Normen
GGBG 1998 §27 Abs2;
GGBG 1998 §27 Abs3 lita;
GGBG 1998 §27 Abs3 litb;
GGBG 1998 §27 Abs4;
VStG §37 Abs5;
VStG §37a Abs1;
VStG §37a Abs2;
VStG §37a Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
GGBG 1998 §27 Abs2;
GGBG 1998 §27 Abs3 lita;
GGBG 1998 §27 Abs3 litb;
GGBG 1998 §27 Abs4;
VStG §37 Abs5;
VStG §37a Abs1;
VStG §37a Abs2;
VStG §37a Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Betrag von EUR 750,--, der als vorläufige Sicherheit wegen des Verdachtes einer Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) von der Beschwerdeführerin eingehoben worden war, gemäß § 37a Abs 5 in Verbindung mit § 37 Abs 5 VStG für verfallen erklärt. Nach der Begründung dieses Bescheides habe der begründete Verdacht bestanden, dass die Beschwerdeführerin die in einer Anzeige näher ausgeführte Übertretung des GGBG begangen habe. Eine Strafverfolgung bzw der Vollzug der Strafe erweise sich als unmöglich, weil die Beschwerdeführerin ihren Sitz in Luxemburg habe, einem Staat, mit dem ein Amts- und Rechtshilfeabkommen in Verwaltungssachen nicht bestehe. Aus diesem Grunde könne nicht einmal die für die Verwaltungsübertretung strafrechtlich verantwortliche natürliche Person ermittelt werden.
Der in der Berufung hervorgehobene Umstand, dass der Lenker der verfahrensgegenständlichen Beförderungseinheit seinen Hauptwohnsitz in Österreich habe, ändere daran nichts, da sich die in § 27 Abs 4 letzter Satz GGBG normierte Vertretereigenschaft nicht auf das Strafverfahren erstrecke. Auch wenn sich, so die Berufung, in Österreich eine "Schwesterfirma" der Beschwerdeführerin befinde, könne gegen diese kein Strafverfahren durchgeführt werden. Die Bescheinigung über die vorläufige Sicherheit/Beschlagnahme habe zwingend dem Lenker ausgestellt werden müssen, weil kein Vertreter des Beförderers vorhanden gewesen sei; wer dem Lenker das Geld für die vorläufige Sicherheit gegeben habe, sei unerheblich.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
2.1. Gemäß § 37a Abs 1 VStG kann die Behörde besonders geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigen, nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen eine vorläufige Sicherheit bis zum Betrag von EUR 180,-- festzusetzen und einzuheben. Besondere Ermächtigungen in anderen Verwaltungsvorschriften bleiben unberührt.
Gemäß § 37a Abs 2 VStG kann sich die Ermächtigung darauf beziehen, dass das Organ von Personen, die auf frischer Tat betreten werden und bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird, die vorläufige Sicherheit einhebt (Z 2).
Gemäß § 37a Abs 5 VStG wird die vorläufige Sicherheit frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder wenn nicht binnen sechs Monaten gemäß § 37 Abs 5 der Verfall ausgesprochen wird.
Gemäß § 37 Abs 5 VStG kann die Sicherheit für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist.
Gemäß § 27 Abs 4 GGBG kann als vorläufige Sicherheit im Sinne des § 37a VStG bei Verdacht einer Übertretung gemäß § 27 Abs 2 GGBG oder gemäß § 27 Abs 3 lit a GGBG ein Betrag bis EUR 7.500,--, bei Verdacht einer Übertretung gemäß § 27 Abs 3 lit b GGBG ein Betrag bis EUR 2.500,-- festgesetzt werden. Der Lenker der Beförderungseinheit gilt als Vertreter des Beförderers, falls nicht dieser selbst oder ein von ihm bestellter Vertreter bei den Amtshandlungen anwesend ist.
2.2.1. Die belangte Behörde hat - wie dargestellt - die Auffassung vertreten, schon das Fehlen eines entsprechenden Amts- und Rechtshilfeabkommens belege die Unmöglichkeit der Strafverfolgung und des Strafvollzugs und rechtfertige damit den Ausspruch des Verfalls.
2.2.2. Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, weder die erstinstanzliche noch die belangte Behörde habe irgendeine Ermittlungstätigkeit vorgenommen. Es könne daher keine Rede davon sein, dass sich die Strafverfolgung "als unmöglich erwiesen" habe. Wäre der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und ihr Parteiengehör eingeräumt worden, hätte sie darlegen können, dass ihre Geschäftsführerin ihren Wohnsitz in Österreich habe. Dies hätte die belangte Behörde auch aus eigenem, etwa durch Einsichtnahme in das - im Internet abrufbare - Handelsregister, feststellen können. Sie wäre dann - so wie im Übrigen auch in einem näher genannten Parallelverfahren - zum Ergebnis gelangt, dass eine Strafverfolgung in Österreich möglich und der Ausspruch des Verfalls deshalb unzulässig ist.
2.2.3. Diese Ausführungen sind zielführend:
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2006/03/0129, dargelegt, dass das Fehlen eines entsprechenden Amts- und Rechtshilfeabkommens mit dem Sitzstaat allein noch nicht zwingend die Unmöglichkeit einer Strafverfolgung erweist. In einem weiteren hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2007/03/0174, wurde zudem ausgeführt, dass unter Berufung auf die Unmöglichkeit des Strafvollzugs der Verfall erst dann ausgesprochen darf, wenn tatsächlich schon eine Strafe rechtskräftig verhängt worden ist. Auf die Entscheidungsgründe dieser Erkenntnisse wird gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen.
Vor diesem Hintergrund erweist sich die Auffassung der belangten Behörde als verfehlt.
2.3. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 17. April 2009
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)