VwGH 2007/06/0275

VwGH2007/06/027526.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der Dr. MK in W, vertreten durch Mag. Dr. Alice Hoch, Rechtsanwältin in 2361 Laxenburg, Schlossplatz 12, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom 23. Jänner 2007, Zl. 06/01 2003/7072, betreffend Antrag auf Rückzahlung von geleisteten Umlagen bzw. auf Altersrente (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art7 Abs1;
RAO 1868 §34;
RAO 1868 §50;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1974 §2;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1974 §3 Abs1;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1974 §5;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1974 §6 Abs1;
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA NEU RAK Wr 2004 §18 Abs4;
StGG Art2;
B-VG Art7 Abs1;
RAO 1868 §34;
RAO 1868 §50;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1974 §2;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1974 §3 Abs1;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1974 §5;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1974 §6 Abs1;
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA NEU RAK Wr 2004 §18 Abs4;
StGG Art2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Wiener Rechtsanwaltskammer Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nachdem die Beschwerdeführerin von einer Abteilung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer W davon verständigt worden war, dass ihre Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft gemäß § 34 Abs. 1 Z. 4 Rechtsanwaltsordnung (RAO) erloschen sei, stellte sie mit Schreiben vom 27. November 2003 (eingelangt bei der Rechtsanwaltskammer W am 1. Dezember 2003) den Antrag auf Abrechnung der von ihr seit ihrer Eintragung in die Rechtsanwaltsliste geleisteten Zahlungen für die Versorgungseinrichtung sowie die "Zusatzpension Neu" samt anteiligem Gewinn aus der Veranlagung dieser Beträge und Rückzahlung auf ein näher genanntes Konto. Sollte entgegen den ihr vorliegenden Unterlagen eine Pensionsberechtigung gegeben sein, ersuche sie um Mitteilung und Auszahlung dieser Pension.

Soweit dieser Antrag die Rückzahlung der Zusatzpension Neu betraf, kam es letztlich im zweiten Rechtsgang (nach einer Aufhebung der im ersten Rechtsgang in letzter Instanz ergangenen Entscheidung der belangten Behörde durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. November 2005, Zl. 2004/06/0120) zur Feststellung eines Guthabens in der Höhe von EUR 6.469,56 brutto.

Verfahrensgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sind die Anträge der Beschwerdeführerin auf Berechnung und Rückzahlung der geleisteten Umlagen gemäß der Versorgungseinrichtung, Teil A, sowie der Eventualantrag auf Auszahlung einer Altersrente.

Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer W (Abteilung I b) wies diese Anträge mit dem undatierten, am 21. August 2006 der Beschwerdeführerin zugestellten Bescheid ab. Er führte dazu im Wesentlichen aus, dass die Auszahlung der bisher im Rahmen der Versorgungseinrichtung, Teil A, geleisteten Umlagen weder nach der Rechtsanwaltsordnung noch nach der Satzung (dies unabhängig, ob die Prüfung nach der Satzung der Versorgungseinrichtung, Teil A, Alt oder Neu zu erfolgen habe), vorgesehen sei. Eine mögliche Rückzahlung des eingezahlten Kapitals sei nur bei der Zusatzpension Neu (Kapitalansparsystem) vorgesehen und über diesen Anspruch sei rechtskräftig abgesprochen worden.

Der Eventualantrag auf Auszahlung einer Altersrente sei nach den §§ 2, 3 und 5 der Satzung der Versorgungseinrichtung, Teil A, Alt zu prüfen. Die Beschwerdeführerin sei am 6. September 1946 in Wien geboren. Sie sei am 16. Dezember 1980 in die Liste der Rechtsanwälte in Wien eingetragen und am 8. Oktober 2003 aus dieser gelöscht worden. Sie habe ihren Antrag auf Leistungen einer Rente nicht dahin präzisiert, ob sie eine Altersrente oder eine Berufsunfähigkeitsrente beantrage. Auf Grund der geltenden Satzung der Versorgungseinrichtung seien beide Ansprüche nicht gegeben. Altersrenten würden bei Vorliegen der Voraussetzung gemäß § 2 der Satzung jenen Rechtsanwälten gewährt, die das 65. Lebensjahr vollendet hätten, sofern und solange sie auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichteten und nicht in eine Liste der Rechtsanwälte oder einer Verteidigerliste eingetragen seien (§ 5). Die Beschwerdeführerin habe zum Zeitpunkt dieser Entscheidung noch nicht einmal das 60. Lebensjahr erreicht, weshalb unabhängig von allen anderen Voraussetzungen ein Anspruch auf Altersrente nicht gegeben sei. Da zum Zeitpunkt der Antragstellung die seinerzeitige Rechtsanwältin aus der Liste der Rechtsanwälte gelöscht gewesen sei und ein körperliches oder geistiges Gebrechen, das die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes zum damaligen Zeitpunkt gehindert hätte, nicht behauptet worden sei, sei auch dieser allfällige Anspruch keiner weiteren Prüfung zu unterziehen.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie teilte zur Gänze die Ansicht der erstinstanzlichen Behörde.

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 25. September 2007, B 391/07- 12, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab und trat die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Zeitpunkt der Antragstellung der Beschwerdeführerin geltende Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer W - Teil A (beschlossen in der ordentlichen Vollversammlung am 21. Mai 1974, kundgemacht im Anwaltsblatt 1974, S 239, 377, in der Fassung der Änderungsbeschlüsse der Vollversammlungen am 20. Juni 1977, kundgemacht im Anwaltsblatt 1977, S 338, 423, vom 13. Juni 1984 - kundgemacht im Anwaltsblatt 1984, S 428, und vom 13. April 1999, kundgemacht im Anwaltsblatt 1999, S 770; im Folgenden: Satzung/Alt) sah Folgendes vor:

Gemäß § 2 Satzung/Alt sind die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung einer Versorgungsleistung - bezogen auf den Eintritt des Versorgungsfalles -

"1. die Eintragung des Rechtsanwaltes in die Liste der Rechtsanwaltskammer oder - für Hinterbliebene nach einem ehemaligen Rechtsanwalt - der Anspruch des Rechtsanwaltes auf Alters- oder Berufunfähigkeitsrente dieser Kammer,

2. die Erfüllung der Wartezeit gemäß § 3."

Gemäß § 3 Abs. 1 Satzung/Alt erhalten Rechtsanwälte eine Leistung der Versorgungseinrichtung nur dann, wenn sie bis zum Eintritt des Versorgungsfalles insgesamt zehn Jahre, eine Leistung aus der Altersversorgung überdies nur, wenn sie davon die letzten fünf Jahre ohne Unterbrechung unmittelbar vor Eintritt des Versorgungsfalles in die Liste der Rechtsanwälte bei einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen waren. Die Frist von zehn Jahren erhöht sich auf fünfzehn Jahre, wenn die erstmalige Eintragung des Rechtsanwaltes in die Liste nach Vollendung seines 50. Lebensjahres erfolgt ist.

Als Leistungen der Versorgungseinrichtung werden gemäß § 4 Abs. 1 lit. a) und b) Satzung/Alt die Altersrente und die Berufsunfähigkeitsrente erbracht.

Gemäß § 5 Satzung/Alt werden Altersrenten bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 2 jenen Rechtsanwälten gewährt, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, soferne und solange sie auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichten und nicht in einer Liste der Rechtsanwälte oder in einer Verteidigerliste eingetragen sind.

Gemäß § 6 Abs. 1 Satzung/Alt werden Berufsunfähigkeitsrenten bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 2 in der Höhe der Altersrente jenen Rechtsanwälten gewährt, die in Folge körperlicher oder geistiger Gebrechen dauernd zur Ausübung des Rechtsanwaltberufes unfähig sind, soferne und solange sie auf die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes verzichtet haben. Die Abgabe der Verzichtserklärung mit Wirksamkeit für den Fall der Feststellung der Berufsunfähigkeit ist möglich.

Mit 1. Jänner 2004 ist die Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A Neu der Rechtsanwaltskammer W (kundgemacht im Anwaltsblatt 2004, S 160 ff; im Folgenden: Satzung/Neu) in Kraft getreten.

In der Übergangsbestimmung des § 18 Abs. 4 Satzung/Neu ist Folgendes vorgesehen:

"(4) Für Rechtsanwälte gem. § 1 Abs. 1 RAO, deren Berufsbefugnis gemäß § 34 Abs. 1 RAO vor dem Inkrafttreten dieser Satzung und vor Erreichen der Altersgrenze für den Anspruch auf Altersrente und vor Eintritt einer Berufsunfähigkeit und/oder vor Antragstellung hinsichtlich einer Berufungsunfähigkeitsrente erloschen ist, gilt:

a) Die vor Inkrafttreten dieser Satzung erworbenen Beitragsmonate sind bei Berechnung der Altersrente nach dieser Satzung nur dann zu berücksichtigen, wenn

1. der ehemalige Rechtsanwalt nach Inkrafttreten dieser Satzung nochmals in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen wird und

2. unmittelbar vor Eintritt des Versorgungsfalls 5 Jahre ohne Unterbrechung in die Liste der Rechtsanwälte oder der niedergelassenen Rechtsanwälte einer Rechtsanwaltskammer eingetragen ist und er

3. unter Einrechnung der Zeiten, während derer er vor Inkrafttreten dieser Satzung in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen war, oder während derer er vor Inkrafttreten dieser Satzung eine Berufsunfähigkeitsrente nach der bisher gültigen Satzung bezog, die Bedingung einer Wartezeit von 10 Jahren, im Falle seiner Ersteintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach Vollendung seines 50. Lebensjahres einer Wartezeit von 15 Jahren durch Eintragung in die Liste dieser oder einer anderen Rechtsanwaltskammer mit Versorgungseinrichtung oder die Liste der niedergelassenen Rechtsanwälte erfüllt.

Für die Berechnung der Rentenhöhe kommt § 18 Abs. 2 nicht zur Anwendung.

..."

Die Satzung/Alt hatte ihre gesetzliche Grundlage in § 50 RAO, RGBl. Nr. 96/1868, in der Fassung BGBl. Nr. 570/1973 (weitere Novellierungen dieser Bestimmung erfolgten im Geltungszeitraum dieser Satzung mit BGBl. Nr. 384/1983, 21/1993 und 71/1999; eine Neuregelung des § 50 RAO erfolgte mit der diesbezüglich am 1. Jänner 2004 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 93/2003, die die gesetzliche Grundlage für die Satzung/Neu bildete). Im § 50 RAO waren und sind die Grundsätze für die mittels Satzungen näher zu regelnden Versorgungseinrichtungen für die Rechtsanwälte festgelegt. So sah § 50 RAO in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 93/2003 als gesetzliche Grundlage für die Satzung/Alt als Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Alterversorgung die aufrechte Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte, eine bestimmte Wartezeit und das Erreichen eines bestimmten Alters vor (das 68. Lebensjahr; seit der Novelle BGBl. Nr. 71/1999 können in den Satzungen der Versorgungseinrichtungen über die im Abs. 2 festgelegten Grundsätze günstigere Regelungen festgelegt werden). Eine Möglichkeit der Rückerstattung von Beiträgen, wenn die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt werden, war in der RAO als gesetzlicher Grundlage für die Satzung/Alt nicht vorgesehen.

Die Beschwerdeführerin macht - wie schon in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof - gleichheitsrechtliche Bedenken geltend. Sie habe sämtliche Voraussetzungen für die Erreichung eines Pensionsanspruches mit Ausnahme des Mindestalters und der Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer erreicht. Eine freiwillige Weiterversicherung sei ihr auf Grund der durch die Aufrechterhaltung des Berufsverbotes durch den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer als einstweilige Maßnahme bis zu ihrer Streichung gemäß § 34 RAO herbeigeführten finanziellen Situation nicht möglich gewesen. Die Pensionsauszahlung werde von der Rechtsanwaltskammer unabhängig von den übrigen Voraussetzungen auch von der Mitgliedschaft in der Kammer abhängig gemacht. In anderen Pensionskassen sei im Fall des Ausscheidens die Übertragung der eingezahlten Beiträge an eine andere Versorgungseinrichtung oder die anteilige Rückzahlung gegen Verzicht auf den Pensionsanspruch möglich. Die Satzung der Versorgungseinrichtung sehe für den Fall des freiwilligen Verzichtes auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft die Auszahlung einer Abfindung an Stelle des Todfallsbeitrages vor. Weiters sehe § 12 Satzung/Neu Leistungen in besonderen Härtefällen vor. Die Übertragung eingezahlter Beiträge an andere Versorgungseinrichtungen über Antrag sei ebenfalls vorgesehen. Sie habe mehr als 20 Jahre hindurch die von der Rechtsanwaltskammer vorgeschriebenen Beiträge zu den Versorgungseinrichtungen bezahlt. Auf Grund der Abweisung eines Konkursantrages der Wiener Gebietskrankenkasse mangels kostendeckenden Vermögens, der eine Folge der Aufrechterhaltung des Berufsverbotes gemäß § 19 DSt 1990 durch den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer gewesen sei, erhalte die Beschwerdeführerin nunmehr weder eine Pension noch eine anteilige Rückzahlung ihrer Beiträge zu Teil A samt Veranlagungsgewinn und die Rechtsanwaltskammer behalte die von ihr im Hinblick auf ihre Pensionsvorsorge bezahlten Beiträge ohne Gegenleistung zur Vermehrung ihres Vermögens ein. Diese Vorgangsweise und die Schaffung der Möglichkeit hiezu durch die Formulierung der Satzung entspreche einer Enteignung.

Dies werde dadurch verschärft, dass der Eintritt der Voraussetzung einer Löschung gemäß § 34 RAO durch entsprechend lange Aufrechterhaltung eines Berufsverbotes als einstweilige Maßnahme nahezu zwingend herbeigeführt werden könne, da wenige Freiberufler über ausreichende Vermögensreserven für die Deckung sämtlicher Ausgaben während eines längeren Zeitraumes verfügten und die Beschwerdeführerin nicht die Absicht gehabt habe, in absehbarer Zeit in Pension zu gehen. Sie hätte den ihr von einer langjährigen Angestellten durch kriminelle Handlungen gegen ihr Vermögen zugefügten Schaden unabhängig vom Abschluss der Gerichtsverfahren gegen sie und der Einbringlichkeit ihrer Forderungen sanieren können, wenn ihr die Möglichkeit der Berufsausübung nicht durch das am 17. Jänner 2002 als einstweilige Maßnahme verhängte Berufsverbot genommen worden wäre. Die Möglichkeit der Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser einstweiligen Maßnahme sei ihr dadurch genommen worden, dass Konsequenzen analog dem Todesfall angewendet und das Verfahren abgebrochen worden sei und sie dadurch nicht mehr die Möglichkeit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gehabt habe. Bei der anteiligen Rückzahlung der Beiträge werde dieses Analogie jedoch nicht herangezogen.

Durch diese "Machtkonzentration der Verfassung der Satzungen, der Einhebung, Verwaltung und Bestimmung über Auszahlung von Pensionsbeiträgen und Zuerkennung von Pensionen oder Abfindungszahlungen und der Disziplinargewalt und der dadurch gegebenen Möglichkeit der Herbeiführung der Voraussetzungen für eine Streichung aus der Liste in der selben Kammer und der Zwangsmitgliedschaft in dieser Kammer als Voraussetzung für die Berufsausübung" sei sie gegenüber Staatsbürgern, die zur Ausübung ihres Berufes Mitglieder einer Kammer sein müssen, ohne einen Zugriff dieser Kammer auf ihre Pensionsbeiträge dulden zu müssen, und nicht einer derartigen Machtkonzentration in ihrer Kammer unterworfen seien, schlechter gestellt.

Sie sei daher durch die Abweisung ihres Antrages auf anteilige Rückzahlung ihrer Beitragsleistungen samt Veranlagungsgewinn sowie die Ablehnung der Übertragung an eine andere inländische Versorgungseinrichtung gegenüber Staatsbürgern, die Mitglieder anderer Pensionskassen seien, schlechter gestellt. Durch die Nichtanwendung der Möglichkeit zur Bezahlung einer Abfindung an Stelle eines Todfallsbeitrages, der Nichtanwendung der Bestimmungen analog dem freiwilligen Verzicht und dem Todesfall und die Nichtanwendung der Möglichkeit von Leistungen gemäß § 12 der Satzung/Neu sei sie gegenüber anderen ehemaligen Mitgliedern der Rechtsanwaltskammer, denen diese Zahlungen geleistet würden und werden, schlechter gestellt.

Die Beschwerdeführerin trägt damit ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken vor. Dieselben Bedenken hat der Verfassungsgerichtshof - wie bereits erwähnt - mit dem angeführten Ablehnungsbeschluss nicht geteilt und die Beschwerde, allein wegen Aussichtslosigkeit, negativ behandelt.

Die belangte Behörde führt in der Gegenschrift aus, dass die Versorgungseinrichtung Teil A nach der Satzung/Alt bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für die Altersrente für alle Rechtsanwälte/innen eine gleich hohe Alterpension vorsah, ungeachtet dessen, wie viele Jahre über die Wartezeit hinaus von dem jeweiligen Mitglied Beiträge in das Versorgungssystem einbezahlt worden waren. Die Satzung sah umgekehrt keine Refundierung von Beiträgen oder auch keine geringere Alterspension für diejenigen vor, die vor Erreichen der Altersgrenze - aus anderen Gründen als wegen Berufsunfähigkeit - aus der Liste der Rechtsanwälte ausgeschieden waren. Auf diesen Prämissen basierte die Kalkulation der Beiträge (Umlagen) und der Leistungen (insbesondere Alters- und Berufsunfähigkeitspension). Dieses sehr einfache Umlagensystem sei durch die Satzung/Neu modifiziert worden, indem insbesondere an die Stelle einer einheitlichen Alterspension ein nach der Anzahl der Beitragsmonate differenzierender Rentenanspruch getreten ist. Nach dem neuen System verfallen nun auch die geleisteten Beiträge bei vorzeitigem Austritt nicht, sondern können bei Erfüllung aller Voraussetzungen Grundlage eines eigenen Pensionsanspruches sein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mit verfassungsrechtlichen Bedenken zu § 50 RAO in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 93/2003 im Hinblick darauf auseinander gesetzt, dass die Leistungen aus der Versorgungseinrichtung nur bei Erfüllung der Voraussetzungen gewährt wurden und keine Rückerstattung von eingezahlten Beiträgen im Falle der Nichterfüllung dieser vorgesehen war (siehe das Erkenntnis vom 6. Juli 1999, Zl. 99/10/0104, VwSlg. Nr. 15.189A/1999, der die Beschwerde erhebende ehemalige Rechtsanwalt hatte 31 Jahre lang Beiträge zur Versorgungseinrichtung entrichtet, bevor er nach einem vom Disziplinarrat ausgesprochenen Berufsverbot und einer Konkurseröffnung die Streichung aus der Liste der Rechtsanwälte beantragte und daher in dem wenig später eintretenden Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen war). Er hat dazu Folgendes ausgesprochen:

"Es ist kein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot darin zu sehen, dass die Regelung den Versorgungsanspruch auf Grund des Versorgungsfalles des Alters von der Standeszugehörigkeit im Zeitpunkt des Eintrittes des Versorgungsfalles abhängig macht. Diese Regelung hatten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts schon mehrfach anzuwenden; dabei sind keine Bedenken gegen die Sachlichkeit der Regelung entstanden (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1977, B 412/75, und vom 9. Oktober 1982, Slg. 9534, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1980, Zl. 515/78). Es kann auch nicht gesagt werden, dass die Regelung wegen des Fehlens einer Verpflichtung der Versorgungseinrichtung, geleistete Beiträge rückzuerstatten, wenn der Versorgungsfall nicht eintritt, nicht sachlich wäre. Der Verfassungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass es verfehlt wäre anzunehmen, der Grundsatz der Äquivalenz hätte auch für die Sozialversicherung zu gelten (vgl. das Erkenntnis vom 14. Juli 1991, Slg. 12.739); unter dem Aspekt des Zusammenschlusses der Angehörigen eines Berufsstandes zu einer Risikogemeinschaft ist dieser Gedanke auch auf das System der Altersversorgung der Rechtsanwälte zu übertragen. Ebenso wenig hat der Verfassungsgerichtshof eine Einbeziehung der Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwälte in das System der Wanderversicherung als verfassungsrechtlich geboten angesehen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1987, Slg. 11.469, sowie das Erkenntnis des VwGH vom 28. Juni 1994, Zl. 93/08/0009)."

Auch die vorliegenden Beschwerde gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

Die von der Beschwerdeführerin erhobenen gleichheitsrechtlichen Bedenken sind im Übrigen ganz allgemein und nicht näher konkretisiert (u.a. dahingehend, ob überhaupt Vergleichbares vorliegt, welche Regelungen genau etwa in anderen Pensionskassen oder Versorgungseinrichtungen gelten) und es werden die unterschiedlichsten Regelungen und Aspekte insbesondere der Satzung/Neu nur kursorisch angesprochen (die Satzung/Neu kommt aber für die Beschwerdeführerin, ohne dass dies verfassungsrechtliche Bedenken erwecken könnte, nur im Hinblick auf die angeführte Übergangsbestimmung zur Anwendung), sodass darauf nicht weiter eingegangen werden muss. Die angeführte Übergangsbestimmung der Satzung/Neu bestimmt auch ausdrücklich jene Voraussetzungen, auf Grund derer u.a. im Fall des Erlöschens der Berufsbefugnis vor Inkrafttreten der Satzung/Neu und vor Erreichen der Altersgrenze die bereits erworbenen Beitragsmonate weiter zu berücksichtigen sind. Auch diese Regelung, deren Voraussetzungen die Beschwerdeführerin unbestritten derzeit nicht erfüllt (die sie aber in der Zukunft unter Umständen noch erfüllen könnte), ist nicht als unsachlich zu erkennen.

Nach den maßgeblichen Regelungen der im vorliegenden Fall vor allem anzuwendenden Satzung/Alt und den Übergangsbestimmungen der Satzung/Neu ergibt sich für die verfahrensgegenständlichen Anträge keine Grundlage für eine positive Erledigung. Dies wird auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. Mai 2009

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