VwGH 2008/21/0285

VwGH2008/21/028530.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des T, vertreten durch Dr. Klaus Kocher und Mag. Wilfried Bucher, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sackstraße 36, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 16. Jänner 2008, Zl. 2 F 555/2-2007, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §31 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §31 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.

Zur Begründung führte sie aus, der Beschwerdeführer sei am 29. August 2002 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe am Tag darauf die Gewährung von Asyl beantragt. Über diesen Antrag sei gemäß § 7 AsylG "rechtskräftig negativ entschieden" worden. Gleichzeitig sei gemäß § 8 AsylG festgestellt worden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei zulässig sei. Die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei mit Beschluss vom 3. Mai 2007 (Zl. 2007/01/0508) abgelehnt worden.

Seit Abschluss dieses Asylverfahrens halte sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil er über keinen Aufenthaltstitel verfüge. Den für den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde diese öffentliche Ordnung in hohem Maße, sodass die Ausweisung zu ihrer Wahrung dringend geboten sei.

Auf Grund des mehrjährigen Aufenthaltes des - allerdings nicht berufstätigen - Beschwerdeführers, dessen Bruder und Schwester sowie deren Tochter ebenfalls in Österreich lebten, bewirke die Maßnahme einen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Dazu komme, dass er zum christlichen Glauben übergewechselt sei und sowohl von der kirchlichen Gemeinde, als auch von seinem Bruder und von Freunden unterstützt werde. Andererseits sei jedoch zu berücksichtigen, dass "die Kernfamilie" des Beschwerdeführers, nämlich seine Mutter und sieben weitere Geschwister, nach wie vor in der Türkei lebten. Auch würden seine persönlichen Interessen erheblich dadurch relativiert, dass sein Aufenthalt auf einen Asylantrag zurückzuführen gewesen sei, der sich letztlich als unbegründet erwiesen habe.

Angesichts des hohen öffentlichen Interesses an der wirksamen Bekämpfung der illegalen Zuwanderung Fremder, die nach rechtskräftigem Abschluss ihrer Asylverfahren unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben, sei die Ausweisung iSd § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten. Die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich seien - unter Abwägung der dargestellten Gesichtspunkte - nicht so stark ausgeprägt, dass sie schwerer zu gewichten wären als das besagte öffentliche Interesse. Die Abwägung der gegenläufigen Interessen, wobei auch die Unbescholtenheit nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausschlagen könne, ergebe somit die Zulässigkeit seiner Ausweisung. Gründe, aus denen das der Behörde eingeräumte Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers zu üben gewesen wäre, seien nicht ersichtlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. In der Beschwerde wird zugestanden, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig beendet ist. Der Beschwerde ist auch keine Behauptung zu entnehmen, dass eine der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 FPG - insbesondere die Erteilung eines Aufenthaltstitels - beim Beschwerdeführer vorläge. Es bestehen somit keine Bedenken gegen die behördliche Annahme, der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG sei im vorliegenden Fall verwirklicht.

Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn diese Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Unter Berücksichtigung des Aufenthaltes von rund fünfeinhalb Jahren im Bundesgebiet, des Wechsels zum - durch Teilnahme am Gemeindeleben praktizierten - christlichen Glauben sowie der erwähnten familiären und sozialen Kontakte ist die belangte Behörde jedoch ohnedies von einem erheblichen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ausgegangen. Soweit er der belangten Behörde in diesem Zusammenhang vorwirft, Ermittlungen zu seiner Teilnahme am sozialen Leben, Beziehungen zu Freunden und dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache unterlassen zu haben, bleibt die Beschwerde ausreichende Konkretisierungen schuldig, um die Relevanz insoweit behaupteter Ermittlungsmängel darzutun. Dies gilt im Umfang des Erwerbs deutscher Sprachkenntnisse umso mehr, als noch bei der am 11. September 2007 erfolgten Einvernahme des Beschwerdeführers im vorliegenden Verfahren die Beiziehung eines Dolmetschers aktenkundig ist.

Entgegen dem in der Beschwerde erhobenen Vorwurf hat die belangte Behörde auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zutreffend als neutral bewertet.

Soweit die Beschwerde nunmehr geltend macht, die Kontakte zu seinen Familienangehörigen in der Türkei bestünden nicht mehr, wird nicht konkret aufgezeigt, aus welchen Gründen diese nicht wieder herstellbar sein sollten. Unbestritten geblieben ist hingegen, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet keine berufliche Integration - samt damit verbundener Selbsterhaltungsfähigkeit - erlangt hat.

In Bezug auf das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich durch eine illegale Einreise begonnen wurde und in der Folge nur so lange rechtmäßig war, als er auf einem Asylantrag beruhte, der sich letztlich als unbegründet erwiesen hat. Die belangte Behörde ist daher insoweit im Recht, als sie im Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere im unrechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet nach Abschluss des Asylverfahrens, eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen gesehen hat. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zu, dem im vorliegenden Fall ein nicht besonders ausgeprägtes privates Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich gegenübersteht. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde seine Ausweisung iSd § 66 Abs. 1 FPG - entgegen der Beschwerdemeinung mit ausreichend nachvollziehbarer Begründung - für dringend geboten erachtete (vgl. zum Ganzen zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2009, Zl. 2008/21/0655, mwN).

In der Beschwerde werden schließlich auch keine Gründe aufgezeigt, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 30. April 2009

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