Normen
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung ergibt sich Folgendes:
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 12. Februar 2009 gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 25. Juni 2009 keine Folge gegeben.
In der Begründung gab die belangte Behörde unter der Rubrik "A) Sachverhalt" die Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde wieder, denen zufolge der Beschwerdeführer am 5. Mai 2002 unrechtmäßig nach Österreich eingereist sei und am 6. Mai 2002 einen Asylantrag gestellt habe. Das Asylverfahren sei seit 2. Dezember 2008 "rechtskräftig negativ" abgeschlossen.
Nach anschließender Wiedergabe der rechtlichen Beurteilung des erstinstanzlichen Bescheides, des Inhalts der im Verwaltungsverfahren vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung sowie nach Zitierung der maßgeblichen Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde in Anknüpfung an die im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde begründend weiter aus, der Beschwerdeführer halte sich seit 2. Dezember 2008 rechtswidrig im Bundesgebiet auf, weil ihm seit dem Zeitpunkt des Abschlusses des Asylverfahrens kein weiteres Aufenthaltsrecht zukomme.
In Anbetracht - so die belangte Behörde erkennbar mit Blick auf § 66 FPG - seines seit mehr als sieben Jahren währenden Aufenthalts im Bundesgebiet sowie der Umstände, dass er für ein näher genanntes Unternehmen als selbständiger "Zeitungs- /Beilagenverteiler" arbeite, mit weiteren "Verteilaufträgen" rechnen könne und er auf diese Art seinen Lebensunterhalt sicherstellen könne, er weiters gut Deutsch spreche, seinen eigenen Angaben zufolge viele "österreichische Freunde" habe, unbescholten sei und über eine Mietwohnung in Linz verfüge, sei dem Beschwerdeführer eine dem entsprechende Integration zuzugestehen. Durch die Ausweisung werde in erheblicher Weise in sein Privat- und Familienleben eingegriffen, jedoch sei dem gegenüber zu stellen, dass der Aufenthalt während des Asylverfahrens nur auf Grund eines Antrages, welcher sich letztendlich als unberechtigt erwiesen habe, "temporär berechtigt" gewesen sei. Dem Beschwerdeführer sei bewusst gewesen, dass das Privat- und Familienleben während der Zeit eines unsicheren Aufenthaltsstatus geschaffen worden sei. Er habe nicht von vornherein damit rechnen dürfen, nach einem allfälligen negativen Ausgang des Asylverfahrens weiterhin in Österreich bleiben zu dürfen. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, dass ihm dies mit der erstinstanzlichen negativen Entscheidung im Asylverfahren vom 17. Juli 2002 nicht bewusst sein habe können, so habe dieser Umstand (gemeint: die bereits kurz nach Asylantragstellung erfolgte Antragsabweisung in erster Instanz) dennoch ein Indiz dafür dargestellt, dass das Asylbegehren letztlich abgelehnt werde. Aus demselben Grund relativiere sich auch die berufliche Integration als selbständiger "Zeitungs-/Beilagenverteiler". Bei Aufnahme dieser Erwerbstätigkeit habe der Beschwerdeführer gewusst, dass sein "Aufenthalt in Österreich nur an das Abwarten" der Entscheidung über seinen Asylantrag "geknüpft" gewesen sei. Daher und auch auf Grund der Kenntnis des Beschwerdeführers vom von der Fremdenpolizeibehörde eingeleiteten Ausweisungsverfahren sei auch die berufliche Integration ab Abschluss des Asylverfahrens relativiert. Der Beschwerdeführer habe nicht auf den Fortbestand seiner beruflichen Tätigkeit vertrauen dürfen.
Nach Vorhalt - so die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter - der erstinstanzlichen Behörde, dass der Beschwerdeführer über keine Sozialversicherung verfügt hätte, habe der Beschwerdeführer nunmehr zwar eine private Krankenversicherung mit Gültigkeit ab 1. März 2009 abgeschlossen. Dies begründe dennoch "kein geeignetes Mittel", um die Integration in die österreichische Gesellschaft zu belegen. Familiäre Beziehungen zur Republik Österreich seien weder behauptet worden noch ersichtlich. Soweit in der Berufung behauptet werde, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland weder familiäre noch private Bindungen mehr hätte (die Eltern und der Bruder seien im Zuge von Ausschreitungen im Jahr 2001 dem Vorbringen des Beschwerdeführers zufolge ums Leben gekommen und sein Haus sei zerstört worden), und der Beschwerdeführer auch keine Möglichkeit hätte, bei jemanden zu wohnen oder Unterstützung irgendeiner Art zu erhalten, sei dem entgegenzuhalten, dass mit der Ausweisung nicht darüber abgesprochen werde, dass der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder allenfalls in ein bestimmtes Land abgeschoben werde. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer erst in einem Alter von beinahe 22 Jahren in das Bundesgebiet eingereist. Somit habe er den überwiegenden Teil seines bisherigen Lebens in seinem Heimatland verbracht, in welchem er trotz des Verlusts seiner Eltern und seines Bruders "naturgemäß Sozialkontakte bzw. eine Existenz" habe aufbauen können. Das Vorbringen, der Beschwerdeführer sei unbescholten und habe sich wohlverhalten, könne nicht zu seinen Gunsten ausschlagen, weil diese Umstände weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung des die Ausweisung gebietenden öffentlichen Interesses zur Folge hätten.
Der Beschwerdeführer halte sich nunmehr seit mehr als sechs Monaten unrechtmäßig in Österreich auf. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße. Die Ausweisung sei demnach gemäß § 66 Abs. 1 FPG zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Das gelte auch, wenn Fremde "nach Auslaufen einer Aufenthaltsberechtigung" bzw. nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verlassen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor diesem Hintergrund sei auch das Ermessen nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers zu üben, insbesondere weil das dem Beschwerdeführer vorwerfbare (Fehl-)Verhalten (der Beschwerdeführer weigere sich seit negativ abgeschlossenem Asylverfahren das Bundesgebiet zu verlassen und gehe zudem trotz unrechtmäßigen Aufenthalts einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach) im Verhältnis zu der vom Beschwerdeführer geltend gemachten, jedoch erheblich zu relativierenden Integration überwiege.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erwogen:
Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. In der Beschwerde wird nun ausdrücklich zugestanden, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig beendet ist und er sich seitdem nicht rechtmäßig in Österreich aufhält.
Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Nach § 66 Abs. 2 FPG idF BGBl. I Nr. 29/2009 sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7) sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8).
Unter Hinweis auf § 66 FPG wird in der Beschwerde neuerlich auf den seit sieben Jahren in Österreich bestehenden Aufenthalt, die sehr guten Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers, die seit Dezember 2008 bestehende selbständige Erwerbstätigkeit als "Zeitungs-/Beilagenverteiler" und das Vorhandensein einer privaten Krankenversicherung hingewiesen. Weiters sei der lange Aufenthalt nicht auf Handlungen des Beschwerdeführers zurückzuführen. Er habe das Asylverfahren keineswegs bewusst verzögert. Er habe auch von einem positiven Ende des Asylverfahrens ausgehen dürfen, zumal "die Heberquote von Entscheidungen des Bundesasylamtes durch den UBAS bzw. AsylGH, zum Teil über 50 %" betragen habe. Der Beschwerdeführer verweist auch neuerlich auf fehlende Bindungen zu seinem Heimatland und macht geltend, die belangte Behörde habe die von ihm geltend gemachten Umstände, die für seine Integration sprechen, lediglich für sich alleine bewertet und nicht die notwendige Gesamtbetrachtung vorgenommen.
Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht hat die belangte Behörde die genannten Umstände sowohl in ihre Interessenabwägung als auch in die Ermessensentscheidung in ausreichendem Ausmaß einbezogen und auch eine - in der Beschwerde vermisste - Gesamtbetrachtung vorgenommen. Dem Vorbringen zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich während seines (seit der unrechtmäßigen Einreise bis zum Bescheiderlassungszeitpunkt) etwa sieben Jahre dauernden Aufenthalts hielt die belangte Behörde zutreffend entgegen, dass dieser auf einen unbegründeten Asylantrag zurückzuführen war und seit Beendigung des Asylverfahrens im Dezember 2008 bis zum Bescheiderlassungszeitpunkt bereits nahezu sieben Monate lang unrechtmäßig war. Die belangte Behörde ist daher insoweit im Recht, als sie im Verhalten des Beschwerdeführers (vor allem im unrechtmäßigen Verbleib in Österreich trotz negativen Abschlusses des Asylverfahrens) eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen gesehen hat. Es trifft auch zu, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt. Ebenso entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. nunmehr auch § 66 Abs. 2 Z 8 FPG, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen. Unter diesem - auch fallbezogen relevanten - Aspekt ist darauf hinzuweisen, dass der negative erstinstanzliche Asylbescheid bereits zwei Monate nach der Einreise des Beschwerdeführers ergangen ist (vgl. zum Gesamten das hg. Erkenntnis vom 30. April 2009, Zl. 2009/21/0086). Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang mit einer statistischen - von ihm jedoch nicht näher belegten - Größe von aufhebenden Berufungsentscheidungen des unabhängigen Bundesasylsenates und Asylgerichtshofes operiert, legt er in keiner Weise dar, inwiefern dies Relevanz für die gegenständliche Beurteilung gehabt hätte. Aus der Anzahl von aufhebenden Berufungsentscheidungen kann - selbst bei Zutreffen der vom Beschwerdeführer genannten Aufhebungsquote - nämlich keinesfalls auf die Umstände des ihn betreffenden Einzelfalles geschlossen werden.
Wenn in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, der Beschwerdeführer habe in seinem Heimatland keine familiären und privaten Bindungen mehr und auch keine Möglichkeit, bei jemandem zu wohnen oder Unterstützung zu erhalten, ist dem zu entgegnen, dass die belangte Behörde zutreffend darauf verwiesen hat, dass der Beschwerdeführer erst in einem Alter von beinahe 22 Jahren in das Bundesgebiet eingereist ist und die Zeit bis dahin in seinem Heimatland verbracht hat. Von einer Entfremdung des Beschwerdeführers von seinem Heimatland kann daher nicht gesprochen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 2009, Zl. 2009/22/0178). Allfällige Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in seinem Heimatland infolge seiner mehrjährigen Abwesenheit hat er im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers fällt letztlich fallbezogen nicht entscheidend ins Gewicht.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde bei der nach § 66 FPG erfolgten Beurteilung die Ausweisung des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht als unzulässigen Eingriff in sein Privatleben (dem Fehlen familiärer Bindungen in Österreich tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen) angesehen hat.
Schließlich werden in der Beschwerde auch keine ausreichenden Gründe aufgezeigt, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt wäre.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Wien, am 8. September 2009
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