Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 26. Jänner 2009 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen die mit 11. Februar 2009 datierte Berufung.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 19. Februar 2009 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.
Der erstinstanzliche Bescheid sei dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 28. Jänner 2009 durch Übergabe einer Ausfertigung zugestellt worden, und es habe ein Arbeitnehmer des Rechtsvertreters die Übernahme eigenhändig bestätigt. Die 14- tägige Rechtsmittelfrist habe demnach am 11. Februar 2009 geendet. Da die Berufung jedoch erst am 13. Februar 2009 (Poststempel) eingebracht worden sei, habe die Berufung als verspätet zurückgewiesen werden müssen.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, und beginnt die Frist im Fall der Zustellung einer schriftlichen Bescheidausfertigung für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung.
2.1. Die Beschwerde bringt vor, dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung mit einem ordnungsgemäß frankierten Kuvert und einer Einschreibetikette (Aufgabeschein mit der Nr. (...)) rechtzeitig am 11. Februar 2009, gegen 15.30 Uhr, in einen (in der Beschwerde näher bezeichneten) Briefkasten, an dem als letzte Aushebungszeit an diesem Tage "16.00h" angegeben gewesen sei, eingeworfen habe, wobei das Kuvert unmittelbar vor dem Einwurf frankiert worden sei. Zu einem unbekannten Zeitpunkt habe ein dem Beschwerdeführer unbekanntes Organ der Post offenbar den Poststempel "13.2.2009" angebracht. Offenbar sei diese Briefsendung nicht sofort weiterbefördert worden, sondern etwas liegengeblieben, bis dann der Poststempel angebracht und die Sendung der Erstbehörde zugestellt worden sei. Dazu treffe die belangte Behörde rechtsirrig keine Feststellungen, und es liege eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes vor. Die belangte Behörde habe es jedoch auch rechtswidrig unterlassen, den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers von der beabsichtigten Zurückweisung wegen Verspätung zu verständigen und diesem die Gelegenheit zu gewähren, binnen angemessener Frist dazu Stellung zu nehmen und allenfalls Beweise vorzulegen oder anzubieten. Hätte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer insoweit rechtliches Gehör geschenkt, so hätte er darauf hinweisen und beweisen können, dass die Berufung rechtzeitig am 11. Februar 2009 abgefertigt und das entsprechende Kuvert am selben Tag unmittelbar vor der Postaufgabe (Einwerfen in den Briefkasten) mit einer Freistempelmaschine frankiert worden sei, und dazu die Kanzleileiterin (seines Rechtsvertreters) als Zeugin zur Vernehmung beantragen können.
2.2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z. 7 des Zustellgesetzes - nach dieser Gesetzesbestimmung etwa die Post - zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet. Unstrittig wurde der erstinstanzliche Bescheid an den Beschwerdeführer am 28. Jänner 2009 wirksam zugestellt. Die dagegen erhobene Berufung wäre somit rechtzeitig (und der sie zurückweisende angefochtene Bescheid rechtswidrig), wenn sie am letzten Tag der Frist, dem 11. Juni 2009, mit der Wirkung des Beginns des Postlaufes zur Post gegeben wurde.
Nach ständiger hg. Judikatur ist für den Beginn des Postlaufes maßgeblich, wann das betreffende Schriftstück von der Post in Behandlung genommen wird, und ist zur Feststellung dieses Zeitpunktes grundsätzlich der von der Post angebrachte Datumsstempel heranzuziehen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 8. August 1996, Zl. 95/10/0206, mwN).
Diesbezüglich ist ein Gegenbeweis jedoch zulässig. Wer am letzten Tag einer Frist die befristete Eingabe im Wege der Post aufgeben will, muss das Schriftstück entweder selbst beim Postamt innerhalb der Amtsstunden aufgeben oder es zumindest rechtzeitig vor der planmäßigen Aushebung desselben Tages in den Postkasten einwerfen, sodass durch die Aushebung das Schriftstück in postalische Behandlung genommen wird (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1983, Zl. 81/02/0262).
Der Einwurf in einen Briefkasten löst somit den Postlauf am selben Tag dann aus, wenn am Briefkasten der Vermerk angebracht ist, dass dieser noch am selben Tag ausgehoben werde. Wird die Sendung noch vor Ende des Tages, aber nach der letzten Aushebung in den Briefkasten eingeworfen, so wird die Übergabe an die Post nicht an diesem Tag bewirkt, und zwar auch dann nicht, wenn das Poststück mit einer Freistempelung mit diesem Datum versehen ist, weil durch diesen ein Zeichen der Gebührenentrichtung darstellenden Vorgang der Postlauf nicht in Gang gesetzt wird (vgl. zum Ganzen nochmals das obzitierte Erkenntnis, Zl. 95/10/0206, mwN).
Mit dem obzitierten Vorbringen wendet sich die Beschwerde gegen die Annahme der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung erst am 13. Februar 2009 zur Post gegeben habe. Sie macht geltend, dass der Beschwerdeführer die Berufung am letzten Tag der Berufungsfrist, dem 11. Februar 2009, vor dem am Briefkasten angegebenen Zeitpunkt der Aushebung an diesem Tag, somit rechtzeitig, eingeworfen habe. Dieses Beschwerdevorbringen verstößt nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG), weil nach Ausweis der Verwaltungsakten vor Erlassung des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdeführer die von der belangten Behörde angenommene offenkundige Verspätung seines Rechtsmittels nicht vorgehalten wurde. So hat nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. Juli 2007, Zl. 2007/07/0068, mwN) die Behörde das Risiko einer Bescheidaufhebung zu tragen, wenn sie von der Versäumung der Rechtsmittelfrist ausgeht, ohne dies dem Rechtsmittelwerber vorgehalten zu haben.
2.3. Im Hinblick darauf hätte die belangte Behörde somit dem Beschwerdeführer vor Erlassung des angefochtenen Bescheides Gelegenheit zur Äußerung hinsichtlich ihrer Annahme der verspäteten Einbringung des Rechtsmittels geben müssen. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vom 26. Mai 2009 unter Hinweis auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Post vorbringt, es sei in der Beschwerde lediglich der Einwurf in den Postkasten behauptet worden, nicht jedoch auch, dass eine Bestätigung der eingeschriebenen Briefsendung aufliege, so kann auch bei Würdigung dieses Umstandes nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Einräumung von Parteiengehör im Verwaltungsverfahren die Rechtzeitigkeit der Postaufgabe bewiesen hätte.
3. Demzufolge hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 24. September 2009
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