VwGH 2008/22/0617

VwGH2008/22/061718.6.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des N, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Niederösterreich vom 7. September 2006, Zl. Fr-764/05, betreffend Rückkehrverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bangladesch, gemäß § 62 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein bis 5. April 2010 befristetes Rückkehrverbot.

Zur Begründung führte sie aus, dass der Beschwerdeführer am 30. Oktober 2004 mit der österreichischen Staatsbürgerin Sabrina W die Ehe geschlossen habe, um sich in einem Verfahren für die Erteilung des Aufenthaltstitels auf die Ehe berufen zu können, beide jedoch kein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK führen würden und er für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet habe. Dies ergebe sich eindeutig aus den niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers und jenen seiner Ehefrau, weil beide das Eingehen einer Ehe lediglich für den Zweck, dass der Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel erhalte, eingestanden hätten. Sabrina W sei nämlich am 5. April 2005 vernommen worden und habe letztlich angegeben, dass es sich bei der Ehe um eine Scheinehe handeln würde. Der Beschwerdeführer sei am gleichen Tag von Gendarmeriebeamten vernommen worden und habe dabei (vorerst) erklärt, dass es sich bei der Ehe mit Sabrina W um keine Scheinehe handeln würde. Einige Stunden später sei er von einem Organwalter der Bezirkshauptmannschaft Baden unter Beiziehung eines Dolmetschers erneut niederschriftlich vernommen und mit dem Vorwurf konfrontiert worden, eine Scheinehe eingegangen zu sein. Dies habe er dann eingestanden.

Dieses Verhalten stelle einen evidenten Rechtsmissbrauch dar und gefährde die öffentliche Ordnung. Bei der Erlassung des Rückkehrverbotes sei § 86 FPG anzuwenden.

Der Beschwerdeführer - so die weitere Bescheidbegründung - sei im August 2002 mit einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck "Ausbildung" eingereist. Diese Aufenthaltserlaubnis sei zweimal verlängert worden. Sein Asylverfahren befinde sich im Stand der Berufung. In Österreich würde noch die Schwester des Beschwerdeführers leben, mit der er aber nicht im gemeinsamen Haushalt wohne. Der Beschwerdeführer gehe seit 22. Dezember 2005 einer Beschäftigung nach.

Die aus der Berufstätigkeit ableitbare Integration werde als geschmälert angesehen, weil der Beschwerdeführer nur auf Grund der Scheinehe mit einer Österreicherin keine Berechtigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zur Ausübung einer Beschäftigung benötigt habe. Trotz der vierjährigen Aufenthaltsdauer in Österreich könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer besonders integriert sei. Er habe durch das Eingehen einer Scheinehe das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften erheblich beeinträchtigt. Unter Abwägung dieser Umstände sei das Rückkehrverbot zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und daher zulässig. Die Auswirkungen des Rückkehrverbotes wögen auf seine Lebenssituation und die seiner Familie nicht schwerer als die Folgen der Abstandnahme von der Erlassung dieser Maßnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten seitens der belangten Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die behördliche Beweiswürdigung versucht der Beschwerdeführer damit zu bekämpfen, dass sowohl er als auch seine Ehefrau nach stundenlangem "Verhör" aus Nervosität im Zuge der Befragung die Fragen teilweise falsch verstanden und missdeutbare Angaben gemacht hätten. In Wahrheit hätte er seine Ehefrau aus Liebe geheiratet und mit ihr zumindest für kurze Zeit im gemeinsamen Haushalt gelebt. Die belangte Behörde hätte etwa auch die Hochzeitsgäste oder ehemaligen Nachbarn des Beschwerdeführers befragen können.

Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Mangelhaftigkeit des behördlichen Verfahrens aufzuzeigen. Die belangte Behörde durfte die Beweiswürdigung auf die Ergebnisse der Vernehmung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau stützen. Die Aussage des Beschwerdeführers erfolgte in einer Amtshandlung vor der Bezirkshauptmannschaft Baden, über die eine Niederschrift nach § 14 AVG aufgenommen wurde. Eine Niederschrift begründet eine widerlegbare gesetzliche Vermutung über den Ablauf der Amtshandlung (Hengstschläger/Leeb, AVG § 15 Rz. 3). Der Ablauf der Amtshandlung wird vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt, er meint lediglich, dass - wie dargelegt - er - genauso wie seine Ehefrau vor der Gendarmerie - die Fragen teilweise falsch verstanden und missdeutbare Angaben gemacht hätte. Diese Behauptung ist nach dem Akteninhalt in keiner Weise nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer sagte nämlich in eindeutiger Weise aus, dass er "eine Österreicherin für eine Ehe suchen würde" und Sabrina W erklärt habe, dass er "um in Österreich bleiben zu können eine Frau heiraten muss". Er sei zu einem Mann gegangen, der "dafür bekannt (ist), dass er Scheinehen vermittelt". Weiters verneinte der Beschwerdeführer eindeutig die Fragen, ob es einen gemeinsamen Haushalt gebe und er je Geschlechtsverkehr mit seiner Frau gehabt habe. Letztlich ersuchte er "um eine milde Strafe". Ebenso eindeutig ist die Aussage der in Österreich geborenen Sabrina W, bei der wohl keine Verständigungsschwierigkeiten bei einer deutschsprachigen Vernehmung anzunehmen sind. Sie sagte in eindeutiger Weise aus, dass die Ehe vermittelt worden sei, indem ein Freund gefragt habe, ob sie einen Mann gegen Bezahlung heiraten möchte. Dieser hätte mehrere Scheinehen vermittelt. Für die Scheinehe seien ihr insgesamt EUR 5.000,-- versprochen worden, bis dato habe sie EUR 3.000,-- erhalten.

Ausgehend von den in einem mängelfreien Verfahren getroffenen Feststellungen der belangten Behörde ist ihre Rechtsansicht nicht zu beanstanden, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG erfüllt sei.

Gemäß § 62 Abs. 1 FPG kann gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 62 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinn des Abs. 1 insbesondere jene des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 5, 8 bis 10 und 12 bis 14 FPG. Da auf den Beschwerdeführer als Ehemann einer Österreicherin die Bestimmung des § 86 FPG für begünstigte Drittstaatsangehörige anzuwenden ist, müssen die dort genannten Voraussetzungen auch bei der Erlassung eines Rückkehrverbotes gegeben sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Februar 2008, 2007/21/0442).

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt (unter anderem auch in dem bereits erwähnten Erkenntnis) ausgesprochen, dass der Abschluss einer Aufenthaltsehe eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Somit durfte die belangte Behörde mit einem Rückkehrverbot gegen den Beschwerdeführer vorgehen.

Entgegen der Beschwerdemeinung hat die belangte Behörde dieses Rückkehrverbot auch zu Recht als dringend geboten und zulässig nach § 66 iVm § 62 Abs. 3 FPG gewertet. Auch wenn der Beschwerdeführer - wie behauptet - engen Kontakt zu den Kindern seiner Schwester und zu seinem Cousin pflege sowie mit seiner Schwester in regelmäßigem persönlichen Kontakt stehe und zu seinem Schwager ein "besonders enges Verhältnis" habe, ist seine auf einen vierjährigen Aufenthalt in Österreich gegründete Integration nicht so gewichtig, dass sie das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Aufenthaltsehen überwiegen würde. Hinsichtlich der Berufstätigkeit hat die belangte Behörde bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass diese dem Beschwerdeführer nur auf Grund seiner Aufenthaltsehe möglich war.

Nicht nachvollziehbar ist die Beschwerdebehauptung, dass sich der Beschwerdeführer schon vor seiner Eheschließung rechtmäßig als begünstigter Drittstaatsangehöriger in Österreich aufgehalten hätte, weil seine Schwester bereits die österreichische Staatsbürgerschaft habe. Eine Geschwistereigenschaft begründet nämlich nicht die Stellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger nach § 2 Abs. 4 Z 11 FPG.

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die beantragte Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG unterbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 18. Juni 2009

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