VwGH 2006/15/0255

VwGH2006/15/025524.9.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des RD in D, vertreten durch Mag. Wolfgang Schertler, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 6900 Bregenz, Römerstraße 30, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 23. Juni 2006, GZ. RV/0146-F/03, betreffend Einkommensteuer 2001, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §23;
EStG 1988 §30;
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §5;
UmgrStG 1991 Art3;
EStG 1988 §23;
EStG 1988 §30;
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §5;
UmgrStG 1991 Art3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erklärte für das Streitjahr negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit.

Im Zusammenhang mit der Vermietung nahm er am 18. Jänner 1999 ein Fremdwährungsdarlehen in SFR auf. Per 25. Oktober 2000 wurde dieses Darlehen in ein weiteres Fremdwährungsdarlehen, nämlich in JPY umgeschuldet. Dieses JPY-Darlehen haftete per 31. Dezember 2000 unberichtigt aus und wurde am 24. Jänner 2001 in ATS umgeschuldet.

Der Beschwerdeführer brachte sein Einzelunternehmen "Handel mit Reisemobilien" gemäß Art. III Umgründungssteuergesetz per 30. Juni 1999 in eine GmbH ein. Die betrieblichen Bankkredite in SFR wurden zurückbehalten. Diese Darlehen wurden im Jahr 2000 in JPY umgeschuldet und im Jahr 2001 in ein ATS-Darlehen konvertiert.

Das Finanzamt setzte im Einkommensteuerbescheid 2001 Einkünfte aus Gewerbebetrieb an und führte dazu aus, die anlässlich der Einbringung des Einzelunternehmens in die GmbH zurückbehaltenen Fremdwährungsdarlehen seien im Jahr 2001 in ATS umgeschuldet worden, woraus ein Kursgewinn entstanden sei, der als nachträgliche Betriebseinnahme zu erfassen sei.

Weiters ging das Finanzamt von sonstigen Einkünften aus; die im Zusammenhang mit der Vermietung aufgenommenen Fremdwährungsdarlehen in SFR vom 18. Jänner 1999 seien am 25. Oktober 2000 in ein JPY-Darlehen umgeschuldet worden. Dieses JPY-Darlehen sei am 24. Jänner 2001 in ATS umgeschuldet worden, woraus sich ein Kursgewinn ergeben habe, welcher im Rahmen der Spekulationseinkünfte zu erfassen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Zur Annahme von sonstigen Einkünften führte die belangte Behörde aus, ein Fremdwährungskredit sei nichts anderes als eine Spekulation auf Zinsen und Währungen. Durch die Wechselkursschwankungen verändere sich der ATS (EUR) Gegenwert der Finanzierung. Entscheidend sei der Einstiegs- und Ausstiegszeitpunkt. Gemäß § 30 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1988 in der Fassung BGBl. I 2000/2, liege ein Spekulationsgeschäft dann vor, wenn bei anderen Wirtschaftsgütern als Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten zwischen Anschaffung und Veräußerung ein Zeitraum von nicht mehr als einem Jahr liege. Die Bestimmung erfasse die Realisierung stiller Reserven im Privatvermögen und setze keine Spekulationsabsichten voraus. Eine Verbindlichkeit stelle ein negatives Wirtschaftsgut dar, das im Sinne des § 30 EStG 1988 mit Eingehung der Verbindlichkeit angeschafft und mit Tilgung der Verbindlichkeit veräußert werde. Eine Darlehenskonvertierung stelle in wirtschaftlicher Betrachtungsweise einen Verbindlichkeitstausch dar, die ursprüngliche Fremdwährungsschuld werde unter Eingehung einer entsprechenden anderen Fremdwährungsschuld getilgt. Es müsse daher beim Tausch grundsätzlich zu einer Gewinnrealisierung kommen.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach durch die Konvertierung von SFR in JPY der ursprüngliche Kreditvertrag nicht verändert worden sei, sei entgegenzuhalten, dass mit der Konvertierung einer Verbindlichkeit in eine andere Währung von einem Risikobereich in einen anderen gewechselt werde und das Schicksal der nunmehr bestehenden Verbindlichkeit unabhängig von der Entwicklung der früheren Währung nach der Konvertierung sei. Werde also eine Fremdwährungsverbindlichkeit durch eine Verbindlichkeit anderer ausländischer Währung ersetzt, liege wirtschaftlich keine Identität des neuen Schuldverhältnisses mit dem alten vor.

Mit einer innerhalb eines Jahres nach Darlehensaufnahme erfolgenden Konvertierung werde der Tatbestand des § 30 EStG 1988 verwirklicht. Im Konvertierungszeitpunkt komme es zur Realisierung eines Kursgewinnes (Kursverlustes); dieser gelte im Zeitpunkt des Umtausches als zugeflossen. Angesichts des Sachverhaltes, wonach eine Darlehenskonvertierung von SFR in JPY am 25. Oktober 2000 und eine Konvertierung von JPY in ATS am 24. Jänner 2001 erfolgt sei und der Überlegung, wonach eine Darlehenskonvertierung als Verbindlichkeitstausch zu werten sei, unterliege der der Höhe nach unstrittige Kursgewinn gemäß § 30 EStG 1988 der Steuerpflicht.

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb führte die belangte Behörde aus, sei ein Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen zuzuordnen, so seien die damit im Zusammenhang stehenden Einnahmen, auch Kursgewinne, und Ausgaben im Rahmen der jeweiligen Gewinnermittlung zu erfassen. Dem Finanzamt sei beizupflichten, dass die gegenständlichen Verbindlichkeiten durch das Zurückbehalten anlässlich der Einbringung des Einzelunternehmens ihre betriebliche Veranlassung nicht verloren hätten. Dies habe zur Folge, dass die der Höhe nach unstrittigen Kursgewinne, welche sich auf Grund der im Streitjahr erfolgten Darlehenskonvertierungen von JPY in ATS ergeben hätten, als nachträgliche Betriebseinnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2001 anzusetzen seien. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Umschuldung der Fremdwährung im außerbetrieblichen Bereich und außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist erfolgt sei, sei entgegenzuhalten, dass nach § 32 EStG 1988 Einkünfte, die zwar erst nach Beendigung der betrieblichen Tätigkeit anfallen, aber einen engen wirtschaftlichen Zusammenhang zum Betrieb aufweisen, noch der betrieblichen Sphäre zuzuweisen seien. Einen engen betrieblichen Zusammenhang wiesen Wertänderungen an all jenen Wirtschaftsgütern auf, die außerhalb des veränderten Betriebes praktisch nicht mehr eigenständig privat nutzbar seien, sondern nur abgewickelt werden könnten. Wertänderungen an derartigen Wirtschaftsgütern führten zu positiven oder negativen Einkünften im Sinne des § 32 Z. 2 EStG 1988. Im Beschwerdefall dienten die im Zusammenhang mit den bei Einbringung des gegenständlichen Einzelunternehmens zurückbehaltenen, unstrittig betrieblich begründeten Verbindlichkeiten nicht der Finanzierung von ins Privatvermögen überführten Vermögensgegenständen. Die betriebliche Veranlassung der strittigen Verbindlichkeiten sei damit nicht verloren gegangen, es seien sämtliche Aktiva des gegenständlichen Einzelunternehmens in die GmbH übertragen worden. Der einmal entstandene wirtschaftliche Zusammenhang könne nicht durch bloße Willensentscheidung des Steuerpflichtigen beeinflusst werden. Die strittigen Verbindlichkeiten seien somit der betrieblichen Sphäre verhaftet geblieben. Die im Streitjahr erklärten Schuldzinsen sowie die strittigen Kursgewinne seien daher der ehemaligen betrieblichen Sphäre des Beschwerdeführers zuzuordnen und führten zu nachträglichen Einkünften im Sinne des § 32 Z. 2 EStG 1988.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 15. Jänner 2008, 2006/15/0116, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, die Kreditkonvertierung innerhalb von Fremdwährungen nicht als Verbindlichkeitstausch beurteilt. Vereinbare der Schuldner eines SFR-Kredites mit seiner Bank, dass die Schuld künftig in JPY bestehen solle, entstehe dadurch kein neues (negatives) Wirtschaftsgut. Es bleibe das idente Wirtschaftsgut "Fremdwährungsschuld" bestehen. Das Wirtschaftsgut (Verbindlichkeit aus Fremdwährungskredit) gehe bei der endgültigen Tilgung durch Kreditrückzahlung, aber auch mit der Konvertierung in ATS (EUR) unter (vgl. hiezu auch das zu einer Kreditkonvertierung im Zusammenhang mit der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 ergangene Erkenntnis vom 27. August 2008, 2008/15/0127).

Dies bedeutet für die im Beschwerdefall als sonstige Einkünfte angenommenen Kursgewinne, dass sie außerhalb der Spekulationsfrist entstanden sind. Die Kreditaufnahme erfolgte am 18. Jänner 1999 in SFR, die Konvertierung in ATS erfolgte am 24. Jänner 2001. Die dazwischen erfolgte Konvertierung in JPY ist rechtlich ohne Belang. Soweit die belangte Behörde die aus diesen Krediten errechneten Kursgewinne als sonstige Einkünfte nach § 30 EStG 1988 der Besteuerung unterzogen hat, hat sie daher die Rechtslage verkannt.

Die belangte Behörde hat die Kursgewinne auf Grund des ehemals betrieblichen Fremdwährungskredites als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb beurteilt. Die betriebliche Veranlassung des Fremdwährungskredites sei nicht aufgehoben worden, indem sämtliche Aktiva des Einzelunternehmens in die GmbH übertragen worden seien, diese Verbindlichkeit aber zurückbehalten worden sei.

Auch dieser Rechtsansicht ist nicht zu folgen. Der Beschwerdeführer hat den gesamten Betrieb seines Einzelunternehmens mit Ausnahme dieses Fremdwährungskredites nach Art. III UmgrStG in eine GmbH eingebracht. Ein solcher Vorgang bewirkt, dass das einzelne zurückbehaltene Wirtschaftsgut (hier: Fremdwährungsschuld) in das Privatvermögen überführt wird. Mit der Zurückbehaltung einer Verbindlichkeit wird ein Entnahmetatbestand verwirklicht. Nachträgliche Veränderungen in diesem Privatvermögen, hier das Entstehen von Kursgewinnen, lassen eine Beurteilung derselben als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht zu.

Aus diesen Gründen war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. September 2008

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