VwGH 2008/12/0235

VwGH2008/12/023516.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der G T in O, vertreten durch Dr. Walter Riedl, dieser vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 6. November 2008, Zl. BMJ-6000323/0003-StV/2008, betreffend (Nichtgebührlichkeit einer) pauschalierte(n) Mehrleistungszulage nach § 15 iVm § 18 GehG und Übergenuss an Mehrleistungszulage, zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §15 Abs2;
GehG 1956 §15 Abs6 idF 1972/214;
GehG 1956 §18;
GehG 1956 §30 Abs4 idF 1994/550;
GehG 1956 §30a Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
GehG 1956 §15 Abs2;
GehG 1956 §15 Abs6 idF 1972/214;
GehG 1956 §18;
GehG 1956 §30 Abs4 idF 1994/550;
GehG 1956 §30a Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Amtsdirektorin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und im Ressortbereich des Bundesministeriums für Justiz in Verwendung.

Mit Dekret vom 14. Jänner 1997 ernannte der (damalige) Bundesminister für Justiz die Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1996 auf eine Planstelle des Allgemeinen Verwaltungsdienstes in der Verwendungsgruppe A2 (gehobener Dienst), Funktionsgruppe 7, im Planstellenbereich Bundesministerium für Justiz - Zentralleitung.

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin schon damals im Genuss einer pauschalierten Überstundenvergütung sowie einer Mehrleistungszulage stand.

Mit Bescheid vom 28. November 2001 wurde die der Beschwerdeführerin - mit einem Bescheid vom 23. Dezember 1999 bemessene pauschalierte Überstundenvergütung - gemäß § 15 Abs. 6 GehG mit Ablauf des 31. Dezember 2001 eingestellt. Weiters wurde gemäß § 15 Abs. 2 GehG im Einvernehmen mit dem Bundesminister für öffentliche Leistung und Sport mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2002 die ihr gemäß § 18 leg. cit. gebührende Mehrleistungszulage "nach Punkt 3 des Erlasses vom 21.9.1973, JMZ 4836-20/73, in Verbindung mit Punkt 15 des Leistungszulagenerlasses vom 30.9.1954, JMZ 5756/54, in der Höhe der 3. Leistungsstufe der Verwendungsgruppe B" im Ausmaß von (derzeit) 17,31 v.H. des Gehaltes (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der Allgemeinen Verwaltung bemessen.

Mit einem weiteren Bescheid vom 8. Jänner 2002 bemaß die belangte Behörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für öffentliche Leistungen und Sport die der Beschwerdeführerin ab 1. Jänner 2002 gebührende Überstundenvergütung gemäß § 16 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 2 GehG pauschaliert und für die Dauer der tatsächlichen Erbringung der angeordneten Leistung von durchschnittlich monatlich 15 Überstunden mit 11,91 v.H. des Gehaltes und der zur Bemessungsgrundlage gehörenden Zulagen. 33,33 v.H. der pauschalierten Vergütung stellten den Überstundenzuschlag dar.

Mit Dekret vom 6. November 2006 versetzte die damalige Bundesministerin für Justiz die Beschwerdeführerin auf Grund einer Bewerbung gemäß § 38 BDG 1979 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2007 zur Vollzugsdirektion und betraute diese unter einem mit der Leitung der Abteilung für Personalwesen in der Vollzugsdirektion "(Bewertung und Zuordnung nach § 137 BDG 1979: Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 5)". Sie sei weiterhin berechtigt, den Amtstitel Amtsdirektorin zu führen.

Im Rahmen der Revision der Vollzugsdirektion Anfang des Jahres 2008 trat zu Tage, dass die Beschwerdeführerin nach wie vor im Genuss der pauschalierten Überstundenvergütung sowie der pauschalierten Mehrleistungszulage steht. Der Leiter der Vollzugsdirektion teilte der belangten Behörde mit, dass die Bescheide betreffend das "Überstundenpauschale" und die Mehrleistungszulage nicht aufgehoben worden seien.

Mit dem - in Rechtskraft erwachsenen - Bescheid vom 29. Februar 2008 sprach die Vollzugsdirektion (die Dienstbehörde erster Instanz) gegenüber der Beschwerdeführerin wie folgt ab:

"1. Im Hinblick auf Ihre Versetzung gemäß § 38 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 und Ihre Betrauung gem. § 137 Beamtendiensrechtsgesetz 1979 mit der Leitung der Abteilung für Personalwesen in der Vollzugsdirektion mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2007 gebührt Ihnen ab diesem Zeitpunkt das Gehalt der Verwendungsgruppe A2 in der Gehaltsstufe 13 mit nächster Vorrückung am 1. Juli 2008.

Darüber hinaus gebührt Ihnen gem. § 30 Gehaltsgesetz 1956 eine ruhegenussfähige Funktionszulage der Verwendungsgruppe A1 in der Funktionsgruppe 5 (Funktionsstufe 2).

Weiters gebührt Ihnen gem. § 34 Abs. 1 GehG 1956 eine ruhegenussfähige Verwendungszulage mit 50 v.H. des Betrages, um den Ihr Gehalt vom Gehalt derselben Gehaltsstufe der höheren Verwendungsgruppe überschritten wird.

2. Die Ihnen mit Bescheid vom 8. Jänner 2002 ... bemessene pauschalierte Überstundenvergütung steht Ihnen gemäß § 30 Abs. 4 Gehaltsgesetz 1956 ab 1. Jänner 2007 im Hinblick auf die unter Punkt 1 erwähnte Funktionszulage nicht mehr zu."

Begründend führte die belangte Behörde bezüglich des letzten Spruchpunktes aus, gemäß § 30 Abs. 4 GehG gälten durch die für die Funktionsgruppen 5 und 6 der Verwendungsgruppe A1 und die Funktionsgruppe 8 der Verwendungsgruppe A2 vorgesehene Funktionszulage alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten. 30,89 v.H. dieser Funktionszulage gälten als Abgeltung für zeitliche Mehrleistungen.

Mit einem weiteren Bescheid vom 13. Mai 2008 sprach die Vollzugsdirektion gegenüber der Beschwerdeführerin folgendermaßen ab:

"1. Wie bereits mit Bescheid vom 29. Februar 2008 ...

festgestellt gebührt Ihnen im Hinblick auf Ihre Versetzung ... und

Ihre Betrauung gem. § 137 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 mit der Leitung der Abteilung für Personalwesen in der Vollzugsdirektion mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2007, ab diesem Zeitpunkt das Gehalt der Verwendungsgruppe A2 in der Gehaltsstufe 13 mit nächster Vorrückung am 1. Juli 2008.

Darüber hinaus gebührt Ihnen gemäß § 30 Gehaltsgesetz 1956 eine ruhegenussfähige Funktionszulage der Verwendungsgruppe A1 in der Funktionsgruppe 5 (Funktionsstufe 2).

Weiters gebührt Ihnen gemäß § 34 Abs. 1 GehG 1956 eine ruhegenussfähige Verwendungszulage ... da gemäß § 30 Abs. 4 GehG durch die für die Funktionsgruppen 5 und 6 der Verwendungsgruppe A1 und die Funktionsgruppe 8 der Verwendungsgruppe A2 vorgesehene Funktionszulage alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten gelten, ist die seit 1. September 1985 gewährte Mehrleistungszulage gemäß § 18 GehG mit 01. Jänner 2007 einzustellen.

2. Der Ihnen dadurch entstandene Übergenuss seit 01. Jänner 2007 wird in Abzug gebracht."

Begründend führte dieser Bescheid - soweit für das weitere Verfahren von Relevanz - aus, gemäß § 18 GehG sei der Beschwerdeführerin seit 1. September 1985 eine Mehrleistungszulage "zuerkannt" worden, welche diese auch nach dem 1. Jänner 2007 weiter bezogen habe. Gemäß § 30 Abs. 4 GehG gälten allerdings durch die für die Funktionsgruppen 5 und 6 der Verwendungsgruppe A1 und die Funktionsgruppe 8 der Verwendungsgruppe A2 vorgesehene Funktionszulage alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten. 30,89 v.H. dieser Funktionszulage gälten als Abgeltung für zeitliche Mehrleistungen. Im Hinblick darauf sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

In der sowohl gegen Spruchpunkt 1. als auch gegen Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 13. Mai 2008 erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin zusammengefasst vor, dem bekämpften Bescheid lasse sich nicht entnehmen, auf Grund welcher Rechtsgrundlage ein Übergenuss in Abzug gebracht werde. Die Dienstbehörde erster Instanz versuche offensichtlich, "einen Leistungsbescheid zu konstruieren", indem pro futuro eine Verpflichtung angekündigt werde, nämlich dass ein Übergenuss in Abzug gebracht werden würde. Vor dem Hintergrund einer allfälligen Vollstreckbarkeit von Leistungsbescheiden seien im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erhöhte Anforderungen zu stellen. Selbst nach Erschöpfung einer verbalen oder grammatikalischen Interpretation des vorliegenden Spruchteiles sei nicht ersichtlich, worüber im Lichte der Bestimmung des § 59 Abs. 1 AVG im Sinne einer Hauptfrage überhaupt abgesprochen worden sei. Durch den Erstbescheid vom 13. Mai 2008 sei die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf materielle Feststellung von zu Unrecht empfangenen Leistungen gemäß § 13a GehG verletzt. Der rückgeforderte Betrag sei in überprüfbarer Weise aufzuschlüsseln und die Ermittlung desselben in eindeutiger Weise darzulegen. Dies habe die Dienstbehörde erster Instanz nicht für notwendig empfunden. Weiters sei der vorliegende Sachverhalt ein Paradebeispiel für das Nichtvorliegen einer klaren, der Auslegung nicht bedürfenden Vorschrift. Mit dem letzten Halbsatz des Spruchteils 1 des bekämpften Erstbescheides werde nunmehr rückwirkend die Mehrleistungszulage gemäß § 18 GehG mit 1. Jänner 2007 eingestellt. Der Bezug einer Funktionszulage der Verwendungsgruppe A1 in der Funktionsgruppe 5 schließe beim vorliegenden Sachverhalt und im Hinblick auf § 30 Abs. 4a GehG den Bezug einer Mehrleistungszulage nach § 18 leg. cit. nicht aus. Die Einführung der Vollzugsdirektion sei unter dem Postulat der Planstellenneutralität erfolgt. Die besoldungsrechtliche Übergabe in die Vollzugsdirektion sei mit dem Status erfolgt, der zum Zeitpunkt der Versetzung gültig gewesen sei. Bezugsgrößen, Bewertungsmerkmale, bisherige Nebengebühren und Zulagen blieben bei Fortbestand der anspruchsbegründenden Voraussetzungen erhalten, sodass eine Schlechterstellung nicht eintrete; all dies sei die unmissverständliche Zusage der (damaligen) Bundesministerin im Sinne einer Weisung an die Dienstbehörde gewesen, sodass ein Abgehen auch einen Verstoß gegen die Führsorgepflicht des Dienstgebers darstelle.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde über diese Berufung wie folgt ab (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof; dies auch im Folgenden):

"I

Der Berufung der Beschwerdeführerin vom 28. Mai 2008 gegen den Bescheid der Vollzugsdirektion vom 13. Mai 2008 ... zur Feststellung der besoldungsrechtlichen Ansprüche wird insoweit stattgegeben, als der Bescheid der Vollzugsdirektion vom 13. Mai 2008 ... gemäß § 66 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz in seinem Punkt 2 aufgehoben und der Vollzugsdirektion zur neuerlichen Entscheidung zurück verwiesen wird.

II.

Der oben angeführte Bescheid der Vollzugsdirektion wird gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz in seinem Punkt 1 dahingehend abgeändert, dass der Spruch zu lauten hat:

1. Im Zusammenhang mit der mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2007 erfolgten Betrauung mit der Funktion der Leitung der Abteilung Personal der Vollzugsdirektion und dem Bezug der Funktionszulage der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1 besteht mit Ablauf des 31. Dezember 2006 kein Anspruch auf die seit 1. Jänner 2002 gewährte Mehrleistungszulage gemäß § 18 Gehaltsgesetz in der Höhe von 17,31 % des Gehalts der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V.

2. Die in der Zeit vom 1. Jänner 2007 bis 31. Mai 2008 bezogene Mehrleistungszulage gemäß § 18 Gehaltsgesetz wurde zu Unrecht empfangen.

3. Durch die in Punkt 2. des Spruches bezogene Mehrleistungszulage ist ein Übergenuss in der Höhe von EUR 6.199,91 entstanden."

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus:

"Zunächst ist auszuführen, dass gemäß § 30 Abs. 4 Gehaltsgesetz 1956 durch die für die Funktionsgruppe 5 und 6 der Verwendungsgruppe A1 und die Funktionsgruppe 8 der Verwendungsgruppe A2 vorgesehene Funktionszulage alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten gelten. 30,89% dieser Funktionszulage gelten als Abgeltung für zeitliche Mehrleistungen. Aus der Bestimmung des § 30 Abs. 4 Gehaltsgesetz 1956 ergibt sich daher, dass mit dem Bezug einer Funktionszulage für die Funktionsgruppe 5 und 6 der Verwendungsgruppe A1 und die Funktionsgruppe 8 der Verwendungsgruppe A2 alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten gelten. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist für die Anwendbarkeit des § 30 Abs. 4 Gehaltsgesetz und damit verbunden auch die im § 30 Abs. 4a leg. cit. vorgesehene Möglichkeit, durch eine schriftliche Erklärung die Anwendbarkeit des § 30 Abs. 4 auszuschließen, nicht die dienstrechtliche Ernennung in die jeweilige Verwendungsgruppe, sondern die gemäß § 30 Abs. 1 Gehaltsgesetz gebührende Funktionszulage ausschlaggebend. Wie bereits im eingangs zitieren Sachverhalt festgestellt, wurde mit rechtskräftigen Bescheid der Vollzugsdirektion vom 29. Februar 2008 ... festgestellt, dass der Beschwerdeführerin die Funktionszulage der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1 ab 1. Jänner 2007 gebührt. Grundlage für diese Entscheidung war die konkrete Betrauung bzw. Verwendung auf einem nach A1/5 bewerteten Arbeitsplatz. Eine Ernennung in die Verwendungsgruppe A1 war hiefür nicht erforderlich.

Gemäß § 30 Abs. 4a leg. cit. kann der Beamte der Funktionsgruppe 5 und 6 der Verwendungsgruppe A1 und der Funktionsgruppe 8 der Verwendungsgruppe A2 durch schriftliche Erklärung die Anwendbarkeit des Abs. 4 dieser Bestimmung für ein Kalenderjahr ausschließen. Eine solche schriftliche Erklärung ist rechtsunwirksam, wenn ihr eine Bedingung beigefügt wird, und ist bis zum 31. Dezember des Vorjahres abzugeben. Hat der Beamte eine solche schriftliche Erklärung abgegeben, so reduziert sich seine Funktionszulage um 30,89% für das Kalenderjahr, für das die Erklärung abgegeben wurde. Eine schriftliche Erklärung wie im § 30 Abs. 4a Gehaltsgesetz 1956 vorgesehen, hat die Beschwerdeführerin nicht abgegeben. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin wäre die Abgabe einer schriftlichen Erklärung im Sinne des § 30 Abs. 4a Gehaltsgesetz 1956 möglich gewesen, da sie mit einem Arbeitsplatz der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1 betraut ist. Nicht ausschlaggebend ist hier wiederum - wie bereits vorstehend angeführt - die Ernennung in die Verwendungsgruppe A2/7 sondern vielmehr die konkrete Betrauung bzw. Verwendung auf einem Arbeitsplatz.

Auch die fälschliche Ansicht der Beschwerdeführerin, dass ihr die Abgabe einer Erklärung gemäß § 30 Abs. 4a Gehaltsgesetz verwehrt sei, rechtfertigt nicht den Bezug einer Mehrleistungszulage, da im Hinblick auf die für die Verwendung der Berufungswerberin vorgesehene und auch tatsächlich bezogene Funktionszulage der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1 § 30 Abs. 4 leg. cit. jedenfalls zur Anwendung käme.

Auch die Berufung auf die von der ehemaligen Frau Bundesministerin Mag.a Karin G. getroffene Zusage, dass, um finanzielle Schlechterstellungen zu vermeiden, die Mehrleistungszulage in der Vollzugsdirektion weiter bezogen werden kann, ist im gegenständlichen Fall verfehlt, zumal die Beschwerdeführerin mit dem Bezug einer Verwendungszulage samt dem Bezug der Funktionszulage der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1, unter Wegfall der Mehrleistungszulage gemäß § 18 Gehaltsgesetz, keineswegs eine finanzielle Schlechterstellung hinnehmen musste.

Die Dienstbehörde hat daher in rechtskonformer Auslegung dieser Bestimmungen die Feststellung getroffen, dass eine Mehrleistungszulage gemäß § 18 Gehaltsgesetz ab 1. Jänner 2007 nicht mehr gebührt. Die in der Zeit vom 1. Jänner 2007 bis 31. Mai 2008 bezogene Mehrleistungszulage wurde daher zu Unrecht empfangen.

Der durch den Bezug der Mehrleistungszulage gemäß § 18 Gehaltsgesetz in der Zeit vom 1. Jänner 2007 bis 31. Mai 2008 entstandene Übergenuss in der Höhe von EUR 6.199,91 setzt sich wie folgt zusammen:

Jänner bis Dezember 2007

12x

361,83

4.341,96

Jänner bis Mai 2008

5x

371,59

1.857,95

Summe

  

6.199,91

Gemäß § 13a Gehaltsgesetz sind zu Unrecht empfangene Leistungen, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen wurden, dem Bund zu ersetzen. Wie die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang richtig ausführt, wurden im erstinstanzlichen Bescheid hiezu keinerlei Feststellungen getroffen und der Beschwerdeführerin darüber hinaus kein Parteiengehör gewährt. Der Spruch des angefochtenen Bescheides war daher in seinem Punkt 2. gemäß § 66 Abs. 2 AVG zu beheben und der angefochtene Bescheid in diesem Punkt der Vollzugsdirektion zur neuerlichen Entscheidung zurück zu verweisen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "Recht auf (Weiterzahlung einer) Mehrleistungszulage nach § 18 GehG durch unrichtige Anwendung des § 30 Abs. 4 GG sowie in eventu in (ihrem) Recht auf Entscheidung dahingehend, dass ein (ab 1.1.2007) erfolgter Bezug an Mehrleistungsvergütung wegen gutgläubigem Empfang nicht als

Übergenuss rückforderbar ist, ... verletzt".

Sie sieht eine inhaltliche Rechtswidrigkeit darin, dass eine gesonderte Feststellungsentscheidung über das Vorliegen eines Übergenusses im Sinne eines unrechtmäßigen Bezuges unzulässig sei. Es bestehe an einer solchen gesonderten Entscheidung kein rechtliches Interesse, vielmehr sei im Rahmen einer Entscheidung nach § 13a GehG zunächst darüber zu befinden, ob ein Übergenuss vorliege, und sodann darüber, ob er mangels gutgläubigen Empfanges zurückbezahlt werden müsse. Verfahrensgegenstand im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren sei ausschließlich die Frage gewesen, ob der Anspruch auf Mehrleistungszulage durch den Bezug einer Funktionszulage "A1/5" erloschen sei oder nicht.

Richtig sei die Interpretationsvariante, dass die Regelung des § 30 Abs. 4 GehG die "Verwendungsgruppenübereinstimmung" voraussetze, sodass im Falle ihres Nichtvorliegens (der Beamte erhält die Funktionsgruppenzulage einer Verwendungsgruppe, der er nicht angehört) überhaupt kein Bedarf für die Gestaltungsmöglichkeit laut Abs. 4a gegeben sei. Bei "niedrigerer" Verwendungsgruppenzugehörigkeit (eine höhere werde praktisch nie zum Tragen kommen) seien ohnehin Nachteile gegeben, vor allem dadurch, Verwendungszulage nach § 34 Abs. 1 GehG nur die Hälfte der Gehaltsdifferenz zwischen den betreffenden Verwendungsgruppen ausgeglichen werde.

Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides vom 13. Mai 2008 war, unter teilweiser Wiederholung des Bescheidspruches vom 29. Februar 2008, im ersten Spruchabschnitt die - ohnedies unstrittige - Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung der Beschwerdeführerin als Beamtin des Allgemeinen Verwaltungsdienstes in der Verwendungsgruppe A2, Gehaltsstufe 13, Funktionszulage der Verwendungsgruppe A1 der Funktionsgruppe 5, Funktionsstufe 2, zuzüglich einer ruhegenussfähigen Verwendungszulage nach § 34 Abs. 1 GehG. Darüber hinaus sprach die Erstbehörde im letzten Absatz des ersten Spruchpunktes die Einstellung der pauschalierten Mehrleistungszulage mit 1. Jänner 2007 - der erste Halbsatz stellt hiebei nur ein Begründungselement für die Einstellung der Mehrleistungszulage dar - und im Spruchpunkt 2. aus, dass der der Beschwerdeführerin dadurch entstandene Übergenuss seit 1. Jänner 2007 in Abzug gebracht werde.

Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides hob die belangte Behörde Spruchpunkt 2. des Erstbescheides gemäß § 66 Abs. 2 AVG auf und verwies diesen an die Erstbehörde zur neuerlichen Entscheidung zurück und änderte in Spruchpunkt II. ihres Bescheides Punkt 1. des Erstbescheides dahingehend ab, dass sie das Nichtbestehen des Anspruches auf die seit 1. Jänner 2002 gewährte Mehrleistungszulage gemäß § 18 GehG in näher bezeichneter Höhe mit Ablauf des 31. Dezember 2006 feststellte, die in der Zeit vom 1. Jänner 2007 bis 31. Mai 2008 bezogene Mehrleistungszulage als zu Unrecht empfangen und schließlich den Betrag der zu Unrecht empfangenen Mehrleistungszulage mit EUR 6.199,91 feststellte.

Betreffend Spruchabschnitt II.1., der - in Abänderung der von der Erstbehörde bezüglich der Mehrleistungszulage ausgesprochenen Einstellung nunmehr der Art nach eine Feststellung über die mangelnde Gebührlichkeit der pauschalierten Mehrleistungszulage mit Ablauf des 31. Dezember 2006 trifft - vertritt die Beschwerde den zentralen Standpunkt, dass der Anspruch auf die pauschalierte Mehrleistungszulage allein durch den Bezug einer Funktionszulage der Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 5, nicht erloschen sei.

Mit dieser Ansicht ist die Beschwerde im Ergebnis im Recht:

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin seit 1. Jänner 2007 Anspruch auf eine Funktionszulage der Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 5, hat und seit damals aber auch die ihr einst bescheidförmig bemessene Mehrleistungszulage weiterbezog; im Beschwerdefall ist daher vorerst die Frage zu beantworten, ob der Anspruch auf diese Funktionszulage jenen auf die bescheidförmig pauschalierte Mehrleistungszulage ex lege zum Erlöschen gebracht hat.

Gemäß § 30 Abs. 4 erster Satz des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, gelten durch die für die Funktionsgruppen 5 und 6 der Verwendungsgruppe A 1 und die Funktionsgruppe 8 der Verwendungsgruppe A 2 vorgesehene Funktionszulage alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten.

Nach § 15 Abs. 6 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972, ist die pauschalierte Nebengebühr neu zu bemessen, wenn sich der ihrer Bemessung zugrunde liegende Sachverhalt wesentlich geändert hat. Die Neubemessung wird im Falle der Erhöhung der pauschalierten Nebengebühr mit dem auf die Änderung folgenden Monatsersten, in allen anderen Fällen mit dem auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monatsersten wirksam.

Die Erläuternden Bemerkungen zur 24. Gehaltsgesetz-Novelle, 323 BlgNR XIII. GP 8, führen zu § 15 GehG u.a. aus:

"Da nach Abs. 6 eine rückwirkende Einstellung von Nebengebühren nicht zulässig ist, wird es Aufgabe der Dienstbehörden sein, in den Fällen, in denen eine nebengebührenbegründende Leistung nicht mehr erbracht wird, sofort für die Einstellung der entsprechenden Nebengebühr oder ihre Verminderung Sorge zu tragen. Fahrlässige Fehlleistungen auf diesem Gebiet ..."

Die Erkenntnisse vom 22. Mai 1989, Zl. 88/12/0122, und vom 16. Dezember 1998, Zl. 93/12/0156 hatten jeweils den Genuss einer Überstundenvergütung, dem durch einen später erlassenen Bemessungsbescheid über eine (Leiter-)Zulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 GehG (idF vor dem Besoldungsreform-Gesetz 1994) nachträglich die Rechtsgrundlage entzogen wurde, zum Gegenstand: Sei die Anwendbarkeit des § 30a Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Z. 3 GehG gegeben, bleibe kein Raum für die Gewährung einer Überstundenvergütung.

Den zitierten Erkenntnissen lag jeweils die Konstellation zu Grunde, dass die Nebengebühr (Überstundenvergütung) nicht bescheidförmig pauschaliert worden war, sodass der ausschließlich im Gesetz begründete Titel für den Bezug dieser Nebengebühr mit der späteren (bescheidförmigen) Bemessung einer Verwendungszulage, die auch die den Anspruch auf die Nebengebühren begründende Mehrleistung abgalt, mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Empfangnahme entfiel.

Zu der davon abweichenden mit dem vorliegenden Beschwerdefall vergleichbaren Fallkonstellation ("Überschneidung" einer bescheidförmig bemessenen Überstundenpauschale und einer Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 iVm Abs. 3 GehG idF vor dem Besoldungsreform-Gesetz 1994, (seit dem Besoldungsreform-Gesetz 1994, § 121 Abs. 1 Z. 3 iVm Abs. 5 GehG)) führte das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes vom 31. März 1976, Zl. 923.003/7-II-375 (zitiert nach Zach - Koblizek, Gehaltsgesetz, Anmerkung 36 zu § 15 - 104. Ergänzungslieferung) u. a. Folgendes aus:

"Ein Beamter übte bisher eine Tätigkeit aus, die mit keinem besonderen Maß an Verantwortung für die Führung der Geschäfte der Allgemeinen Verwaltung verbunden war; die diesem Beamten für zeitliche Mehrleistung gebührende Überstundenvergütung wurde pauschaliert. Der Beamte wird nun mit einer Funktion betraut, in der er dauernd ein besonderes Maß an Verantwortung für die Führung der Geschäfte der Allgemeinen Verwaltung zu tragen hat; diese Verantwortung liegt über dem Ausmaß an Verantwortung, das Beamte in gleicher dienst- und besoldungsrechtlicher Stellung tragen.

...

Durch die Änderung der Dienstverwendung in der eingangs umschriebenen Weise hat sich der dem Pauschalierungsbescheid zugrunde liegende Sachverhalt wesentlich geändert; die zuständige Dienstbehörde ist daher verpflichtet, unverzüglich nach Änderung der Dienstverwendung (arg. 'geändert hat') die Neubemessung, nämlich die Einstellung der pauschalierten Überstundenvergütung (= Neubemessung mit Null) bescheidmäßig zu verfügen.

Wie § 15 Abs. 6 letzter Satz bestimmt, wird dieser Bescheid mit dem auf die Zustellung desselben folgenden Monatsersten wirksam. Bis zu diesem Zeitpunkt stellt der ursprüngliche Bescheid einen gültigen Rechtstitel für die pauschalierte Überstundenvergütung dar, was bedeutet, daß trotz Wegfall des Anspruches der Beamte die dem Pauschalierungsbescheid entsprechend weiter ausgezahlten pauschalierten Überstundenvergütungen nicht zurückzahlen muß, auch dann nicht, wenn diese pauschalierten Überstundenvergütungen höher sind als die die Überstundenabgeltung darstellenden Teile der Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956.

..."

Im Beschwerdefall hatte die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom 28. November 2001 u.a. der Beschwerdeführerin gemäß § 15 Abs. 2 iVm § 18 GehG eine Mehrleistungszulage im Ausmaß von 17,31 v.H. des Gehaltes (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der Allgemeinen Verwaltung mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2002 bemessen, ohne darin auf eine bestimmte Verwendung oder dienst- oder besoldungsrechtliche Stellung der Beschwerdeführerin abzustellen. Damit bestand für die Empfangnahme dieser Nebengebühr bis auf weiteres ein bescheidförmiger Titel.

Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin seit 1. Jänner 2007 u. a. Anspruch auf eine Funktionszulage der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1 hatte, tat der Geltung des Bescheides vom 28. November 2001 über die pauschalierte Mehrleistungsvergütung und damit dem Vorliegen eines Titels zum Empfang dieser Nebengebühr keinen Abbruch. Wohl wäre die Dienstbehörde auf Grund der Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes, nämlich der geänderten dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung der Beschwerdeführerin, insbesondere des Bezuges der Funktionszulage der Funktionsgruppe 5 der Verwendungsgruppe A1 seit 1. Jänner 2007, berechtigt - und gehalten - gewesen, gemäß § 15 Abs. 6 GehG die einst mit Bescheid vom 28. November 2001 bemessene pauschalierte Mehrleistungsvergütung mit dem auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monatsersten bescheidförmig neu zu bemessen bzw. einzustellen; davon machte die Erstbehörde allerdings erst mit Bescheid vom 13. Mai 2008 Gebrauch, sodass eine konstitutiv wirkende Einstellung erst mit dem auf die Zustellung dieses Bescheides folgenden Monatsersten hätte erfolgen dürfen.

Die in Spruchpunkt II.1. des angefochtenen Bescheides verfügte Einstellung der pauschalierten Mehrleistungsvergütung rückwirkend auf den 1. Jänner 2007 erweist sich als inhaltlich rechtswidrig, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben ist; damit entbehren aber auch die weiteren Spruchpunkte betreffend die Feststellung eines Übergenusses und auch die in Spruchpunkt I. verfügte verfahrensrechtliche Entscheidung einer Grundlage, weshalb der angefochtene Bescheid in seiner Gesamtheit einer Aufhebung nach der zitierten Bestimmung anheim zu fallen hat.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere ihrem § 3 Abs. 2.

Wien, am 16. Dezember 2009

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