VwGH 2007/01/1136

VwGH2007/01/113621.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde der I T in A, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Bahnhofstraße 20/I, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. September 2007, Zl. Gem(Stb)-429383/4-2007-Dor, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §293 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2006/I/037;
ASVG §293 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2006/I/037;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen von Mazedonien, vom 7. März 2007 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß "§§ 10 Abs. 1, 10 Abs. 5, 11" des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei in Österreich seit 1994 ununterbrochen rechtmäßig aufhältig bzw. seit 5. Dezember 2000 rechtmäßig niedergelassen. Sie sei bis dato Schülerin gewesen. Gegen ihren Vater, der zudem für die Ehegattin und zwei Kinder unterhaltspflichtig sei, bestehe ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch. Das monatliche Familieneinkommen habe im Jahr 2004 EUR 697,33, im Jahr 2005 EUR 633,62 und im Jahr 2006 EUR 629,48 betragen. Der Richtsatz gemäß § 293 ASVG für eine Familie mit zwei Kindern habe im Jahr 2004 EUR 1.154,04, im Jahr 2005 EUR 1.171,35 und im Jahr 2006 EUR 1.200,63 betragen; das Familieneinkommen entspreche somit nicht den jeweiligen Richtsätzen nach § 293 ASVG. Der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Umstand, sie habe bisher die Handelsschule absolviert und sei nun auf Stellensuche, sei der Behörde bekannt. Demnach verfüge die Beschwerdeführerin nicht über regelmäßige eigene Einkünfte sondern einen Unterhaltsanspruch gegen ihre Eltern. Da allein ihr Vater berufstätig sei, sei sein Einkommen herangezogen und den Richtsätzen gegenüber gestellt worden. Dass die Höhe der Einkünfte in den letzten drei Jahren den jeweiligen Richtsätzen des ASVG nicht entsprächen, bliebe auf Grund eines nunmehrigen Arbeitsantritts der Beschwerdeführerin unverändert. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 7 iVm § 10 Abs. 5 StbG seien daher nicht vorgelegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.

Gemäß § 10 Abs. 5 StbG ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Der Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten dessen pfändungsfreies Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, nicht zu berücksichtigen.

Die Beschwerdeführerin bestreitet das festgestellte Familieneinkommen bzw. ihr fehlendes eigenes Einkommen nicht, sie macht gegen den angefochtenen Bescheid aber geltend, sie sei während ihrer Schulausbildung auf Unterhaltsansprüche gegen ihre Eltern angewiesen gewesen. Ihre Mutter sei Hausfrau und habe Unterhalt in natura erbracht, ihr Vater sei berufstätig und habe die notwendigen Geldmittel für die Familie aufgebracht. Nach der Judikatur der Zivilgerichte seien vom Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen 16 % zugestanden (im Jahr 2004 wären das EUR 184,65 bzw. 2005 und 2006 etwas mehr gewesen). Im Falle einer Trennung von ihrer Familie hätte ihr Vater versuchen müssen, das Familieneinkommen "im Wege der Sozialhilfe zu verbessern". Der Sinn des StbG könne es nicht sein, "neu ins Berufsleben eingetretene Schulabsolventen für das geringe Einkommen ihrer Eltern zu bestrafen oder zu behindern". Die belangte Behörde habe die Bestimmungen der §§ 10 Abs. 1 Z. 7 und 10 Abs. 5 StbG unrichtig ausgelegt.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt.

Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes im Sinne der vorgenannten Bestimmung kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang. Zur Vermeidung einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft hat der Gesetzgeber die Höhe der nachzuweisenden Einkünfte an die Richtsätze des § 293 ASVG angeknüpft.

Die Staatsbürgerschaftsbehörde hat die Verleihungserfordernisse im Zeitpunkt ihrer Entscheidung zu beurteilen. § 10 Abs. 5 StbG stellt klar, dass im Bezug auf das Erfordernis des hinreichend gesicherten Lebensunterhalts des Einbürgerungswerbers nicht nur auf sein Einkommen im Entscheidungszeitpunkt abgestellt werden soll. Vielmehr erfordert die Annahme eines "hinreichend gesicherten Lebensunterhalts" eine Nachhaltigkeit der Einkommenssicherung, die nach den gesetzlichen Vorgaben nur dann gegeben ist, wenn vom Verleihungswerber zum Entscheidungszeitpunkt feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und eine im Gesetz näher umschriebene Mindesthöhe erreichen (vgl. hiezu zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, Zl. 2008/01/0592, mwN).

Die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG kommt auch bei minderjährigen Verleihungswerbern zur Anwendung. Gemäß § 10 Abs. 5 erster Satz StbG können auch Einkünfte aus gesetzlichen Unterhaltsansprüchen als Nachweis eines gesicherten Lebensunterhaltes dienen. Bei einem gemeinsamen Haushalt ist unter Berücksichtigung der zu versorgenden Personen zu prüfen, ob das Haushaltseinkommen den "Haushaltsrichtsatz" nach § 293 Abs. 1 ASVG erreicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Oktober 2009, Zl. 2007/01/0944, und vom 16. Dezember 2009, Zl. 2007/01/1276).

Da es sich im vorliegenden Fall bei der Verleihungswerberin (Beschwerdeführerin) um eine gegen ihre Eltern Unterhaltsberechtigte ohne eigenes Einkommen handelt, kann ausgehend von der oben angeführten Rechtslage der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie für die Beurteilung des Erfordernisses des gesicherten Lebensunterhaltes das Haushaltseinkommen der unterhaltspflichtigen Eltern herangezogen hat. Dass im Beschwerdefall das Haushaltseinkommen innerhalb des Beobachtungszeitraumes von drei Jahren vor der Entscheidung die Höhe der entsprechenden Richtsätze nicht erreichte, wurde (unstrittig) festgestellt. Damit erfüllte die Beschwerdeführerin das gesetzlich gebotene Verleihungserfordernis des § 10 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit § 10 Abs. 5 StbG nicht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 21. Jänner 2010

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