VwGH 2008/08/0143

VwGH2008/08/014329.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des FK in I, vertreten durch Dr. Mario Mandl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 4/III, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 28. März 2008, Zl. LGSTi/V/0552/4735 15 08 76-702/2008, betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Normen

32003L0009 Mindestnormen-RL Aufnahme Asylbewerber Art11;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
32003L0009 Mindestnormen-RL Aufnahme Asylbewerber Art11;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2;
FrPolG 2005 §62 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer machte am 17. Jänner 2008 einen Anspruch auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck geltend. Mit Bescheid vom 18. Jänner 2008 gab die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck diesem Antrag gemäß § 7 AlVG mangels Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt keine Folge. Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung, welche mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde abgewiesen wurde.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer gambischer Staatsangehöriger sei. Er sei in der Zeit vom 21. Dezember 2006 bis zum 6. Jänner 2008 in der Justizanstalt Innsbruck angehalten worden und habe dabei im Zeitraum vom 28. November 2007 bis 16. Jänner 2008 Versicherungszeiten gemäß § 66a AlVG erworben. Der Beschwerdeführer habe am 2. Jänner 2005 beim Bundesasylamt einen Antrag auf Asylgewährung eingebracht, der mit Bescheid vom 24. Mai 2005 abgewiesen worden sei. Gegen diesen Bescheid habe er am 7. Juni 2005 Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat eingebracht, wobei über diese Berufung bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die belangte Behörde noch keine Entscheidung ergangen sei. Der Beschwerdeführer habe auch eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 36b Asylgesetz 1997 erhalten, welche ihm in der Folge jedoch abgenommen worden sei. Das Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, habe der belangten Behörde auch (telefonisch) mitgeteilt, dass dem Beschwerdeführer, sollte er einen diesbezüglichen Antrag stellen, eine Aufenthaltsberechtigungskarte nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ausgestellt werden würde.

Über den Beschwerdeführer sei mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 31. August 2005 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden, welches am 16. September 2005 in Rechtskraft erwachsen sei. Der Beschwerdeführer sei bisher noch nie nach den Bestimmungen des AuslBG rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt gewesen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass das gegen den Beschwerdeführer verhängte rechtskräftige Aufenthaltsverbot gemäß § 62 Fremdenpolizeigesetz 2005 als rechtskräftiges Rückkehrverbot gelte. Die Rechtsfolge des Rückkehrverbotes/Aufenthaltsverbotes sei der Entzug des Aufenthaltsrechts des Beschwerdeführers. Dem Beschwerdeführer komme daher für die Dauer seines Asylverfahrens gemäß §§ 12 und 13 Asylgesetz nur mehr faktischer Abschiebeschutz zu. § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG stelle darauf ab, dass eine Person nur dann eine Beschäftigung aufnehmen könne und dürfe, wenn sie sich berechtigt im Bundesgebiet aufhalte, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben. Nur dann stehe diese Person dem Arbeitsmarkt in Österreich zur Verfügung. Dem Beschwerdeführer komme jedoch, da gegen ihn ein rechtskräftiges "Rückkehrverbot/Aufenthaltsverbot" erlassen worden sei, kein subjektives Recht mehr zu, sich in Österreich aufzuhalten, sondern nur mehr ein faktischer Abschiebeschutz bis zum Abschluss seines Asylverfahrens. Damit aber halte er sich im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG nicht mehr berechtigt im Bundesgebiet auf, um eine unselbständige Beschäftigung auszuüben.

Der Beschwerdeführer vertrete die Meinung, dass ihm auf Grund des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden könne, da er einen Asylantrag eingebracht habe, über den seit drei Monaten nicht rechtskräftig abgesprochen worden sei. Dem sei entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber des AuslBG davon ausgehe, dass dem Asylwerber ein Aufenthaltsrecht im Sinne des § 13 Asylgesetz zukommen müsse. Ein derartiges Aufenthaltsrecht komme jedoch einem Asylwerber, gegen den ein rechtskräftig verhängtes "Rückkehrverbot/Aufenthaltsverbot" verhängt worden sei, nicht zu und er erfülle damit nicht die fremdenrechtlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 7 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 104/2007, hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat. Nach § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer (u.a.) eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf.

§ 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG lautet:

"Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person, ...

2. die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben ..."

2. Soweit der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel geltend macht, dass die belangte Behörde aktenwidrig angenommen habe, dem Beschwerdeführer stehe kein Aufenthaltsrecht in Österreich zu, verweist er auf die im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Auskunft des Bundesasylamts gegenüber der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch auf Ausstellung einer Aufenthaltsberechtigungskarte (nunmehr gemäß § 51 Asylgesetz 2005) habe. Die belangte Behörde wäre, hätte sie den Sachverhalt entsprechend dem Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit ermittelt, zum Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 36b Asylgesetz 1997 zum rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich berechtigt sei und im Hinblick auf Art. 11 der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Jänner 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass dem Beschwerdeführer die gemäß § 36b AsylG 1997 ausgestellte Aufenthaltsberechtigungskarte entzogen wurde. Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der belangten Behörde telefonisch eingeholte Auskunft des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, wonach dem Beschwerdeführer, sollte er einen diesbezüglichen Antrag stellen, "eine Aufenthaltsberechtigungskarte nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ausgestellt werden" würde, im Hinblick auf das rechtskräftige Aufenthaltsverbot zutreffend ist bzw. ob diese Auskunft von der belangten Behörde ihren - nicht eindeutig ausgewiesenen - Feststellungen zu Grunde gelegt wurde, da jedenfalls auch der Beschwerdeführer selbst nicht vorbringt, im Zeitraum zwischen der Antragstellung auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld und der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Besitz einer Aufenthaltsberechtigungskarte gewesen zu sein.

3. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, dass über ihn ein - seit 16. September 2005 rechtskräftiges - unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde.

Gemäß § 125 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 gelten Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeit bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit der selben Gültigkeitsdauer. Besteht gegen einen Fremden, der am 1. Jänner 2006 Asylwerber ist, ein Aufenthaltsverbot, so gilt dieses Aufenthaltsverbot als Rückkehrverbot.

Gemäß § 62 FPG 2005 gilt das Rückkehrverbot als Entzug des Aufenthaltsrechtes.

Der Beschwerdeführer hält sich daher im Sinne der Bestimmungen des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG, die materiell auf die jeweils geltenden, den Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet regelnden Bestimmungen verweist, nicht berechtigt im Bundesgebiet auf, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2007, Zl. 2007/08/0244).

4. Daran ändert auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf Art. 11 der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Jänner 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten nichts. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. September 2008, Zl. 2007/08/0216, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ausgesprochen hat, fällt die Setzung fremdenpolizeilicher Maßnahmen, die dem Asylbewerber das Aufenthaltsrecht aus Gründen der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit entziehen, nicht in den Regelungsbereich der Richtlinie; vielmehr stellt die Richtlinie in der Definition ihres Anwendungsbereiches ausdrücklich darauf ab, dass sie für alle Drittstaatsangehörigkeiten und Staatenlosen, die an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates Asyl beantragen, nur so lange gilt, als sie im Hoheitsgebiet verbleiben dürfen, worunter das Vorhandensein einer (nicht entzogenen) Aufenthaltsberechtigung zu verstehen ist.

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. Oktober 2008

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