VwGH 2008/01/0138

VwGH2008/01/013823.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der T C in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. September 2007, Zl. FA7C- 11-410/2005-72, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
EheG §55a;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
EheG §55a;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Die Beschwerdeführerin wurde 1978 in der Türkei geboren. Sie hat seit 22. August 2001 ihren Hauptwohnsitz in Österreich und heiratete am 4. April 2003 den österreichischen Staatsbürger H H. Am 16. März 2005 beantragte sie bei der belangten Behörde die österreichische Staatsbürgerschaft.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. August 2005 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 20 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) die Verleihung der Staatsbürgerschaft für den Fall zugesichert, dass sie innerhalb von zwei Jahren ab Erhalt des Bescheides das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband nachweist. Am 16. Februar 2006 legte die Beschwerdeführerin die Genehmigung (des Innenministeriums der Republik der Türkei vom 15. Februar 2006) zum Austritt aus der türkischen Staatsangehörigkeit vor.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. April 2006 wurde der Beschwerdeführerin "mit Wirkung vom 11. Mai 2006" die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Im Zuge der Verleihung wurde sie am 11. Mai 2006 niederschriftlich befragt, wobei sie mit ihrer Unterschrift unter anderem bestätigte, dass sie gemäß § 11a Abs. 1 StbG mit ihrem Ehegatten (H H) derzeit im gemeinsamen Haushalt lebe.

4. Am 20. Juni 2006 brachte die Beschwerdeführerin eine Tochter zur Welt, wobei sie als Vater C C angab.

5. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes G vom 23. Juni 2006 wurde die Ehe der Beschwerdeführerin mit H H gemäß § 55a Ehegesetz einvernehmlich geschieden (Rechtskraft: 18. Juli 2006). In der Begründung wurde ausgeführt, der letzte gemeinsame Aufenthalt der Antragsteller sei in G gewesen, wo auch der derzeitige Aufenthaltsort der Beschwerdeführerin sei. Der derzeitige Aufenthaltsort von H H sei in S. Die eheliche Gemeinschaft der Antragsteller sei seit mehr als sechs Monaten aufgehoben und beide hätten die unheilbare Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses zugestanden.

6. Am 24. April 2007 wurde die Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde hiezu befragt, wobei sie angab, dass sie bis zur Scheidung einen gemeinsamen Haushalt mit H H gehabt habe. Die 6- Monatsfrist im Scheidungsurteil habe sie nur deshalb angegeben, da der Richter erklärt habe, dass es nur unter dieser Voraussetzung eine Scheidung geben könnte.

7. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 11. Juli 2007 widersprach H H diesen Angaben. Hinsichtlich der Frage des gemeinsamen Haushaltes gab er Folgendes an (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Zum wesentlichen Zeitpunkt (1. Halbjahr 2006) war ich bereits vom Wohnsitz meiner damaligen Frau ausgezogen. Im Februar 2006 kann es schon sein, dass ich sie noch finanziell unterstützt habe, wenn dies erforderlich war. Dies deshalb, weil sie ja damals noch immer meine Ehegattin war. Seit Februar kann ich aber bestätigen, dass der gemeinsame Haushalt nicht mehr bestanden hat, da ich selbst arbeitslos war und daher auch meine Gattin nicht mehr weiter unterstützen konnte. Meine damalige Gattin hat ein eigenes Einkommen gehabt.

Ich selbst war seit Jänner 2006 tatsächlich nicht mehr in der S V-Straße wohnhaft, habe mich aber aufgrund des Ersuchens meiner Frau dort mitangemeldet, weil sie ja um die Verleihung der Staatsbürgerschaft angesucht hat. Tatsächlich habe ich aber bei meiner Mutter in K gewohnt.

...

Zur Aussage des Scheidungsurteils (eheliche Gemeinschaft seit mehr als 6 Monaten aufgehoben) kann ich nur aussagen, dass diese Aussage nach wie vor stimmt.

Warum meine Gattin diesen Umstand im Zuge des Verleihungsverfahrens nicht bekannt gegeben hat, kann ich nicht sagen."

8. In ihrer Stellungnahme im Zuge des Parteiengehörs zur geplanten Wiederaufnahme des Verfahrens vom 17. August 2007 führte die Beschwerdeführerin - nunmehr rechtsanwaltlich vertreten - aus, dass der im Zuge des Verfahrens zur einvernehmlichen Ehescheidung abgegebenen Erklärung im gegenständlichen Staatsbürgerschaftsverfahren kein Erklärungsinhalt zukomme. Es handle sich dabei um ein bindendes Geständnis im Sinn des § 266 ZPO, sodass der im Außerstreitverfahren geltende Untersuchungsgrundsatz nicht anzuwenden sei. Das Zugeständnis der Aufhebung stelle daher quasi eine Außerstreitstellung dar, welche vom Gericht nicht auf den Wahrheitsgehalt zu überprüfen sei. Es werde daher mit Nachdruck der Behauptung entgegengetreten, dass zum Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft die Lebensgemeinschaft bereits seit sechs Monaten aufgehoben gewesen sei.

Selbst wenn die Lebensgemeinschaft bereits aufgehoben gewesen sein sollte, erscheine eine Wiederaufnahme nicht zulässig, da die Ehe zum Zeitpunkt der Verleihung weder von Bett noch von Tisch getrennt gewesen sei. Im Übrigen würde die Wiederaufnahme und Abweisung des Staatsbürgerschaftsgesuches zur Staatenlosigkeit der Antragstellerin führen. Da das Prinzip der Vermeidung der Staatenlosigkeit im Staatsbürgerschaftsrecht nicht fremd sei, werde dieser Aspekt auch hier zu berücksichtigen sein.

9. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. September 2007 wurde

§ 64 Abs. 4 StbG 1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006,

§ 10 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 5, (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. aus,

die Beschwerdeführerin sei über die Voraussetzungen für die Verleihung informiert gewesen, sie habe die persönlichen Dokumente von H H vorgelegt und sie habe in ihrem Antrag sehr wohl zwischen den Daten "Wohnsitz in Österreich" und "Datum der Eheschließung" unterscheiden können. Weiters habe sie mit ihrer Unterschrift bestätigt, dass sie mit H H im gemeinsamen Haushalt lebe. In der Stellungnahme würden keine Beweise erbracht, aus denen der vorliegende Sachverhalt der falschen Zeugenaussage oder die Erschleichung eines Bescheides durch Unterlassung der Information über die persönlichen Lebensumstände entkräftet werde. Dass die Aufhebung der Lebensgemeinschaft vom Gericht im Zuge der einvernehmlichen Scheidung nicht auf den Wahrheitsinhalt zu überprüfen ist, stelle noch keinen Beweis über die Führung eines gemeinsamen Haushaltes dar. Auch eine gemeinsame Meldung am gleichen Wohnort reiche nicht aus. Es gehe bei der Ermittlung des gemeinsamen Haushaltes nicht um eine zivilrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes, sondern um die Frage, ob der gemeinsame Haushalt im Sinne der von der Antragstellerin angeführten "aufrechten Lebensgemeinschaft" zu erkennen sei. Solche Beweise seien nicht vorgelegt worden, obwohl die Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs dazu die Möglichkeit gehabt hätte. Auch im Zuge der niederschriftlichen Befragung seien keine Hinweise oder Beweismittel eingebracht worden, die zum Entscheidungszeitpunkt einen gemeinsamen Haushalt mit H H erkennen lassen würden.

Vielmehr habe der ehemalige Ehegatte der Beschwerdeführerin unmissverständlich angegeben, dass er bereits seit Jänner 2006 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt gelebt habe und seine bestehende Meldung am Wohnsitz der Beschwerdeführerin bestehen geblieben sei, um den Schein zu wahren. H H habe somit das Argument des gemeinsamen Wohnens im Zeitpunkt der Einbürgerung nicht bestätigt. Diese Aussage sowie jene der Beschwerdeführerin vor Gericht, dass die eheliche Gemeinschaft bereits seit mehr als sechs Monaten aufgehoben gewesen sei, ließen den Schluss zu, dass die Beschwerdeführerin im Zuge des Verleihungsverfahrens durch Unterlassung der Bekanntgabe ihrer persönlichen Verhältnisse den Verleihungsbescheid erschlichen und durch Abgabe eines falschen Zeugnisses über die gemeinsame Haushaltsführung herbeigeführt habe.

Untermauert werde dies weiters durch die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin ca. einen Monat nach der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft bereits ein Kind von einem anderen als ihrem damaligen österreichischen Ehemann, nämlich von ihrem jetzigen Ehemann C C, zur Welt gebracht habe. Dies beweise, dass die Beschwerdeführerin bereits seit Herbst des Jahres 2005 eine außereheliche Beziehung zu ihrem jetzigen Ehemann unterhalten habe. Schon seit dem 1. Dezember 2005 habe sie Wochengeld erhalten, sie sei sich dieser Schwangerschaft daher durchaus bewusst gewesen, habe jedoch im Verfahren nicht erwähnt, dass sie ein Kind von einem anderen Mann erwarte.

Die Aussage der Beschwerdeführerin, dass die häusliche Gemeinschaft im Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft noch bestanden habe, würde daher im Gegensatz zur Aussage des geschiedenen Ehegatten wenig glaubwürdig wirken. H H habe die Geschehnisse klar, detailliert und sicher dargelegt und sogar auf Zeugen verwiesen, die seine Aussage bestätigen könnten. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin "objektiv unrichtige Angaben" gemacht habe, nur um die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Sie habe somit die Behörde in die Irre geführt und die Entscheidung der Behörde erschlichen, da diese bei Bekanntwerden des Umstandes, dass die seinerzeitigen Ehepartner nicht im gemeinsamen Haushalt lebten, über den Antrag auf Einbürgerung anders entscheiden hätte müssen. Insgesamt sei es der Beschwerdeführerin nicht gelungen nachzuweisen, dass die häusliche Gemeinschaft gemäß § 55 EheG, die auch Voraussetzung für die Erlangung der Staatsbürgerschaft ist, zum Zeitpunkt der Verleihung noch bestanden habe.

Zu Spruchpunkt II. führte die belangte Behörde aus, der Zusicherungsbescheid sei zu widerrufen gewesen, da die Voraussetzungen des § 11a Abs. 1 Z 1 StbG im Zeitpunkt der Verleihung nicht mehr erfüllt worden seien.

Zu Spruchpunkt III. führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin erfülle zwar inzwischen die Voraussetzung des Mindestwohnsitzes von sechs Jahren, doch habe sie nicht den Nachweis der nachhaltigen persönlichen und beruflichen Integration, wie von § 10 Abs. 4 Z 1 iVm Abs. 5 StbG in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsnovelle gefordert, erbracht. Es existierten daher auch keine Hinweise, dass die Voraussetzungen eines anderen Tatbestandes zur Verleihung der Staatsbürgerschaft erfüllt wären, weshalb der Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft abzuweisen gewesen sei.

10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Rechtslage

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006, (im Folgenden: StbG nF) lauten:

"§ 24. Die Wiederaufnahme eines Verleihungsverfahrens darf aus den im § 69 Abs. 1 Z 2 und 3 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, genannten Gründen nur bewilligt oder verfügt werden, wenn der Betroffene hiedurch nicht staatenlos wird.

...

§ 35. Die (...) Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG hat von Amts wegen oder auf Antrag des Bundesministers für Inneres zu erfolgen. ...

...

§ 64a. ...

(4) Verfahren auf Grund eines vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 37/2006 erlassenen Zusicherungsbescheides nach § 20 Abs. 1 sind nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der vor der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 37/2006 geänderten Fassung zu Ende zu führen."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, also in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998, (im Folgenden: StbG aF) lauten:

"§ 11a. (1) Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

1. sein Ehegatte Staatsbürger ist und im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebt,

..."

2. Zur Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens

2.1. Zum Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG:

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft objektiv unrichtig angegeben habe, sie lebe mit H H im gemeinsamen Haushalt. Dies hat die belangte Behörde als Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG (Erschleichung) gewertet, da diese Angabe der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Verleihungsvoraussetzung nach § 11a Abs. 1 StbG aF von wesentlicher Bedeutung gewesen sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zuletzt im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, mwN, ausgesprochen hat, setzt die für eine Erschleichung eines Bescheides nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG notwendige Irreführungsabsicht voraus, dass die Partei wider besseres Wissen gehandelt hat und dies deshalb, um einen vielleicht sonst nicht erreichbaren Vorteil zu erlangen. Ob Irreführungsabsicht vorliegt kann nur aus den das rechtswidrige Verhalten der Partei begleitenden Umständen geschlossen werden, die von der Behörde in freier Beweiswürdigung festzustellen sind (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 19. März 2009, Zl. 2008/01/0496, und vom 26. Mai 2009, Zl. 2009/01/0017, die alle eine Wiederaufnahme wegen objektiv unrichtiger Erklärung bei Verleihung der Staatsbürgerschaft zum Gegenstand hatten).

Die Beschwerde bringt in diesem Zusammenhang vor, die belangte Behörde habe keinerlei Feststellungen zur Irreführungsabsicht getroffen. Davon ausgehend habe die Beschwerdeführerin nicht tatbestandsmäßig im Sinne des Erschleichens gehandelt. Den Feststellungen der belangten Behörde lasse sich nicht entnehmen, dass sie von einem vorsätzlichen Handeln der Beschwerdeführerin ausgegangen sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde zu anderen Feststellungen bezüglich der inneren Tatseite gelangt wäre, da die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt absichtlich gehandelt habe. Weiters könne - da die Beschwerdeführerin im Verleihungsverfahren Parteistellung genossen habe - nicht von der Ablegung eines falschen Zeugnisses gesprochen werden. Die Beschwerdeführerin habe sich überdies im Zusammenhang mit dem Verleihungsverfahren keiner falschen bzw. verfälschten Urkunden bedient.

Dem ist entgegenzuhalten:

Obwohl die Beweiswürdigung der belangten Behörde unstrukturiert ist, erweist sie sich keineswegs als unschlüssig. Die belangte Behörde legt nämlich durchaus nachvollziehbar dar, dass der Beschwerdeführerin sehr wohl klar gewesen sein musste, dass ein gemeinsamer Haushalt mit H H eine der Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft war und sie daher die Tatsache des inzwischen eingetretenen Fehlens dieser Voraussetzung im Zeitpunkt der Verleihung bewusst verschwiegen hat. Es ist auch nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde der Aussage des H H glaubt, wonach dieser seit Jänner 2006 nicht mehr bei der Beschwerdeführerin wohnhaft gewesen sei, die Meldung aber im Hinblick auf deren Verleihungsverfahren weiter aufrecht erhalten hat, um - so die belangte Behörde - "den Schein zu wahren". Daraus konnte die belangte Behörde zu Recht den Schluss ziehen, die Beschwerdeführerin habe wider besseres Wissen und sohin in Irreführungsabsicht gehandelt.

2.2. Zum gemeinsamen Haushalt nach § 11a StbG aF:

In diesem Zusammenhang bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde habe nicht abschließend festgehalten, ob die Beschwerdeführerin im Zeitraum der letzten sechs Monate vor rechtskräftiger einvernehmlicher Ehescheidung im Sinn des § 55a EheG weiterhin am Willen festgehalten hat, die Ehe mit H H aufrecht zu erhalten. Eine kurzfristige Abwesenheit des H H vom gemeinsamen Wohnsitz würde in diesem Fall nicht schaden. Außerdem habe H H selbst angegeben, dass er weiterhin eine wirtschaftliche Gemeinschaft mit der Beschwerdeführerin gepflogen habe.

Mit dem Begriff des gemeinsamen Haushaltes nach § 11a StbG aF im Verhältnis zu § 55a EheG hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, auseinandergesetzt. Danach setzt der gemeinsame Haushalt nach § 11a StbG aF das Zusammenleben der Ehegatten in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft voraus, wobei kurzfristige Unterbrechungen dieses Zusammenlebens bei grundsätzlich aufrechtem gemeinsamen Wohnsitz und gemeinsamer Wirtschaftsführung nicht schaden. Bei der Prüfung, ob ein derartiger gemeinsamer Haushalt vorgelegen ist, macht ein Ehescheidungsbeschluss nach § 55a EheG bzw. die in diesem Zusammenhang abgegebene Erklärung, die eheliche Lebensgemeinschaft sei seit mindestens einem halben Jahr aufgelöst, Ermittlungen darüber, ob die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt lebte, nicht schlechterdings entbehrlich.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde ihre Annahme, zum Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft an die Beschwerdeführerin habe kein gemeinsamer Haushalt mit H H bestanden, in diesem Sinne zutreffenderweise nicht nur auf das Protokoll der einvernehmlichen Scheidung nach § 55a EheG, sondern auch auf die niederschriftliche Aussage des H H, die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt bereits von ihrem nunmehrigen Ehegatten hochschwanger war sowie die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Beweise angeboten habe, die das Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes untermauert hätten, gestützt. Diese Beweiswürdigung erweist sich als nicht unschlüssig. Dem Argument der Beschwerde, dass H H selbst das Fortbestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft angegeben habe ist entgegenzuhalten, dass er dies lediglich für einen Zeitraum bis Februar 2006 für möglich gehalten hat, da er anschließend selbst arbeitslos geworden sei und keine Unterstützung mehr geleistet habe.

Somit begegnet die auf § 69 Abs. 1 Z 1 AVG gestützte Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens keinen Bedenken.

3. Widerruf der Zusicherung

3.1. Gemäß § 20 Abs. 2 StbG (die Rechtslage hat sich insofern durch die Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht geändert) ist die Zusicherung zu widerrufen, wenn der Fremde auch nur eine der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.

3.2. Im Beschwerdefall stützte die belangte Behörde den Widerruf der Zusicherung auf die - bereits im Zuge der Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens getroffene - Feststellung, dass der gemeinsame Haushalt der Beschwerdeführerin mit H H gemäß § 11a StbG aF nach Erlassung des Zusicherungsbescheides nicht mehr gegeben war (vgl. zu der im Beschwerdefall auf Grund der Wiederaufnahme anzuwendenden Rechtslage vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 das hg. Erkenntnis vom 19. März 2009, Zl. 2008/01/0496, mwN).

Da sich die zu dieser Feststellung führende Beweiswürdigung - wie bereits oben dargelegt - als nicht unschlüssig erweist und die Verleihungsvoraussetzung (im Gegensatz zu dem dem obzitierten hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, zu Grunde liegenden Sachverhalt) nach Erlassung der Zusicherung weggefallen ist, bestehen gegen diesen Spruchpunkt keine Bedenken.

4. Abweisung des Antrags auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StbG aF kann einem Fremden die Staatsbürgerschaft verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat. Gemäß § 10 Abs. 4 leg. cit. kann aus besonders berücksichtigungswürdigem Grunde von der Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 abgesehen werden, sofern es sich (...) um einen Fremden handelt, der seit mindestens sechs Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat, es sei denn, es wäre in Abs. 5 hinsichtlich dieser Wohnsitzdauer anderes vorgesehen. In Abs. 5 leg. cit. wird ausgeführt, was als besonders berücksichtigungswürdiger Grund gilt.

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass die Beschwerdeführerin nicht die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG aF erfüllt, da sie sich erst seit dem 22. August 2001 in Österreich aufhalte. Damit sei zwar eine sechsjährige Aufenthaltsdauer gegeben, jedoch kein besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinn des § 10 Abs. 5 StbG aF ersichtlich.

Wenn die Beschwerde dagegen vorbringt, die belangte Behörde sei fälschlicherweise von der Rechtslage nach der Staatsbürgerschafts-Novelle 2006 ausgegangen, so ist dies unzutreffend (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 19. März 2009, Zl. 2008/01/0496, mwN). Wie aus dem Bescheid klar ersichtlich ist, hat die belangte Behörde daher zu Recht die Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes vor der Novelle zur Beurteilung des Verleihungsansuchens herangezogen.

5. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 23. September 2009

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