VwGH 2008/21/0204

VwGH2008/21/020429.4.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des M, vertreten durch Mag. Wolfgang Auner Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 8700 Leoben, Parkstraße 1/I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Steiermark vom 17. Dezember 2007, Zl. Fr 290/2004, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Gambia, gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.

Zur Begründung dieser Maßnahme verwies sie auf das am 10. Jänner 2007 in Rechtskraft erwachsene Urteil des Amtsgerichtes Darmstadt, womit der Beschwerdeführer wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden sei. Wegen eines anhängigen Verfahrens beim Landesgericht für Strafsachen Graz sei der Beschwerdeführer am 3. April 2007 Beamten der Justizanstalt Salzburg übergeben worden. Der Beschwerdeführer habe sich spätestens im Herbst 2005 entschlossen, in den gewerbsmäßigen Drogenhandel einzusteigen, um sich durch die wiederkehrende Begehung von Verkäufen großer Mengen von Suchtgift eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Zu diesem Zweck habe er im Zeitraum Herbst 2005 bis August 2006 insgesamt 15.500 Gramm Cannabiskraut über Holland und Deutschland nach Österreich geschmuggelt. Laut Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 13. Juni 2007 (dazu im Folgenden) sei sein Vorsatz sowohl beim Schmuggel als auch beim Suchtgiftverkauf von vornherein auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet gewesen. Sein Vorsatz habe die kontinuierliche Tatbegehung und den daran geknüpften Additionseffekt umfasst. In Summe sei dabei die große Menge des § 28 Abs. 6 SMG mehrfach überschritten worden. Im Übrigen verwies die belangte Behörde auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides der Bundespolizeidirektion Graz und schloss sich ausdrücklich den Ausführungen dieser Behörde vollinhaltlich an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige - gemäß § 87 FPG auch gegen Familienangehörige von Österreichern, die ihre Freizügigkeitsberechtigung nicht in Anspruch genommen haben - zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Aus der in Ablichtung vorliegenden Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ergibt sich, dass der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Graz zu einer einjährigen Zusatzstrafe (zusätzlich zu der in der Bundesrepublik Deutschland verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren) verurteilt wurde.

Aus diesen verhängten Strafen und der - wenn auch sehr kurz gefassten - Darlegung des strafbaren Verhaltens des Beschwerdeführers im bekämpften Bescheid ist eine derart schwere Suchtgiftdelinquenz abzuleiten, dass keine Bedenken gegen die Annahme der belangten Behörde bestehen, es sei die Gefährdungsannahme des § 86 Abs. 1 FPG verwirklicht. Ob tatsächlich - wie in der Beschwerde behauptet - weitere strafbare Handlungen des Beschwerdeführers nicht zu befürchten seien, lässt sich angesichts seines bisher gezeigten strafbaren Verhaltens erst nach einer entsprechend langen Zeit des Wohlverhaltens nach Entlassung aus der Strafhaft beurteilen.

Gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot, würde dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) genannten Ziele dringend geboten ist. Ein Aufenthaltsverbot darf gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls dann nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.

Der Beschwerdeführer macht zu seinen persönlichen Verhältnissen geltend, dass er seit 24. Juni 2004 mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet sei. Mit ein Grund für kurzfristig getrennte Wohnsitze sei die Inhaftierung des Beschwerdeführers gewesen; jedoch würden die Ehepartner beabsichtigen, wiederum einen gemeinsamen Wohnsitz zu nehmen. Der Beschwerdeführer habe die Absicht, die minderjährige Tochter seiner Ehefrau zu adoptieren und er habe sich "freiwillig auf Wunsch der hiesigen Strafbehörden nach Österreich ausliefern" lassen, um mit dem Strafgericht kooperieren und nach Haftende wieder ein Familienleben aufnehmen zu können. Der Beschwerdeführer sehe die Folgen der von ihm begangenen Taten ein und es habe sich ein "entsprechendes Unrechtsbewusstsein in seiner Person gebildet".

Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Blick auf die Interessenabwägung nach § 60 Abs. 6 iVm § 66 FPG aufzuzeigen. Wegen der hohen Sozialschädlichkeit der Suchtmittelstraftaten besteht nämlich ein beträchtliches öffentliches Interesse an der Verhinderung weiterer derartiger Delikte und demzufolge ein großes Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes. Indem der Beschwerdeführer im Wesentlichen lediglich die beabsichtigte Wiederaufnahme eines Familienlebens mit seiner österreichischen Ehefrau ins Treffen führt, vermag er keine persönlichen Interessen darzulegen, die auch nur annähernd dem genannten öffentlichen Interesse gleichzuhalten wären.

Mit dem Vorbringen, eine Vernehmung seiner Ehefrau hätte eine "massive Wesensänderung" des Beschwerdeführers aufgezeigt, wird die erforderliche Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht mit der gebotenen Konkretisierung dargetan.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. April 2008

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