VwGH 2008/22/0598

VwGH2008/22/05983.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des ED, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 12. Juli 2006, Zl. 2 FR 334/2002, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 23. August 2002 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen albanischen Staatsangehörigen, im Instanzenzug gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 Z 1 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot. Dieser Maßnahme legte sie zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 27. Dezember 1990 illegal eingereist sei; sein Asylantrag sei rechtskräftig abgewiesen worden. Auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung habe er befristete Aufenthaltstitel erhalten. Er lebe in Österreich mit seiner albanischen Ehefrau, mit der er zwei minderjährige Kinder habe.

Der Beschwerdeführer habe in seiner Grazer Wohnung Suchtgift - aus Albanien in übergroßer Menge beschafft - deponiert und portioniert, neu verpackt und für den Weiterverkauf vorbereitet. Über Vermittlung seiner Schwester habe er mit einem libanesischen Staatsangehörigen bezüglich des Weiterverkaufs von 30 kg Cannabisharz Verhandlungen aufgenommen. Am 14. Dezember 2000 sei er mit seinem Pkw nach F (Bundesrepublik Deutschland) gefahren, um die genannte Menge von 30 kg Cannabisharz an den erwähnten libanesischen Staatsangehörigen zu verkaufen. Am 15. Dezember 2000 sei er in einem Hotel verhaftet worden. Am selben Tag hätten in seiner Grazer Wohnung in einem versperrten Kellerabteil 16.217,8 g Cannabisharz und ca. 500 ml Cannabiskonzentrat sichergestellt werden können. Wegen "Einfuhr in Tateinheit mit unerlaubtem Handeln mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" sei er mit Urteil des Landgerichtes Flensburg vom 5. Juni 2001 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden.

Die belangte Behörde erachtete den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG als erfüllt - gemäß § 73 StGB entspreche die Straftat einem Verbrechen nach dem SMG - und das Verhalten des Beschwerdeführers als erhebliche und nicht zu tolerierende Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Im Blick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei das Aufenthaltsverbot zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Gesundheit im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten. Die soziale Integration des Beschwerdeführers im Inland sei unter Zugrundelegung der von ihm begangenen Straftat als erheblich beeinträchtigt zu beurteilen, handle es sich doch bei der Suchtgiftkriminalität um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität, bei der die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß sei. Dem öffentlichen Interesse am Aufenthaltsverbot sei somit ein unverhältnismäßig größeres Gewicht beizumessen als dem Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Wegen der bei Suchtgiftdelikten bestehenden großen Wiederholungsgefahr sei der Wegfall der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet nicht vorhersehbar.

Mit Erkenntnis vom 19. November 2002, 2002/21/0182, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde als unbegründet ab.

Mit dem nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des genannten Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 Abs. 1 und § 125 Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass das Aufenthaltsverbot bis dato nicht habe durchgesetzt werden können, weil der Beschwerdeführer am 2. April 2003 neuerlich einen Asylantrag gestellt habe und sich dieses Verfahren im Stadium der Berufung befinde. Der seit Begehung der Straftaten verstrichene Zeitraum sei noch zu kurz, um den Wegfall der Gefährdung rechtfertigen zu können. Durch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten privaten und familiären Umstände (Ehegemeinschaft und nunmehr drei minderjährige Kinder) sei keine wesentliche Stärkung seiner persönlichen Interessen im Lichte des § 66 Abs. 1 FPG eingetreten, weil der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Geburt seines dritten Kindes nicht mit der baldigen Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes habe rechnen dürfen. Eine allfällige Unterhaltspflicht könne auch vom Ausland her wahrgenommen werden. Die von ihm behauptete wirtschaftliche Notwendigkeit seines Aufenthaltes in Österreich und seine "wirtschaftlichen und allgemeinen Bindungen zu Österreich" seien bereits bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes berücksichtigt worden. Da sich die maßgebenden Umstände für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes seither keinesfalls erkennbar und nachvollziehbar geändert hätten und somit der seinerzeitige Grund für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht weggefallen sei, sei die ursprüngliche Prognose im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG weiterhin aufrecht zu halten. Das Aufenthaltsverbot sei nach wie vor erforderlich, um die vom Beschwerdeführer ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet hintanzuhalten. Die privaten, wirtschaftlichen, beruflichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers hätten sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes keinesfalls in rechtserheblicher Weise zu seinen Gunsten geändert, sodass von einem nach wie vor bestehenden erheblichen Gewicht der für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen ausgegangen werden müsse. Der Zeitablauf von nur vier Jahren könne nicht zu einer Aufhebung des auf unbestimmte Zeit festgesetzten Aufenthaltsverbotes führen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen:

Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist das Aufenthaltsverbot oder das Rückkehrverbot - als solches gilt seit 1. Jänner 2006 das erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 125 Abs. 3 2. Satz FPG weiter -

auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach der hg. Judikatur kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden kann, ist für den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über den Aufhebungsantrag zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wegen einer Änderung der Umstände zu Gunsten des Fremden weggefallen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2008, 2008/22/0629).

Hinsichtlich der Gefährdungsprognose verweist die Beschwerde darauf, dass es sich um die "erste strafbare Tat" des Beschwerdeführers gehandelt habe und er sein strafrechtliches Verhalten "zutiefst bereue".

Angesichts der Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität (vgl. das den Beschwerdeführer betreffende bereits zitierte hg. Erkenntnis 2002/21/0182) ist es jedoch nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde den seit Begehung der Straftat bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichenen Zeitraum von weniger als sechs Jahren als nicht ausreichend erachtet hat, um einen Entfall der Gefährdungsprognose annehmen zu können.

Der belangten Behörde ist auch darin Recht zu geben, dass sich die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers nicht in einem solchen Ausmaß geändert hätten, dass nunmehr die Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausfallen müsste. Auch wenn seit rechtskräftiger Erlassung des Aufenthaltsverbotsbescheides ein drittes Kind des Beschwerdeführers geboren wurde, steht immer noch das große öffentliche Interesse an der Unterbindung derartiger Straftaten dem familiären Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet entgegen, zumal - worauf im bereits zitierten Erkenntnis vom 19. November 2002 bereits hingewiesen wurde - der Beschwerdeführer in Graz ein Depot mit einer übergroßen Menge Suchtmittel angelegt hat, um dieses neu zu verpacken und für den Weiterverkauf vorzubereiten.

Die in der Beschwerde angesprochene allfällige Trennung von seinen Kindern hat der Beschwerdeführer im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen. Von einer in der Beschwerde erwähnten antizipierenden Beweiswürdigung kann vorliegend keine Rede sein, weiters wurde weder ein Verfahrensmangel konkret aufgezeigt noch die Relevanz eines solchen dargelegt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die beantragte Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG unterbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht - im angesprochenen Umfang - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 3. April 2009

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