VwGH 2007/18/0112

VwGH2007/18/011219.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der L W K in W, vertreten durch Mag. Norbert Abel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 49/19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. November 2006, Zl. SD 1415/06, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer fremdenrechtlichen Angelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §56;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VStG §24;
VwRallg;
ZustG §6;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §56;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VStG §24;
VwRallg;
ZustG §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 17. November 2006 wurde die gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien "vom 02.10.2006 und 13.10.2006" (mit dem gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war) eingebrachte Berufung gemäß § 63 Abs. 5 iVm § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückgewiesen.

Die Erstbehörde habe ihren mit 2. Oktober 2006 datierten Bescheid bereits am 6. Oktober 2006 durch Zustellung an den damals noch ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin rechtswirksam erlassen. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2006 habe dieser Vertreter den Bescheid an die Erstbehörde zurückgeschickt und mitgeteilt, dass er die Beschwerdeführerin nicht mehr vertrete. Dies habe er mit Schreiben vom 6. September 2006 dem "Magistrat" (nach der Aktenlage der für das Niederlassungsverfahren der Beschwerdeführerin zuständigen Behörde) mitgeteilt. Er bitte um Verständnis dafür, dass er die Zustellung zur Vermeidung von Rechtsnachteilen für die Partei nicht annehmen könne, weil zum Zeitpunkt der Abfertigung des Schriftstückes die Vollmachtskündigung bereits aktenkundig gewesen sein müsse.

Im Verwaltungsakt - so die belangte Behörde weiter - sei eine zuvor eingegangene (Mitteilung über die) Vollmachtskündigung nicht aktenkundig. Dass eine solche dem Magistrat in einem anderen Verfahren mitgeteilt worden sei, würde daran nichts ändern. Die Kündigung der Vollmacht eines Parteienvertreters werde der Behörde gegenüber, bei welcher der Vertreter eingeschritten sei, erst wirksam, wenn sie ihr (dieser Behörde) mitgeteilt werde. Der Widerruf der Vollmacht für das aufenthaltsbeendigende Verfahren wäre daher der Erstbehörde mitzuteilen gewesen. Unbeachtlich sei, dass die Erstbehörde den inhaltlich identen Bescheid, nur geändert im Datum (13.10.2006), durch Hinterlegung am 19. Oktober 2006 neuerlich erlassen habe. Dadurch sei der Lauf der Rechtsmittelfrist nicht neuerlich in Gang gesetzt worden. Gemäß § 6 Zustellgesetz sei die erste Zustellung maßgebend. Der Lauf der Berufungsfrist habe am 6. Oktober 2006 begonnen und am 20. Oktober 2006 geendet, weshalb die am 31. Oktober 2006 zur Post gegebene Berufung verspätet sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, hätte die Behörde die unvertretene Beschwerdeführerin über die Wirksamkeit der ersten Zustellung und den damit ausgelösten Fristenlauf belehrt, dann wäre die Berufung fristgerecht eingebracht worden. Obwohl die Behörde von der Vollmachtsauflösung kurz nach der erfolgten Zustellung in Kenntnis gesetzt worden sei, sei der zweite Bescheid erst am 18. Oktober 2006 der Beschwerdeführerin zugestellt worden. Sie habe somit lediglich zwei Tage Zeit gehabt, um die Berufung fristgerecht einzubringen. Diese Frist sei nicht angemessen. Gemäß § 11 Abs. 2 RAO sei ein Rechtsanwalt verpflichtet, seinen Mandaten vierzehn Tage nach der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses insoweit zu vertreten, als dies nötig sei, um den Mandanten vor Rechtsnachteilen zu schützen. Der gegenständliche Bescheid sei dem (früheren) Rechtsvertreter erst einen Monat nach der am 6. September 2006 erfolgten Auflösung des Vertretungsverhältnisses zugestellt worden. Die Behörde habe nicht davon ausgehen können, dass die Beschwerdeführerin über den Bescheid in Kenntnis gesetzt worden sei. Außerdem könne die vom ehemaligen Rechtsvertreter unrichtig erteilte Rechtsauskunft, wonach die erste Zustellung unwirksam sei, nicht der Beschwerdeführerin angelastet werden.

1.2. Diesem Vorbringen kann nicht entnommen werden, dass der erstinstanzliche Bescheid am 6. Oktober 2006 nicht wirksam zugestellt worden ist. Unstrittig ist, dass der frühere Vertreter der Beschwerdeführerin das Vertretungsverhältnis der erstinstanzlichen Behörde - wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt, mit Schreiben vom 31. März 2006 - angezeigt hat. Unstrittig ist ferner, dass der frühere Vertreter der Beschwerdeführerin das Ende des Vertretungsverhältnisses lediglich der Niederlassungsbehörde bekannt gegeben hat. Im Verwaltungsakt erliegt folgendes Schreiben des früheren Vertreters der Beschwerdeführerin vom 6. September 2006:

"Noch gegenüber der Fremdenpolizei Wien habe ich in der gegenständlichen Angelegenheit meine Bevollmächtigung für Frau (Beschwerdeführerin) bekannt gegeben. Nun wurde der Akt meiner Information nach an ihre Dienststelle zuständigkeitshalber zufolge der Bestimmungen des NAG abgetreten. Daher teile ich nunmehr zu ihren Handen mit, dass ich die Vertretung aufgelöst habe und Frau (Beschwerdeführerin) im weiteren Verfahren nicht mehr vertrete. Meiner Information nach wird Frau (Beschwerdeführerin) nun von Herrn J. betreut und vertreten."

Diese Mitteilung ist der in erster Instanz einschreitenden Fremdenpolizeibehörde nicht zur Kenntnis gelangt. Das Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels bildet keine Einheit mit dem (uU von derselben Behörde eingeleiteten) fremdenpolizeilichen Verfahren zur Verhängung eines Aufenthaltsverbotes. Die Mitteilung des früheren Vertreters der Beschwerdeführerin an die Niederlassungsbehörde vom 6. September 2006 kann nicht als Mitteilung an die erstinstanzliche Fremdenpolizeibehörde gewertet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2008, Zl. 2007/18/0379).

Die Kündigung einer Vollmacht wird der Behörde gegenüber nur dann wirksam, wenn sie ihr mitgeteilt wird. Da die Erstbehörde von der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses keine Kenntnis hatte, war die Zustellung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotes an den früheren Vertreter der Beschwerdeführerin am 6. Oktober 2006 rechtswirksam (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. September 1999, Zl. 97/18/0249, und vom 26. Juni 2003, Zl. 99/18/0411).

Der Lauf der Berufungsfrist hat am 6. Oktober 2006 begonnen und am 20. Oktober 2006 geendet, weshalb die am 31. Oktober 2006 zur Post gegebene Berufung verspätet ist. Der neuerlichen Zustellung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheides - dessen Identität mit dem bereits zuvor wirksam zugestellten erstinstanzlichen Bescheid nicht bestritten wurde - am 19. Oktober 2006 kommt keine rechtliche Bedeutung zu (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Mai 2001, Zl. 2001/09/0083, und nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2007/18/0379).

2. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 19. März 2009

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