VwGH 2009/09/0167

VwGH2009/09/016716.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des Ing. MK in M, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in 2344 Maria Enzersdorf, Franz Josef-Straße 42, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 26. Mai 2009, Zl. Senat-MD-07- 1446, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2 litb idF 2005/I/101;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VwRallg;
AuslBG §2 Abs2 litb idF 2005/I/101;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. Mai 2009 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der K KEG mit Sitz in M zu verantworten, dass im Zeitraum vom 9. Jänner bis 20. April 2007 vom Firmensitz ausgehend und insbesondere am 18. April 2007 in M (Wohnhausanlage) der näher bezeichnete rumänische Staatsangehörige IB mit Hausbetreuung und Winterdienstarbeiten beschäftigt worden sei, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch drei Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.500,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde wesentlich beruhend auf der Aussage des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung folgenden Sachverhalt fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Der (Beschwerdeführer) war zum Tatzeitpunkt unbeschränkt haftender Gesellschafter der B KEG mit dem Sitz in M, der die Firma selbständig vertritt. Im Zuge einer Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Baden-Mödling am 18.04.2007 gegen 10.00 Uhr wurde der rumänische Staatsbürger IB bei Hausbetreuungstätigkeiten in der Wohnhausanlage in M angetroffen. IB war seit dem 09.01.2007 im Besitz eines österreichischen Gewerbescheines für: 'Anbieten von Hausbetreuungstätigkeiten als persönliche Dienste an nicht öffentlichen Orten, bestehend aus der Beaufsichtigung des ordnungsgemäßen Zustandes von Liegenschaften, der Pflege von Außenanlagen durch Rasen mähen, Schnee schaufeln, kaputte Glühbirnen wechseln, Asphaltflächen kehren, Grünanlagen bewässern, die Reinhaltung der Müllsammelplätze überprüfen und diese nachreinigen, Kehren und Waschen von Stiegenhäusern und Gängen, Kehren von Gehsteigen und Hof, Waschen von Stiegenhausfenstern und Außentüren, Reinigung von Stiegen, Handläufen und Kehren des Kellers, das Ölen von Türen, Mitteilungen bzw. Beschwerden der Eigentümer und Mieter an die Hausverwaltung weiterleiten, sowie Botengänge'. Gegenüber den Kontrollorganen gab der rumänische Staatsangehörige IB an, seit 09.01.2007 ausschließlich für die Fa. B KEG zu arbeiten. Sämtlich benötigtes Werkzeug, wie Besen, Schaufel, Mob, Kübel, Leiter, Rasenmäher, Schneeschaufel sowie die Reinigungs- und Putzmittel wurden dem rumänischen Staatsangehörigen IB von der B KEG ohne Gebühr zur Verfügung gestellt, ebenso wie das verwendete Firmenfahrzeug der Fa. B KEG. Die zu erledigenden Arbeiten wurden IB vom (Beschwerdeführer) zugewiesen, wurde IB entweder vom (Beschwerdeführer) oder dessen Gattin CK kontrolliert. Abgerechnet wurde nach geleisteten Arbeitsstunden. IB verfügte zum Tatzeitpunkt über keinerlei arbeitsmarktbehördliche Genehmigung zur Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit, war er Inhaber des oben angeführten Gewerbescheines. Ein schriftlicher Vertrag mit der B KEG existierte nicht.

IB wohnte in einer Wohnung der Ehegattin des (Beschwerdeführers), musste er keine Mietzahlungen leisten."

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt, dass nach einer Gesamtbetrachtung aller Umstände von unselbständiger Tätigkeit des IB auszugehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer beruft sich im Wesentlichen darauf, er habe IB "Starthilfe" zum "Aufbau einer neuen beruflichen Existenz in Österreich" geleistet, für die Absicht, selbständig tätig sein zu wollen, spreche der Gewerbeschein.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung schon zur Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 101/2005 erkannt hat, ist der bloß formale Umstand, dass der Rumäne im Besitz einer (österreichischen) Gewerbeberechtigung war, für die Beurteilung seiner sachverhaltsmäßig festgestellten Tätigkeit dahingehend, ob eine Beschäftigung nach dem AuslBG vorliegt oder nicht, nicht maßgeblich (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0129). Ausländer, die formell im Besitz von Gewerbeberechtigungen waren, nach der nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt vorzunehmenden Beurteilung ihrer Tätigkeit aber de facto nicht selbständig sind, waren schon vor der Novelle BGBl. I Nr. 101/2005 nicht vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen. Dies gilt umso mehr nach der Rechtslage seit der Novelle BGBl. I Nr. 101/2005, durch die in § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG der Halbsatz "sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird" entfallen ist.

Insofern der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen in Richtung einer auf europarechtlichen Normen zulässigen Beschäftigung argumentiert, ist ihm zu antworten, dass dies nur für Dienstleistungen als Selbständige gilt. Es besteht hinsichtlich der Merkmale etwa des AuslBG, des AÜG, der GewO und der hg. Rechtsprechung zur Abgrenzung von selbständiger zu unselbständiger Tätigkeit zwischen Gemeinschaftsrecht und innerstaatlichem Recht kein Unterschied, weil es allein auf das Unterordnungsverhältnis ankommt (vgl. mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, das hg. Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2008/09/0163). Ein Unterordnungsverhältnis liegt aber nach den Feststellungen der belangten Behörde jedenfalls vor.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187).

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei der Verwendung des IB nach dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0129, mwN).

Für die Beurteilung, ob eine unselbständige oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, kommt es nicht auf den Inhalt der Tätigkeit an, sondern - wie aus dem Vorgesagten deutlich wird - allein darauf, ob eine Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübt wird. Die Tätigkeit der Hausbetreuung kann sowohl in selbständiger Form als gewerbliche Tätigkeit wie auch in unselbständiger Form im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses ausgeübt werden. Im gegenständlichen Fall weist der auf der Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung beruhende - oben wiedergegebene - festgestellte Sachverhalt auf eine Integration dieses Rumänen in die Arbeitsorganisation der B KEG hin. Dafür spricht insbesondere, dass dieser Rumäne nach seiner eigenen Aussage ausschließlich für die B KEG arbeitete, ihm sämtliches Arbeitsmaterial von dieser zur Verfügung gestellt wurde, die zu erledigenden Arbeiten vom Beschwerdeführer zugewiesen wurden, er dabei vom Beschwerdeführer oder seiner Gattin kontrolliert wurde, nach Arbeitsstunden abgerechnet wurde und er zudem in einer Wohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers wohnte. Der Beschwerdeführer hat demgegenüber nicht konkret aufgezeigt, dass der Rumäne - entgegen diesen Feststellungen der belangten Behörde - hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten weisungsfrei gewesen sei.

Von einer "Starthilfe" zum Aufbau eines eigenen selbständigen Unternehmens kann sohin nicht gesprochen werden, es handelt sich im Gegenteil um eine geradezu typische Beschäftigung des IB durch die B KEG in einem Unterordnungsverhältnis. Die belangte Behörde ist sohin zu Recht von einer Beschäftigung des Rumänen in einem Unterordnungsverhältnis ausgegangen. Die europarechtlichen Ausführungen in der Beschwerde beruhen dagegen auf der verfehlten Annahme der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, weshalb sie ins Leere gehen.

Da es sich - wie ausgeführt - gegenständlich um einen typischen Fall einer unselbständigen Tätigkeit handelt, ist auch den auf der Annahme einer "vertretbaren Rechtsansicht" basierenden Ausführungen des Beschwerdeführers zum Verschulden der Boden entzogen.

Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG

ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am 16. September 2009

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