VwGH 2009/18/0183

VwGH2009/18/01834.6.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des S R, geboren am 12. Dezember 1974, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. März 2009, Zl. E1/975/2009, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 30. März 2009 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei mit einem vom 5. Juli 2004 bis 5. Jänner 2005 gültigen deutschen Visum in Österreich eingereist und habe, nachdem er am 10. Februar 2005 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet habe, - darauf gestützt - Niederlassungsbewilligungen erteilt erhalten. Diese Ehe sei zwischenzeitig bereits geschieden worden.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26. Mai 2006 sei über den Beschwerdeführer gemäß §§ "127, 15, 127 Abs 1, 15" StGB eine bedingte Freiheitsstrafe von sieben Monaten rechtskräftig verhängt worden, weil er am 11. April 2006 versucht habe, einen LKW aufzubrechen und Werkzeug zu stehlen.

Am 2. Oktober 2008 sei der Beschwerdeführer gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, § 229 Abs. 1 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten rechtskräftig verurteilt worden, weil er gemeinsam mit einem anderen im Auftrag eines Dritten und in Erwartung eines dafür geleisteten Geldbetrages am 24. August 2008 ein Motorrad gestohlen habe, indem die Täter es in einen Kastenwagen eingeladen hätten, ohne die Wegfahrsperre zu überwinden. Zuvor hätten die Täter an dem von ihnen verwendeten Kastenwagen andere Kennzeichen, die sie zuvor von einem anderen Fahrzeug abmontiert hätten, angebracht.

Der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG sei erfüllt, und es seien die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der §§ 61 und 66 leg. cit. - im Grunde des § 60 Abs. 1 leg. cit. verwirklicht.

Der Beschwerdeführer sei geschieden und für ein Kind aus einer außerehelichen Lebensgemeinschaft sorgepflichtig. Seinem Berufungsvorbringen, wonach er mit seiner vormaligen österreichischen Ehegattin ein gemeinsames Kind hätte, könne nicht gefolgt werden, habe er doch bei seiner Vernehmung am 3. September 2008 dieses Kind eindeutig benannt und handle es sich bei der Mutter dieses Kindes nicht um seine ehemalige Gattin. Das Kind lebe bei der Mutter und sei Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina.

Solcherart sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen gewesen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen - hier: zur Verhinderung weiterer Straftaten, insbesondere der Eigentumskriminalität - dringend geboten sei. Wer, wie der Beschwerdeführer, in der kurzen Zeit seines Aufenthaltes bereits zweimal wegen keinesfalls geringfügiger Straftaten bestraft worden sei, lasse seine außerordentliche Geringschätzung maßgeblicher, in Österreich gültiger Rechtsvorschriften erkennen. Auch der Umstand, dass die zweite Straftat noch innerhalb der offenen Probezeit der ersten Verurteilung gesetzt worden sei, lasse auf die mangelnde Rechtsverbundenheit des Beschwerdeführers schließen. Solcherart sei eine zu seinen Gunsten ausfallende Verhaltensprognose nicht möglich gewesen. Es könne kein Zweifel bestehen, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten und daher im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei.

Bei der gemäß § 66 Abs. 2 FPG durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers ableitbare Integration Bedacht zu nehmen, gleichzeitig jedoch zu bedenken gewesen, dass die einer jeglichen Integration zugrundeliegende soziale Komponente durch das dargestellte, wiederholt strafbare Verhalten erheblich an Gewicht gemindert werde. Zweifelsfrei seien die familiären Bindungen zu dem genannten Kind nicht unterzubewerten gewesen, dieses lebe jedoch bei seiner Mutter, und es komme dem Beschwerdeführer die Obsorge nicht zu. Dieser weise eine Unzahl kurzfristiger, meist nur wenige Woche dauernder Arbeitsverhältnisse auf. Derzeit sei er arbeitslos. Solcherart erweise sich das ihm zuzusprechende Interesse an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet als keinesfalls besonders ausgeprägt. Dem stehe das große öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen keinesfalls schwerer als das in seinem Fehlverhalten gegründete große öffentliche Interesse an seinem Verlassen des Bundesgebietes. Dabei habe die belangte Behörde auch bedacht, dass er den Kontakt zu seinem Kind - wenn auch eingeschränkt - vom Ausland aus wahrnehmen könne, eine Einschränkung, die er im öffentlichen Interesse zu tragen haben werde. Auch seinen Sorgepflichten könne er vom Ausland aus nachkommen.

Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe für die belangte Behörde keine Veranlassung bestanden, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde bringt vor, dass die für den Beschwerdeführer zu stellende Verhaltensprognose als durchaus positiv anzusehen sei, weil die im Jahr 2006 über ihn verhängte Freiheitsstrafe bedingt und die im Oktober 2008 über ihn verhängte Freiheitsstrafe zum Teil bedingt nachgesehen worden seien.

1.2. Diesem Vorbringen ist mit der ständigen hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. Jänner 2009, Zl. 2009/18/0003, mwN) zu erwidern, dass die Fremdenpolizeibehörden das Fehlverhalten des Fremden eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes und unabhängig von den gerichtlichen Erwägungen betreffend die Strafbemessung oder die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht zu beurteilen haben.

Im Übrigen begegnen auf dem Boden der insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde zu den beiden strafgerichtlichen Verurteilungen und dem diesen zugrundeliegenden Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers die - unbekämpfte - Ansicht, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei, und darüber hinaus die Beurteilung, dass die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.

2. Bei der Interessenabwägung nach § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 und 2 FPG hat die belangte Behörde die Dauer des bisherigen inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit seiner Einreise mit einem vom 5. Juli 2004 bis 5. Jänner 2005 gültigen Visum und seine Bindung zu einem Kind, mit dem er - was die Beschwerde nicht in Abrede stellt - nicht zusammenlebt und für das ihm auch nicht die Obsorge zukommt, berücksichtigt und zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG angenommen. Diesen persönlichen Interessen steht jedoch die aus den wiederholten Straftaten des Beschwerdeführers resultierende beträchtliche Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, insbesondere der Eigentumskriminalität, gegenüber. Bei Würdigung dieser Interessen kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation jedenfalls nicht schwerer wögen als das in seinem Fehlverhalten gegründete große öffentliche Interesse an seinem Verlassen des Bundesgebietes (§ 66 Abs. 2 FPG), auch dann nicht als rechtswidrig beurteilt werden, wenn man dieser Beurteilung den von der Beschwerde behaupteten Umstand zugrundelegte, dass der Beschwerdeführer mit seiner geschiedenen Ehegattin ein gemeinsames Kind habe, das österreichischer Staatsbürger sei, derzeit in Österreich berufstätig sei und ein entsprechendes Einkommen habe.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 4. Juni 2009

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