VwGH 2007/15/0176

VwGH2007/15/017616.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Linz in 4010 Linz, Hauptplatz 5-6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 30. Mai 2007, Zl. RV/0884-L/04, betreffend Umsatzsteuer 1996 bis 1998 und 2001 (mitbeteiligte Partei: P-Gesellschaft mbH & Co KG in P, vertreten durch Plan Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Wirtschaftsprüfer in 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43), zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §11;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §11;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Mitbeteiligte betreibt ein Einkaufszentrum. Im Hinblick auf die von ihr beabsichtigte umfangreiche Erweiterung der Geschäftsflächen bestand auf Grund der Abstellflächenverordnung des Landes die Notwendigkeit, ein Parkdeck zu errichten. Von mehreren möglichen Bauvarianten hiefür wurde letztlich die verwirklicht, nach welcher die Straße umgelegt werden musste. Zu diesem Zwecke tauschte die Mitbeteiligte verschiedene Grundstücke gegen Grundstücke der Gemeinde. Weiters verpflichtete sich die Mitbeteiligte, an die Gemeinde einen Infrastrukturbeitrag zu leisten sowie die baulichen Maßnahmen zur Umlegung der Straße inklusive aller dafür notwendigen Wiederherstellungsmaßnahmen auf eigene Kosten durchzuführen.

Die Mitbeteiligte ließ auf den Liegenschaften der Gemeinde die Straße neu errichten. Die ihr für die Errichtung der Straße in Rechnung gestellten Umsatzsteuern zog sie als Vorsteuer ab.

Das beschwerdeführende Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug, weil die Asphaltdecke wie auch die gesamte Straßenbefestigung als unselbständige Bestandteile zum Grundstück gehörten und Umsätze von Grundstücken im Sinne des § 2 Grunderwerbsteuergesetz 1987 unecht von der Umsatzsteuer befreit seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Mitbeteiligten Folge. In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte sie nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, unstrittig sei die Verlegung der Straße im ausschließlichen unternehmerischen Interesse der Mitbeteiligten erfolgt. Weiters sei unstrittig, dass die Mitbeteiligte Empfängerin jener Leistungen sei, für die sie den Vorsteuerabzug begehrt habe und dass die Straße unentgeltlich in das öffentliche Gut übergeben worden sei. Zu klären sei, ob in der Übertragung der Straße ins öffentliche Gut eine steuerfreie Grundstückslieferung zu sehen sei. Fest stehe, dass die Straßenerrichtung erst nach dem Tausch der Grundstücke erfolgt sei. Liege kein Missbrauch vor, könne die Mitbeteiligte gar keine steuerfreie Grundstückslieferung getätigt haben. Ein Missbrauch sei jedoch gegenständlich zu verneinen, weil besagter Tausch geradezu Voraussetzung dafür gewesen sei, dass das Parkdeck habe errichtet werden können. Wäre die Mitbeteiligte nie Eigentümerin jener Grundstücke gewesen, auf denen sie die Straße errichtet habe, hätte sie mit der Übertragung der Straße ins öffentliche Gut zweifelsfrei keine steuerfreie Grundstückslieferung tätigen können. Der Umstand alleine, dass sie vorher Eigentümerin gewesen sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Übertragung der Straße stelle daher keine steuerfreie Grundstückslieferung und folglich keinen Vorsteuerausschlussgrund dar. Die gegenteilige Behauptung des beschwerdeführenden Finanzamtes gehe am Thema vorbei. Es bestehe zwar ganz offensichtlich ein Zusammenhang zwischen dem fraglichen Tausch und der Errichtung der Straße. Die Grundstücke seien bloß deswegen getauscht worden, damit die öffentliche Straße habe verlegt werden können. Dies sei Voraussetzung dafür gewesen, dass das Parkhaus habe errichtet werden können.

Unstrittig sei, dass die Mitbeteiligte besteuerte Umsätze tätige. Da die Straßenverlegung Voraussetzung dafür gewesen sei, dass das Parkdeck, welches unstrittig der Ausführung der genannten Umsätze diene, habe errichtet werden können, diene auch die Straßenverlegung der Ausführung besteuerter Umsätze.

Es sei noch zu prüfen, ob die unentgeltliche Übertragung ins öffentliche Gut einen steuerpflichtigen Vorgang darstelle. Die Straße sei nicht zu dem Zweck errichtet worden, dass sie unentgeltlich ins Eigentum der Gemeinde übertragen werden könne, sondern damit das Parkdeck habe errichtet werden können. Die Errichtung der Straße sei daher aus unternehmerischen Gründen erfolgt. Ein Entnahme-Eigenverbrauch liege daher nicht vor. Ein Aufwands-Eigenverbrauch (§ 1 Abs. 1 Z. 2 lit. b UStG 1994) scheide schon deswegen aus, weil mit der Errichtung der Straße keine sonstige Leistung erbracht worden sei.

Der strittige Vorsteuerabzug stehe daher zu, weshalb der Berufung stattzugeben gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gemäß § 292 BAO erhobene Beschwerde des Finanzamtes nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Das Finanzamt macht geltend, die Straße sei nicht ausschließlich als Zufahrt zum Parkdeck errichtet worden. Die im Zuge der Errichtung der Durchfahrtsstraße erbrachten Leistungen seien von vornherein nicht für den Unternehmensbereich der Mitbeteiligten, sondern für den Hoheitsbereich der Gemeinde zur Nutzung durch die Allgemeinheit ausgeführt worden. Die Voraussetzungen nach § 12 UStG 1994 für die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges aus den Errichtungskosten lägen damit nicht vor.

Der Unternehmer kann die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen (§ 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994). Leistungen von Unternehmern sind nur steuerbar, wenn sie im Rahmen ihres Unternehmens ausgeführt werden, d.h. wenn sie der unternehmerischen Sphäre zugerechnet werden können. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Zu den Leistungen im Rahmen des Unternehmens gehören somit nicht nur die Leistungen, die den eigentlichen Gegenstand der unternehmerischen Tätigkeit ausmachen (Grundgeschäfte), sondern auch Hilfsgeschäfte und Nebengeschäfte. Hilfsgeschäfte sind Geschäfte, die nicht zu den Grundgeschäften gehören, die aber in ihrem Gefolge vorkommen und diese ermöglichen (vgl. Ruppe, UStG3, § 1, Tz 290).

Nach der Vereinbarung zwischen der Mitbeteiligten und der Gemeinde war die Mitbeteiligte berechtigt und verpflichtet, die baulichen Maßnahmen zur Umlegung der Straße laut Projekt Dr. X. inklusive aller dafür notwendigen Wiederherstellungsmaßnahmen auf eigene Kosten durchzuführen. Entgegen der Beschwerdeauffassung hat die Mitbeteiligte nicht eine Straße neu errichtet, wozu die Gemeinde verpflichtet gewesen wäre. Mangels gegenteiligem Vorbringen ist davon auszugehen, dass die vorhandene Straße den öffentlichen Anforderungen genügte. Die Gemeinde hatte damit keinen Grund, die Straße zu verlegen oder eine neue zu errichten. Die Umlegung der Straße stand ausschließlich im betrieblichen Interesse der Mitbeteiligten, die nur dann ihren Geschäftsbetrieb ausweiten und ein dafür notwendiges Parkdeck errichten konnte. Voraussetzung der Ausweitung des Geschäftsumfanges war allerdings nach der beschriebenen Vereinbarung die Tragung der Kosten für die Umlegung der gegenständlichen Straße. Diese Aufwendungen sind auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes dem Unternehmen der Mitbeteiligten zuzuordnen. Der Umstand, dass die Straße nach Umlegung - wie bereits die vorherige Straße - für den allgemeinen öffentlichen Verkehr freigegeben wurde, ändert daran nichts. Durch die Übernahme der Kosten für die Umlegung der Straße hat die Mitbeteiligte nicht von der Gemeinde zu tragende Kosten übernommen. Für die Gemeinde bestand kein Anlass für eine Umlegung der Straße. Grund für die Umlegung der Straße war die Geschäftsausweitung der mitbeteiligten Partei. Die mit der Umlegung der Straße verbundenen Aufwendungen hat die belangte Behörde zutreffend dem Unternehmen der Mitbeteiligten zugeordnet.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2009

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