Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates Wien vom 24. Februar 1997 wurde der C AG für die Vornahme von Ankündigungen im Zeitraum Jänner 1995 bis August 1996 eine Ankündigungsabgabe in der Höhe von S 4,309.476,-- gemäß § 149 Abs. 2 WAO in Verbindung mit §§ 1, 2 Abs. 5, 4 Abs. 1, 6 Abs. 3 und 8 Abs. 1 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien, Amtsblatt der Stadt Wien vom 23. Mai 1985, Nr. 21, sowie gemäß § 104 WAO ein Verspätungszuschlag von S 430.948,-- und gemäß §§ 164 und 166 WAO ein Säumniszuschlag von S 86.190,-- vorgeschrieben.
Die C AG erhob Berufung.
Mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 27. März 1998 wurde der Abgabenbescheid vom 24. Februar 1997 unter Abweisung der Berufung der C AG mit der Maßgabe bestätigt, dass der Verspätungszuschlag wegen Unterlassung der Einreichung der Abgabenerklärungen für die im Zeitraum Jänner 1995 bis August 1996 für die Vornahme von fremden Ankündigungen durch Rundfunk vereinnahmten Entgelte und der Säumniszuschlag für die nicht rechtzeitig entrichtete Ankündigungsabgabe von S 4,309.476,-- vorgeschrieben werde.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 9. Juni 2000 wurde der Beschwerdeführer (als ehemaliges Vorstandsmitglied der C AG) gemäß §§ 7 und 54 WAO für den Rückstand bei der Entrichtung der der C AG vorgeschriebenen Ankündigungsabgabe in der Höhe von S 4,873.539,-- (EUR 354.173,89) für den Zeitraum Jänner 1995 bis August 1996 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 171 WAO binnen einem Monat ab Zustellung zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Eintreibung veranlasst werde. In der Rechtsmittelbelehrung wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Berufung erheben könne. Gleichzeitig wurden dem Beschwerdeführer der Bescheid des Magistrates Wien vom 24. Februar 1997 und der Bescheid der Abgabenberufungskommission vom 27. März 1998, mit welchem der C AG die in Rede stehende Ankündigungsabgabe samt Nebenansprüchen vorgeschrieben worden war, übermittelt.
Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2000 erhob der Beschwerdeführer Berufung mit auszugsweise folgendem Wortlaut:
"Betreff: Haftungsbescheid vom 9. 6. 2000 zugestellt am 13. 6. 2000 MA 4/6 - 7/98 Ankündigungsabgabe ... C AG
Sehr geehrte Damen und Herren,
innerhalb der offenen Frist wird gegen den oben genannten
Bescheid Berufung eingelegt.
Begründung
a) Meine Funktion als Vorstand wurde im Oktober 1995 zurückgelegt und wurde nach Mängelbehebung Anfang 1996 ins Firmenbuch eingetragen. Somit ist eine Haftung für spätere Zeitpunkte ausgeschlossen.
b) Aus den beigefügten Unterlagen geht hervor, dass der ursprüngliche Bescheid bekämpft wurde und die Berufung von der Behörde als unbegründet abgewiesen wurde.
Bei diesem Berufungsbescheid wäre noch ein Rechtsmittel beim Verfassungsgerichtshof möglich gewesen und dies wurde offensichtlich vom Masseverwalter Dr. W nicht ausgenutzt, wo aber bereits bekannt war, dass mehrere Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof anhängig waren und letztlich auch das Gesetz als nicht verfassungskonform aufgehoben wurde und eine Regelung nach tatsächlichen Reichweiten definiert wurde.
Somit ist gemäß § 2 Abs. 5 leg. cit., wo Ankündigungen im Sinne des § 1 ferner alle fremden Ankündigungen durch Rundfunk (Hörrundfunk und Fernsehen), die von Studios im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang nehmen nicht mehr aufrecht zu halten. Darüber hinaus ist meiner Meinung nach die Berufungsvorentscheidung einseitig gehalten. Es wurde vollkommen außer acht gelassen, dass es bei der seinerzeitigen Prüfungsnachschau im Jahre 1993 ebenso ein Produktionsstudio gab wie in den Jahren 1995 und 1996. Es gab also keine substantielle Veränderung und insoweit wäre der Bescheid bei Höchstgerichten bekämpfbar gewesen und sehr wohl der Grundsatz Treu und Glauben in Anwendung zu bringen.
c) Im zeitlichen Ablauf stand mir für diese Bescheide nie eine Parteienstellung zu, da alle Bescheide und ablehnende Berufung nach meinem Ausscheiden als Vorstand der AG erlassen wurden und mir keine Gelegenheit gegeben wurde, alle Rechtsmittel auszuschöpfen.
d) Laut gängiger Rechtsprechung ist es nicht möglich, für Säumniszuschläge, Verspätungszuschlag sowie Aussetzungszinsen den Vertreter einer juristischen Person haftbar zu machen.
Aus den angeführten Gründen ersuche ich den Bescheid aufzuheben und beantrage die Aussetzung des vorgeschriebenen Betrages von ATS 4.873.539,--."
Mit Bescheid vom 21. Juli 2003 änderte der Magistrat der Stadt Wien einerseits in Form einer Berufungsvorentscheidung gemäß § 211 WAO unter Spruchpunkt I den Haftungsbescheid vom 9. Juni 2000 dahingehend ab, dass die Haftung auf einen Rückstand von EUR 154.908,31 für den Zeitraum Jänner 1995 bis November 1995 eingeschränkt wurde, und im Übrigen die Berufung gegen den Haftungsbescheid und die Berufung gegen den Abgabenanspruch (Bescheid vom 24. Februar 1997), soweit sie den genannten Zeitraum betrifft, als unbegründet abgewiesen wurden. Andererseits wies der Magistrat der Stadt Wien mit dem Bescheid vom 21. Juli 2003 (Spruchpunkt II) die Berufung des Beschwerdeführers gegen den unter I. bezeichneten Abgabenanspruch, soweit sie den Zeitraum Dezember 1995 bis August 1996 betrifft, gemäß § 208 Abs. 1 lit. a WAO in Verbindung mit § 193 Abs. 6 WAO als unzulässig zurück.
Mit Eingabe vom 4. November 2004 beantragte der Beschwerdeführer zum einen hinsichtlich der Berufungsvorentscheidung vom 21. Juli 2003 die Vorlage seiner Berufung an die belangte Behörde. Zum anderen erhob er Berufung gegen die mit Bescheid vom 21. Juli 2003 unter Spruchpunkt II mittels Bescheid ausgesprochene Zurückweisung seiner Berufung betreffend den Zeitraum Dezember 1995 bis August 1996. Im Vorlageantrag wiederholte der Beschwerdeführer seine Argumente gegen die Begründetheit der Abgabenvorschreibung gegenüber der Gesellschaft.
Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde unter Spruchpunkt I den erstinstanzlichen Haftungsbescheid vom 9. Juni 2000 dahingehend ab, dass der Haftungszeitraum auf Jänner 1995 bis September 1995 und der Haftungsbetrag an Ankündigungsabgabe auf EUR 124.063,02 und Säumniszuschlag von EUR 2.481,26, zusammen sohin EUR 126.544,28, eingeschränkt werde. Im Übrigen wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Haftungsbescheid vom 9. Juni 2000 als unbegründet ab.
Unter Spruchpunkt II behob die belangte Behörde den Bescheid des Magistrates Wien vom 21. Juli 2003 hinsichtlich seines Spruchpunktes II, in welchem bescheidmäßig die teilweise Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbescheid vom 24. Februar 1997 ausgesprochen worden war.
Hinsichtlich der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Haftungsbescheid vom 9. Juni 2000 führte die belangte Behörde begründend aus, dass Voraussetzung für die Haftung eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung seien.
Dass die im angefochtenen Bescheid angeführte Abgabenforderung gegen die Primärschuldnerin, die C AG, tatsächlich bestehe, stehe auf Grund des dem Beschwerdeführer bekannten rechtskräftigen Berufungsbescheides der belangten Behörde vom 27. März 1998 fest.
Es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer Vorstandsmitglied der Gesellschaft gewesen sei und somit zu dem in § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehört habe.
Es sei jedoch den Berufungsausführungen insoferne zu folgen, als aus den Unterlagen hervorgehe, dass der Beschwerdeführer seine Funktion als Vorstandsmitglied der Primärschuldnerin mit Schreiben vom 31. Oktober 1995 zurückgelegt habe. Da eine solche Rücklegung unabhängig von der Eintragung im Firmenbuch wirke, sei daher gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid der Haftungszeitraum (und somit letztlich auch der Haftungsbetrag) entsprechend einzuschränken gewesen.
Das am 23. Juli 1997 eröffnete Konkursverfahren über das Vermögen der C AG sei am 22. Mai 2002 aufgehoben worden. Die Quotenzahlung habe EUR 2.966,80 betragen (Abgabe: EUR 2.908,63, Säumniszuschlag: EUR 58,17). Die Löschung der Firma sei am 17. April 2003 erfolgt. Somit stehe fest, dass der restliche Abgabenrückstand bei der Primärschuldnerin uneinbringlich sei.
Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Missachtung der Bestimmung über den Zeitpunkt der Meldung und Entrichtung der Ankündigungsabgabe (§ 8 Abs. 1 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 21/1985) für den Zeitraum Jänner 1995 bis (nunmehr eingeschränkt) September 1995, letztere fällig am 15. Oktober 1995.
Es sei Aufgabe des Geschäftsführers nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, die Gründe darzutun hat, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei. Dasselbe habe für ein Vorstandsmitglied zu gelten.
Seien mehrere Vertreter bestellt, so könne der einzelne Vertreter diesen Entlastungsbeweis bereits durch den Nachweis erbringen, dass ihm die Besorgung der Abgabenangelegenheiten nicht oblegen sei und kein Anlass bestanden habe, die Tätigkeit des mit der Entrichtung der Abgaben betrauten anderen Vertreters wegen Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit seiner Vertretung zu überprüfen. Eine Aufteilung der Geschäftsagenden beziehungsweise Nichtzuständigkeit für die Besorgung der Abgabenangelegenheiten der Gesellschaft habe der Beschwerdeführer jedoch nicht behauptet. Er hätte daher dafür Sorge zu tragen gehabt, dass die fälligen Abgaben aus den Mitteln der Gesellschaft rechtzeitig entrichtet werden.
Nicht die Abgabenbehörde habe das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel. Das vertretungsbefugte Organ hafte für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien. Widrigenfalls hafte das vertretungsbefugte Organ für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze.
Ein konkretes Sachvorbringen, wonach ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, beziehungsweise einen Nachweis einer anteiligen Begleichung der Verbindlichkeiten im relevanten Zeitraum habe der Beschwerdeführer nicht erbracht. Er hafte daher für den ausständigen Abgabenbetrag im Zeitraum Jänner 1995 bis September 1995 zur Gänze.
Habe der Vertreter der Abgabenpflichtigen aber schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so dürfe die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit gewesen sei.
Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Bei Abstandnahme von der Haftung würde der Abgabengläubiger seines Anspruchs verlustig gehen. Im Übrigen spreche nichts dafür, dass es unbillig sei, dass ein Vorstandsmitglied, das seine abgabenrechtlichen Pflichten verletze, zur Haftung herangezogen werde, andernfalls jene Abgabepflichtigen und ihre Vertreter, die ihre Pflichten erfüllten, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden.
Bei der Ausübung des Auswahlermessens sei davon auszugehen gewesen, dass den Beschwerdeführer keineswegs eine geringere Verantwortung treffe als die weiteren Vorstandsmitglieder, gegen die ebenfalls Haftungsverfahren eingeleitet worden seien.
Für die belangte Behörde sei daher kein Grund evident gewesen, den Beschwerdeführer von der Haftung zu entbinden, sondern es sei lediglich erforderlich gewesen, den Haftungszeitraum und damit den Haftungsbetrag einzuschränken und den Verspätungszuschlag sowie die Aussetzungszinsen von der Vorschreibung auszunehmen, da sie erst nach dem nunmehr angenommenen Haftungszeitraum fällig geworden seien. Ebenso sei eine Quotenzahlung von EUR 2.908,63 gemäß § 161 Abs. 1 WAO auf die älteste Schuldigkeit (Jänner 1995) anzurechnen und der - entgegen den Berufungsausführungen gemäß § 5 Abs. 2 WAO sehr wohl mögliche -
Säumniszuschlag im Hinblick auf den neu berechneten gesamten Haftungsbetrag ebenfalls neu zu berechnen.
Wenn der Beschwerdeführer einwende, dass er keine Parteistellung und somit auch keine Rechtsmittel im Festsetzungsverfahren gehabt hätte, sei darauf hinzuweisen, dass er mit dem Haftungsbescheid auch den Festsetzungsbescheid und den daraufhin ergangenen Berufungsbescheid erhalten habe. Der Beschwerdeführer habe sich in seiner Berufung vom 12. Juli 2000 ausdrücklich nur gegen den Haftungsbescheid vom 9. Juni 2000 gewandt und habe nicht von der in § 193 Abs. 1 WAO normierten Möglichkeit Gebrauch gemacht, innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Abgabenbescheid zu berufen. Eine solche Berufung gegen den Abgabenbescheid könne auch nicht anlässlich des Vorlageantrags zur Berufungsvorentscheidung zum Haftungsbescheid nachgeholt werden.
Hinsichtlich der mittels Bescheid des Magistrates Wien vom 21. Juli 2003 erfolgten Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbescheid vom 24. Februar 1997 führte die belangte Behörde aus, dass der Magistrat Wien die Eingabe des Beschwerdeführers vom 12. Juli 2000 nicht nur als Berufung gegen den Haftungsbescheid, sondern auch als Berufung gegen den Abgabenbescheid gemäß § 193 Abs. 1 WAO angesehen habe. Dieser Rechtsansicht folgend sei die "Berufung" im Ausmaß der Einschränkung des Haftungszeitraumes gemäß § 193 Abs. 6 WAO als unzulässig zurückgewiesen worden.
Die belangte Behörde vertrete jedoch auf Grund der eindeutigen Formulierungen die Rechtsansicht, dass sich die Berufung ausschließlich gegen den Haftungsbescheid und nicht auch gegen den Abgabenbescheid richte.
Wenn aber keine Berufung gegen den Abgabenbescheid vorliege, könne diese auch bezüglich allfälliger Einschränkungen des Haftungsbescheides nicht zurückgewiesen werden. Der Bescheid des Magistrates Wien vom 21. Juli 2003 sei daher (hinsichtlich der Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbescheid vom 24. Februar 1997) zu beheben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 WAO, LGBl. Nr. 21/1962, haften die in den §§ 54 ff bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten neben den Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.
Nach § 54 Abs. 1 WAO haben unter anderem die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben gemäß § 54 Abs. 2 leg. cit. die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.
Nach § 171 WAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten. Wenn es die Abgabenbehörde für zweckmäßig erachtet, kann sie die Haftung für Teile der Abgabenschuld auch in gesonderten Bescheiden geltend machen. Ein erfüllter Ausgleich oder Zwangsausgleich hindert nicht die Geltendmachung von Haftungen.
§ 193 WAO, idF LGBl. Nr. 40/1992, lautet auszugsweise:
"(1) Wer zur Berufung gegen einen Haftungsbescheid (§ 171) befugt ist, kann innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Abgabenbescheid (§ 146) berufen, wenn ein solcher bereits ergangen ist oder die Abgabe erstmals durch den Haftungsbescheid festgesetzt wurde.
(2) Einem gemäß Abs. 1 zur Berufung Befugten ist ein vorangegangener Abgabenbescheid zur Kenntnis zu bringen. § 191 Abs. 2 und 4 gilt sinngemäß.
...
(6) Eine Berufung nach Abs. 1 ist insoweit als unzulässig zurückzuweisen, als der Haftungsbescheid eingeschränkt oder behoben wurde. Unter der gleichen Voraussetzung verliert eine von dem zur Haftung Herangezogenen abgegebene Berichtigungserklärung (§§ 149 und 150) ihre Wirkung, ohne dass es diesbezüglich einer gesonderten Erledigung bedürfe."
Gemäß § 195 WAO muss die Berufung die Bezeichnung des Bescheides enthalten, gegen den sie sich richtet.
Gemäß § 210 hat die Abgabenbehörde erster Instanz, wenn eine Berufung nicht dem im § 195 WAO umschriebenen Erfordernis entspricht, dem Beschwerdeführer die Behebung dieses inhaltlichen Mangels mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.
Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof unter anderem geltend, dass die belangte Behörde zu Unrecht seinen Schriftsatz vom 12. Juli 2000 lediglich als Berufung gegen den Haftungsbescheid vom 9. Juni 2000 und nicht auch als Berufung gegen den Abgabenbescheid vom 24. Februar 1997 aufgefasst habe. Aus dem Inhalt der Berufung ergebe sich unzweideutig, dass sich die Ausführungen der Berufung zum Haftungsbescheid nur auf den in zwei Zeilen dargestellten Formaleinwand beschränkt hätten, seine Funktion im Oktober 1995 zurückgelegt zu haben. Der überwiegende Großteil der Ausführungen und das Schwergewicht der Argumentation beziehe sich aber auf die Abgabenschuld der Gesellschaft und deren Bekämpfung. Der Beschwerdeführer habe mit hinreichender Klarheit zum Ausdruck gebracht, dass seine rechtliche Kritik und sein Anfechtungsbegehren an der Abgabenschuld der Gesellschaft ansetze, indem er unter anderem auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen habe. Auch habe der Magistrat Wien in seinem Bescheid vom 21. Juli 2003 die Eingabe des Beschwerdeführers auch als Berufung gegen den Abgabenbescheid gedeutet. Zudem dürften bezüglich Formalitäten an die Berufung des Beschwerdeführers umso weniger Ansprüche gestellt werden, als die Rechtsmittelbelehrung zum Haftungsbescheid vom 9. Juni 2000 nur die Berufung gegen den Haftungsbescheid erwähnt habe, nicht jedoch die Rechtsmittelbefugnis des Haftungsbetroffenen gemäß § 193 Abs. 1 WAO. Die von der belangten Behörde vorgenommene verfahrensrechtliche Maßnahme sei insofern von enormer materiellrechtlicher Tragweite, als seit Erlassung des Abgabenbescheides und des bestätigenden Berufungsbescheides die rechtliche Grundlage durch eine vom Verfassungsgerichtshof ausgelöste Normenänderung grundlegend zum Vorteil des Beschwerdeführers geändert worden sei, indem nämlich - ungeachtet der sonstigen problematischen Details der Einzelfälle - bei der Ankündigung aus dem Raum Wien im Weg über ein "Exterritorium" die Ankündigungsabgabe nur nach Maßgabe der Ankündigungswirkung im Bereich des Landes Wien erhoben werden dürfe.
Diesem Vorbringen ist im Ergebnis zu folgen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof zu der Bestimmung des § 195 WAO ausgesprochen hat, kommt es bei Beurteilung von Anbringen, so auch von Berufungen, nicht auf die zufälligen verbalen Formen, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischrittes an (vgl. zu das hg. Erkenntnis vom 24. November 1997, Zl. 93/17/0063).
Zu den mit § 195 und § 210 WAO vergleichbaren Bestimmungen der §§ 250 Abs. 1 und 275 BAO hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass das Ziel dieser Bestimmungen sei, die Behörde in die Lage zu versetzen, eine Entscheidung über die Berufung treffen zu können. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Berufung den in § 250 Abs. 1 BAO bezeichneten Erfordernissen entspreche, sei davon auszugehen, dass der Rechtsschutz nicht durch einen überspitzten Formalismus beeinträchtigt werden dürfe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Jänner 1999, Zl. 98/13/0063, sowie vom 28. Jänner 1998, Zl. 96/13/0081). Es genüge für die Bezeichnung des Bescheides, dass aus dem gesamten Inhalt des Rechtsmittels hervorgehe, wogegen es sich richte. Wenn die Behörde auf Grund des Berufungsvorbringens nicht zweifeln könne, welcher Bescheid angefochten sei, sei der Formalvorschrift des § 250 Abs. 1 lit. a BAO Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 97/15/0130).
Der im Verwaltungsverfahren unvertretene Beschwerdeführer hatte sich nach dem Inhalt seines Berufungsschriftsatzes eindeutig auch gegen die Abgabenvorschreibung als solche gewandt. Mit seinen inhaltlichen Einwänden bekämpfte der Beschwerdeführer sogar hauptsächlich den Abgabenbescheid. Im Lichte der dargelegten Rechtslage durfte daher die belangte Behörde nicht davon ausgehen, dass sich der Berufungsschriftsatz vom 12. Juli 2000 lediglich gegen den Haftungsbescheid richtete. Im Übrigen hätte die Abgabenbehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer einen Verbesserungsauftrag gemäß § 195 in Verbindung mit § 210 WAO erteilen müssen, wenn sie der Auffassung gewesen wäre, dass ein inhaltlicher Mangel im Sinne des § 210 WAO vorgelegen sei. Wie sich aus der obigen Sachverhaltsdarstellung ergibt, hat die Behörde erster Instanz jedoch die Berufung als wirksam angesehen und inhaltlich (soweit sie sich auf den Zeitraum bezog, für welchen der Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen wurde) darüber entschieden. Bei dieser Sachlage erweist sich die Vorgangsweise der belangten Behörde, vom Fehlen einer Berufung gegen den Abgabenbescheid auszugehen, als rechtswidrig.
Die belangte Behörde hat daher zu Unrecht Spruchteil II des Bescheides vom 21. Juli 2003, mit der Begründung behoben, dass nicht vom Vorliegen einer Berufung gegen den Abgabenbescheid auszugehen sei und daher auch keine Zurückweisung der Berufung zu erfolgen habe.
Die verfehlte Beurteilung der belangten Behörde hinsichtlich der Erhebung einer Berufung gegen den Abgabenbescheid führt auch dazu, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist, soweit die belangte Behörde die Berufung gegen den Haftungsbescheid ohne Eingehen auf die Argumente gegen die Abgabenvorschreibung abgewiesen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof zum Verfahren nach der WAO bereits ausgesprochen hat - in dem die Frage der Berufungslegitimation gegen den die Stammschuld festsetzenden Abgabenbescheid einerseits und die Haftungsfrage andererseits insofern miteinander verknüpft sind, als das Bestehen oder Nichtbestehen der Abgabenschuld zwangsläufig auch Auswirkungen auf das Ergebnis des Haftungsverfahrens hat - ist einerseits nicht wie nach der Rechtsprechung zu § 248 BAO über die Berufung gegen den Haftungsbescheid vor jener gegen den Abgabenbescheid zu entscheiden und ergibt sich andererseits, dass die Abweisung der Berufung in der Haftungsfrage mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe keine Berufung gegen den Abgabenbescheid erhoben (könne sich somit nicht auf das Fehlen der Abgabepflicht berufen), im Beschwerdefall ebenfalls rechtswidrig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zl. 2004/17/0145).
Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das inhaltliche Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift betreffend die allfällige Begründetheit der Berufung gegen den Abgabenbescheid einzugehen war.
Für das fortgesetzte Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbescheid vom 24. Februar 1997 hinsichtlich jenes Zeitraums, für den der Beschwerdeführer nicht zur Haftung herangezogen wird, rechtmäßig wäre (vgl. § 195 Abs. 6 WAO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere auf deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 12. März 2010
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