeit beginnt am 1. Oktober 2000 und endet mit Ablauf des 31. Dezember 2005
§ 3
Tilgung
Die Tilgung erfolgt zur Gänze am 31. Dezember 2005.
§ 4
Kündigung
Die Schuldverschreibung kann:
a) unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum jeweiligen Quartalsende, erstmals zum 31. März 2001,
oder
b) wenn die g GmbH, K, mit ihren Verpflichtungen aus der Schuldverschreibung um mehr als drei Monate in Verzug ist,
gekündigt werden.
Im Falle der Kündigung durch die Anleihegläubiger kann die g GmbH, K, innerhalb der Kündigungsfrist einen Käufer aus der G-Gruppe namhaft machen, der diese Schuldverschreibung anstelle der g GmbH, K, als Anleiheschuldnerin übernimmt. In diesem Falle verpflichtet sich die Gläubigerin der Schuldverschreibung, diese mittels Giro an den namhaft gemachten Käufer zu übertragen.
§ 5
Zahlstelle
Zahlstelle ist K.
Die Gutschrift der Zins- und Tilgungszahlungen erfolgt über
die vom Inhaber der Schuldverschreibung gewünschte Bank.
§ 6
Gerichtsstand
Für sämtliche Rechtsverhältnisse aus dieser Anleihe gilt
österreichisches Recht; Gerichtsstand ist L.
K, am 23. Oktober 2000
g GmbH
Ing. F K
(Geschäftsführer)"
Gegen den Bescheid des beschwerdeführenden Finanzamtes vom 31. August 2005 erhob die Mitbeteiligte Berufung, in der sie unter anderem vorbrachte, dass sich die einseitige Erklärung des Anleiheschuldners, somit der Mitbeteiligten, für einen bestimmten Geldbetrag bestimmte Zinsen zu bezahlen, allein auf Grund der Ausgestaltung als Inhaberpapier an einen unbestimmten Personenkreis richte, mag auch im gegenständlichen Fall die Muttergesellschaft die Zahlung geleistet haben. Dies ändere jedoch nichts daran, dass es sich weder um ein Darlehen noch um einen Kredit handle, sodass die Bestimmung des § 33 TP 8 Abs. 4 GebG nicht zur Anwendung gelange.
Dieser Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Folge und hob den erstinstanzlichen Bescheid auf.
In der Begründung gab die belangte Behörde den Inhalt der in Rede stehenden Schuldvorschreibung sowie Teile der Berufung wieder. In rechtlicher Hinsicht setzte sich die belangte Behörde mit den Begriffen des Kreditvertrages und der Schuldverschreibung auseinander; letztere sei ein Wertpapier zur langfristigen Kreditfinanzierung. Es handle sich dabei um einen fest verzinslichen Vermögenstitel mit einem schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung eines zeitabhängigen Entgelts und Rückzahlung des überlassenen Kapitalbetrages. Der Käufer einer Schuldverschreibung erhalte als Gegenleistung für die Überlassung des Geldes während der Laufzeit den in der Urkunde verbrieften Zins und nach Ablauf der Laufzeit ende das Schuldverhältnis durch die Zahlung des Nennwerts. Im Beschwerdefall sei durch die Ausgabe der Schuldverschreibung ein verzinsliches Forderungsrecht verbrieft worden, das gerade nicht die Verpflichtung des Anleihegläubigers enthalte, einen gewissen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, wie dies § 33 TP 19 Abs. 1 GebG verlange. Es sei nur die einseitige Erklärung der Mitbeteiligten beurkundet worden, für einen bestimmten Geldbetrag bestimmte Zinsen zu zahlen. Diese Urkunde stelle keinen Kreditvertrag dar. Es seien von der erstinstanzlichen Behörde keine Feststellungen getroffen worden, wonach der Rechtsgrund der Eintragung in die Bücher des Anleiheschuldners in einem Kreditvertrag bestehe, weshalb auch kein Kredit eines Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft gemäß § 33 TP 8 Abs. 4 GebG vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die Mitbeteiligte - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 KVG gelten als Schuldverschreibungen Wertpapiere, in denen verzinsliche Forderungsrechte verbrieft sind, wenn die Wertpapiere auf den Inhaber lauten oder durch Indossament übertragen werden können oder in Teilabschnitten ausgefertigt sind oder mit Zinsscheinen (Rentenscheinen) versehen sind.
Ein Kennzeichen von Schuldverschreibungen im Sinne von § 12 Abs. 1 KVG ist, dass sich der Schuldner an den anonymen Kapitalmarkt wendet (vgl. das Erkenntnis vom 7. Dezember 2000, Zl. 97/16/0506).
Gemäß § 15 Abs. 3 GebG in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 52/2009 sind Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz (I Teil Gesellschaftssteuer und II Teil Wertpapiersteuer), Versicherungssteuergesetz oder Beförderungssteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen.
Die belangte Behörde geht ebenso wie das beschwerdeführende Finanzamt davon aus, dass die in Rede stehende Schuldverschreibung nicht dem Kapitalverkehrsteuergesetz unterliege, weil sie sich nicht an den anonymen Kapitalmarkt wende. Dies wird in der Berufung und in der Gegenschrift von der Mitbeteiligten bestritten, weil die Schuldverschreibung auf den Inhaber laute und darin verzinsliche Forderungsrechte verbrieft sind.
Tatsächlich läge nach dem Vorbringen der Mitbeteiligten eine Schuldverschreibung gemäß § 12 Abs. 1 KVG vor, die nach § 15 Abs. 3 GebG von der Gebührenpflicht ausgenommen wäre, wenn sich die Mitbeteiligte damit - so die weitere von der dargestellten Rechtsprechung entwickelte Voraussetzung - an den anonymen Kapitalmarkt wendete. Dieses Kriterium hat belangte Behörde mit dem Hinweis auf das "Wesen der Schuldverschreibung" für unwesentlich erklärt und dazu keine Feststellungen getroffen. Schon deshalb ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Läge keine Schuldverschreibung gemäß § 12 Abs. 1 KVG vor, wäre das Gebührengesetz anzuwenden und zu untersuchen, ob ein Gebührentatbestand gegeben ist. Dabei ist im Beschwerdefall Folgendes wesentlich:
Gemäß § 33 TP 19 Abs. 2 GebG sind auf Kreditverträge von Gesellschaftern an ihre Gesellschaft die Bestimmungen des § 33 TP 8 Abs. 4 sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 33 TP 8 Abs. 4 gelten, wenn über ein Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft, die den Ort ihrer Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland hat, keine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenpflicht maßgeblichen Weise errichtet wurde, die nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen des Darlehensschuldners, in die das Darlehen aufgenommen wurde, als Urkunde.
Gemäß § 16 Abs. 6 GebG entsteht die Gebührenschuld mit der Aufnahme in die Bücher und Aufzeichnungen, die nach abgabenrechtlichen Vorschriften zu führen sind und als Urkunde über den Darlehens- oder Kreditvertrag gelten.
Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid unter anderem die Auffassung, eine Schuldverschreibung sei ein Wertpapier zur langfristigen Kreditfinanzierung. Im Beschwerdefall sei nur die einseitige Erklärung des Anleiheschuldners, für einen bestimmten Geldbetrag bestimmte Zinsen zu bezahlen, beurkundet worden. Diese Urkunde stelle somit keinen Kreditvertrag im Sinne des Gebührengesetzes dar. Auch sei der Tatbestand des § 33 TP 8 Abs. 4 GebG nicht erfüllt, weil Objekt der Aufzeichnung in den Büchern des Schuldners immer eine Verbindlichkeit desselben sein müsse, die ihren Rechtsgrund unmittelbar in einem Kredit habe. In Büchern aufscheinende Verbindlichkeiten des Buchführenden aus anderen Rechtsgründen, mögen sie auch gegenüber einem Gesellschafter bestehen, seien gebührenrechtlich irrelevant. Feststellungen, wonach der Rechtsgrund der Eintragung in die Bücher des Anleiheschuldners in einem Kreditvertrag bestehe, seien vom beschwerdeführenden Finanzamt nicht getroffen worden.
Dabei ist die belangte Behörde zunächst darauf zu verweisen, dass das beschwerdeführende Finanzamt eine Gebührenschuld gemäß § 33 TP 19 Abs. 2 GebG in Verbindung mit § 33 TP 8 Abs. 4 GebG angenommen hat, also eine Rechtsgeschäftsgebühr für einen Kreditvertrag über einen Kredit der Alleingesellschafterin der Mitbeteiligten an diese. Als das der Beurkundung in den Büchern zugrundeliegende Rechtsgeschäft hat das beschwerdeführende Finanzamt einen Gesellschafterkredit zugrunde gelegt, der in den Büchern der Mitbeteiligten beurkundet worden sei. Das beschwerdeführende Finanzamt ist demnach vom Abschluss eines Kreditvertrages ausgegangen.
Die belangte Behörde hat sich hingegen ausschließlich mit der Frage beschäftigt (und diese zutreffend verneint), ob die Schuldverschreibung selbst einen Kreditvertag darstellt, ohne zu prüfen, ob - wovon das beschwerdeführende Finanzamt offenbar ausgegangen ist - der Schuldverschreibung ein Kreditvertrag oder auch ein Darlehen zu Grunde gelegen ist.
Das ist insofern nahe liegend, als der Begebung eines Wertpapiers regelmäßig ein kausales Geschäft zugrunde liegt, wobei im Zweifel ein kausales Papier anzunehmen ist (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 7. Dezember 2000, mwN). Dazu kommt im Beschwerdefall, dass der in der Schuldverschreibung angeführte Betrag von der Alleingesellschafterin der Mitbeteiligten geleistet worden ist und die Mitbeteiligte in ihrer Berufung selbst von den "Vertragsparteien" spricht.
Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Verpflichtung der Berufungsbehörde, den erstinstanzlichen Bescheid auch außerhalb der Berufungspunkte auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen und - entsprechend den Obliegenheiten und Befugnissen der erstinstanzlichen Behörde (vgl. § 279 BAO) - erforderlichenfalles entsprechende Ermittlungen vorzunehmen (vgl. die bei Ritz3, BAO-Kommentar, auf S 829 zu § 279 wieder gegebene Rechtsprechung), wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, zu den angeführten Punkten selbst Erhebungen durchzuführen und Feststellungen zu treffen. Insbesondere wäre es an der belangten Behörde gelegen gewesen, Ermittlungen dahin durchzuführen, ob über die in der Schuldverschreibung enthaltenen Erklärungen hinaus Vereinbarungen zwischen der Mitbeteiligten und ihrer Alleingesellschafterin getroffen wurden und bejahendenfalls ob der Schuldverschreibung ein Rechtsgeschäft, allenfalls ein Kredit- oder Darlehensvertrag, der in den Büchern beurkundet wurde, zugrunde liegt. Solange der Sachverhalt in diese Richtung nicht vollständig erhoben ist, kann der Beschwerdefall nicht abschließend beurteilt werden.
Dies hat die belangte Behörde wegen eines Rechtsirrtums verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 10. Mai 2010
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