VwGH 2009/09/0044

VwGH2009/09/004416.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der H, vertreten durch Dr. Günther R. John, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 17, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 12. Jänner 2009, Zl. BMUKK-21.006/2-IV/3/2008, betreffend Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52 Abs1;
AVG §52;
DMSG 1923 §1;
AVG §45 Abs2;
AVG §52 Abs1;
AVG §52;
DMSG 1923 §1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2003 regte der Leiter der Abteilung Technische Denkmale des Bundesdenkmalamtes, DI Dr. RW, an, näher bezeichnete Teile der auf bestimmten Grundstücksnummern der Katastralgemeinde L gelegenen "Brauerei H" gemäß § 1 und § 3 des Denkmalschutzgesetzes (DMSG) unter Denkmalschutz zu stellen. Der wesentliche Teil dieses als Gutachten zu wertenden Schreibens (siehe dazu später) wurde u.a. der Beschwerdeführerin unter Einräumung einer Gelegenheit zur Stellungnahme mit Schreiben der Behörde erster Instanz vom 29. Oktober 2003 vorgehalten. Nach weiteren Ermittlungen (Ortsaugenschein, ergänzende Stellungnahmen des DI Dr. RW) erließ das Bundesdenkmalamt den Bescheid vom 15. Februar 2005 mit folgendem Spruch:

"Es wird festgestellt, dass die Erhaltung der ehemaligen 'Brauerei H', B-Gasse 11-13, Ger.Bez. L, Verw.Bez. M, Niederösterreich, Gst. Nrn. ..., jeweils EZ ..., gemäß §§ 1 und 3 des Bundesgesetzes vom 25. September 1923, BGBl. Nr. 533/23 (Denkmalschutzgesetz), in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 170/1999, als Anlage im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. hinsichtlich nachstehend genannter Bereiche (§ 1 Abs. 8 Denkmalschutzgesetz) im öffentlichen Interesse gelegen ist:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier wesentlichen Stellen des DMSG, BGBl. Nr. 533/1923 idF BGBl. I Nr. 170/1999, lauten:

"§ 1. (1) Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung ('Denkmale') Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den Gegenständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder Lage zu anderen Gegenständen entstehen. 'Erhaltung' bedeutet Bewahrung vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland.

(2) Die Erhaltung liegt dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.

(3) Gruppen von unbeweglichen Gegenständen (Ensembles) und Sammlungen von beweglichen Gegenständen können wegen ihres geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Zusammenhanges einschließlich ihrer Lage ein Ganzes bilden und ihre Erhaltung dieses Zusammenhanges wegen als Einheit im öffentlichen Interesse gelegen sein. Mehrheiten unbeweglicher oder beweglicher Denkmale, die bereits von ihrer ursprünglichen oder späteren Planung und/oder Ausführung her als im Zusammenhang stehend hergestellt wurden (wie Schloss-, Hof- oder Hausanlagen mit Haupt- und Nebengebäuden aller Art, einheitlich gestaltete zusammengehörende Möbelgarnituren usw.) gelten als Einzeldenkmale. Als Teil einer Hausanlage zählen auch die mit dieser in unmittelbarer Verbindung stehenden (anschließenden) befestigten oder in anderer Weise architektonisch mit einbezogenen Freiflächen.

...

(6) Die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmals erfolgt stets in jenem Zustand, in dem es sich im Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens der Unterschutzstellung befindet.

(7) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht besondere Regelungen getroffen werden (§§ 1 Abs. 4 letzter Satz, 2 Abs. 1 Z 3, 4 Abs. 1 Z 1 sowie 6 Abs. 5) gelten die Bestimmungen für Einzeldenkmale gleichermaßen auch für Ensembles und Sammlungen.

(8) Werden nur Teile eines Denkmals geschützt (Teilunterschutzstellung), so umfasst dieser Schutz auch die übrigen Teile in jenem Umfang, als dies für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist.

..."

Die Beschwerdeführerin wirft der belangte Behörde Begründungsmängel vor. Sie reißt dazu die Begründung der belangten Behörde aus ihrem Gesamtzusammenhang (etwa: "Bei der gegenständlichen Anlage ... ehemalige Brauerei ..."), wirft der belangten Behörde teilweise das Fehlen von Begründungselementen vor, die im angefochtenen Bescheid ohnehin enthalten sind (wie etwa: "mit den starken Veränderungen der beiden Wohn- und Bürohäuser setzt sich die belangte Behörde nicht einmal ansatzweise auseinander" - diesbezüglich ist auf den angefochtenen Bescheid S. 9 und dessen obige Wiedergabe hinzuweisen), und deutet untergeordnete Details aus der Begründung des angefochtenen Bescheides zu dessen "Hauptbegründung" um (so etwa: "die Hauptbegründung ... biedermeierliche Putzgestaltung" - dieses Detail findet sich in der Beschreibung der straßenseitigen Fassade der Wohn- und Bürohäuser in der Wiedergabe des Gutachtens des Amtssachverständigen; abgesehen davon, dass "biedermeierliche Gestaltung" entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht bedeutet, dass diese Fassade aus der Biedermeierzeit stammen muss, sondern lediglich den Stil beschreibt, in dem sie gehalten ist, stellt die tatsächliche "Hauptbegründung" der belangten Behörde zum Schutz dieser straßenseitigen Fassaden auf die Bedeutung der Häuser für die Gesamtanlage ab). Die behaupteten Begründungsmängel liegen nicht vor.

Die Beschwerdeführerin rügt die Unterlassung der Einvernahme des Zeugen KR LK. Dieser hätte "maßgebliche verfehlte Behauptungen der belangten Behörde und des Bundesdenkmalamtes hinsichtlich der historischen Daten der H widerlegen können". Mit diesem Beweisthema bringt die Beschwerdeführerin nur eine pauschale Behauptung vor, jedoch nicht, welchen konkreten Sachverhalt dieser Zeuge hätte dartun sollen. Ungeachtet der Frage, ob überhaupt ein Verfahrensmangel vorliegt, zeigt die Beschwerdeführerin jedenfalls die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht auf.

Insoweit in der Beschwerde gerügt wird, der Amtssachverständige sei "mit keinem einzigen Wort" auf das von der Beschwerdeführerin vorgelegte "Gutachten" DI Dr. F eingegangen und die belangte Behörde habe "in lediglich abqualifizierender Form das nicht vorhandene Amtssachverständigengutachten ... 'aufrecht zu erhalten' versucht", ist ihm zu entgegnen:

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist es für die Wertung als Gutachten belanglos, ob ein Schreiben als Überschrift das Wort "Gutachten" enthält oder nicht. Es kommt ausschließlich auf den inneren Gehalt an (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens6, Seite 515, E 136 wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Im Akt liegt die alle inhaltlichen Merkmale eines Gutachtens (vgl. die in Hauer/Leukauf, aaO, Seite 504, E 81 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung) aufweisende, eingangs referierte Anregung des Leiters der Abteilung Technische Denkmale des Bundesdenkmalamtes, DI Dr. RW, also einer im gegenständlichen Fall als Sachverständiger geeigneten Person, ein. DI Dr. RW zeigt die geschichtliche Entwicklung der ehemaligen Brauerei auf, beschreibt die zu schützenden Gebäude samt deren Veränderungen und befasst sich mit der Bedeutung der ehemaligen Brauereigebäude für das Stadtbild. Der Sachverständige hat dazu anlässlich mehrerer Augenscheinsverhandlungen Ergänzungen erstattet. Die belangte Behörde durfte daher zu Recht von einem Gutachten im Rechtssinn ausgehen. Umgekehrt wird ein unschlüssiges "Gutachten" nicht dadurch zum entscheidungsrelevanten Gutachten, nur weil es mit der Überschrift "Befund und Gutachten" (wie das von der Beschwerdeführerin vorgelegte "Gutachten" DI Dr. F) versehen ist.

Es ist nicht in jedem Fall notwendig, dass sich ein Gutachter selbst mit Gegenäußerungen befasst. Es ist Sache der Behörde, bei einander widersprechenden Gutachten nach den Grundsätzen freier Beweiswürdigung zu prüfen, welchem von ihnen höherer Glaube beizumessen ist; sie hat weiters in der Begründung ihres Bescheides in schlüssiger Weise darzulegen, welche Erwägungen dafür maßgebend waren, das eine Beweismittel dem anderen vorzuziehen (vgl. die in Hauer/Leukauf, aaO, Seite 514, E 134a, d und h wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Die Beschwerdeführerin lässt die ausdrückliche Auseinandersetzung der belangten Behörde mit diesem Thema (siehe S. 8 des angefochtenen Bescheides) unbeachtet. Zu Recht qualifiziert die belangte Behörde das "Gutachten" DI Dr. F als ungeeignet, dem vom Amtssachverständigen erstellten, mehrfach ergänzten Gutachten entgegentreten zu können. Denn das "Gutachten" DI Dr. F befasst sich mit keinem Wort mit der Geschichte des gegenständlichen Gebäudekomplexes (siehe dazu § 1 Abs. 1 DMSG), enthält einen kursorisch gehaltenen "Befund", in den DI Dr. F überdies subjektive Wertungen einfließen lässt (z.B. "mit unschönem Schlot"). Der als "Gutachten" bezeichnete Teil enthält teils Beschreibungen von Veränderungen an einzelnen Bauteilen (die in einigen Bereichen lediglich im Konjunktiv gehalten sind ("dürfte ... abgetragen worden sein", dürfte ... verkleinert (schmäler) worden sein")), wobei der Verfasser sich aber jeglicher konkreter Ausführungen zu Baualter, Geschichte und Bedeutung der Gebäude im Zusammenhang mit der ehemaligen Brauereianlage und der Region enthält. Im Gegensatz dazu sind diese im "Gutachten" DI Dr. F nicht vorkommenden Teile - wie erwähnt - im Gutachten des Amtssachverständigen enthalten.

Die von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Forderung auf "Beiziehung eines weiteren Sachverständigen" vorgebrachte, auf kein konkretes Sachsubstrat aufgebaute Spekulation der "offenkundigen Überforderung" des Amtssachverständigen ist nach den obigen Ausführungen nicht nachvollziehbar.

Den übrigen Ausführungen der Beschwerdeführerin, mit denen sie die Ausführungen des Amtssachverständigen zu entkräften versucht, muss der Erfolg schon deshalb versagt bleiben, weil einem schlüssigen Gutachten mit bloßen Behauptungen, ohne Argumentation auf gleicher Ebene, in tauglicher Art und Weise nicht entgegengetreten werden kann (vgl. die in Hauer/Leukauf, aaO, S. 601, E 85 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Die Ausführungen in der Beschwerde zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit erschöpfen sich in substanzlosen Sätzen, die nicht geeignet sind, die rechtliche Qualifikation der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 16. September 2009

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