VwGH 2008/06/0175

VwGH2008/06/017518.12.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, in der Beschwerdesache des Dipl. Ing. Dr. V K in L, vertreten durch Zauner & Mühlböck Rechtsanwälte KG in 4010 Linz, Graben 21, gegen den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend einen Antrag vom 31. März 2008, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §6 Abs1;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1 Satz1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §55 Abs1 Satz2;
VwGG §58 Abs2;
VwRallg;
AVG §6 Abs1;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1 Satz1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §55 Abs1 Satz2;
VwGG §58 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 715,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers und der vorgelegten Beilage geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer stellte am 31. März 2008 an die belangte Behörde den Antrag, sie möge feststellen, dass

1. für die Ratifizierung des "EU-Reformvertrages" ("Vertrag von Lissabon") die Abhaltung einer Volksabstimmung gemäß

Artikel 44 Abs. 3 B-VG rechtlich geboten sei sowie

2. der Beschwerdeführer ein Recht darauf habe, an der gemäß

Artikel 44 Abs. 3 B-VG obligatorisch abzuhaltenden Volksabstimmung über die Ratifizierung dieses Vertrages teilzunehmen und sein Stimmrecht dabei frei auszuüben, sowie

3. der Beschwerdeführer ohne Abhaltung einer Volksabstimmung bei Ratifizierung dieses Vertrages

  1. a) keiner weiteren Wehrpflicht unterliege, hilfsweise
  2. b) im Falle einer Einberufung zu Einsätzen des österreichischen Bundesheeres, zu denen Österreich auf Grund dieses Vertrages verpflichtet sei, nicht verpflichtet sei, dieser Folge zu leisten.

    Die belangte Behörde erwiderte mit Erledigung vom 27. Mai 2008, in Beantwortung des Schreibens des Beschwerdeführers sei Folgendes mitzuteilen:

    Die erste Frage des Feststellungsantrages, nämlich ob für die Ratifizierung dieses Vertrages die Abhaltung einer Volksabstimmung gemäß Art. 44 Abs. 3 B-VG rechtlich geboten sei, falle als "Angelegenheit der Bundesverfassung" gemäß Abschnitt A Z 3 des Teiles 2 der Anlage zu § 2 des Bundesgesetzes über die Zahl, den Wirkungsbereich und die Einrichtung der Bundesministerien (Bundesministeriengesetz - BGBl. Nr. 76/1986 idgF, kurz: BMG) in den Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes und nicht in den Wirkungsbereich der belangten Behörde.

    Die zweite Frage, nämlich ob der Beschwerdeführer ein Recht darauf habe, an einer solchen Volksabstimmung teilzunehmen, falle als "Angelegenheit der Volksabstimmungen" gemäß Abschnitt E Z 6 des Teiles 2 dieser Anlage in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Inneres und somit auch nicht in den Wirkungsbereich der belangten Behörde.

    Die dritte Frage, nämlich ob der Beschwerdeführer ohne Abhaltung einer solchen Volksabstimmung keiner weiteren Wehrpflicht unterliege bzw. nicht verpflichtet sei, an bestimmten Einsätzen teilzunehmen, falle als militärische Angelegenheit gemäß Abschnitt G des Teils 2 dieser Anlage in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung und daher auch nicht in den Wirkungsbereich der belangten Behörde.

    Zusammenfassend sei daher mitzuteilen, dass die belangte Behörde für die Erlassung des vom Beschwerdeführer gewünschten Feststellungsbescheides nicht zuständig sei.

    Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer auf diese Erledigung weder repliziert noch auf seinem Begehren beharrt hat.

    Mangels Erlassung des angestrebten Bescheides erhob der Beschwerdeführer die nun vorliegende, am 8. Oktober 2008 zur Post gegebene (und beim Verwaltungsgerichtshof am 10. Oktober 2008 eingelangte) Säumnisbeschwerde. Begehrt wird die Sachentscheidung über den Antrag vom 31. März 2008 (der Verwaltungsgerichtshof wolle an Stelle der belangten Behörde die begehrten Feststellungen treffen). Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer die zuvor wiedergegebene Erledigung der belangten Behörde vorgelegt und zugleich mitgeteilt, er habe auf dieses Schreiben nicht repliziert. Zu betonen sei allerdings, dass die belangte Behörde in ihrem Schreiben nur auf ihre Unzuständigkeit hingewiesen, aber den Antrag in keiner Weise im Sinne des § 6 Abs. 1 AVG weitergeleitet habe. Nachdem er seinen Feststellungsantrag weder zurückgezogen noch modifiziert habe, habe der Beschwerdeführer "daher" unverändert auf seinem Begehren beharrt. Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters erhoben, dass die belangte Behörde (nach Einbringung der Beschwerde, aber vor deren Zustellung und der Einleitung des Vorverfahrens) den Antrag des Beschwerdeführers im Sinne ihrer Erledigung vom 27. Mai 2008 an die drei dort genannten Behörden weitergeleitet hat.

    Dies wurde dem Beschwerdeführer mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Dezember 2008 mit dem Beifügen vorgehalten, der Verwaltungsgerichtshof gehe daher davon aus, dass die Beschwerde gegenstandslos geworden sei (sogenannte "überholende Gegenstandslosigkeit").

    Der Beschwerdeführer äußerte sich mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2008 ablehnend.

    Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Diese Bestimmung ist auch im Verfahren über Säumnisbeschwerden sinngemäß anzuwenden (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 14. November 2007, Zl. 2007/04/0133, uva.).

    Die belangte Behörde hat (nach Einbringung der Beschwerde) das Anbringen an die ihrer Auffassung nach zuständigen Behörden weitergeleitet (in den Erledigungen, mit welchen die Weiterleitung erfolgte, untechnisch als "BKA", "BMI" und "BMLV" bezeichnet). Die Weiterleitung eines Anbringens gemäß § 6 Abs. 1 AVG bewirkt das Erlöschen der Entscheidungspflicht der weiterleitenden Behörde; diese Rechtswirkungen der Weiterleitung treten unabhängig davon ein, ob sie rechtens erfolgte (siehe dazu die in Hauer / Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, bei E 26 zu § 6 Abs. 1 AVG wiedergegebene hg. Judikatur, aus jüngerer Zeit auch den hg. Beschluss vom 28. Jänner 2003, Zl. 2000/18/0031). Daran vermag entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Weiterleitung an drei Stellen erfolgte (und nicht bloß an eine), und die von der belangten Behörde als zuständig angenommenen Behörden untechnisch als "BKA", "BMI" und "BMLV" bezeichnet wurden und nicht als Bundeskanzler, Bundesminister für Inneres bzw. Bundesminister für Landesverteidigung, zumal klar ist, was gemeint ist.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

    Nach § 58 Abs. 2 VwGG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997) ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen. Diese Bestimmung ist hier sinngemäß anzuwenden. Der Beschwerdeführer ist aufgrund der nach Einbringung der Beschwerde erfolgten Weiterleitung des Anbringens hinsichtlich des Kostenersatzes so zu stellen, als hätte die belangte Behörde den versäumten Bescheid nachgeholt. Es gebührt daher der Ersatz der Pauschalgebühr und des halben Schriftsatzaufwandes (§ 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 333/2003).

    Wien, am 18. Dezember 2008

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte