VwGH 2008/02/0142

VwGH2008/02/014220.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22. April 2008, Zl. VwSen-162991/24/Br/Ps, betreffend Übertretung der StVO (mitbeteiligte Partei: H K, P), zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 22. Februar 2008 wurde dem Mitbeteiligten zur Last gelegt, er habe ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organs der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet habe werden können, dass er sich beim Lenken eines PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Die Verweigerung sei am 8. September 2007 um 0:25 Uhr erfolgt. Dadurch habe der Mitbeteiligte § 5 Abs. 2 StVO verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von EUR 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 500 Stunden) verhängt wurde.

Dazu führte die erstinstanzliche Behörde begründend unter anderem aus, die beiden einschreitenden Polizeibeamten hätten feststellen können, dass der Mitbeteiligte bei der geöffneten Fahrertüre gestanden und die Zeugin G. angegurtet auf dem Beifahrersitz gesessen sei. Auf Grund dieser Feststellungen hätten die Beamten zweifelsfrei annehmen können, dass der PKW vom Mitbeteiligten gelenkt worden sei. Die festgestellten Alkoholisierungsmerkmale würden vom Mitbeteiligten nicht bestritten. Der Mitbeteiligte habe auch nicht bestritten, dass er zum Alkotest aufgefordert worden sei und diesen nicht gemacht habe.

In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung brachte der Mitbeteiligte unter anderem vor, er habe sich nicht vom Ort der Amtshandlung entfernt, sondern die Zeugin G. hätte Zeugen herbeigeholt. Es sei dem Mitbeteiligten nicht das geringste Verschulden vorzuwerfen, wenn er für die Durchführung der Atemluftkontrolle noch einige Zeugen hinzuziehen habe wollen und die Zeugin G. damit beauftragt habe. Es habe sich höchstens um fünf Minuten vom Zeitpunkt der Aufforderung bis zum Herbeieilen der Zeugen und der Aufforderung des Mitbeteiligten, den Alkotest abgeben zu wollen, gehandelt. Er habe sich nicht geweigert, den Alkotest zu machen, sondern habe lediglich für den Vorgang der Abgabe der Atemluft noch Zeugen beiziehen wollen. Die Polizeibeamten hätte nicht darauf hingewiesen, dass dies nicht möglich wäre.

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung des Mitbeteiligten Folge, hob das Straferkenntnis vom 22. Februar 2008 auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG ein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt (Z. 1 ), die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Nach der Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 StVO räumt diese Bestimmung dem Betroffenen nicht das Recht ein, die Bedingungen festzusetzen, unter denen er bereit wäre, sich untersuchen zu lassen. Er hat vielmehr die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen. Wenn derartigen Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, bedeutet dies eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich untersuchen zu lassen (vgl. das Erkenntnis vom 10. September 2004, Zl. 2001/02/0241, mwN).

Der objektive Tatbestand des § 5 Abs. 2 StVO ist bereits mit der Weigerung, sich dem Test zu unterziehen, vollendet. Darauf, dass der Beschwerdeführer den Beamten, die den Ort der Amtshandlung zu verlassen im Begriff waren, (dann doch) erklärte, er sei (nunmehr) zur Ablegung des Alkotests bereit, kommt es nicht an (vgl. das Erkenntnis vom 21. September 2006, Zl. 2006/02/0163, mwN).

Der angehaltene Lenker muss sofort der Aufforderung des Wacheorgans, den Alkotest vorzunehmen, entsprechen. Jedes Verhalten, das die sofortige Vornahme des Alkotestes verhindert, sofern das Wacheorgan nicht hiezu seine Zustimmung erklärt hat, ist als Verweigerung der Atemluftprobe zu werten, auch wenn der Lenker vor diesem Verhalten wörtlich seine Zustimmung zur Vornahme des Alkotestes erklärt hat (vgl. das Erkenntnis vom 30. Oktober 2003, Zl. 2000/02/0139).

Machte der Beschwerdeführer seine Einwilligung zum Alkotest davon abhängig, dass ihm der Führerschein wieder ausgehändigt werde, wurde der Alkotest vom Beschwerdeführer verweigert, weil ihm kein Recht zustand, die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt von der Wiederausfolgung des Führerscheines abhängig zu machen. Die später bekundete Bereitschaft des Beschwerdeführers zur Durchführung des Alkotestes änderte nichts mehr an der Strafbarkeit der Verweigerung (vgl. das Erkenntnis vom 20. November 1991, Zl. 90/03/0251).

Die belangte Behörde vertrat im Beschwerdefall im Hinblick auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens die Ansicht, es könne nicht als erwiesen gelten, wann und durch welches konkrete Verhalten sich der Mitbeteiligte der Atemluftuntersuchung entzogen habe.

Selbst wenn die belangte Behörde damit zum Ausdruck bringen wollte, sie gehe nicht von den Aussagen der einschreitenden Polizeibeamten aus, zeigt sich vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung ein anderes Bild, wenn man allein das oben wiedergegebene Vorbringen des Mitbeteiligten in der Berufung und dessen Angaben vor der belangten Behörde betrachtet:

Der Mitbeteiligte gab in der mündlichen Verhandlung vom 1. April 2008 an, es sei richtig, dass er zum Alkotest aufgefordert worden sei. Er habe die Atemluftuntersuchung grundsätzlich nicht verweigert, jedoch diese unter der Maßgabe zugesagt, dass er Zeugen dabei haben wolle und er erst dann den Alkotest machen würde. Die Zeugen habe er sich aus dem Lokal holen wollen. Die Zeugin G. sei in die Jausenstation zurückgegangen, während der Beschwerdeführer beim Fahrzeug und bei den Beamten geblieben sei. Die Zeugin G. habe die Zeugen geholt. Etwa nach einer Zeitspanne von fünf bis sieben Minuten habe der Beschwerdeführer dann gegenüber den Beamten erklärt, er würde die Atemluftuntersuchung jetzt durchführen. Da habe man dem Beschwerdeführer erklärt, dass diese bereits als verweigert gelte, weil er nicht sofort bereit gewesen sei, das Atemluftmessgerät zu beatmen. Als er mit der Polizei konfrontiert worden sei, sei er neben dem abgestellten Fahrzeug der Zeugin G. gestanden. Auch die Zeugin G. sei zwischenzeitig ausgestiegen gewesen und sei neben dem Fahrzeug gestanden.

Legt man zu Grunde, dass der Mitbeteiligte Alkoholisierungsmerkmale aufgewiesen hat und neben dem abgestellten Fahrzeug stand, durften die Polizeibeamten von einer Verdachtslage gemäß § 5 Abs. 2 StVO ausgehen und den Mitbeteiligten zu einer Untersuchung der Atemluft auffordern.

Folgt man vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung den eigenen Angaben des Mitbeteiligten, hat er die Atemluftuntersuchung verweigert, weil er die Atemluftuntersuchung, obwohl diese möglich gewesen wäre, nicht sofort durchgeführt hat, sondern von einer Bedingung, nämlich von der Zuziehung von Zeugen, abhängig gemacht hat. Wann die Zeugen eingetroffen sind sowie der Umstand, dass der Mitbeteiligte die Untersuchung dann nachholen wollte, spielt für die Strafbarkeit der Verweigerung keine Rolle mehr (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom 20. November 1991, Zl. 90/03/0251, wo die Wiederausfolgung des Führerscheines als Bedingung für die Atemluftuntersuchung genannt und als Verweigerung gewertet wurde und die danach bekundete Bereitschaft zur Durchführung des Alkotestes nicht mehr zur Straflosigkeit führte).

Die belangte Behörde hat die Rechtslage verkannt, wenn sie davon ausging, es könne nicht als erwiesen gelten, wann und durch welches konkrete Verhalten der Beschwerdeführer sich der Atemluftuntersuchung entzogen habe. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 20. März 2009

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