VwGH 2006/01/0886

VwGH2006/01/088623.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der S J (geboren 1971) in Wien, vertreten durch Dr. Elisabeth Nowak, Rechtsanwältin in 1190 Wien, Gymnasiumstraße 68/6, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. September 2006, Zl. 262.351/0-V/13/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres),

Normen

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides (Ausweisung der Beschwerdeführerin) wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Die Beschwerdeführerin reiste letztmalig im Mai 1995 in das österreichische Bundesgebiet ein und hält sich seitdem ununterbrochen im Bundesgebiet auf.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. November 2000 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 ausgewiesen. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 2001, Zl. 2000/18/0251, als unbegründet abgewiesen.

Ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Niederlassung wurde mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 12. November 2001 abgewiesen.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. November 2000 wurde die Beschwerdeführerin gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten bedingt auf drei Jahre Probezeit rechtskräftig verurteilt.

Am 30. März 2004 beantragte die Beschwerdeführerin, ihr und ihren drei minderjährigen Kindern Asyl zu gewähren.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den - ihren Asylantrag abweisenden - Bescheid des Bundesasylamtes (BAA) vom 27. Juni 2005 gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin "nach der Republik Serbien (nicht Provinz Kosovo)" zulässig sei (Spruchpunkt 2.). Zudem wurde die Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet "nach der Republik Serbien (nicht Provinz Kosovo)" ausgewiesen (Spruchpunkt 3.).

Zur Ausweisung nach § 8 Abs. 2 AsylG (Spruchpunkt 3.) führte die belangte Behörde aus, es sei nicht hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK berührt wäre, da sie nicht behauptet habe, zu einem Angehörigen ihrer Kernfamilie oder auch allenfalls einem der beiden Väter ihrer mj. Kinder innerhalb des österreichischen Bundesgebietes in einem beziehungsintensiven Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis zu stehen. Auch habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass sich eine Mehrzahl ihrer Geschwister mutmaßlich noch in ihrem Herkunftsstaat aufhalte, weshalb davon auszugehen sei, dass "hypothetische familiäre Anknüpfungspunkte mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit" im Herkunftsstaat zu suchen seien.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zu I.:

Mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zlen. 2006/01/0954 bis 0956, wurden die eine Ausweisung der drei Kinder der Beschwerdeführerin verfügenden Spruchpunkte 3. der zu diesen Zlen. angefochtenen Bescheide der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Schon aus diesem Grund kann auch der die Ausweisung der Beschwerdeführerin verfügende Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides nicht Bestand haben (vgl. zur "partiellen" Ausweisung von Familienangehörigen etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2006/01/0085, mwN), ohne dass darauf einzugehen war, ob im Beschwerdefall eine ausreichende fallbezogene Abwägung vorgenommen wurde (vgl. hiezu das zitierte Erkenntnis vom heutigen Tage, mwN).

Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. Nr. 455.

Zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerde wirft - soweit sie sich auf die Spruchpunkte

1. und 2. des angefochtenen Bescheides bezieht - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung in diesem Umfang sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die genannten Spruchpunkte richtet, abzulehnen.

Wien, am 23. September 2009

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