Normen
VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4;
VwGG §42 Abs2 Z3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 6. Juli 1999 wurde unter anderem der Antrag des Beschwerdeführers auf (nachträgliche) Bewilligung der Vornahme einer Anschüttung und Errichtung einer Uferbefestigung auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115 der KG N. abgewiesen und dem Beschwerdeführer aufgetragen, die ohne naturschutzbehördliche Bewilligung vorgenommene Anschüttung mit Erdmaterial auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115 innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu entfernen und den rechtmäßigen Zustand (Wasserfläche mit Schilfbestand) wieder herzustellen, indem das auf den genannten Grundstücken aufgebrachte Erdreich auf einer Länge von 25 m und einer Breite von 7 m bis auf den natürlichen Seeboden entfernt werde.
Soweit sich eine vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde gegen die wiedergegebenen Spruchteile richtete, wurde sie mit hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Zl. 99/10/0193, abgewiesen.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See (im Folgenden: BH) vom 10. September 2003 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die genannte widerrechtliche Anschüttung zu entfernen und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Sollte der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung nicht innerhalb von zwei Monaten nachkommen, werde veranlasst, dass die Leistung auf Gefahr und Kosten des Beschwerdeführers von jemand anderem erbracht werde.
Die gegen dieses Schreiben gerichtete Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. Dezember 2003 zurückgewiesen, weil kein Bescheid vorliege.
Mit weiterem Schreiben vom 16. Dezember 2003 drohte die BH dem Beschwerdeführer die Ersatzvornahme neuerlich an, wenn er seiner Verpflichtung nicht innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens nachkomme.
Anlässlich einer mündlichen Verhandlung am 18. März 2004 wurde festgehalten, dass die "Restfläche der seinerzeitigen Anschüttung (Höhe ca. 1 m) im Sinne des Wiederherstellungsauftrages zu entfernen bzw. auf dieses Niveau anzupassen" sei.
Mit Bescheid der BH vom 21. März 2005 wurde die angedrohte Ersatzvornahme angeordnet, da eine Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht erfolgt sei.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. Juni 2006 ab. Begründend wurde nach Darstellung der Rechtslage zusammengefasst ausgeführt, der Bescheid vom 6. Juli 1999 betreffend die Vornahme einer Anschüttung auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115 sei in Rechtskraft erwachsen. Die dagegen erhobene Beschwerde sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2002, Zl. 99/10/0193, abgewiesen worden. In dem genannten Erkenntnis sei ausdrücklich ausgeführt worden, dass durch die gegenständliche Anschüttung vom Beschwerdeführer gegen den Verbotstatbestand des § 2 lit. a der NatLSchV verstoßen worden sei, womit der Wiederherstellungsauftrag zu Recht erfolgt sei. § 55 Abs. 2 NG 1990 beinhalte keine Befristung hinsichtlich der Zulässigkeit der Verfügungen einer Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes, diese Bestimmung stelle gegenüber § 8 Abs. 3 der Landschaftsschutzverordnung die speziellere Norm dar. § 8 Abs. 3 werde durch § 55 Abs. 2 NG 1990 derogiert. Erbringe daher der Verpflichtete die Leistung innerhalb der gesetzten Frist nicht oder nicht vollständig, so sei die Ersatzvornahme mit Vollstreckungsverfügung anzuordnen und durchzuführen.
Die Frage der Rechtmäßigkeit "des angefochtenen Bescheides" könne im Vollstreckungsverfahren und somit auch in einer Berufung nicht geltend gemacht werden. Keinesfalls sei auch die Frage der Rechtmäßigkeit eines Gesetzes bzw. die vollständige Umsetzung von Bestimmungen europarechtlicher Verordnungen Gegenstand einer Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung. Angemerkt werde, dass das NG 1990 mehrmals hinsichtlich europarechtlicher Bestimmungen geändert bzw. angepasst worden sei.
Im Bescheid vom 6. Juli 1999 werde ausdrücklich festgelegt, inwieweit die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes erfolgen solle - nämlich auf einer Länge von 25 m und einer Breite von 7 m bis auf den natürlichen Seeboden. Weshalb die Entfernung auf Grund des Wasserstandes des Sees nicht möglich wäre, sei nicht nachvollziehbar. Entgegen den Ausführungen in der Berufung stünden die mit Bescheid vom 26. August 2004 erteilten Bewilligungen zur Errichtung von Holzhäusern jeweils auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115 der Beseitigung der Anschüttung nicht entgegen, die Anschüttung liege nämlich auf einem anderen Grundstücksteil.
Der zu vollstreckende Bescheid und die Vollstreckungsverfügung stimmten überein. In beiden Bescheiden werde dieselbe Leistung gefordert. Im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens sei "nicht auf Gründe einzugehen" (z.B. auf Sachverständigengutachten oder darauf, weshalb ein Wiederherstellungsauftrag erlassen worden sei). Ob faunistische Schutzinteressen hinsichtlich des betroffenen Gebietes bestünden, sei daher irrelevant. Weiters sei die Flächenwidmung im gegenständlichen Berufungsverfahren unerheblich. Wie bereits oben ausgeführt, sei in diesem Berufungsverfahren die Rechtmäßigkeit des Titelbescheides nicht zu beurteilen. Angemerkt werde, dass die Widmung der Grundstücke als "Bauland für Erholung und Fremdenverkehr" der Erteilung eines Wiederherstellungsauftrages nicht entgegenstehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat Teile der Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 7. September 2006 Urkunden vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 4 VVG lautet:
"§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- und Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.
(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar."
§ 10 Abs. 2 VVG lautet:
"(2) Die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung kann nur ergriffen werden, wenn
- 1. die Vollstreckung unzulässig ist oder
- 2. die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder
3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung nur aus den in § 10 Abs. 2 VVG genannten Gründen ergriffen werden. Sie kann daher nicht auf Einwendungen gegen die Gesetzmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides gestützt werden, und im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens kann die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides (des Titelbescheides) nicht mehr aufgerollt werden (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 25. März 2010, Zl. 2009/05/0156 und 2009/05/0320). Entsprechendes Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2006, Zl. 2005/07/0137 = VwSlg. 16.908A/2006). Insbesondere das Beschwerdevorbringen,
- der verfahrensgegenständliche Schuttkörper befinde sich entgegen dem Titelbescheid im Festlandbereich,
- die Behauptung, dass eine vor 1999 vorhandene Schüttung maximal 7mal25m betrage, sei falsch,
- ein Wiederherstellungsauftrag sei unzulässig, wenn nach Beendigung der rechtswidrigen Handlung mehr als 3Jahre verstrichen seien,
- das in der NatLSchV1980 angeordnete generelle Verbot von Anschüttungen ohne Ausnahme für den Einzelfall sei unsachlich und überschießend, aus der Vollzugspraxis zeige sich, dass die Landesregierung die Geltung der NatLSchV1980 eingeschränkt bzw. außer Kraft gesetzt habe,
- die naturschutzrechtliche Bewilligung der Anträge auf Anschüttung hätte erteilt werden müssen, weil das Projekt den Vorgaben des Flächenwidmungs-und Teilbebauungsplanes entsprochen habe,
- es sei davon auszugehen, dass die NatLSchV gesetzwidrig bzw. das Naturschutzgesetz verfassungswidrig sei,
vermag der Beschwerde daher nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Wann eine Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG unzulässig ist, ist im Gesetz nicht näher ausgeführt. Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen des § 10 VVG mit den übrigen Vorschriften des VVG ergibt sich aber, dass der Berufungsgrund der Unzulässigkeit der Vollstreckung dann gegeben ist, wenn der Verpflichtete behauptet, dass die Voraussetzungen für eine Vollstreckung nicht gegeben sind. Voraussetzung für eine Vollstreckung ist, dass überhaupt ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zu Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist. Unzulässig ist eine Vollstreckung auch dann, wenn sich nach der Entstehung des Exekutionstitels die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt geändert haben und damit die objektiven Grenzen der Bescheidwirkungen andere geworden sind, wenn der Bescheid (auf Grund einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage) nicht mehr in derselben Form ergehen dürfte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2009/05/0156, mwN).
Soweit der Beschwerdeführer behauptet, es liege eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes vor, weil mittlerweile eine Uferbefestigung durch eine Stahlspundwand erfolgt sei, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt, weshalb eine Wiederherstellung deshalb unmöglich sein sollte.
Wenn die Beschwerde moniert, es sei (zu Unrecht) keine Wiederherstellung betreffend Flächen angeordnet worden, die über die im Titelbescheid genannten hinausgingen, wird damit keine Verletzung in Rechten des Beschwerdeführers aufgezeigt.
Soweit der Beschwerdeführer das Vorliegen von Divergenzen zwischen Titelbescheid und Vollstreckungsverfügung behauptet, werden diese nicht konkret dargetan, eine Divergenz ist auch nicht ersichtlich.
In der Beschwerde wird weiters geltend gemacht, es sei der belangten Behörde mit Schreiben vom 30. November 2004 "die Erfüllung der mir aufgetragenen Wiederherstellung mitgeteilt und mittels mehrerer Fotobeilagen anschaulich dokumentiert" worden. Die belangte Behörde habe auf Grund dieses Vorbringens auch Erhebungen an Ort und Stelle durchgeführt, jedoch die entsprechenden Feststellungen nicht getroffen.
Nach Ausweis der Verwaltungsakten findet sich auch in der Berufung die Behauptung, dass "der 7 mal 25 mal 1 bis 1,5 m hohe Schüttkörper bereits entfernt wurde" (Seite 8), bzw. ist mehrfach von der "ordnungsgemäßen Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes gemäß Wiederherstellungsbescheid" (Seiten 11, 13) und von der Vorlage einer entsprechenden Fotodokumentation (Seite 13) die Rede.
Die Vollstreckung eines Titelbescheides ist - wie dargelegt - unter anderem dann unzulässig, wenn die aufgetragene Verpflichtung bereits erfüllt wurde (vgl. z.B. das bereits erwähnte Erkenntnis vom 25. März 2010 sowie das Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, Zl. 2003/05/0161). Es kann daher der Anordnung der Ersatzvornahme vom Verpflichteten der Einwand entgegengesetzt werden, er sei der betreffenden Verpflichtung bereits nachgekommen, für welche Behauptung ihn jedoch eine besondere Mitwirkungspflicht und die Beweislast trifft (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Juli 2009, Zl. 2009/05/0193, und vom 16. Oktober 2003, Zl. 2003/07/0084). Wie der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist die Ersatzvornahme jedenfalls so lange zulässig, als der Pflicht nicht zur Gänze nachgekommen wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. November 1997, Zl. 96/06/0026, und vom 17. Mai 1991, Zl. 91/06/0070).
Die belangte Behörde ist auf das oben wiedergegebene Berufungsvorbringen in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht eingegangen. Diesem kann somit nicht entnommen werden, ob die Behörde die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe der bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung entsprochen, angesichts entgegenstehender Ermittlungsergebnisse nicht folgte oder aber die Behauptung - etwa im Hinblick auf widersprüchliches sonstiges Vorbringen - als nicht stichhaltig oder die vorgelegten Unterlagen als nicht beweiskräftig ansah. Solcherart entzieht sich der Bescheid mangels hinreichender Begründung der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Im fortgesetzten Verfahren wird sich die belangte Behörde auch mit der im Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für das Burgenland vom 25. August 2006, Zl. E 010/13/2005.012/018, enthaltenen, auf die auch hier in Rede stehende Anschüttung bezogenen Feststellung, diese sei "spätestens zum 19. 10. 2004 entfernt worden", auseinander zu setzen haben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 12. August 2010
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