VwGH 2006/10/0158

VwGH2006/10/015812.8.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des F R in N, vertreten durch Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwalt in 7100 Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 12. Juni 2006, Zl. 5-N-B1181/156-2005, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Normen

VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4;
VwGG §42 Abs2 Z3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 6. Juli 1999 wurde unter anderem der Antrag des Beschwerdeführers auf (nachträgliche) Bewilligung der Vornahme einer Anschüttung und Errichtung einer Uferbefestigung auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115 der KG N. abgewiesen und dem Beschwerdeführer aufgetragen, die ohne naturschutzbehördliche Bewilligung vorgenommene Anschüttung mit Erdmaterial auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115 innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu entfernen und den rechtmäßigen Zustand (Wasserfläche mit Schilfbestand) wieder herzustellen, indem das auf den genannten Grundstücken aufgebrachte Erdreich auf einer Länge von 25 m und einer Breite von 7 m bis auf den natürlichen Seeboden entfernt werde.

Soweit sich eine vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde gegen die wiedergegebenen Spruchteile richtete, wurde sie mit hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Zl. 99/10/0193, abgewiesen.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See (im Folgenden: BH) vom 10. September 2003 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die genannte widerrechtliche Anschüttung zu entfernen und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Sollte der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung nicht innerhalb von zwei Monaten nachkommen, werde veranlasst, dass die Leistung auf Gefahr und Kosten des Beschwerdeführers von jemand anderem erbracht werde.

Die gegen dieses Schreiben gerichtete Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. Dezember 2003 zurückgewiesen, weil kein Bescheid vorliege.

Mit weiterem Schreiben vom 16. Dezember 2003 drohte die BH dem Beschwerdeführer die Ersatzvornahme neuerlich an, wenn er seiner Verpflichtung nicht innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens nachkomme.

Anlässlich einer mündlichen Verhandlung am 18. März 2004 wurde festgehalten, dass die "Restfläche der seinerzeitigen Anschüttung (Höhe ca. 1 m) im Sinne des Wiederherstellungsauftrages zu entfernen bzw. auf dieses Niveau anzupassen" sei.

Mit Bescheid der BH vom 21. März 2005 wurde die angedrohte Ersatzvornahme angeordnet, da eine Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht erfolgt sei.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. Juni 2006 ab. Begründend wurde nach Darstellung der Rechtslage zusammengefasst ausgeführt, der Bescheid vom 6. Juli 1999 betreffend die Vornahme einer Anschüttung auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115 sei in Rechtskraft erwachsen. Die dagegen erhobene Beschwerde sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2002, Zl. 99/10/0193, abgewiesen worden. In dem genannten Erkenntnis sei ausdrücklich ausgeführt worden, dass durch die gegenständliche Anschüttung vom Beschwerdeführer gegen den Verbotstatbestand des § 2 lit. a der NatLSchV verstoßen worden sei, womit der Wiederherstellungsauftrag zu Recht erfolgt sei. § 55 Abs. 2 NG 1990 beinhalte keine Befristung hinsichtlich der Zulässigkeit der Verfügungen einer Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes, diese Bestimmung stelle gegenüber § 8 Abs. 3 der Landschaftsschutzverordnung die speziellere Norm dar. § 8 Abs. 3 werde durch § 55 Abs. 2 NG 1990 derogiert. Erbringe daher der Verpflichtete die Leistung innerhalb der gesetzten Frist nicht oder nicht vollständig, so sei die Ersatzvornahme mit Vollstreckungsverfügung anzuordnen und durchzuführen.

Die Frage der Rechtmäßigkeit "des angefochtenen Bescheides" könne im Vollstreckungsverfahren und somit auch in einer Berufung nicht geltend gemacht werden. Keinesfalls sei auch die Frage der Rechtmäßigkeit eines Gesetzes bzw. die vollständige Umsetzung von Bestimmungen europarechtlicher Verordnungen Gegenstand einer Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung. Angemerkt werde, dass das NG 1990 mehrmals hinsichtlich europarechtlicher Bestimmungen geändert bzw. angepasst worden sei.

Im Bescheid vom 6. Juli 1999 werde ausdrücklich festgelegt, inwieweit die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes erfolgen solle - nämlich auf einer Länge von 25 m und einer Breite von 7 m bis auf den natürlichen Seeboden. Weshalb die Entfernung auf Grund des Wasserstandes des Sees nicht möglich wäre, sei nicht nachvollziehbar. Entgegen den Ausführungen in der Berufung stünden die mit Bescheid vom 26. August 2004 erteilten Bewilligungen zur Errichtung von Holzhäusern jeweils auf den Grundstücken Nr. 5757/114 und 5757/115 der Beseitigung der Anschüttung nicht entgegen, die Anschüttung liege nämlich auf einem anderen Grundstücksteil.

Der zu vollstreckende Bescheid und die Vollstreckungsverfügung stimmten überein. In beiden Bescheiden werde dieselbe Leistung gefordert. Im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens sei "nicht auf Gründe einzugehen" (z.B. auf Sachverständigengutachten oder darauf, weshalb ein Wiederherstellungsauftrag erlassen worden sei). Ob faunistische Schutzinteressen hinsichtlich des betroffenen Gebietes bestünden, sei daher irrelevant. Weiters sei die Flächenwidmung im gegenständlichen Berufungsverfahren unerheblich. Wie bereits oben ausgeführt, sei in diesem Berufungsverfahren die Rechtmäßigkeit des Titelbescheides nicht zu beurteilen. Angemerkt werde, dass die Widmung der Grundstücke als "Bauland für Erholung und Fremdenverkehr" der Erteilung eines Wiederherstellungsauftrages nicht entgegenstehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat Teile der Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 7. September 2006 Urkunden vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 VVG lautet:

"§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- und Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar."

§ 10 Abs. 2 VVG lautet:

"(2) Die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung kann nur ergriffen werden, wenn

  1. 1. die Vollstreckung unzulässig ist oder
  2. 2. die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

    3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen."

    Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung nur aus den in § 10 Abs. 2 VVG genannten Gründen ergriffen werden. Sie kann daher nicht auf Einwendungen gegen die Gesetzmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides gestützt werden, und im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens kann die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheides (des Titelbescheides) nicht mehr aufgerollt werden (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 25. März 2010, Zl. 2009/05/0156 und 2009/05/0320). Entsprechendes Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2006, Zl. 2005/07/0137 = VwSlg. 16.908A/2006). Insbesondere das Beschwerdevorbringen,

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