VwGH 2009/22/0188

VwGH2009/22/01886.8.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der U, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 6. Mai 2009, Zl. Fr-4250b-59/08, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Mongolei, gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 sowie den §§ 63 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot. Als Grundlage für diese Maßnahme zog sie die rechtskräftigen Verurteilungen der Beschwerdeführerin vom 24. Oktober 2006, 7. September 2007 und 4. Februar 2009 jeweils wegen Diebstahls bzw. versuchten Diebstahls heran. Diesen Verurteilungen zu Geldstrafen von 60, 80 und 100 Tagessätzen seien - näher beschriebene - Ladendiebstähle vom 6. Mai 2006, 25. Mai 2007 und 24. Oktober 2008 zu Grunde gelegen. Mit der letztgenannten Verurteilung sei die mit der erstgenannten Verurteilung ausgesprochene bedingte Strafnachsicht widerrufen worden.

In rechtlicher Hinsicht schloss die belangte Behörde auf Grund der drei rechtskräftigen Verurteilungen, die alle auf der gleichen schädlichen Neigung beruhten, auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG. Durch das Gesamtfehlverhalten sei die Annahme nach § 60 Abs. 1 FPG gerechtfertigt, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwider laufe. Wegen der Rückfälle sei die bedingte Strafnachsicht widerrufen worden. Bei der Beschwerdeführerin sei somit eine große kriminelle Energie vorhanden, weil diese trotz zweier Verurteilungen innerhalb kurzer Zeit wieder rückfällig geworden sei. Demnach werde von der Möglichkeit zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes Gebrauch gemacht.

Seit rechtskräftiger Abweisung des Asylantrages am 9. März 2007 halte sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig in Österreich auf. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Behandlung der gegen den letztinstanzlichen Asylbescheid gerichteten Beschwerde am 23. Jänner 2009 abgelehnt.

Der Vater und die Geschwister der Beschwerdeführerin lebten nach wie vor in der Mongolei. Die Mutter der Beschwerdeführerin sei zusammen mit dieser im Jahr 2006 illegal eingereist. Unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe sei die Mutter der Beschwerdeführerin am 12. Dezember 2008 in ihre Heimat zurückgekehrt.

Wegen der zahlreichen gerichtlichen Verurteilungen und der hohen Rückfallsgefahr sei das Aufenthaltsverbot zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen dringend geboten. Die Beschwerdeführerin habe keine relevante Integration "zustandegebracht", spreche schlecht deutsch, gehe keiner Arbeit nach und sei immer wieder straffällig geworden. Überdies sei ihr lediglich auf Grund des inzwischen abgewiesenen Asylantrages ein Aufenthaltsrecht in Österreich zugekommen. Die fremdenpolizeiliche Maßnahme sei somit im Blick auf § 66 Abs. 2 FPG zulässig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) zuwiderläuft (Z 2).

In § 60 Abs. 2 FPG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 60 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann.

Nach Z 1 dieser Bestimmung ist dies der Fall, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

Die Beschwerdeführerin tritt den behördlichen Feststellungen nicht entgegen. Weiters geht sie zutreffend davon aus, dass zur Erfüllung des Tatbestandes des Vorliegens von auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen mehrere rechtskräftige Verurteilungen vorliegen müssen. Genau dies ist vorliegend aber auch der Fall. Auch die weitere Beschwerdeansicht ist richtig, dass die Annahme gerechtfertigt sein müsse, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde.

Auch diesbezüglich kann der belangten Behörde allerdings kein Rechtsirrtum vorgeworfen werden. Aus dem wiederholten Rückfall der Beschwerdeführerin bei der Verübung von (teils versuchten) Ladendiebstählen durfte durchaus in zulässiger Weise auf die Gefahr weiterer derartiger strafbarer Handlungen geschlossen werden. Der Gerichtshof hegt somit keine Bedenken gegen die behördliche Annahme, dass auch die Gefährlichkeitsprognose nach § 60 Abs. 1 FPG erfüllt sei. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, dass die Strafen "jeweils bedingt nachgesehen" worden seien, verlässt sie den im angefochtenen Bescheid niedergelegten Sachverhalt. Zum einen wurde nämlich bloß die erste Geldstrafe bedingt nachgesehen, zum anderen wurde aber mit der dritten Verurteilung diese bedingte Strafnachsicht widerrufen. Somit ist die Schlussfolgerung unrichtig, dass die Strafgerichte eine unbedingte Strafe weder aus general- noch als spezialpräventiven Gründen für erforderlich erachtet hätten.

Nicht nachvollziehbar ist das weitere Beschwerdevorbringen, dass die Verurteilungen "schon recht lange zurückliegen. Die erste Verurteilung stammt aus dem Jahr 2006, die zweite aus dem Jahr 2007." Die Beschwerdeführerin verschweigt in diesem Zusammenhang, dass sie auch noch am 4. Februar 2009 wegen einer am 24. Oktober 2008 begangenen Straftat verurteilt wurde. Seit dieser Straftat bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist erst ca. ein halbes Jahr vergangen, weshalb von einer maßgeblichen Zeit des Wohlverhaltens keine Rede sein kann.

Entgegen der Beschwerdeansicht ist auch die behördliche Beurteilung nach § 66 in Verbindung mit § 60 Abs. 6 FPG nicht zu beanstanden.

§ 66 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 lautet auszugsweise:

"§ 66. (1) Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und

die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung,

insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und

Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des

Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

(3) …"

Kein einziger dieser in § 66 Abs. 2 FPG aufgezählten Gründe spricht gegen die von der belangten Behörde getroffene Maßnahme. Daran ändert der in der Beschwerde herangezogene Umstand nichts, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der besonderen Umstände des Asylverfahrens nicht in der Lage gewesen sei, legal einer geregelten Arbeit nachzugehen. Auch wenn Asylwerbern eine berufliche Integration im Regelfall nicht offen steht, kann dies nicht dazu führen, dass Fremden ihr Aufenthalt in Österreich, der auf einem letztlich abgewiesenen Asylantrag beruhte, für sich genommen bereits als integrationsbegründend gewertet werden müsste.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 6. August 2009

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