VwGH 2008/04/0043

VwGH2008/04/004320.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des H in X, vertreten durch Dr. Herbert Troyer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Kaigasse 27, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 7. Februar 2008, Zl. 20501-1645/9-2008, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
GewO 1994 §87 Abs1;
GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
GewO 1994 §87 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 7. Februar 2008 hat die Landeshauptfrau von Salzburg dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung lautend auf "Gastgewerbe in der Betriebsart Bar" im näher genannten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 entzogen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides seien gegen den Beschwerdeführer bereits sieben rechtskräftige Straferkenntnisse vorgelegen, in denen insgesamt 32 Übertretungen der Sperrstundenverordnung zusammengefasst worden seien. Nach Ansicht der belangten Behörde reiche diese Anzahl und Intensität von Sperrstundenüberschreitungen bereits für die Annahme einer mangelnden Zuverlässigkeit zur Gastgewerbeausübung aus. Laut einer vom Strafamt beim Magistrat der Stadt Salzburg zusammengestellten Auflistung vom 6. Dezember 2007 seien mittlerweile 10 einschlägige Straferkenntnisse rechtskräftig und drei weitere noch in Berufung. Es könne zweifellos davon ausgegangen werden, dass die Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers zur Ausübung des Gastgewerbes nicht mehr gegeben sei. Es werde dabei als besonders schwer wiegend angesehen, dass die rechtskräftigen Straferkenntnisse unter Bedachtnahme auf die Judikatur zu den fortgesetzten Delikten jeweils die Nichteinhaltung der Sperrstunde an mehreren Tagen zum Gegenstand hätten. Nach den Feststellungen der Berufungsbehörde im Verwaltungsstrafverfahren zeige das Verhalten des Beschwerdeführers, dass er den gewerberechtlichen Vorschriften, insbesondere der Sperrstundenverordnung, ablehnend gegenüber stehe. Die belangte Behörde schließe sich diesen Ausführungen, denen entnommen werden könne, dass der Beschwerdeführer die Sperrstunde geradezu notorisch missachtet habe, voll an. Aus der Formulierung des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 ergebe sich unter anderem zwingend, dass für die Beurteilung dieses Entziehungstatbestandes keine Zukunftsprognose zu erstellen sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe die Sperrstunde seit 2007 immer eingehalten, sei somit irrelevant. Abgesehen davon, dass die Einhaltung bisher übertretener Rechtsvorschriften angesichts der konkreten Androhung einer Gewerbeentziehung nichts Außergewöhnliches darstelle, sei ein längeres einwandfreies Verhalten erst in einem Nachsichtsverfahren gemäß § 27 GewO 1994 zu berücksichtigen. Das Berufungsvorbringen, das die Sinnhaftigkeit der Sperrstundenregelung als solche in Frage stelle, sei für den Ausgang des Verfahrens ebenfalls bedeutungslos. Der Zweck der Sperrstundenregelungen liege nicht nur im Schutz der Nachbarn, sondern es spielten auch andere öffentliche - z.B. sicherheitspolizeiliche - Interessen eine Rolle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zusammengefasst vor, im vorliegenden Fall sei die Einhaltung der Sperrstunde ein Selbstzweck. Dies bedeute (zwar nicht, dass aus diesem Grund die Sperrstunde überschritten werden dürfe, sondern), dass kein schwerer Verstoß vorliege. Im vorliegenden Fall sei der Zeitraum vom Herbst 2004 bis 12. Februar 2008 zu prüfen. Die Prüfung der Zuverlässigkeit habe entgegen dem angefochtenen Bescheid nicht nur eine Prüfung der Vergangenheit, sondern auch der Zukunft zur Voraussetzung. Wenn vom Herbst 2004 bis Dezember 2006 mehrere geringfügige Verstöße gegen die Sperrstundenverordnung vorgelegen seien, so sei in die Betrachtung der Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers der Zeitraum ab 1. Jänner 2007, in dem die Sperrstundenverordnung eingehalten worden sei, einzubeziehen. Bis inklusive 12. Februar 2008 umfasse dies immerhin 13 1/2 Monate. Es sei mit Sicherheit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft die Sperrstunde einhalten werde. Er sei auf den Betrieb für seinen und den Unterhalt seiner ledigen Tochter angewiesen. Das Lokal sei seine alleinige Existenzgrundlage.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 131/2004, ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwer wiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbe erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, wegen der von der belangten Behörde festgestellten Übertretungen rechtskräftig bestraft worden zu sein. Damit steht bindend fest, dass er die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2010, Zl. 2009/04/0303). Zu diesen Straftaten bringt der Beschwerdeführer vor, die Nichteinhaltung der Sperrstunde stelle keinen schweren Verstoß dar.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes kann das in § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 enthaltene Tatbestandsmerkmal der "schwer wiegenden Verstöße" nicht nur durch an sich als schwer wiegend zu beurteilende Verstöße erfüllt werden, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen der im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 24. Februar 2010). Das Beschwerdevorbringen bietet keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die dem Beschwerdeführer - unbestritten -

mit dem erstinstanzlichen Bescheid zur Last gelegten 32 Übertretungen der Sperrstundenverordnung 2001, LGBl. Nr. 56/2001, sind jedenfalls in ihrer Gesamtheit "schwer wiegenden Verstößen" im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 gleichzuhalten (vgl. dazu auch das im angefochtenen Bescheid zitierte hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/04/0180, in dem der Verwaltungsgerichtshof bereits die zwölfmalige Übertretung der Sperrstundenverordnung als "schwer wiegend" iSd § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 qualifizierte). Auf die von der belangten Behörde zusätzlich festgestellten weiteren Übertretungen braucht daher nicht eingegangen zu werden.

An dieser Beurteilung ändert auch das Vorbringen des Beschwerdeführers nichts, wonach die Einhaltung der Sperrstundenverordnung "Selbstzweck" sei.

Da sich die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung des Gewerbes als zwingende Rechtsvermutung aus den schwer wiegenden Verstößen ergibt, bedarf es bei der Beurteilung, ob der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 erfüllt ist, keiner Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Gewerbeinhabers (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 24. Februar 2010 sowie das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2007/04/0137). Eine Fallkonstellation, die im Sinne des letztzitierten Erkenntnisses ausnahmsweise doch eine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes erfordert, liegt gegenständlich nicht vor.

Die wirtschaftlichen Folgen der Entziehung der Gewerbeberechtigung für den Gewerbeinhaber sind für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit nach § 87 Abs. 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 nicht maßgeblich (siehe auch dazu das zitierte Erkenntnis vom 24. Februar 2010).

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 20. Mai 2010

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