Normen
AlVG 1977 §10 Abs1 Z1;
AlVG 1977 §10 Abs1 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 12. Juli 2007 wurde mit dem Beschwerdeführer vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) B eine Niederschrift aufgenommen. Darin wurde festgehalten, dass dem Beschwerdeführer am 4. Juli 2007 vom AMS eine Beschäftigung als Lagerarbeiter beim Dienstgeber J. mit einer Entlohnung von brutto "laut Kollektivvertrag" und möglichem Arbeitsantritt am 10. Juli 2007 zugewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer gab zu Protokoll, als er bei seiner Vorstellung gefragt worden sei, was er wolle, habe er das Papier gezeigt und gesagt, dass er vom AMS geschickt worden sei und auf dem Zettel (Vorstellungsvorschlag) stehe, was er wolle. Die Vertreterin des Unternehmens habe gesagt, sie habe nicht die Zeit, alles zu lesen, was auf dem Zettel stehe. Sie habe dem Beschwerdeführer gesagt, er solle einen Bewerbungsbogen ausfüllen. Das habe er nicht gemacht, sondern gesagt, sie solle ihm den Zettel vom AMS ausfüllen, da er den brauche und ein Stempel auf den Zettel gehöre. In dem Protokoll ist weiters festgehalten, laut Rückmeldung des potentiellen Dienstgebers habe der Beschwerdeführer nur einen Stempel gewollt. Dazu führte der Beschwerdeführer aus, dies stimme "nicht ganz", aber er brauche den Stempel für das AMS.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice B vom 13. Juli 2007 wurde der Beschwerdeführer des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 AlVG für die Zeit vom 10. Juli 2007 bis 20. August 2007 verlustig erklärt. Eine Nachsicht wurde nicht erteilt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Annahme einer Beschäftigung bei J. vereitelt. Nachsichtsgründe lägen keine vor.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, der mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben wurde. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe von Rechtsvorschriften und des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei sich am 10. Juli 2007 vorstellen gegangen und nicht eingestellt worden. Laut Rückmeldung des potentiellen Dienstgebers habe er nur "den Stempel" (die Bestätigung seiner Vorstellung) gewollt. Die Angaben des Beschwerdeführers, er habe der Kontaktperson von J. die Zettel des AMS hingehalten und erklärt, dass darin alles stehe, was er wolle, verbunden mit dem Nichtausfüllen des Bewerbungsbogens lasse den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer an der angebotenen Beschäftigung nicht interessiert gewesen sei, sodass der potentielle Dienstgeber von einer Einstellung Abstand genommen habe. Das Ausfüllen eines Bewerbungsbogens entspreche durchaus der gängigen Praxis im Rahmen von Vorstellungsgesprächen. Dies nicht zu tun, lasse nur den Schluss zu, dass kein Interesse am angebotenen Job bestehe und somit Arbeitsunwilligkeit dokumentiert sei. Der Beschwerdeführer habe daher durch sein Verhalten bei der Vorstellung die Aufnahme der zugewiesenen und zumutbaren Beschäftigung vereitelt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen.
Nach § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, oder der die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Die genannten Bestimmungen gelten gemäß § 38 AlVG für die Notstandshilfe sinngemäß.
Diese Bestimmungen sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein.
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wege verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wege vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. November 2008, Zl. 2006/08/0242, mwN).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Zumutbarkeit der ihm zugewiesenen Beschäftigung.
Des weiteren bestreitet der Beschwerdeführer nicht, den Bewerbungsbogen nicht ausgefüllt zu haben. Er bringt vor, dass ihm der Umstand, dass ein Bewerbungsgespräch nicht geführt worden sei, nicht vorgeworfen werden könne. Den Bewerbungsbogen hätte er durchaus noch nach oder während des Bewerbungsgespräches ausfüllen können.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass dem Beschwerdeführer ein Bewerbungsbogen mit dem Ersuchen, diesen auszufüllen, unbestritten übergeben worden ist. Es wäre daher an ihm gelegen, diesen Bogen zunächst auszufüllen. Dadurch, dass er sich geweigert hat, diesen Bewerbungsbogen auszufüllen, hat er jedenfalls den Tatbestand der Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG erfüllt Schon ein bewusst unzureichend ausgefüllter Bewerbungsbogen erfüllt diesen Tatbestand (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 1995, Zl. 95/08/0092), umso mehr die Unterlassung des Ausfüllens überhaupt.
Der Beschwerdeführer legt in seiner Beschwerde dar, dass es sein möge, dass Sprachschwierigkeiten nähere Ausführungen des Beschwerdeführers verhindert hätten.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keinerlei Sprachschwierigkeiten geltend gemacht hat, die eine Unmöglichkeit der Ausfüllung des Bewerbungsbogens dargelegt hätten. Dagegen, dass die Behörde solche Sprachschwierigkeiten hätte annehmen müssen, spricht auch die Berufung des Beschwerdeführers, die zwar nicht sprachlich perfekt, aber umfassend und verständlich formuliert ist. Daher handelt es sich bei dem diesbezüglichen Vorbringen um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (vgl. zu all dem auch das hg. Erkenntnis vom 19. September 2007, Zl. 2006/08/0195).
Im Übrigen hat der Beschwerdeführer nicht bestritten, dass er "den Stempel" gewollt habe.
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. z.B. das zitierte hg. Erkenntnis vom 19. September 2007, mwN).
Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund der vom Beschwerdeführer geschilderten Vorgangsweise und der Angaben des Unternehmens J. davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer zum Ausdruck gebracht habe, lediglich eine Bestätigung für das AMS über die erfolgte Vorstellung haben zu wollen und sich an der Erlangung des Arbeitsplatzes nicht interessiert gezeigt hat. Dadurch hat der Beschwerdeführer aber den Tatbestand der Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG erfüllt (vgl. wiederum das zitierte hg. Erkenntnis vom 19. September 2007, mwN).
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 26. Jänner 2010
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