VwGH 2009/06/0010

VwGH2009/06/001026.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des IR in W, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. Februar 2007, Zl. Ve1-8-1/169-7, betreffend Versagung der Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
AVG §13 Abs8;
BauO Tir 2001 §26;
BauRallg;
AVG §13 Abs3;
AVG §13 Abs8;
BauO Tir 2001 §26;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde, der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und des vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsaktes (insbesondere der Stellungnahme des örtlichen Raumplaners der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 22. September 2005 und der Verordnungsakten betreffend den anzuwendenden Flächenwidmungsplan und das Raumordnungskonzept) ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bauansuchen vom 8. Februar 2006 (eingelangt bei der mitbeteiligten Marktgemeinde am selben Tag) beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes samt Wohnbereich auf einem Grundstück in der mitbeteiligten Marktgemeinde. Das Grundstück ist im anzuwendenden Flächenwidmungsplan als "Freiland" ausgewiesen.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde wies dieses Bauansuchen mit Bescheid vom 16. Mai 2006 gemäß § 26 Abs. 3 lit. a Tiroler Bauordnung 2001 - TBO 2001, LGBl. Nr. 94 in der Fassung LGBl. Nr. 35/2005, ab. Er führte dazu im Wesentlichen aus, eine Prüfung des Bauansuchens durch den hochbautechnischen Sachverständigen habe ergeben, dass das Grundstück im derzeit gültigen Flächenwidmungsplan als Freiland ausgewiesen sei. Im Freiland dürften gemäß § 41 Abs. 2 Tiroler Raumordnungsgesetz 2006 (TROG 2006) lediglich ortsübliche Städel in Holzbauweise, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen, Bienenhäuser in Holzbauweise mit höchstens 20 m2 Nutzfläche sowie Nebengebäude und Nebenanlagen errichtet werden. Somit ergebe sich bereits aus dem Bauansuchen eindeutig, dass das geplante Bauvorhaben im Freiland nicht errichtet werden könne und das Bauansuchen sei daher ohne weiteres Verfahren abzuweisen gewesen.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde wies die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 16. Jänner 2007 als unbegründet ab. Gemäß § 41 Abs. 2 TROG 2006 seien nur die in dieser Bestimmung angeführten Baulichkeiten im Freiland zulässig. Der Neubau eines landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes samt Wohnbereich falle nicht darunter. Der Flächenwidmungsplan sei für die erkennende Behörde bindend.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Auch ihrer Ansicht nach sei die auf § 41 Abs. 2 TROG 2006 gestützte Abweisung rechtmäßig.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst bei ihm dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 1. Dezember 2008, B 462/07-8, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab. Zu der auch in der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof aufgeworfenen Frage, dass der Flächenwidmungsplan nach Meinung des Beschwerdeführers gegen das örtliche Raumordnungskonzept verstoße, weil das Grundstück in diesem als Freihaltefläche bestimmt sei, führte der Verfassungsgerichtshof in dem angeführten Beschluss Folgendes aus:

"Dem Gemeinderat der Gemeinde S... kann nicht entgegengetreten werden, wenn er - trotz Festlegung des Grundstückes des Beschwerdeführers als land- und forstwirtschaftliche Freihaltefläche im örtlichen Raumordnungskonzept - auf Grund der raumordnungsfachlichen Stellungnahme vom 22. September 2005 mangels Zutreffens aller Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 TROG für eine Widmung als Sonderfläche Hofstelle, im Flächenwidmungsplan die Widmung Freiland beibehielt."

In der nach Aufforderung beim Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht - wie schon in der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof - ausschließlich geltend, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück im örtlichen Raumordnungskonzept der mitbeteiligten Marktgemeinde als sogenannte "landwirtschaftliche Freihaltefläche" ausgewiesen sei. Gemäß § 3 Abs. 3 des Verordnungstextes des örtlichen Raumordnungskonzeptes seien innerhalb dieser Freiflächen solche Gebäude und Anlagen zulässig, die der unmittelbaren land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, wie insbesondere Hofstellen, Austragshäuser, usw.. Gemäß § 107 Abs. 1 TROG 2006 habe jede Gemeinde innerhalb von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten des örtlichen Raumordnungskonzeptes den Flächenwidmungsplan neu zu erlassen oder den bestehenden Flächenwidmungsplan zu ändern, soweit dies zur Vermeidung von Widersprüchen zu den Zielen der örtlichen Raumordnung nach diesem Gesetz und den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes erforderlich sei. Trotz dieser eindeutigen gesetzlichen Vorschriften habe es die mitbeteiligte Marktgemeinde unterlassen, den Flächenwidmungsplan an das örtliche Raumordnungskonzept anzupassen.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

In § 3 Abs. Abs. 1 bis 3 des anzuwendenden örtlichen Raumordnungskonzeptes (Gemeinderatsbeschluss vom 24. November 1998, genehmigt von der Tiroler Landesregierung am 19. Juli 1999, kundgemacht an der Amtstafel der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 9. August 1999 bis 24. August 1999) ist zur Sicherung der Freihalteflächen Folgendes vorgesehen:

"(1) Die in den beiden Plananlagen dargestellten Gebiete sind im Interesse der Erhaltung zusammenhängender land- und forstwirtschaftlicher nutzbarer Flächen, ökologisch besonders wertvoller Flächen, natürlicher und naturnaher Landschaftsteile sowie zusammenhängender Erholungsräume von einer diesen Zielen widersprechenden Bebauung freizuhalten, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt wird.

(2) Die nach § 41 Abs. 2 und 3 und § 42 TROG 1997 zulässigen Anlagen dürfen in den in Abs. 1 angeführten Freihalteflächen errichtet werden.

(3) In den land- und forstwirtschaftlichen Freihalteflächen dürfen nur Sonderflächen für Gebäude und Anlagen, die der unmittelbaren land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, wie Hofstellen, Austragshäuser, Stallgebäuden und Sonderflächen für Kompostieranlagen, sowie für geringfügige, betriebswirtschaftlich notwendige Erweiterungen von bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung rechtmäßig bestehender Betriebe gewidmet werden."

Das Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 10 (TROG 1997) in der im Zeitpunkt der Erlassung des Raumordnungskonzeptes geltenden Fassung LGBl. Nr. 21/1998, sah in § 41 Folgendes vor (gleichartige Regelungen waren bzw. sind in § 41 Tiroler Raumordnungsgesetz 2001 bzw. 2006 - jeweils eine Wiederverlautbarung des TROG 1997 bzw. des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 - TROG 2001):

"(1) Als Freiland gelten alle Grundflächen des Gemeindegebietes, die nicht als Bauland, Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen gewidmet sind und die nicht Verkehrsflächen nach § 54 Abs. 3 erster Satz sind.

(2) Im Freiland dürfen nur ortsübliche Städel in Holzbauweise, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen, Bienenhäuser in Holzbauweise mit höchstens 20m2 Nutzfläche sowie Nebengebäude und Nebenanlagen errichtet werden."

§ 42 TROG 1997 regelte Zu- und Umbauten und den Wiederaufbau von Gebäuden im Freiland (wie nunmehr in § 42 TROG 2006).

§ 43 TROG 1997 (wie nunmehr § 43 TROG 2006) traf allgemeine Regelungen für die Widmung von Sonderflächen im Freiland, die §§ 44 bis 47 TROG 1997 (nunmehr §§ 44 - 47 TROG 2006) trafen Sonderregelungen für verschiedene landwirtschaftliche Sonderflächenwidmungen (z.B. für Hofstellen § 44, für landwirtschaftliche Intensivtierhaltung § 45).

Den schon beim Verfassungsgerichtshof vorgetragenen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des angewendeten Flächenwidmungsplanes genügt es entgegenzuhalten, dass der u.a. wiedergegebene § 3 Abs. 3 des örtlichen Raumordnungskonzeptes nur grundsätzlich regelt, welche Sonderflächenwidmungen für Gebäude und Anlagen in Freihalteflächen überhaupt zulässig sind. In § 3 Abs. 2 dieser Verordnung ist zunächst die Zulässigkeit der Errichtung u.a. von gemäß § 41 Abs. 2 TROG 1997 zulässigen Anlagen angeordnet. Aus keiner dieser Regelungen ergibt sich für den Gemeinderat zwingend, eine bestimmte der genannten zulässigen Widmungen auf Freihalteflächen im Flächenwidmungsplan vorzusehen. Die getroffene Freilandwidmung stellt eine nach dem Raumordnungskonzept (§ 3 Abs. 2) zulässig Widmung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes dar.

Abgesehen davon wird im Sinne des ablehnenden Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes auch darauf hingewiesen, dass nach der raumordnungsfachlichen Stellungnahme vom 22. September 2005 nicht alle Voraussetzungen für eine Widmung als Sonderfläche für eine Hofstelle die in § 44 Abs. 1 TROG 2006 (in Verbindung mit § 27 Abs. 2) dafür statuierten Voraussetzungen vorgelegen seien. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei auf Grund der Begleitumstände (es sei 11 Jahre nach Erteilung der mittlerweile wieder erloschenen Baubewilligung für ein landwirtschaftliches Wohngebäude auf dem Grundstück die landwirtschaftliche Nutzung nicht aufgenommen worden) der Bedarf nach der Errichtung des Wohnobjektes in Anbetracht des Umfanges der landwirtschaftlichen Tätigkeit mehr als in Zweifel zu ziehen.

Im vorliegenden Fall waren die Gemeindebehörden auch nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu einer Änderung seines Bauvorhabens, die das Vorhaben genehmigungsfähig hätte machen können, aufzufordern. Gemäß der vorgesehenen Freilandwidmung sind nach § 41 TROG 2006 (wie gemäß § 41 Abs. 2 TROG 1997) nur ortsübliche Städel in Holzbauweise, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen, Bienenhäuser in Holzbauweise mit höchstens 20 m2 Nutzfläche sowie Nebengebäude und Nebenanlagen zulässig. In einem Baubewilligungsverfahren kommt die Aufforderung zu einer Modifikation des Bauvorhabens nur dann in Betracht, wenn durch die in Frage stehende Änderung das zu Grunde liegende Bauansuchen in seinem Wesen nicht verändert wird. Eine Änderung des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens zur Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes samt Wohnbereich in ein solches, das gemäß der angeführten Bestimmung des § 41 Abs. 2 TROG 2006 entspräche, würde aber jedenfalls ein wesentlich geändertes und damit ein neues Bauvorhaben bedingen. Eine derartige Aufforderung zur Änderung des Bauvorhabens war im vorliegenden Fall nicht geboten.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Mai 2009

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