Normen
GütbefG 1995 §24;
GütbefG 1995 §7 Abs1;
GütbefG 1995 §9 Abs1;
VStG §37 Abs5;
VStG §37a Abs5;
GütbefG 1995 §24;
GütbefG 1995 §7 Abs1;
GütbefG 1995 §9 Abs1;
VStG §37 Abs5;
VStG §37a Abs5;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde die von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 21. November 2005 wegen einer Übertretung nach § 9 Abs 1 in Verbindung mit § 7 Abs 1 GütbefG von L.N. als Vertreter der Beschwerdeführerin eingehobene vorläufige Sicherheit in der Höhe von EUR 1.453,-- gemäß § 37a Abs 5 VStG in Verbindung mit § 37 Abs 5 VStG für verfallen erklärt.
Begründend führte die belangte Behörde, nach einer zusammenfassenden Wiedergabe des Verfahrensgangs, einer wörtlichen Wiedergabe des Protokolls über die mündliche Berufungsverhandlung und einer Darlegung der maßgebenden Rechtsvorschriften, im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Beschwerdeführerin (mit Sitz und Standort in der tschechischen Republik) habe die verfahrensgegenständliche, von der Gemeinschaftslizenzpflicht erfasste gewerbliche Güterbeförderung im Bundesgebiet durchgeführt, wobei bei der Ausreisekontrolle aus dem Bundesgebiet dem Kontrollorgan über dessen ausdrückliches Verlangen vom Fahrer keine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz vorgewiesen werden konnte, weil eine derartige nicht mitgeführt worden sei. Im Anschluss daran folgerte die belangte Behörde - wörtlich - Folgendes:
"Die erkennende Behörde misst der widerspruchsfreien Aussage des im Gegenstand einvernommenen Zeugen B Glaubwürdigkeit zu und vermeint in diesem Zusammenhang, dass dem Fahrer L N hinreichend Zeit zur Nachsuche der Lizenz im Fahrzeug Zeit gewährt wurde und geht nach der Sachlage, selbst wenn tatsächlich die beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug mitgeführt worden sei, von der Erfüllung des Tatbestandes des § 9 Abs 1 GütbefG und der Betretung auf frischer Tat dabei aus. Der Umstand, dass die beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz mitgeführt wurde, war dem Fahrer selbst nicht hinreichend bewusst und kommt die ev. Verwahrung der beglaubigten Abschrift der Gemeinschaftslizenz in der Form, dass mehrere Stunden zu deren Auffindung benötigt werden, der Tatbestandsverwirklichung durch den Unternehmer, nicht dafür gesorgt zu haben, dass eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz im KFZ mitgeführt wird, gleich. Nach den unbedenklichen Ergebnissen des im Gegenstand durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere auf Grund des glaubwürdigen Vorbringens des Fahrers, gelangt die erkennende Behörde zu der Auffassung, dass im Betrieb der (Beschwerdeführerin) ein Kontrollsystem, das geeignet gewesen wäre, Vorfälle wie den gegenständlichen zu verhindern, überhaupt nicht etabliert war und es vielmehr ausschließlich den Fahrschaften überlassen war, die auch firmenmäßig dafür verantwortlich zu zeichnen scheinen, für das Vorhandensein der entsprechenden Papier zu sorgen."
Es sei von der Beschwerdeführerin mangelndes Verschulden nicht glaubhaft gemacht worden und habe das Verfahren keine Hinweise auf das Vorliegen von Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgründen ergeben. Mangels Bestehen eines Rechtshilfeübereinkommens mit dem Sitzstaat sei "eine objektivierbare Hinterfragung der Unternehmungsstruktur bei juristischen Personen nicht möglich" und habe das Verfahren keinerlei Hinweise dafür ergeben, dass gegenüber den außenvertretungsbefugten Organen der Beschwerdeführerin der Vollzug einer zu verhängenden Strafe möglich wäre. Es seien daher die Voraussetzungen nach § 37 Abs 5 VStG gegeben gewesen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Gemäß § 7 Abs 1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland ist außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 leg cit auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:
- 1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr.881/92 ,
- 2. Genehmigung auf Grund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.Juni1973,
3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,
4. auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.
Gemäß § 9 Abs 1 GütbefG hat der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs 1 leg cit angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.
Gemäß § 24 GütbefG kann als vorläufige Sicherheit im Sinne des § 37a VStG bei Verdacht einer Übertretung der Vorschriften über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen (§§ 7 bis 9 GütbefG) ein Betrag von 1 453 Euro festgesetzt werden. Bei Verdacht einer Übertretung des Unternehmers gilt dabei der Lenker als Vertreter des Unternehmers, falls nicht dieser selbst oder ein von ihm bestellter Vertreter bei den Amtshandlungen anwesend ist.
Gemäß § 37a Abs 1 VStG kann die Behörde besonders geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigen, nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen eine vorläufige Sicherheit bis zum Betrag von EUR 180,-- festzusetzen und einzuheben. Besondere Ermächtigungen in anderen Verwaltungsvorschriften bleiben unberührt.
Gemäß § 37a Abs 2 VStG kann sich die Ermächtigung darauf beziehen, dass das Organ von Personen, die auf frischer Tat betreten werden und bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird, die vorläufige Sicherheit einhebt (Z 2).
Gemäß § 37a Abs 5 VStG wird die vorläufige Sicherheit frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder wenn nicht binnen sechs Monaten gemäß § 37 Abs 5 VStG der Verfall ausgesprochen wird.
Gemäß § 37 Abs 5 VStG kann die Sicherheit für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist.
2.2. Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, der Verfallsbescheid sei zu Unrecht gegenüber L N als Vertreter der Beschwerdeführerin erlassen worden, weil gemäß § 24 GütbefG nur hinsichtlich der Einhebung der Sicherheitsleistung der Lenker als Vertreter des Beförderers gelte, nicht aber auch hinsichtlich des Ausspruchs des Verfalls.
Der Verfallsausspruch sei darüber hinaus schon deshalb zu Unrecht ergangen, weil die Beschwerdeführerin das ihr angelastete Delikt (nicht dafür gesorgt zu haben, dass die notwendige Gemeinschaftslizenz mitgeführt werde) gar nicht begangen habe, zumal sich die Gemeinschaftslizenz tatsächlich im Fahrzeug befunden habe und vom Fahrer, wenn auch verspätet, vorgelegt werden habe können.
2.3. Zu diesem Vorbringen kann gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf das - insoweit vergleichbare - hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2006/03/0129, verwiesen werden. Aus den in diesem Erkenntnis dargelegten Gründen erweist sich auch der im Beschwerdefall ergangene Verfallsausspruch als rechtswidrig.
2.4. Die belangte Behörde hat im Übrigen die Auffassung vertreten, jedenfalls der Umstand, dass eine zu verhängende Strafe mangels Vorliegen eines entsprechenden Rechtshilfeabkommens nicht vollzogen werden könnte, rechtfertige den Ausspruch des Verfalls.
Dass dies nicht zutrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2007/03/0174, auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird, dargelegt.
3. Aus dem Gesagten folgt, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 17. April 2009
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