Normen
FrPolG 2005 §46 Abs3;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §46 Abs3;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die aus Armenien stammende Beschwerdeführerin reiste am 15. Februar 2006 nach Österreich ein und beantragte hier die Gewährung von internationalem Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22. August 2006 wurde dieser Antrag gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 abgewiesen, ihr gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zuerkannt und sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien ausgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 2. November 2006 keine Folge, die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde lehnte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Juni 2008, Zl. 2006/19/1371, ab.
Einlangend bei der belangten Behörde am 23. Juli 2008 beantragte die Beschwerdeführerin, ihre Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet für ein Jahr aufzuschieben. Dies begründete sie u.a. damit, dass sie niemanden "habe", bei dem sie nach ihrer Abschiebung vorübergehend Unterkunft nehmen bzw. der sie finanziell unterstützen könnte. Angesichts der näher beschriebenen Verhältnisse in Armenien wäre es für sie sehr schwierig, in absehbarer Zukunft einen Arbeitsplatz zu finden, mangels Nachweis der Registrierung in einer armenischen Gemeinde habe sie auch keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Erschwerend komme hinzu, dass vom armenischen Staat an Rückkehrer keine Unterstützung für einen Neuanfang geleistet werde, vor allem aber sei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass sie (Beschwerdeführerin) erst am 21. Dezember 2007 einen Sohn zur Welt gebracht habe, der infolge Erkrankung vom 4. Februar bis 7. Februar 2008 stationär habe behandelt werden müssen.
Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 46 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 ab. Bezogen auf das dargestellte Antragsvorbringen begründete sie das damit, der Beschwerdeführerin sei per 26. Jänner 2009 zur Kenntnis gebracht worden, dass ihre 1926 geborene Mutter im September 2008 unter Gewährung von Rückkehrhilfe nach Armenien zurückgereist sei und dass sie selbst am 17. Februar 2006 angegeben habe, in Armenien (ebenso wie ihre Mutter) keine wirtschaftlichen Probleme gehabt zu haben. Zu diesem Schreiben habe die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme abgegeben. Es werde (daher) davon ausgegangen, dass es der Beschwerdeführerin (in Armenien) nicht an ihrem notwendigen Existenzminimum fehlen werde bzw. seien auch keine konkreten Tatsachen bekannt gegeben worden, warum sie in Zukunft ihren Unterhalt im Heimatland nicht sichern könnte. Die vorübergehende Erkrankung ihres Sohnes im Februar 2008 stelle keinen Grund für eine Unmöglichkeit der Abschiebung dar.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde, zu der die Beschwerdeführerin eine Gegenäußerung erstattete, erwogen:
Einleitend ist klarzustellen, dass die Beschwerdeführerin nicht von ihrem erst im Dezember 2007 geborenen Kind getrennt werden darf (vgl. sinngemäß die Ausführungen des EGMR in Rz 42 des Urteiles vom 31. Jänner 2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Beschwerde-Nr. 50.435/99). Eine Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Armenien käme daher nur in Begleitung des Kindes in Betracht, wobei der Umstand, dass gegen das in Österreich offenbar nicht aufenthaltsberechtigte Kind (noch) keine rechtskräftige Ausweisung vorliegt, einem derartigen Begleiten - das auch freiwillig erfolgen kann - nicht grundsätzlich im Wege steht. Zu prüfen ist allerdings im gegebenen Zusammenhang, welche Verhältnisse die Beschwerdeführerin mit ihrem Kind für den Fall einer gemeinsamen Ausreise in ihren Herkunftsstaat dort vorfinden würde. In diesem Sinne hätte die belangte Behörde auf die besondere Situation einer abgeschobenen Mutter mit Kleinkind ohne Familienanschluss einzugehen gehabt (vgl. etwa das zu § 8 Asylgesetz 1997 ergangene hg. Erkenntnis vom 30. November 2004, Zl. 2004/01/0068). Das hat die belangte Behörde, die nur isoliert die Lage der Beschwerdeführerin als solche in den Blick genommen hat, in Verkennung der Rechtslage unterlassen, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 8. Juli 2009
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