VwGH 2008/10/0046

VwGH2008/10/004621.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des Ing. P K in V, vertreten durch Mag. Hanno Stromberger, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Peraustraße 23, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 12. Februar 2008, Zl. KUVS-1455/4/2007, betreffend Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
MSG Krnt 2007 §58 Abs3;
MSG Krnt 2007 §87 Abs1;
MSG Krnt 2007;
SHG Krnt 1996 §49 Abs1;
SHG Krnt 1996 §49;
SHG Krnt 1996 §50;
SHG Krnt 1996;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
MSG Krnt 2007 §58 Abs3;
MSG Krnt 2007 §87 Abs1;
MSG Krnt 2007;
SHG Krnt 1996 §49 Abs1;
SHG Krnt 1996 §49;
SHG Krnt 1996 §50;
SHG Krnt 1996;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten (UVS) vom 12. Februar 2008 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 50 Abs. 1 und 2 des Kärntner Sozialhilfegesetzes 1996 verpflichtet, die von ihm in der Zeit vom 1. Jänner 2005 bis 31. März 2007 bezogene Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von EUR 19.341,50 binnen festgesetzter Frist rückzuerstatten. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe es unterlassen, der Sozialhilfebehörde anzuzeigen, dass ihm während des erwähnten Zeitraumes auch von deutschen Behörden Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausbezahlt worden sei. Die zufolge Verletzung der Anzeigepflicht zu Unrecht empfangene Sozialhilfe müsse er daher zurückerstatten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah im Übrigen aber von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 50 Abs. 1 und 2 Kärntner Sozialhilfegesetz 1996 (SHG) gestützt. Abs. 1 dieser Bestimmung normiert, dass die durch Verletzung der im § 49 bestimmten Anzeigepflicht zu Unrecht empfangenen Geldleistungen vom Empfänger zurückzuerstatten sind, Abs. 2 regelt die Modalitäten der Rückerstattung sowie deren Stundung sowie die gänzliche oder teilweise Nachsicht.

Gemäß § 49 Abs. 1 SHG ist der Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe verpflichtet, jede Änderung in den für die Weitergewährung der Sozialhilfe maßgebenden Verhältnissen der zuständigen Behörde binnen zwei Wochen anzuzeigen.

Das SHG wurde durch § 87 Abs. 1 Kärntner Mindestsicherungsgesetz (MSG) mit 1. Juli 2007 außer Kraft gesetzt; Regelungen betreffend die Geltendmachung von Rückerstattungspflichten gemäß § 50 SHG sieht das MSG selbst für den Fall anhängiger Verfahren nicht vor.

Nun hat die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG "in der Sache", d.h. in gleicher Weise wie die Erstbehörde zu entscheiden. Sie hat daher im Allgemeinen die im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geltende Rechtslage anzuwenden, es sei denn, der Gesetzgeber hätte in einer Übergangsbestimmung Gegenteiliges zum Ausdruck gebracht oder es wäre darüber abzusprechen, was zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitraum rechtens war (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 2007, Zl. 2006/10/0108, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass die belangte Behörde dem bescheidmäßigen Abspruch, den Beschwerdeführer treffe die Pflicht, die ihm geleistete Hilfe zurückzuerstatten, die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Rechtslage zu Grunde zu legen hatte. Sie hatte daher an Hand der im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geltenden Rechtslage zu beurteilen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen einem Hilfeempfänger die Rückerstattung ihm geleisteter Hilfe vorgeschrieben werden kann.

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides stand - ebenso wie übrigens bereits im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides - nicht mehr das SHG, sondern bereits das MSG in Kraft. Letzteres enthält zwar in seinem § 59 Abs. 3 Regelungen, die mit den im § 50 SHG getroffenen vergleichbar sind. Diese boten der belangten Behörde aber schon deshalb keine Grundlage zur Erlassung des angefochtenen Bescheides, weil § 58 Abs. 3 MSG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 84/2007) bestimmt, dass über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde - abweichend von der generellen Regel des § 2 lit. c Kärntner Verwaltungssenatsgesetz und anders als nach dem SHG - die Landesregierung zu entscheiden hat. Eine Heranziehung des MSG durch die belangte Behörde kam daher im vorliegenden Fall nicht in Betracht.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bestand für die belangte Behörde auf Grund des SHG keine Ermächtigung mehr, über die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zu entscheiden; hiezu war sie aber auch durch das MSG nicht ermächtigt. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben, ohne auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 21. Oktober 2009

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