VwGH 2008/21/0570

VwGH2008/21/057022.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Bernhard Steindl, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 47, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. Juni 2008, Zl. St- 129/08, betreffend Versagung eines Konventionsreisepasses, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §92 Abs1 Z3;
FrPolG 2005 §94 Abs1;
FrPolG 2005 §94 Abs5;
FrPolG 2005 §92 Abs1 Z3;
FrPolG 2005 §94 Abs1;
FrPolG 2005 §94 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 25. September 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag erfolglos die Gewährung von Asyl (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 23. April 2009, Zl. 2006/20/0637, auf Ablehnung der Beschwerde, der am 8. November 2006 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war).

Am 4. Mai 2005 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien rechtskräftig wegen der Vergehen nach § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 (erster Fall) SMG und § 15 StGB zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe (davon sechs Monate bedingt nachgesehen) verurteilt. Er habe am 27. März 2005 in Wien einer anderen Person eine Kugel Kokain um EUR 20,-- verkauft sowie weitere 18 Kugeln Heroin (10,25 g brutto) und 14 Kugeln Kokain (8,3 g brutto) zum unmittelbaren Verkauf bereitgehalten. Zudem habe er zwischen 21. und 27. März 2005 zumindest drei weitere Kugeln Kokain an unbekannte Abnehmer verkauft.

Darauf gegründet wurde über den Beschwerdeführer mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 2. Februar 2007 gemäß § 62 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG ein auf zehn Jahre befristetes Rückkehrverbot erlassen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/18/0127, dem die weiteren Einzelheiten des Verfahrens entnommen werden können, als unbegründet ab.

Mit Bescheid vom 7. Jänner 2008 gab das Bundesasylamt einem weiteren Antrag des Beschwerdeführers vom 20. Dezember 2007 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 Asylgesetz 2005 statt, erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten zu und stellte gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. fest, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

Am 11. Jänner 2008 beantragte der Beschwerdeführer daraufhin die Ausstellung eines Konventionsreisepasses mit Gültigkeit bis zum 10. Jänner 2010.

Mit Bescheid vom 28. Mai 2005 wies die Bundespolizeidirektion Linz diesen Antrag gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z. 3 und 5 FPG ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Juni 2008 gab die belangte Behörde (Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich) einer dagegen erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 94 und § 92 Abs. 1 Z. 3 und 5 FPG keine Folge und bestätigte somit die Versagung des beantragten Konventionsreisepasses.

Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und auszugsweiser Zitierung der genannten Bestimmungen führte sie begründend aus, bei Österreich handle es sich um kein klassisches Anbaugebiet für Suchtmittel. Der "inländische Suchtmittelmarkt" sei daher zwangsläufig von Importen bzw. der Einfuhr von Suchtmitteln abhängig. Dieser Umstand in Verbindung mit der Tatsache, dass die Suchtmittelkriminalität von hoher Wiederholungsgefahr gekennzeichnet sei, mache deutlich, dass auch beim Beschwerdeführer die Gefahr augenscheinlich sei, er könnte den Konventionsreisepass zur illegalen Einfuhr von Suchtmitteln verwenden. Damit liege der Versagungsgrund des § 92 Abs. 1 Z. 3 FPG vor. Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 92 Abs. 1 Z. 5 FPG ließ die belangte Behörde dahingestellt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Dem Beschwerdeführer kommt infolge des rechtskräftigen Bescheides des Bundesasylamtes vom 7. Jänner 2008 der Status eines Asylberechtigten zu, sodass ihm gemäß § 94 Abs. 1 FPG grundsätzlich auf Antrag ein Konventionsreisepass auszustellen ist. Allerdings gelten gemäß § 94 Abs. 5 letzter Halbsatz FPG der § 88 Abs. 3 sowie die §§ 89 bis 93 FPG.

Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 FPG ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benutzen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.

In der Beschwerde bleibt unbestritten, dass der Beschwerdeführer die einleitend beschriebenen, im angefochtenen Bescheid festgestellten Straftaten begangen hat und dass er deshalb in der dargestellten Weise verurteilt wurde. Im Hinblick auf dieses gravierende, eine Weitergabe von Heroin und Kokain betreffende Gesamtfehlverhalten kann es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, die festgestellten Tatsachen rechtfertigen die Annahme des § 92 Abs. 1 Z. 3 FPG, der Beschwerdeführer werde den Konventionsreisepass dazu benutzen, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.

Dem Vorbringen der Beschwerde zum Zeitablauf seit den erwähnten Straftaten ist zu entgegnen, dass bei Suchtmitteldelikten die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß ist. Der seither verstrichene Zeitraum von rund drei Jahren und drei Monaten bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides reicht somit nicht aus, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr der Begehung weiterer ähnlicher Delikte als weggefallen oder erheblich gemindert ansehen zu können (vgl. etwa das zur insoweit ähnlichen Rechtslage nach dem FrG ergangene hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2003/18/0155, mwN).

Auch hat die belangte Behörde zutreffend die Erfahrungstatsache hervorgehoben, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist. Der Besitz eines Reisedokumentes würde einen (weiteren) Handel mit Suchtgift somit jedenfalls erleichtern (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 2. April 2009, Zl. 2009/18/0095, und vom 4. Juni 2009, Zl. 2006/18/0204).

Bei ihrer Argumentation, dass eine Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet im Hinblick auf das Rückkehrverbot unwahrscheinlich sei, übersieht die Beschwerde, dass dieses als Folge des zitierten Bescheides vom 7. Jänner 2008 gemäß § 65 Abs. 2 FPG außer Kraft getreten ist. Die Unmöglichkeit, die eigene Identität (im Bundesgebiet) durch einen Konventionsreisepass nachweisen zu können, ist bei Vorliegen eines Versagungsgrundes in Kauf zu nehmen.

Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus jahrelanges Wohlverhalten, das er bereits im erwähnten Verfahren betreffend die Erlassung des Rückkehrverbotes gelobt hatte, behauptet, ist dem zu entgegnen, dass er nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten mit weiterem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. Dezember 2007 gemäß § 223 Abs. 2 und § 224 StGB wegen Vorlage eines verfälschten nigerianischen Reisepasses (im Juni 2007) zu einer fünfmonatigen, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Es kann daher weder von einem nur einmaligen Fehlverhalten des Beschwerdeführers noch davon die Rede sein, dass er sich seit März 2005 stets an die in Österreich geltenden Vorschriften gehalten hätte.

Weiters führt der Beschwerdeführer ins Treffen, bei seiner Freundin zu leben, mit der er einen wenige Monate alten gemeinsamen Sohn habe. Er übe "für eine gewisse Stundenzahl" eine unselbständige Beschäftigung aus, die er künftig auszuweiten beabsichtige. Auch habe er einen Deutschkurs absolviert und sei daher insgesamt als integriert anzusehen.

Diese Ausführungen können jedoch schon deshalb nicht erfolgreich sein, weil bei der Versagung eines Konventionsreisepasses auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen ist (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2009, Zl. 2006/18/0204, mwN).

Schließlich rügt die Beschwerde, dass die belangte Behörde keine mündliche Berufungsverhandlung abgehalten und sich daher keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschafft habe. Darüber hinaus habe sie ihn nicht zur Erstattung entsprechenden Vorbringens angeleitet und sei generell ihren Ermittlungspflichten nicht ausreichend nachgekommen.

Damit wird jedoch schon deshalb kein wesentlicher Verfahrensmangel aufgezeigt, weil die Beschwerde nicht ausführt, welche Angaben der Beschwerdeführer bei einer solchen Vernehmung gemacht hätte und welche konkreten Feststellungen insgesamt nach einer allfälligen Verbreiterung des Ermittlungsverfahrens zu treffen gewesen wären. Die Beschwerde hat somit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargestellt (vgl. neuerlich etwa das hg. Erkenntnis vom 2. April 2009, Zl. 2009/18/0095).

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 22. Oktober 2009

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