VwGH 2006/08/0030

VwGH2006/08/003021.1.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des A in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Günter Harrich, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Margaretenstraße 91/10, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 14. November 2005, Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/1218/56/2005-7555, betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §7 Abs3 Z1;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2 idF 2005/I/102;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z3;
AlVG 1977 §8;
AlVG 1977 §9;
AsylG 1997 §19;
AuslBG §4 Abs3 Z7 idF 2004/I/028;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z1;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2 idF 2005/I/102;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z3;
AlVG 1977 §8;
AlVG 1977 §9;
AsylG 1997 §19;
AuslBG §4 Abs3 Z7 idF 2004/I/028;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer die Aufwendungen von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, beantragte am 22. April 2005 Arbeitslosengeld.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung dieses Antrages nicht statt. Zur Begründung dieser Entscheidung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzung des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG (idF BGBl. I Nr. 102/2005), wonach er sich berechtigt im Bundesgebiet aufhalten müsse, um eine unselbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen und auszuüben. Der Asylantrag des Beschwerdeführers sei als unzulässig zurückgewiesen worden, weil Spanien für sein Asylverfahren zuständig sei. Einer telefonischen Auskunft des Bundesasylamtes zu Folge habe der Beschwerdeführer "trotz des Berufungsverfahrens keinen Status als Asylwerber mit vorläufigem Aufenthaltsrecht nach § 19 AsylG". Daher sei er nicht verfügbar iSd § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

§ 7 Abs. 3 AlVG idF BGBl. I Nr. 102/2005 lautet:

"(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,

1. die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält,

2. die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben, und

3. die nicht den Tatbestand des § 34 Abs. 3 Z 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75, unter Berücksichtigung des § 34 Abs. 4 FrG erfüllt."

Gemäß § 19 AsylG 1997 besteht grundsätzlich eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung während eines Asylverfahrens.

Gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG in der vom 1. Mai 2004 bis zum 31. Dezember 2005 anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 28/2004 darf eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn der Ausländer über eine Niederlassungsbewilligung (ausgenommen nach § 19 Abs. 5 FrG), über eine Aufenthaltserlaubnis, die die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gestattet (§ 10 Abs. 4 und § 12 Abs. 2 und 2a FrG), oder über eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 AsylG verfügt oder einen Asylantrag eingebracht hat, über den seit drei Monaten nicht rechtskräftig abgesprochen wurde, und das Verfahren nicht eingestellt wurde (§ 30 AsylG) oder auf Grund einer Verordnung gemäß § 29 FrG zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist oder Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit genießt, ausgenommen im Falle eines Antrages auf Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung oder im Falle des § 27 FrG.

Sollte er im leistungsgegenständlichen Zeitraum ein vorläufiges Aufenthaltsrecht im Sinne des § 19 AsylG 1997 gehabt haben und über seinen Asylantrag schon ab Beginn dieses Zeitraumes seit drei Monaten nicht rechtskräftig abgesprochen worden sein, sodass nach § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG (unter den weiteren im AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen) die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für ihn in Frage kam, so wäre er - vorbehaltlich des Ergebnisses einer Prüfung nach § 7 Abs. 3 Z. 1 und 3 sowie §§ 8, 9 und 12 AlVG - ungeachtet des Erfordernisses einer Bewilligung nach dem AuslBG gemäß § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG verfügbar, denn diese Bestimmung stellt nur auf eine entsprechend qualifizierte Aufenthaltsberechtigung (hier: gemäß § 19 AsylG iVm § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG) ab, nicht aber auf die Erfüllung noch etwaiger anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften, die für den tatsächlichen konkreten Antritt einer Beschäftigung im Einzelfall eventuell noch nötig sein könnten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2008, Zl. 2007/08/0183).

Die belangte Behörde hätte somit - wie von der Beschwerde im Ergebnis zutreffend aufgezeigt wird - Feststellungen über den Verlauf und den Stand des Asylverfahrens des Beschwerdeführers treffen und rechtlich beurteilen müssen, ob dem Beschwerdeführer das genannte Aufenthaltsrecht (das Bestehen eines anderen wurde nicht behauptet) zukommt. Die telefonisch erfragte Rechtsansicht einer anderen Behörde (der Asylbehörde) über das Bestehen eines vorläufigen Aufenthaltsrechts des Beschwerdeführers ist für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 21. Jänner 2009

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