VwGH 2008/21/0184

VwGH2008/21/018417.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 22. Februar 2008, Zl. Fr-501/1/07, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
EMRK Art8;
NAG 2005 §30 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
EMRK Art8;
NAG 2005 §30 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen aus dem Kosovo stammenden ehemals serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 54 Abs. 1 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.

Zur Begründung dieser Maßnahme verwies sie darauf, dass der Beschwerdeführer am 26. März 2004 in das Bundesgebiet eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe, der mit erstinstanzlichem Bescheid vom 5. August 2004 abgewiesen worden sei. Zugleich sei seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Kosovo für zulässig erklärt worden und er sei in diesen Herkunftsstaat ausgewiesen worden. Eine dagegen erhobene Berufung habe der 1969 geborene Beschwerdeführer zurückgezogen, nachdem er am 10. Dezember 2005 die 1946 geborene österreichische Staatsbürgerin C., die ihr gemeinschaftsrechtlich begründetes Recht auf Freizügigkeit unstrittig nicht in Anspruch genommen habe, geheiratet habe.

Am 28. Dezember 2005 sei dem Beschwerdeführer deshalb über seinen Antrag eine Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Österreich, § 49 Abs. 1 FrG", befristet bis zum 27. Dezember 2006, erteilt worden. Am 21. Dezember 2006 habe er einen gleichartigen Verlängerungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gestellt. Darin habe er sich u.a. fälschlich auf ein aufrechtes und intaktes Familienleben mit seiner österreichischen Ehefrau C. berufen, obwohl ein solches zumindest seit dem 15. Jänner 2006 nicht mehr bestanden habe. Darüber hinaus sei vor dem Bezirksgericht Thalgau bereits damals ein von C. eingeleitetes Scheidungsverfahren anhängig gewesen, in dem Ruhen des Verfahrens eingetreten sei.

Durch die Vorspiegelung einer Familiengemeinschaft iS von Art. 8 EMRK habe der Beschwerdeführer die Bestimmung des § 30 Abs. 1 NAG verletzt, die normiere, dass sich Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben nicht führten, für die Beibehaltung eines Aufenthaltstitels nicht auf die Ehe berufen dürften. Durch diese Täuschungshandlung sei die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gravierend beeinträchtigt. Es liege ein Versagungsgrund für die Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels iSd § 30 Abs. 1 NAG vor.

Die vom Beschwerdeführer geforderte Anwendung des § 27 Abs. 3 (iVm § 47 Abs. 5) NAG komme nicht in Betracht, weil die mit C. bestehende Ehe nach wie vor aufrecht sei. C. sei nicht verstorben, auch lägen keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe (im Sinne des § 27 Abs. 3 Z. 3 NAG) vor.

In Österreich seien - von C. abgesehen - keine Bekannten, Verwandten oder Kinder des Beschwerdeführers aktenkundig. Wenn sich der Beschwerdeführer auch rund vier Jahre lang im Bundesgebiet aufgehalten habe und zeitweilig einer Beschäftigung nachgegangen sei, habe eine berufliche Integration auf Grund der letztlich nicht regelmäßig ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht erfolgen können.

Den insgesamt keinesfalls ausgeprägten Interessen des Beschwerdeführers stehe das große öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Bei Abwägung dieser Interessenlage gelangte die belangte Behörde zur Ansicht, dass die Auswirkungen der Ausweisung auf die private Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die öffentlichen Interessen an der Erlassung dieser Maßnahme. Auch seien keine besonderen zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zukommenden Ermessens Abstand zu nehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 54 Abs. 1 FPG können Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre (Z. 1), oder wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht (Z. 2).

§ 30 Abs. 1 NAG ordnet an, dass Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben iSd Art. 8 EMRK nicht führen, sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen dürfen. Von daher kann das Berufen auf eine Ehe zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK nicht geführt wurde, einen Versagungsgrund darstellen, sodass grundsätzlich der Ausweisungstatbestand (richtig) des § 54 Abs. 1 Z. 2 erfüllt sein kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2006/21/0249, mwN).

Fallbezogen weist der Beschwerdeführer jedoch zutreffend darauf hin, dass die belangte Behörde den die Begründung ihres Bescheides allein tragenden Täuschungsvorwurf aktenwidrig festgestellt hat. Tatsächlich hat nämlich der - anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer schon in seinem Antrag vom 21. Dezember 2006 die bereits erfolgte Trennung von C. und das anhängige Ehescheidungsverfahren im Einzelnen detailliert dargestellt. Dazu kommt, wie sich aus einem der Beschwerde beigelegten rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes Thalgau vom 24. Jänner 2008 ergibt, dass die Ehe mit C. bei Erlassung des angefochtenen Bescheides - entgegen den Annahmen der belangten Behörde im Rahmen ihrer Argumentation mit § 27 Abs. 3 NAG - bereits durch das erwähnte Scheidungsurteil aufgelöst war.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb, ohne dass auf das weitere (durch die Ehescheidung im Übrigen in wesentlichen Teilen überholte) Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 17. März 2009

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