VwGH 2009/16/0174

VwGH2009/16/017421.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, in der Beschwerdesache des Dr. E S in W, vertreten durch Dr. Gerhard Petrowitsch, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Kadagasse 11, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit der Haftung nach § 9 BAO, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art132;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwRallg;
B-VG Art132;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 1. September 2008 hatte das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart den Beschwerdeführer als Haftungspflichtigen nach § 9 Abs. 1 und §§ 80 ff BAO im Ausmaß von insgesamt EUR 51.687,-- in Anspruch genommen, wogegen dieser Berufung erhob.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 30. Oktober 2008 gab die Abgabenbehörde erster Instanz der Berufung teilweise dahingehend statt, dass der Beschwerdeführer als Haftungspflichtiger nach den genannten Bestimmungen im Ausmaß von EUR 8.291,84 in Anspruch genommen und aufgefordert werde, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

In seiner Eingabe vom 19. November 2008 beantragte er, "die Berufung der abgabenbehördlichen zweiten Instanz zur Entscheidung vorzulegen".

In seiner "Beschwerde gem. Art. 130 (1) lit. b BVG" bezeichnet er als belangte Behörden das "Finanzamt Bruck-Eisenstadt-Oberwart" in Oberwart und eine "M HandelsgesmbH" in Wien.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG als belangte Behörde die oberste Behörde oder der unabhängige Verwaltungssenat, deren Entscheidung in der Rechtssache verlangt wurde, zu bezeichnen.

Sinn dieser Bestimmung ist es, in einer jeden Zweifel ausschließenden Art und Weise den Verwaltungsgerichtshof erkennen zu lassen, welcher Behörde Säumnis vorgeworfen wird.

Welche Behörde belangte Behörde des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist, kann allerdings - wie der Verwaltungsgerichtshof für das Bescheidbeschwerdeverfahren ausgesprochen hat - nicht nur aus der zutreffenden Bezeichnung der Behörde durch den Beschwerdeführer ersehen werden, sondern ist auch aus dem Inhalt der Beschwerde insgesamt und den der Beschwerde angeschlossenen Beilagen sowie aus der dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Rechtslage betreffend den Vollzugsbereich und die Behördenorganisation erschließbar. Jene Behörde ist Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, welche bei verständiger Wertung des gesamten Beschwerdevorbringens einschließlich der der Beschwerde angeschlossenen Beilagen als belangte Behörde zu erkennen ist.

Dies gilt auch in Säumnisbeschwerdefällen, wenn aus der Beschwerde in ihrem Gesamtzusammenhang (einschließlich allfälliger Beilagen, wie z.B. Berufung an die säumige Behörde) zweifelsfrei hervorgeht, welcher obersten Behörde im Sinne des Art. 132 B-VG die Verletzung der Entscheidungspflicht vorgeworfen wird (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 30. September 1993, Zl. 92/17/0223, und das dort angeführte hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 1986, Zl. 85/18/0078, Rechtssatz veröffentlicht in Slg. 12.088/A, wo fallbezogen ausgesprochen wurde, es sei nach der damaligen Aktenlage eindeutig erkennbar, dass sich die Beschwerde nicht gegen den in ihr bezeichneten "Hilfsapparat" des Amtes der Landesregierung, sondern gegen die Landesregierung selbst richte).

Es ist freilich unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei der von ihr vorgenommenen Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes und der belangten Behörde ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dessen Wortlaut nicht unmittelbar erschlossen werden kann (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Jänner 1989, Zl. 88/17/0183, und die dort zitierte Rechtsprechung, sowie den hg. Beschluss vom 20. Februar 1992, Zl. 92/08/0005). Diese Beurteilung gilt angesichts desselben dahinterstehenden Regelungszweckes sowohl für die Bezeichnung der belangten Behörde in Bescheidbeschwerden gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 VwGG als auch für die Bezeichnung der belangten Behörde in Säumnisbeschwerden gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 25. August 2005, Zl. 2005/16/0212, mwN).

Gemäß § 260 BAO idF des AbgRmRefG, BGBl. I Nr. 97/2002, hat über Berufungen gegen von Finanzämtern oder von Finanzlandesdirektionen erlassene Bescheide der unabhängige Finanzsenat (§ 1 UFSG) als Abgabenbehörde zweiter Instanz durch Berufungssenate zu entscheiden, soweit nicht anderes bestimmt ist.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 1. September 2008 ist demnach der unabhängige Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zuständig.

Im vorliegenden Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer jedoch ausdrücklich das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart und weiters eine M HandelsgesmbH in Wien als belangte Behörden bezeichnet. Anhaltspunkte dafür, dass er mit den derart bezeichneten Behörden tatsächlich den gemäß § 260 BAO zuständigen unabhängigen Finanzsenat gemeint hätte, sind weder der Beschwerde noch den dieser angeschlossenen Beilagen zu entnehmen. Auch der eingangs genannte Vorlageantrag enthält keine ausdrückliche Bezeichnung der Berufungsbehörde. Bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten ist es unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei deren Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar erschlossen werden kann. Eine Umdeutung der in der Beschwerde ausdrücklich bezeichneten belangten Behörden in den unabhängigen Finanzsenat kommt daher nicht in Betracht (vgl. etwa den zitierten hg. Beschluss vom 25. August 2008 mwN).

Die Beschwerde war daher wegen des Fehlens der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 21. September 2009

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