Normen
AHG 1949 §11;
AVG §57 Abs1;
AVG §57 Abs2;
B-VG Art131 Abs2;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs3 Z5;
FSG 1997 §7 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs4;
KDV 1967 §4 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §67;
VwRallg;
AHG 1949 §11;
AVG §57 Abs1;
AVG §57 Abs2;
B-VG Art131 Abs2;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs3 Z5;
FSG 1997 §7 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs4;
KDV 1967 §4 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §67;
VwRallg;
Spruch:
Gemäß § 67 VwGG wird festgestellt, dass die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 10. August 2004, Zl. VK-7- FSE-424/1-2004, und vom 26. November 2004, Zl. VK-7-FSE-424/5- 2004, rechtswidrig waren.
Begründung
Beim Landesgericht Klagenfurt ist zu 50 Cg 27/07d ein Verfahren zwischen M als Kläger und dem Bund ("Republik Österreich") als Beklagtem wegen EUR 4.542,18 s.A. anhängig, in welchem der Kläger geltend machte, ein Organ des Beklagten habe ihm in Vollziehung der Gesetze durch rechtswidriges Verhalten schuldhaft einen Vermögensschaden in der genannten Höhe zugefügt.
Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 10. August 2004 wurde die Lenkberechtigung des Klägers für die Klassen A und B für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab dem Tag der Bescheidzustellung (13. August 2004), entzogen. Begründend führte die Behörde aus, dass das Kraftfahrzeug des Klägers am 26. Juli 2004 einer besonderen Überprüfung gemäß § 56 KFG 1967 unterzogen und dabei festgestellt worden sei, dass sich das Fahrzeug offensichtlich nicht in einem verkehrs- bzw. betriebssicheren Zustand befunden habe ("rechte und linke Reifen - schleifen an der Karosserie, rechte und linke Reifen innen unter der Mindestprofiltiefe"). Da durch die Weiterverwendung des Kraftfahrzeuges die Verkehrs- und Betriebssicherheit gefährdet gewesen und außerdem Gefahr im Verzug vorgelegen sei, seien die Kennzeichentafeln im Sinne des § 57 Abs. 8 KFG vorläufig abgenommen worden. Es sei vom Sachverständigen festgestellt worden, dass der Kläger als Fahrzeuglenker das Kraftfahrzeug nicht mehr hätte in Betrieb nehmen dürfen, weil ihm diese Mängel vor Inbetriebnahme des Kraftfahrzeuges jederzeit und zumutbar erkennbar gewesen seien. Das Verhalten des Klägers sei als bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z 5 FSG anzusehen, seine Verkehrszuverlässigkeit sei nicht gegeben, weshalb eine "Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen (§ 25 Abs. 3 leg.cit.)" sei.
Dagegen erhob der Kläger Vorstellung und bemängelte den Untersuchungsbericht des Sachverständigen.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 26. November 2004 wurde der Mandatsbescheid vom 10. August 2004 bestätigt. In der Begründung führte die Behörde aus, bei der Überprüfung gemäß § 56 KFG 1967 sei laut beiliegendem Prüfgutachten festgestellt worden, dass sich an den Reifen der zweiten Achse, rechts und links an der Außenseite des Reifens, Schleifspuren befunden hätten. Bezüglich der Unterschreitung der Mindestprofiltiefe an den Reifen der ersten Achse könne ausgeführt werden, dass "die Tiefe der für die Ableitung des Wassers von der Lauffläche des Reifens erforderlichen Vertiefung des Laufstreifens im mittleren Bereich der Lauffläche, nur mehr zu zwei Viertel der Laufflächenbreite mit 1,6 mm Profiltiefe gegeben" gewesen sei. Das vom Kläger beantragte KFZ-Sachverständigengutachten habe nicht eingeholt werden müssen, weil das Amtssachverständigengutachten schlüssig sei. Auch im Übrigen folgte die Behörde den Ausführungen im Mandatsbescheid.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2005 gab der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten der vom Kläger erhobenen Berufung Folge und behob den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend führte er u.a. aus, er habe seiner Entscheidung die durch die 7. FSG-Novelle (BGBl. I Nr. 15/2005) geänderte Rechtslage zu Grunde zu legen. Mit der Novelle seien die Abs. 3 und 4 des § 7 FSG mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2005 neu gefasst worden. In dieser Neufassung scheine die bis dahin geltende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 5 nicht mehr auf. Weiters führte der Unabhängige Verwaltungssenat aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bewirke das Unterschreiten der in § 4 Abs. 4 KDV vorgesehenen Mindestprofiltiefe allein noch nicht, dass eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG (in der Fassung vor der 7. FSG-Novelle) vorliege. Was das Unterschreiten der Mindestprofiltiefe der Vorderreifen anlange, hätten demnach hinreichende Feststellungen über den Zustand der Reifen getroffen werden müssen, die den Rückschluss darauf zugelassen hätten, dass bei der Verwendung des Fahrzeuges der Eintritt einer Unfallsituation zu befürchten gewesen wäre. Solche Feststellungen - hinsichtlich der tatsächlichen Profiltiefe der Vorderreifen (des vom Kläger gelenkten Kraftfahrzeuges) - seien seitens der Erstinstanz nicht getroffen worden. Zu den Schleifspuren an den Hinterreifen führte der unabhängige Verwaltungssenat aus, da nach den Ausführungen des Sachverständigen die beiden hinteren Reifen keine ersichtlichen Beschädigungen, wie Risse, Schnitte oder dergleichen, aufgewiesen und diese lediglich an der Radausschnittkante geschliffen hätten, wenn das Fahrzeug neben dem Lenker zumindest mit einer zusätzlich am Rücksitz beförderten Person besetzt gewesen sei, erscheine für den Senat das Vorliegen eines für den Kläger wahrnehmbaren augenscheinlichen schweren Mangels, d.h. die Annahme, dass bei weiterer Verwendung des Fahrzeuges jederzeit ein Reifendefekt, der unweigerlich eine Unfallsituation bedinge, eintreten könnte, trotz der dies bejahenden und von der erstinstanzlichen Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten Beurteilung des Amtssachverständigen eher fraglich. Der vorliegende Sachverhalt habe daher unter Zugrundelegung der neuen Rechtslage den Mangel der Verkehrszuverlässigkeit des Klägers, d.h. die Annahme, dass er die Verkehrssicherheit gefährden werde, nicht begründen können. Ob diese Annahme unter Zugrundelegung der zum Zeitpunkt der Erlassung des (erst)instanzlichen Bescheides geltenden Rechtslage gerechtfertigt gewesen sei, brauche (auf Grund der Änderung der Rechtslage) keiner abschließenden Beurteilung zugeführt werden.
Mit Schriftsatz vom 29. März 2007 brachte der Kläger gegen den Bund beim Landesgericht Klagenfurt die eingangs erwähnte Amtshaftungsklage ein und verwies darauf, dass der unabhängige Verwaltungssenat in seiner Berufungsentscheidung festgehalten habe, dass eine Gefährdung der Verkehrssicherheit nicht gegeben gewesen sei und dem Kläger die technischen Mängel vor Antritt der Fahrt nicht hätten auffallen müssen. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und wendete (zusammengefasst) ein, die in Rede stehenden Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt seien sachlich gerechtfertigt, beruhten auf einer ausführlichen Tatsachenermittlung und die Beweisergebnisse seien zutreffend rechtlich beurteilt worden.
Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 unterbrach des Landesgericht Klagenfurt das Verfahren und stellte mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2007 beim Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Überprüfung der Gesetzmäßigkeit des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 10. August 2004 und des diesen bestätigenden Vorstellungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 26. November 2004. Eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten sei nicht erfolgt, weil dieser auf Grund der geänderten Rechtslage (FSG-Novelle BGBl. I Nr. 15/2005) entschieden habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt zur Aktenvorlage aufgefordert und den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (§ 64 VwGG) die Möglichkeit zur Stellungnahme zur Beschwerde eingeräumt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Antrag des Zivilgerichtes gemäß § 11 AHG als Beschwerde im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG aufzufassen. Im Falle der Stattgebung des Antrages hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtswidrigkeit des Bescheides festzustellen, andernfalls ist der Antrag abzuweisen. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides hat der Verwaltungsgerichtshof die Sachlage und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides zu Grunde zu legen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. April 2008, Zl. 2008/11/0043).
Die im Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide vom 10. August 2004 und vom 26. November 2004 geltenden Bestimmungen des Führerscheingesetzes, BGBl. I Nr. 120/1997 in der Fassung vor der 7. FSG-Novelle lauteten (auszugsweise) :
"Verkehrszuverlässigkeit
§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
...
5. ein Kraftfahrzeug lenkt, dessen technischer Zustand und weitere Verwendung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit (§ 58 Abs. 1 KFG 1967) darstellt, sofern die technischen Mängel dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätten müssen;
...
(4) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
...
5. Abschnitt
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung
Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
...
Dauer der Entziehung
§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.
...
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen."
§ 4 Abs. 4 der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 - KDV 1967 lautete:
"(4) Die Tiefe der für die Ableitung des Wassers von der Lauffläche des Reifens erforderlichen Vertiefungen des Laufstreifens (Profiltiefe) muss im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa drei Viertel der Laufflächenbreite einnimmt, bei Kraftfahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h, ausgenommen Motorfahrräder, und bei Anhängern, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf, am gesamten Umfang mindestens 1,6 mm, bei Kraftfahrzeugen und Anhängern mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3 500 kg mindestens 2 mm, und bei Motorfahrrädern mindestens 1 mm betragen. ... Die Reifen dürfen keine mit freiem Auge sichtbaren bis zum Unterbau des Reifens reichende Risse oder Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenbänder aufweisen."
Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage der Rechtswidrigkeit des Mandatsbescheides vom 10. August 2004 und des Vorstellungsbescheides vom 26. November 2004 der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt im Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide (13. August 2004 und 1. Dezember 2004). Der - der Berufung des Klägers stattgebende - erwähnte Berufungsbescheid vom 13. Juli 2005 ändert nichts daran, dass Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die in der "Beschwerde" bezeichneten Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 10. August und vom 26. November 2004 sind. Die Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 11 AHG iVm § 67 VwGG setzt nicht voraus, dass der vom Verwaltungsgerichtshof zu überprüfende Bescheid in seiner ursprünglichen Form weiterhin dem Rechtsbestand angehört (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 2008, Zl. 2008/11/0043). Festzuhalten ist weiters, dass der Mandatsbescheid vom 10. August 2004 ab dem Zeitpunkt seiner Erlassung Rechtswirkungen entfaltet hat (§ 57 Abs. 2 AVG). Die Rechtswirksamkeit der beiden hier in Rede stehenden Bescheide zum Zeitpunkt ihrer Erlassung blieb vom erwähnten Berufungsbescheid unberührt.
Der Mandatsbescheid vom 10. August 2004 stützte sich in seiner Begründung auf die vom Sachverständigen festgestellten Mängel am Kfz des Klägers und zwar: "rechte und linke Reifen - schleifen an der Karosserie, rechte und linke Reifen innen unter der Mindestprofiltiefe". Im Vorstellungsbescheid vom 26. November 2004 führte die Erstbehörde Folgendes aus: "Im gegenständlichen Fall wurde bei der Überprüfung gemäß § 56 KFG 1967 am 26. Juli 2004 laut beiliegendem Prüfgutachten festgestellt, dass sich an den Reifen der 2. Achse, rechts und links an der Außenseite der Reifen Schleifspuren befanden. ... Bezüglich der Unterschreitung der Mindestprofiltiefe an den Reifen der 1. Achse kann Folgendes ausgeführt werden: Die Tiefe für die Ableitung des Wassers von der Lauffläche des Reifens erforderliche Vertiefung des Laufstreifens war im mittleren Bereich der Lauffläche, nur mehr zu zwei Viertel der Laufflächenbreite mit 1,6 mm Profiltiefe gegeben. Wenn Mängel an Reifen wie diese vorne beschriebenen festgestellt werden, ist das Kraftfahrzeug nicht mehr verkehrs- und betriebssicher. ... Somit hätte der Fahrzeuglenker das Kraftfahrzeug nicht mehr in Betrieb nehmen dürfen, da die festgestellten Mängel (Schleifspuren an der Reifenaußenflanken der zweiten Achse, sowie die Unterschreitung der Mindestprofiltiefe an der ersten Achse) vor Inbetriebnahme des Kfz jederzeit und zumutbar erkennbar waren."
Entscheidend für das Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG war im gegebenen Zusammenhang zunächst, ob im Hinblick auf den technischen Zustand des vom Kläger gelenkten Kfz seine Verwendung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt. Für die Beantwortung dieser Frage fehlt es in den Bescheiden vom 10. August und 26. November 2004 an geeigneten Feststellungen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellte die Verwendung eines Pkws mit zwei profillosen Reifen bereits eine Gefährdung der Verkehrssicherheit im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG dar. Allerdings bewirkte das Unterschreiten der in § 4 Abs. 4 KDV 1967 vorgesehenen Mindestprofiltiefe allein noch nicht, dass eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 5 vorlag (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 2000/11/0048, mit weiterem Hinweis).
Die Annahme der Behörde, es liege eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG vor, hätte demnach hinreichende Feststellungen über den konkreten Zustand der Reifen am Fahrzeug des Klägers vorausgesetzt, die den Rückschluss darauf zugelassen hätten, dass bei Verwendung des Fahrzeuges der Eintritt einer Unfallsituation zu befürchten gewesen wäre. Solche konkreten Feststellungen hat die Behörde unterlassen. Der Sachverständige hat zur Profiltiefe der Reifen der ersten Achse nur festgestellt, dass im mittleren Bereich der Lauffläche die Profiltiefe von 1,6 mm nur mehr zu zwei Viertel der Laufflächenbreite gegeben war. Es fehlten jedoch hinreichende Feststellungen über die tatsächliche Profiltiefe der anderen zwei Viertel der Lauffläche der Vorderreifen. Ein bloß geringfügiges Unterschreiten der erforderlichen Mindestprofiltiefe kann nämlich - sofern keine zusätzlichen technischen Mängel am Fahrzeug auftreten - keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG darstellen.
Auch die Ausführungen des Sachverständigen zu den hinteren Reifen (Schleifspuren an den Reifenaußenflanken) reichen nicht aus, um die Annahme der Behörde, es läge eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG vor, zu rechtfertigen. Der Sachverständige hat in seinem Prüfgutachten nämlich gerade nicht festgestellt, dass die beiden hinteren Reifen ersichtliche Beschädigungen, wie Risse, Schnitte, Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenwände, Beulen und dergleichen, aufgewiesen hätten, sondern bloß Schleifspuren erwähnt. Die Frage, wie gravierend diese Schleifspuren tatsächlich waren und welche konkrete Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit daraus abzuleiten seien, lässt das Prüfgutachten jedoch unbeantwortet.
Da demnach die notwendigen Feststellungen über den Zustand der Reifen am Fahrzeug des Klägers fehlen und somit die Behörde die Entziehung der Lenkberechtigung auf ein unvollständiges Gutachten gestützt hat und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Vermeidung dieses Verfahrensfehlers zu anders lautenden erstinstanzlichen Bescheiden geführt hätte, erweist sich die Entziehung der Lenkberechtigung schon deshalb als mit Rechtswidrigkeit behaftet, sodass nicht mehr darauf eingegangen werden muss, dass auch eine konkrete Begründung, warum dem Kläger die nach der Auffassung der Behörde bestehenden Mängel vor Fahrantritt "jederzeit und zumutbar" hätten auffallen müssen, fehlt.
Darüber hinaus hat die Behörde sowohl im Mandatsbescheid als auch im Vorstellungsbescheid keine Wertung im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG vorgenommen, sondern nur angeführt, dass bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen sei (§ 25 Abs. 3 FSG). Diese Auffassung ist verfehlt:
Gemäß § 25 Abs. 3 FSG 1997 darf bei Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von weniger als drei Monaten nicht festgesetzt werden. Trifft daher die Annahme, der Betroffene werde für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten verkehrsunzuverlässig sein, nicht (mehr) zu, so darf eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht ausgesprochen werden. Unzutreffend ist daher die offensichtlich von der Behörde vertretende Auffassung, § 25 Abs. 3 FSG 1997 sehe eine "Mindestentziehungsdauer" in dem Sinne vor, dass schon die Verwirklichung einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG 1997 jedenfalls zu einer Entziehung der Lenkberechtigung für diese bestimmte Dauer führen müsse. Letzteres gilt nämlich nur für jene Fälle, für die bereits im Gesetz (vgl. § 26 Abs. 3 FSG ) eine fixe Entziehungsdauer normiert ist und in denen daher die Wertung der bestimmten Tatsache tatsächlich zu entfallen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2006/11/0273).
Es erweisen sich somit die in Rede stehenden Bescheide auch diesbezüglich mit - inhaltlicher - Rechtswidrigkeit behaftet (vgl. hierzu etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2008, Zl. 2005/11/0091, mit weiteren Nachweisen). Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Beantwortung der Frage, ob der Mandantsbescheid vom 10. August 2004 nicht schon deshalb rechtswidrig war, weil die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG nicht vorgelegen sind.
Gemäß § 67 VwGG war daher die Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 10. August 2004 und vom 26. November 2004 festzustellen.
Wien, am 16. September 2008
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