VwGH 2008/16/0084

VwGH2008/16/00845.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, über die Beschwerde des Österreichischen Rundfunks in Wien, vertreten durch die Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft, 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 30. Mai 2008, GZ. RV/1119-W/05, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1090;
ABGB §1165;
ABGB §1166;
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1;
GebG 1957 §33 TP5;
ABGB §1090;
ABGB §1165;
ABGB §1166;
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1;
GebG 1957 §33 TP5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer schloss (datiert mit 6. Juli bzw. 20. Juli 2000) mit der ASFINAG einen schriftlichen Vertrag, der auszugsweise folgenden Inhalt hat:

"I. Präämbel

Die ASFINAG ist gemäß Artikel 1 des Infrastrukturfinanzierunggesetzes, BGBl. I Nr. 113/97 Fruchtgenussberechtigte und Betreiberin von Tunnelantennensystemen, kurz 'Anlagen' genannt, an sämtlichen Autobahnen- und Schnellstraßen-Tunnel in Österreich. Über diese Anlagen werden verschiedene Funkkanäle (Feuerwehr, Rettung, etc.) und Rundfunkprogramme innerhalb der Tunnel abgestrahlt. II. Vertragsgegenstand

Gegenstand dieses Vertrages ist die Benutzung der in der Anlage 1 angeführten Tunnelantennensysteme an Autobahnen und Schnellstraßen innerhalb Österreichs zum Zwecke der Abstrahlung des Hörfunkprogrammes Österreich 2, kurz 'Ö2' genannt, sofern derzeit die technischen Voraussetzungen dafür vorliegen. Anlage 1 ist Bestandteil dieser Vereinbarung. Folglich steht allen Autobahnen- und Schnellstraßenbenützern in Österreich das Hörfunkprogramm Ö2 in vertragsgegenständlichen Tunnel gleichzeitig, vollständig und unverändert (Integralprinzip) zur Verfügung.

III. Pflichten und Haftungen

1. Die ASFINAG wird bemüht sein, die Anlagen in betriebsfähigem Zustand zu halten und zu erhalten. Die Anlagen und die technischen Voraussetzungen zur Abstrahlung von Hörfunkprogrammen (z.B. strahlende Leitungen innerhalb der Tunnel) sind gegeben und die Benutzerin hat sich bei der Installation ihrer Sendeanlage und bei der Abstrahlung ihres Programmes diesen anzupassen. Die laufende Instandsetzung und Instandhaltung beinhaltet nicht Anlagen, welche auf Kosten der Benutzerin errichtet wurden.

2. Wird der Betrieb einer Anlage durch ein Ereignis unterbrochen, deren Ursache nachweislich in der Sphäre der ASFINAG liegt, ist für die Dauer der Unterbrechung keine Betriebsgebühr fällig.

3. Die Zubringung des Programmes Ö2 vom Freiland und die Aufschaltung auf die Anlagen sowie die Möglichkeit des Einsprechens für Durchsagen durch die Tunnelwarten hat auf Kosten der Benutzerin zu erfolgen.

4. Die Übergabestelle ist das Koppelfeld in den Tunnelwarten bzw. Tunnelnischen oder Tunnelportalen. Die Installation und Montage der technischen Geräte sowie der erforderlichen Antennenanlage erfolgt ausschließlich in Abstimmung mit dem jeweiligen zuständigen Straßenerhalter (ÖSAG, ASG, Landesregierung). Dem Straßenerhalter sind Planunterlagen zu übergeben, aus denen Art, Größe und Lage von der Benutzerin installierter Sendeeinrichtungen klar ersichtlich sind.

5. Die Benutzerin verpflichtet sich, ihre Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass keine Störungen am Betrieb der Tunnel, den anderen installierten Rundfunkprogrammen und sonstigen Funkanlagen auftreten. Die ASFINAG trägt ihrerseits dafür Sorge, dass das Programm Ö2 nicht durch nachträglich installierte Programme gestört wird. Die Benutzerin ist jedenfalls nicht verpflichtet, das Ö2-Signal zugunsten nachfolgend installierter Programme zu verändern.

6. Die Benutzerin haftet für alle mittelbaren und unmittelbaren Schäden, die der ASFINAG ihren Vertretern oder Dritten durch die Installation und Montage sowie den Betrieb, Erhaltung, Erneuerung oder Beseitigung der Anlage entstehen, soweit diese grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt wurde.

7. Die ASFINAG haftet nicht für Schäden an der Anlage der Benutzerin, soweit diese durch Bestand und Betrieb vertragsgegenständlicher Tunnel oder durch ordnungsgemäße Schalthandlungen an der Anlage entstehen.

8. Die ASFINAG kann jederzeit eine Änderung von der Benutzerin hergestellter Anlagen verlangen, falls diese wegen einer Umgestaltung der Autobahn oder Schnellstraße, aus sonstigen Verkehrsrücksichten oder aus Gründen der Verbesserung oder Erneuerung der Anlagen durch den Straßenerhalter notwendig wird. Die Kosten dieser Abänderung gehen zu Lasten der Benutzerin.

9. Die Benutzerin erklärt rundfunkrechtlich zur Abstrahlung des Programmes Ö2 in vertragsgegenständlichen Tunnel berechtigt zu sein. Die ASFINAG erteilt dem ORF eine Vollmacht sämtliche sonstigen Bewilligungen, insbesondere die fernmelderechtliche Bewilligung für die Errichtung und Montage der technischen Einrichtungen zu beantragen.

10. Die Benutzerin verpflichtet sich bei der Durchführung von Bauarbeiten sowie während des Betriebes der Anlagen auf sämtliche einschlägige Rechtsvorschriften, insbesondere jene der Straßenverkehrsordnung, des Bundesstraßengesetzes und der Bauordnung Rücksicht zu nehmen, ihre Anlage entsprechend der gültigen technischen sowie auch der Sicherheit dienenden Vorschriften (OVE, VDE, SNT usw.) zu installieren und zu betreiben und wird die ASFINAG, sich aus der Verletzung dieser Vorschriften ergebenden Forderungen Dritter schad- und klaglos halten.

11. Sie haftet für den Betrieb ihrer Anlage und trägt in jeder Hinsicht alleine das Betriebsrisiko.

12. Die Anlagen der Benutzerin sind dergestalt herzustellen, zu erhalten und zu betreuen, dass hierdurch weder der Straßenbestand noch der Verkehr auf der Straße beeinträchtigt werden. Allen diesbezüglichen Anordnungen des jeweiligen Straßenerhalters ist unverzüglich nachzukommen.

13. Sollten bei der Errichtung von Anlagen der Benutzerin Maßnahmen zur Sicherung des Verkehrs erforderlich sein, ist damit der jeweilige Straßenerhalter zu beauftragen. Die Kosten dafür trägt die Benutzerin.

14. Kosten für einen eventuellen Mehraufwand durch die Sendeanlage der Benutzerin im Bereich der baulichen Herstellung an der Straße, als auch im Bereich der betrieblichen Erhaltung trägt die Benutzerin.

IV. Umfang der Abstrahlung

1. Die ASFINAG wird von technischen Störungen ihrer Anlage abgesehen, das Hörfunkprogramm Ö2, wie Punkt 2 beschrieben, übernehmen und über die Anlagen abstrahlen.

2. Im Interesse der Verkehrssicherheit ist es der ASFINAG oder ihren Vertretern gestattet, in Notfällen oder bei besonderen Ereignissen, abgehend vom vereinbarten Integralprinzip, das Hörfunkprogramm Ö2 zum Zwecke von Durchsagen an die Verkehrsteilnehmer in vertragsgegenständlichen Tunnel zu unterbrechen. Regelmäßig wiederkehrende allgemeine Durchsagen ohne Bezug auf konkrete Notfälle oder besondere Ereignisse sind jedenfalls ausgeschlossen.

3. Die Benutzerin wird die Frequenzen so einsetzen, dass aus empfangstechnischen Gründen ein Umstimmen des Autoradios in den Fahrzeugen der Verkehrsteilnehmer im Einfahrtsbereich der Tunnel nicht erforderlich ist.

4. Vor- und nach Inbetriebnahme der Anlage sind Feldstärkenmessungen gemeinsam mit der ASFINAG oder ihren Vertretern durchzuführen, diese Kosten trägt die Benutzerin zur Gänze. Sonstige Kontrollmessungen sind nach Forderung durch einen der beiden Vertragspartner gemeinsam vorzunehmen. Sollte dabei eine Störung der Abstrahlung festgestellt werden, trägt die Kosten der Verursacher der Störung, ansonsten derjenige, der die Kontrollmessung gefordert hat.

V. Entgelt

1. Für die Einräumung der Rechte im Sinne des Punktes 2 dieses Vertrages verpflichtet sich die Benutzerin an die Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen AG (ÖSAG), Alpenstraße 94, A-5020 Salzburg, als bevollmächtigte Vertreterin der ASFINAG gemäß nachstehendem Tarifmodell zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer beginnend mit der tatsächlichen Abstrahlung des Programms Ö2 für das Jahr 2000 aliquot, auf das Konto bei der Landeshypothekenbank der Steiermark, Konto Nr. 20141600002, BLZ 56000, zu überweisen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 33 TP 5 GebG unterwirft Bestandverträge einer Rechtsgebühr und lautet auszugsweise:

"(1) Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert

  1. 1. im allgemeinen 1v.H.;
  2. 2. ..."

    Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes werden durch die TP 5 des § 33 GebG von der Gebührenpflicht nicht nur die sog. "lupenreinen" Bestandverträge iSd § 1090 ABGB erfasst, sondern auch Verträge, die sich ihrem Wesen nach als eine Art Bestandvertrag darstellen; das heißt Verträge, die zwar von den Regeln der §§ 1090 ff ABGB abweichen, die aber auf Grund von für Bestandverträge charakteristischen Merkmalen noch als Bestandverträge im weiteren Sinn anzusprechen sind (vgl. dazu die bei Fellner, MGA Stempel- und Rechtsgebühren8 unter E 25 Abs. 1 und E 31 zu § 33 TP 5 GebG referierte hg. Rechtsprechung).

    Der Gesetzgeber hat nicht nur Bestandverträge, sondern auch sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, mit ausdrücklicher Ausnahme der Werknutzungs-, Patent-, Marken- und Musterlizenzverträge, der Gebührenpflicht unterworfen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dabei wiederholt dargetan, dass von den Regeln des ABGB abweichende Abreden der Gebührenpflicht einer über ein Rechtsgeschäft iSd TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG errichteten Urkunde nicht entgegenstehen, wenn sowohl der Vertragsgegenstand als auch die Vertragsdauer und der Preis bestimmt sind (siehe dazu die bei Fellner aaO unter E 26 zu § 33 TP 5 GebG referierte hg. Rechtsprechung).

    Für einen Werkvertrag (gem. §§ 1165 ff ABGB) ist nach herrschender Lehre und Judikatur wesentlich, dass sich der Werkunternehmer gegenüber dem Werkbesteller gegen Entgelt zur selbständigen Erbringung eines bestimmten faktischen Erfolges verpflichtet (vgl. Krejci in Rummel ABGB I3 Rz 4 und 9 zu §§ 1165, 1166 ABGB uva).

    Den weitwendigen Ausführungen in der Beschwerde und in der Replik des Beschwerdeführers auf die Gegenschrift der belangten Behörde ist entgegenzuhalten, dass im vorliegenden Fall mit Rücksicht insbesondere auf folgende Vertragspunkte nicht von einem Werkvertrags sondern von einem Bestandvertrag auszugehen ist:

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