Normen
AVG §56;
SHG Slbg 1975 §17;
SHG Slbg 1975 §6 Abs1;
SHG Slbg 1975 §6 Abs2;
SHG Slbg 1975 §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §56;
SHG Slbg 1975 §17;
SHG Slbg 1975 §6 Abs1;
SHG Slbg 1975 §6 Abs2;
SHG Slbg 1975 §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 28. März 2006 sprach der Bürgermeister der Stadt Salzburg über Antrag der Beschwerdeführerin aus, dass die Aufenthaltskosten der Beschwerdeführerin im Seniorenheim L. vom 1. November bis zum 31. Dezember 2005 in Höhe von täglich EUR 71,05 und ab 1. Jänner 2006 in der Höhe von täglich EUR 72,65 aus Sozialhilfemitteln abzüglich einer Eigenleistung getragen würden, welche für den Zeitraum vom 1. November bis zum 30. November 2005 EUR 1.369,73 und ab 1. Dezember 2005 "bis auf weiteres" EUR 296,-- betrage. Die Leistung gebühre so lange, als hiefür die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben seien und nicht allfällige Ausschlussgründe vorlägen.
Die dagegen erhobene Berufung wurde von der Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 23. November 2006 abgewiesen.
Begründend wurde nach Wiedergabe des erstbehördlichen Bescheides sowie des Berufungsvorbringens ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei im Februar 2001 in das Seniorenheim L. eingetreten. Mit Löschungserklärung vom 2. Juli 2001 habe die Beschwerdeführerin in die Löschung eines ihr zustehenden Fruchtgenussrechtes an einer Wohnung eingewilligt. Die Eintragung in das Grundbuch sei am 20. September 2001 erfolgt. Bis zum Jahr 2005 seien die Heimkosten von der Beschwerdeführerin selbst getragen worden. Die Änderung der Pflegebedürftigkeit im November 2005 habe eine Erhöhung der Heimkosten zur Folge gehabt, die sodann nicht mehr zur Gänze aus eigenen Einkünften hätten getragen werden können. Ab November 2005 sei Pflegestufe 4 gewährt worden.
Die Notwendigkeit der Heimunterbringung der Beschwerdeführerin stehe nicht in Zweifel. Der Eintritt in das Seniorenheim setze im Allgemeinen bereits eine Pflegebedürftigkeit voraus, die sich jederzeit erhöhen könne. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes und die daraus folgende Erhöhung des Pflegeaufwandes könne daher nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Ein höherer Pflegeaufwand habe eine Erhöhung des Heimtarifs zur Folge, es sei daher auch mit dem Eintritt der Hilfebedürftigkeit im Sinne des Salzburger Sozialhilfegesetzes (im Folgenden: SHG) jederzeit zu rechnen gewesen. Der ein halbes Jahr nach Heimeintritt erfolgte Verzicht der Beschwerdeführerin auf eigene Mittel durch Vermietung sei in sittenwidriger Weise erfolgt. Gemäß § 1444 ABGB dürften Rechte Dritter durch einen Verzicht nicht beeinträchtigt werden, die Gültigkeit eines Verzichts hänge von ihrer Zustimmung ab. Ein Verzicht sei dann sittenwidrig, wenn der Zweck einer Legalzession unterlaufen werde. Es sei nicht erforderlich, dass der Sozialhilfeträger im Zeitpunkt der Verzichtserklärung in seinen Rechten beeinträchtigt gewesen sei, es genüge, dass es absehbar gewesen sei, dass dies bei Erhöhung der Pflegekosten der Fall sein werde und auch nicht ausgeschlossen gewesen sei, dass Sozialhilfe in diesem Fall in Anspruch genommen würde. Die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin, aus der im Ergebnis eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers resultiere, sei sittenwidrig gewesen. Die Nichtigkeit des die Hilfsbedürftigkeit herbeiführenden Rechtsgeschäftes könne von der Behörde als Vorfrage selbst beurteilt werden. Für die vorgeschriebene Eigenleistung sei das Fruchtgenussrecht für die 60 m2 große Wohnung nach dem Richtwertgesetz mit EUR 6,21 pro m2 zu bewerten. 80 vH. davon gemäß § 8 Abs. 5 SHG seien EUR 296,--, die den der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehenden eigenen Mitteln zuzurechnen seien. Soweit die Beschwerdeführerin in der Berufung vorbringe, der Sozialhilfeträger könne sich nur an den Belasteten aus dem Fruchtgenussrecht, gegebenenfalls an den Rechtsnachfolger im Eigentum der in Rede stehenden Eigentumswohnung halten und von diesem unmittelbar Leistung verlangen, sei ihr zu entgegnen, dass der Sozialhilfeträger nicht gehindert sei, dem Anspruchswerber unter Hinweis auf - mangels Rechtswirksamkeit der Vermögensübertragung - vorhandenes Vermögen die Leistung teilweise zu verweigern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Das Salzburger Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 19/1975 idF. LGBl. Nr. 20/2006, lautet (auszugsweise):
"3. Abschnitt
Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes
Anspruch
§ 6
(1) Ein Hilfesuchender, der sich im Lande Salzburg aufhält,
hat Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes, wenn er
den Lebensbedarf für sich ... nicht oder nicht ausreichend aus
eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von
anderen Personen oder Einrichtungen erhält.
(2) Die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes wird
grundsätzlich nur auf Antrag gewährt. ... .
...
Einsatz der eigenen Mittel
§ 8
(1) Die Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als der Einsatz des Einkommens und des verwertbaren Vermögens des Hilfesuchenden nicht ausreicht, um den Lebensbedarf zu sichern.
...
(3) Die Verwertung des Vermögens darf nicht verlangt werden, wenn dadurch die Notlage verschärft oder von einer vorübergehenden zu einer dauernden wird.
(4) Hat ein Hilfesuchender Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist, sind Hilfeleistungen von der Sicherstellung des Ersatzanspruches abhängig zu machen, wenn hiemit nicht nach der Lage des einzelnen Falles für den Hilfesuchenden oder seine Angehörigen eine besondere Härte verbunden wäre.
(5) Bei der Festsetzung des Ausmaßes von Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes sind bei Hilfesuchenden, die in einer Anstalt oder einem Heim untergebracht sind, 20 v.H. einer allfälligen Pension, Rente oder anderer Ruhe- oder Versorgungsgenüsse oder eines sonstigen Einkommens und die allfälligen Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug), jeweils vermindert um die davon zu leistenden Abgaben und sonstigen gesetzlichen Abzüge, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dieser Freibetrag ist jedenfalls mit dem Betrag von 20 v.H. der nach dem ASVG möglichen Höchstpension, vermindert um die davon zu leistenden Abgaben und sonstigen Abzüge, begrenzt.
...
Unterbringung in Anstalten oder Heimen
§ 17
(1) Der Lebensbedarf kann mit Zustimmung des Hilfesuchenden durch Unterbringung in Anstalten oder Heimen gesichert werden, wenn der Hilfesuchende auf Grund seines körperlichen oder geistigseelischen Zustandes oder auf Grund der familiären und häuslichen Verhältnisse nicht imstande ist, ein selbständiges und unabhängiges Leben zu führen oder wenn er besonderer Pflege
bedarf. ... .
(2) Den in Anstalten oder Heimen untergebrachten Personen über 15 Jahren ist ein Taschengeld in der Höhe von 20 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG, vermindert um die davon zu leistenden Abgaben und sonstigen gesetzlichen Abzüge, zu gewähren, soweit ihnen nicht auf Grund des § 8 Abs. 5 ein solcher Betrag ihres Einkommens verbleibt. Das Taschengeld gebührt in den Monaten März, Juni, September und Dezember in eineinhalbfacher Höhe. Die Bestimmung des § 12 Abs 6 vorletzter Satz ist sinngemäß anzuwenden.
..."
2. Die Beschwerde ist begründet.
2.1. Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, es sei der Beschwerdeführerin zwar nicht möglich, die Kosten der erforderlichen Pflege (Heimunterbringung) aus ihrem Einkommen (Pension und Pflegegeld) zu decken. Berücksichtige man jedoch, dass der Verzicht auf das Fruchtgenussrecht an der Eigentumswohnung sittenwidrig und daher nichtig sei, könne ungeachtet der Verbücherung desselben davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführerin die Verwertung ihres Fruchtgenussrechtes möglich und zumutbar sei. Einkommen und Vermögen der Beschwerdeführerin seien daher insoweit ausreichend, um auch bei Tragung der ihr vorgeschriebenen Eigenleistung ihren Lebensbedarf, d.h. die erforderliche Pflege, zu sichern.
Die Beschwerdeführerin hält dagegen, es sei ihr weder möglich noch zumutbar, das Fruchtgenussrecht zu verwerten. Sie ist bereits mit diesem Vorbringen im Ergebnis im Recht:
2.2. Angesichts der Zeitraumbezogenheit von Bescheiden über die Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2008, Zl. 2006/10/0201, und die dort zitierte Vorjudikatur) hängt die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides - beschwerdefallbezogen - davon ab, ob die Beschwerdeführerin ab dem Zeitpunkt der erhöhten Pflegebedürftigkeit (1. November 2005) ihren Lebensbedarf trotz Leistung eines Beitrags in der vorgeschriebenen Höhe der Eigenleistung aus eigenen Mitteln, gegebenenfalls unter Berücksichtigung einer Verwertung des in Rede stehenden Fruchtgenussrechtes an der Eigentumswohnung, sichern konnte.
Die belangte Behörde übersieht bei ihrer Annahme der Verwertbarkeit des Fruchtgenussrechtes, dass nach hg. Judikatur die Hilfebedürftigkeit eines Hilfe Suchenden iSd sozialhilferechtlichen Regelungen nicht bereits mit dem Hinweis verneint werden kann, dieser könne seinen Lebensbedarf ohnedies aus ihm angeblich zustehenden Ansprüchen decken. Entscheidend ist vielmehr, ob der Hilfe Suchende die erforderliche Leistung auf Grund solcher Ansprüche auch so rechtzeitig erhalten kann, dass sein Bedarf nicht gefährdet wird. Andernfalls hat der Sozialhilfeträger - mit der allfälligen Möglichkeit eines Ersatzanspruches gegen den primär Verpflichteten - in Vorlage zu treten (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 2009, Zl. 2007/10/0082, und vom 29. April 2009, Zl. 2007/10/0209, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Demgegenüber hat die belangte Behörde die Hilfebedürftigkeit der Beschwerdeführerin iSd SHG im Ausmaß der vorgeschriebenen Eigenleistung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Verwertung eines Fruchtgenussrechtes verneint, mit dem sie unbestrittenermaßen nicht im Grundbuch eingetragen ist, ohne auch nur im Ansatz die Frage zu erörtern, ob die - nach Auffassung der belangten Behörde - auf diesem Weg erzielbaren Mittel so rechtzeitig erlangt werden könnten, dass eine Gefährdung des - unstrittig bestehenden - Pflegebedarfes der Beschwerdeführerin nicht eintritt.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon aus diesem Grund als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was - ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte - zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu führen hatte.
3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 26. April 2010
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