VwGH 2006/09/0145

VwGH2006/09/01458.8.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde der M W in Wien, vertreten durch Dr. Walter Riedl, dieser vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Stadtschulrat für Wien vom 27. Juni 2006, Zl. DZ 7/2005, betreffend die Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
BDG 1979 §48 Abs1 impl;
BDG 1979 §51 Abs2 impl;
BDG 1979 §91 impl;
BDG 1979 §93 Abs1 impl;
LDG 1984 §35 Abs2;
LDG 1984 §69;
LDG 1984 §70 Abs1 Z4;
LDG 1984 §71 Abs1;
VStG §44a Z1 impl;
AVG §59 Abs1;
BDG 1979 §48 Abs1 impl;
BDG 1979 §51 Abs2 impl;
BDG 1979 §91 impl;
BDG 1979 §93 Abs1 impl;
LDG 1984 §35 Abs2;
LDG 1984 §69;
LDG 1984 §70 Abs1 Z4;
LDG 1984 §71 Abs1;
VStG §44a Z1 impl;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die im Jahre 1955 geborene Beschwerdeführerin steht als Hauptschuloberlehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Wien. Ihre Dienststelle war bis zum Ausspruch der Entlassung die Kooperative Mittelschule Wien.

Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission - Senat für Lehrer an allgemeinbildenden Pflichtschulen beim Stadtschulrat für Wien vom 16. Jänner 2006 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 95 Abs. 1 LDG schuldig erkannt, sie habe

1. im Schuljahr 2004/2005 als Lehrerin an der Kooperativen Mittelschule Wien, den SchülerInnen u.a. gesagt, dass sie verhaltensgestört und nicht ganz richtig im Kopf seien,

2. weiters gegen Ende des Schuljahres 2004/2005 gegenüber SchülerInnen diskriminierende Äußerungen vor der gesamten Klasse getätigt und sich über Kinder lustig gemacht, in dem sie sie vor der Klasse bloßgestellt und über ihre Haarfarbe und Kleidung zynische Bemerkungen gemacht,

3. als disziplinäre Maßnahme den Turnunterricht gestrichen und stattdessen Mathematikunterricht gehalten;

  1. 4. (Freispruch, siehe unten, daher nicht mehr gegenständlich)
  2. 5. mittelmäßige SchülerInnen demotiviert und demütigende Disziplinierungen durchgeführt, indem sie die Familiennamen von SchülerInnen verunstaltet und zum Beispiel zur Schülerin mit Namen Spieß "Spießer" gesagt habe;

    6. Fragen von SchülerInnen über den Lehrstoff wörtlich als "blöd" bezeichnet und mit dieser Begründung keine Antwort gegeben;

    7. zu türkischen Mädchen gesagt, dass sie die "Kopftuchmafia" seien,

    8. angedroht, dass sich Verhalten in der Leistungsbeurteilung niederschlagen werde,

    9. die vorgesehene Unterrichtszeit nicht eingehalten, da sie regelmäßig die Unterrichtszeit bis in die Pause überzogen habe,

    10. am 16. Juni 2005 bei der niederschriftlichen Einvernahme zu den oben genannten Anschuldigungspunkten in Anwesenheit der BSI Mag. M., des Schulleiters Herrn HD. H. und im Beisein von zwei Personalvertretern ihre Stellungnahme zu den Beschwerden verweigert;

    11. bei der weiteren niederschriftlichen Einvernahme am 28. Juni 2005 im Stadtschulrat für Wien die Besprechung unentschuldigt verlassen und die Aussage verweigert. Vor ihrem Weggang habe sie erklärt, zu den vorgelegten Vorwürfen schriftlich Stellung nehmen zu wollen. Eine konstruktive Gesprächsführung sei nicht möglich gewesen, da die Beschwerdeführerin die zuständige Bezirksschulinspektorin ständig unterbrochen und zu Vorwürfen lediglich gemeint habe, dass sie dies oder das nicht gesagt hätte bzw. keine Auskunft geben wolle. Die Beschwerdeführerin habe in diesem Gespräch auch kurzfristig erklärt, sich im Krankenstand zu befinden, obwohl sie am Vormittag noch im Unterricht gewesen sei. Auf Grund ihres auffälligen Verhaltens und der Behauptung, krank zu sein, sei beabsichtigt gewesen, eine amtsärztliche Untersuchung ad hoc durchführen zu lassen. Zu einem Termin bei der Magistratsabteilung 15 sei es aber nicht gekommen, weil die Beschwerdeführerin nach ihrer Behauptung, auf die Toilette gehen zu müssen, mit allen ihren Sachen den Raum verlassen habe und nicht wieder erschienen sei;

    12. auf das Schreiben des Stadtschulrates für Wien vom 28. Juni 2005, mit dem ihr die Beschwerdeschreiben von mehreren Eltern übermittelt worden seien, entgegen der Weisung nicht schriftlich Stellung genommen;

    13. auch den nächsten Termin im Stadtschulrat für Wien am 5. Juli 2005 unentschuldigt nicht wahrgenommen und auch keine ärztliche Bestätigung über ihre mangelnde Ausgehfähigkeit vorgelegt, obwohl sie in der Ladung vom 28. Juni 2005 ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass es sich dabei um eine Weisung handle und ein unentschuldigtes Fernbleiben zu diesem Termin disziplinarrechtliche Folgen habe;

    14. der Ladung für 7. Juli 2005 um 11.00 Uhr bei der Magistratsabteilung 15 zur vereinbarten amtsärztlichen Untersuchung unentschuldigt nicht Folge geleistet, obwohl sie darauf hingewiesen worden sei, dass es sich um eine dienstliche Weisung handle und eine Nichtbefolgung derselben disziplinarrechtliche Konsequenzen nach sich ziehe;

    15. entgegen der Vereinbarung der Bezirksschulinspektor-Arbeitsgemeinschaft häufig während des Unterrichtes privat mit dem Handy telefoniert;

    16. SchülerInnen zur Strafe aus der Klasse auf den Gang geschickt, wobei die Klassentüre geschlossen gewesen sei;

    17. SchülerInnen zur Strafe in die Ecke gestellt, wobei im genannten Zeitraum ein bestimmt bezeichneter Schüler der Klasse 2c nicht nur in der Ecke habe stehen müssen, sondern von der Beschwerdeführerin auch den Auftrag erhalten habe, in den Mistkübel zu schauen. Das habe 10 Minuten gedauert. Dieser Schüler habe auch einmal während einer ganzen Stunde am Gang bei geschlossener Tür stehen müssen und hätte nicht in die Klasse kommen dürfen;

    18. die vorgegebene Unterrichtszeit nicht eingehalten, zumal sie SchülerInnen nach Unterrichtsende nicht habe weggehen lassen und behauptet habe, sie müssten noch etwas schreiben. Sie habe mit SchülerInnen bis zu einer halben Stunde länger in der Klasse "gearbeitet" und auch nicht zugelassen, dass diese mit dem Handy zu Hause anriefen um mitzuteilen, dass sie später nach Hause kämen;

    19. der ihr am 30. September 2005 erteilten Weisung, sich auf Grund ihrer Behauptung, krank zu sein, am Montag den 3. Oktober 2005 um 7.30 Uhr der amtsärztlichen Untersuchung bei der MA 15 zu unterziehen, nicht Folge geleistet.

    Die Beschwerdeführerin habe daher schuldhaft ihre Dienstpflichten gröblich verletzt und Weisungen nicht befolgt, sowie die sonstigen aus der lehramtlichen Stellung sich ergebenden Obliegenheiten nicht erfüllt. Über sie wurde wegen dieser Dienstpflichtverletzungen gemäß § 70 Abs. 1 Z. 4 LDG die Disziplinarstrafe der Entlassung ausgesprochen.

    Hingegen wurde die Beschwerdeführerin vom Vorwurf 4.: Kinder persönlich beleidigt und verunsichert zu haben, in dem sie mehrmals gesagt habe, dass einzelne Kinder selber schuld an ihren Krankheiten seien, freigesprochen.

    Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung.

    Nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gab die belangte Behörde dieser Berufung mit ihrem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Disziplinarerkenntnis vom 27. Juni 2006 keine Folge.

    Nach Darstellung des Inhaltes des Schuldspruches führte die belangte Behörde begründend aus, die Beschwerdeführerin sei in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung zur mündlichen Verhandlung (gemeint: im Berufungsverfahren) auf die Säumnisfolgen aufmerksam gemacht worden. Sie sei daraufhin zur mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2006 zwar erschienen, habe sich jedoch in weiterer Folge wieder entfernt, sodass die Verhandlung in Abwesenheit der Beschuldigten habe fortgeführt und abgeschlossen werden müssen. Gemäß § 94a Abs. 4 LDG 1984 sei das Protokoll vom Ergebnis der Beweisaufnahme der Beschwerdeführerin übersandt und ihr damit Gelegenheit gegeben worden, davon Kenntnis und hiezu Stellung zu nehmen. Die Zustellung dieses Schreibens sei am 14. Juni 2006 erfolgt, die daraufhin abgegebene Stellungnahme der Beschwerdeführerin enthielte lediglich allgemeine Anmerkungen zum Protokoll, wie etwa die mangelnde Übereinstimmung des amtlichen Protokolls mit einem persönlichen Gedächtnisprotokoll, Einwendungen gegen die Anwesenheit der Disziplinaranwältin in der Verhandlung und gegen deren dienstliches Vorgehen als Juristin in einer früheren Dienstrechtsangelegenheit. In der Verhandlung vom 16. Mai 2006 vor der belangten Behörde seien vier namentlich genannte Zeugen einvernommen worden, auf Grund derer die Sachverhaltsfeststellungen als Grundlage des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses "vollinhaltlich bestätigt" worden seien.

    Im Einzelnen führte die belangte Behörde aus:

    Zu Anschuldigungspunkt 1. hätten die Erziehungsberechtigten F. und L. dokumentiert, dass die Beschwerdeführerin den SchülerInnen vorgehalten hätte, sie seien verhaltensgestört und nicht ganz richtig im Kopf. Auch der Zeuge W. habe einen solchen Vorfall, den er hinsichtlich einer Schülerin miterlebt gehabt habe, geschildert: "Die H., die hat etwas im Kopf, schlag dir mal an auf deinen Kopf."

    Zu Punkt 2. hätten die Erziehungsberechtigten K. mit Schreiben vom 8. Juni 2005 deponiert, dass sich die Beschwerdeführerin diskriminierend über SchülerInnen geäußert hätte. Sie hätte sich auch über die Kinder lustig gemacht, in dem sie sie vor der Klasse bloßgestellt und über Haarfarbe und Kleidung zynische Bemerkungen gemacht habe. Dieses problemhafte Verhalten sei auch durch den Zeugen W. wahrgenommen worden. Zu einem Schüler habe die Beschwerdeführerin gesagt "Ich würde mir die Haare schneiden lassen. Überlege dir einen anderen Haarschnitt. An deiner Figur hast du auch noch zu arbeiten". Der Schüler sei eher mollig gewesen. Ein Kind sei von einer anderen Schule gekommen und habe ein Hörgerät gehabt, es sei wegen des Hörgerätes auch gehänselt worden. Die Beschwerdeführerin habe zu diesem Schüler gesagt "Dein Hörgerät macht mich fertig, das pfeift die ganze Zeit".

    Zu Punkt 3.: Der als Zeuge einvernommene Schulleiter HD H. habe bestätigt, dass es öfters vorgekommen sei, dass die Beschwerdeführerin als Disziplinierungsmaßnahme den Turnunterricht abgebrochen habe.

    Zu Punkt 5.: Der Zeuge HD H. sei von Lehrerkolleginnen informiert worden, dass die Beschwerdeführerin einen Schüler mit Namen Spieß stattdessen "Spießer" genannt habe.

    Zu Punkt 6.: Der Zeuge HD H. habe von Eltern erfahren, dass SchülerInnen die Beschwerdeführerin nicht hätten fragen dürfen, wenn sie etwas nicht verstanden hätten, da solche Fragen durch die Beschwerdeführerin als "blöd" bezeichnet worden seien.

    Zu Punkt 7.: Der Zeuge HD H. habe durch das Team der Lehrerinnen erfahren, dass die Beschwerdeführerin sich über Schülerinnen türkischer Herkunft "abschleißig" geäußert habe, in dem sie diese als "Kopftuchmafia" bezeichnet habe.

    Zu Punkt 8.: Nach Angaben des Zeugen HD H. hätten Eltern auch schriftlich deponiert, dass die Beschwerdeführerin angedroht habe, dass sie schlechtes Verhalten der SchülerInnen im Unterricht bei der Beurteilung in Mathematik berücksichtigen würde.

    Zu Punkt 9.: Der Zeuge HD H. sei durch Eltern informiert worden, dass die Beschwerdeführerin regelmäßig die vorgesehene Unterrichtszeit überzogen habe.

    Zu Punkt 10.-14.: Diese Verfehlungen der Beschwerdeführerin seien durch den unmittelbaren Vorgesetzten der Beschwerdeführerin, den Zeugen HD H. bestätigt worden.

    Zu Punkt 15.: Der Zeuge HD H. sei von Eltern informiert worden, dass die Beschwerdeführerin wiederholt während des Unterrichts privat telefoniert habe.

    Zu Punkt 16.: Der Zeuge HD H. sei weiters durch Eltern informiert worden, dass die Beschwerdeführerin SchülerInnen wiederholt aus der Klasse gewiesen habe, damit sie den Unterricht nicht störten.

    Zu Punkt 17.: Der Zeuge HD H. seit von Eltern informiert worden, dass SchülerInnen durch die Beschwerdeführerin zur Strafe in die Ecke gestellt worden seien; auch der Vorfall mit dem namentlich genannten Schüler sei ihm auf diesem Weg zur Kenntnis gebracht worden.

    Zu Punkt 18.: Der Zeuge W. habe dieses Problem, das durch Eltern artikuliert worden sei, auch aus eigener Wahrnehmung bestätigen können. Die Beschwerdeführerin habe in zwei Fällen zu spät mit dem Unterricht angefangen und den Unterricht in weiterer Folge länger hinausgezogen.

    Zu Punkt 19.: Auch das Nichtbefolgen dieser Weisung sei durch den Zeugen HD H., den unmittelbaren Vorgesetzten der Beschwerdeführerin, bestätigt worden.

    Für die Beweiswürdigung könne festgehalten werden, dass Zeugen im Disziplinarverfahren einer erhöhten Wahrheitspflicht unterlägen, da das Zuwiderhandeln gemäß § 288 Abs. 3 StGB mit strafrechtlichen Sanktionen bedroht sei. Gemäß § 50 AVG seien die Zeugen vor der Vernehmung auf diesen Umstand aufmerksam gemacht worden. Auf Grund der widerspruchsfreien, schlüssigen und weitestgehend übereinstimmenden Angaben der Zeugen, welche unter Wahrheitspflicht ausgesagt hätten, bestünde kein Zweifel, dass die Beschwerdeführerin die ihr angelasteten Dienstpflichtverletzungen begangen habe.

    Daraus ergebe sich aber auch, dass die Beschwerdeführerin ihre Dienstpflichten gemäß § 29 Abs. 2 und § 30 LDG ebenso verletzt habe wie ihre lehramtlichen Pflichten gemäß § 31 LDG bzw. § 17 und § 51 des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG). Sie habe darüber hinaus auch ihre Dienstpflichten gemäß § 47 Abs. 3 des SchUG verletzt, wonach beleidigende Äußerungen SchülerInnen gegenüber und Kollektivstrafen verboten seien, ebenso habe sie gegen § 18 Abs. 5 SchUG verstoßen, wonach das Verhalten der SchülerInnen in der Schule nicht in die Leistungsbeurteilung einbezogen werden dürfe. Die Beschwerdeführerin habe auch ihre Verpflichtung zur Aufsichtsführung nicht erfüllt und gegen die Bestimmungen des Aufsichtserlasses 2005 Rundschreiben Nr. 15/2005, Zl. BMBWK-10.361/0002-III/3/2005, verstoßen.

    Als mildernder Umstand sei eine eventuell vorliegende psychische Erkrankung erwogen worden. Diese habe jedoch nicht nachgewiesen werden können. Erschwerend sei die Wiederholung der Taten auch hinsichtlich mehrerer Schüler und die Vielzahl von Disziplinarverfehlungen gewertet worden.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

    Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 29 Abs. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes - LDG 1984, BGBl. Nr. 302/1984, ist der Landeslehrer verpflichtet, die ihm obliegenden Unterrichts-, Erziehungs- und Verwaltungsaufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Nach Abs. 2 leg. cit. hat der Landeslehrer in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Gemäß § 30 Abs. 1 LDG 1984 hat der Landeslehrer die Weisungen seiner Vorgesetzten, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen.

Gemäß § 31 LDG 1984 ist der Landeslehrer zur Erteilung regelmäßigen Unterrichtes (Unterrichtsverpflichtung bzw. Lehrverpflichtung) sowie zur Erfüllung der sonstigen aus seiner lehramtlichen Stellung sich ergebenden Obliegenheiten verpflichtet und hat die vorgeschriebene Unterrichtszeit einzuhalten.

Gemäß § 35 Abs. 1 LDG 1984 hat der Landeslehrer, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.

Nach Abs. 2 leg. cit. hat der Landeslehrer, wenn er durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert ist, eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn seiner Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder die Dienstbehörde es verlangt. Kommt der Landeslehrer dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt.

Gemäß § 36 Abs. 1 LDG 1984 hat sich der Landeslehrer, wenn berechtigte Zweifel an der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen gesundheitlichen Eignung bestehen, auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

Nach Abs. 2 leg. cit. hat sich der infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesende Lehrer auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen. Wenn es zur zuverlässigen Beurteilung erforderlich ist, sind Fachärzte heranzuziehen. Eine Anordnung im Sinne des ersten Satzes ist spätestens drei Monate nach Beginn der Abwesenheit vom Dienst und sodann in Abständen von längstens drei Monaten zu erteilen.

Gemäß § 69 LDG 1984 sind Landeslehrer, die schuldhaft ihre Dienstpflichten verletzen, nach den Bestimmungen dieses Abschnittes (das ist der 7. Abschnitt "Disziplinarrecht") zur Verantwortung zu ziehen.

Gemäß § 70 Abs. 1 LDG 1984 sind Disziplinarstrafen

  1. 1. der Verweis,
  2. 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

    3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage,

    4. die Entlassung.

    Gemäß § 71 Abs. 1 LDG 1984 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Landeslehrer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landeslehrers Bedacht zu nehmen.

    Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung ist, wenn der Landeslehrer durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen hat und über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt wird, nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

    In Ausführung ihrer Beschwerde macht die Beschwerdeführerin u. a. die mangelhafte Ermittlung der für eine derart schwerwiegende Entscheidung erforderlichen Sachverhaltsgrundlage, insbesondere die mangelnde Konkretisierung der gegen sie erhobenen Vorwürfe geltend. Bereits mit diesem Vorbringen ist sie im Recht.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt darauf verwiesen, dass der Spruch eines Disziplinarerkenntnisses gegenüber den diesem vorangehenden Verfahrensschritten des Einleitungsbeschlusses und des Verhandlungsbeschlusses eine weitere und die letzte im Disziplinarverfahren erfolgende Konkretisierung der gegen einen Beschuldigten erhobenen Vorwürfe darstellt und nur über eine im Verhandlungsbeschluss bezeichnete Dienstpflichtverletzung abgesprochen werden darf (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. März 2008, Zl. 2006/09/001/0, und vom 18. Oktober 2007, Zl. 2005/09/0116). Dabei ist der Bestimmung des § 74 LDG 1984 zufolge § 59 Abs. 1 AVG anzuwenden, wonach der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage, in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen hat. Den Disziplinarbehörden obliegt es im Rahmen ihrer gesetzlichen Entscheidungszuständigkeit, unter Zugrundelegung der im Anschuldigungspunkt enthaltenen, die Tat bestimmenden Sachverhaltselemente bei einem Schuldspruch - im Ergebnis nicht anders, als dies § 44a Z. 1 VStG für den Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens anordnet - die vom beschuldigten Beamten begangene Tat bestimmt zu umschreiben, wobei - mangels eines Typenstrafrechtes - im Einzelnen die Anführung des konkreten Verhaltens und der dadurch bewirkten Folgen sowie weiters des die Pflichtverletzung darstellenden Disziplinar(straf)tatbestandes erforderlich ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2001/09/0035, mit weiteren Nachweisen).

    Diesen Anforderungen entspricht weder der Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss der Disziplinarkommission vom 21. Oktober 2005 noch das auf diesem aufbauende, mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz in überwiegenden Teilen.

    So fehlt etwa bei Anschuldigungspunkt 2. die Wiedergabe der konkreten inkriminierten Äußerungen sowie die konkrete Bezeichnung der angeblich dadurch diskriminierten Personen, wobei derzeit dahingestellt bleiben kann, ob im zu behandelnden Fall die bloße Kritik an Haartracht und Kleidung bereits eine Diskriminierung darstellte. Auch erscheint es fraglich, ob zynische Bemerkungen allein die disziplinäre Strafwürdigkeit bereits überschreiten. Es wäre daher erforderlich gewesen - dies auch zu anderen Spruchpunkten, etwa Spruchpunkt 1. - entweder ein nach Datum und Objekt bestimmtes Vorkommnis unter Anklage zu stellen oder den pauschalierenden, im Plural formulierte Vorwurf eines habituellen Vorgehens durch konkrete Beispiele zu erhärten.

    Zu Spruchpunkt 3. fehlt jede zeitliche Eingrenzung, so dass nicht gesagt werden kann, ob nicht etwa bereits Verjährung eingetreten ist.

    Unter Anschuldigungspunkt 5. fehlt die konkrete Bezugnahme auf bestimmte Schüler oder Schülerinnen betreffend den Vorwurf der Demotivierung und demütigenden Disziplinierung. Sollte der unter Anschuldigungspunkt 17. genannte Vorfall (auch) damit gemeint sein, so wäre klarzustellen gewesen, dass der Vorwurf zu Anschuldigungspunkt 5. weitere Personen umfasst als jener vom Anschuldigungspunkt 17. betroffene Schüler. Auch die Verballhornung eines Familiennamens überschreitet für sich allein genommen noch nicht die Schwelle der disziplinären Bedeutungslosigkeit, wenn sie etwa im Spaß erfolgt. Es wäre daher erforderlich gewesen zu verdeutlichen, ob bzw. dass eine derartige Tat öfter und/oder in herabsetzender Gesinnung erfolgt ist.

    Auch zu den Anschuldigungspunkten 6. bis 8. fehlt jede konkrete Bezugnahme auf Daten und Personen. Zu Anschuldigungspunkt 9. fehlt - gerade im Hinblick auf eine allfällige Verjährung - jeder Hinweis auf eine zeitliche Eingrenzung sowohl, was die Zeitpunkte der Tathandlungen anbelangt als auch den Umfang der vorgeworfenen Zeitüberschreitungen. Das wäre aber auch erforderlich gewesen, um beurteilen zu können, ob nicht allenfalls disziplinär zu vernachlässigende Geringfügigkeiten vorlagen.

    Warum die Disziplinarbehörden die Ansicht vertreten, es könne überhaupt disziplinär von Belang sein, dass die Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Einvernahme als Beschuldigte (!) sich weigerte, eine Stellungnahme zu den wider sie erhobenen Vorwürfen abzugeben, wird nicht begründet. Nun ist es aber grundsätzlich ein Recht eines jeden Beschuldigten, zu gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu schweigen (siehe etwa § 164 Abs. 1 StPO); die Behörde hätte daher explizit begründen müssen, warum im vorliegenden Fall diese Rechtsausübung disziplinären Charakter gehabt haben soll. Gleiches gilt für die Anschuldigung Punkt 11., wobei auffällt, dass die Beschwerdeführerin offenkundig bereits anlässlich dieser Niederschrift vom 28. Juni 2005 versucht hat, ihre Unschuld zu beteuern, jedoch kein Gehör und schon gar keine dementsprechende Protokollierung ihrer Angaben durchsetzen konnte.

    Dieselben Mängel liegen auch in Bezug auf Anschuldigungspunkte 16. bis 18. vor, aus welchen sich nicht ergibt, in welchem Zeitraum bzw. zu welchen konkreten Zeitpunkten und welchen Schülern gegenüber konkret die inkriminierten Handlungen gesetzt worden sein sollen.

    Auch hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 15. fehlt jegliche zeitliche Eingrenzung oder Konkretisierung, wann, wie häufig und wie lange während des Unterrichts private Gespräche per Handy von der Beschwerdeführerin geführt worden sind.

    Hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 12. bis 14. und 19. ist zunächst - um Missverständnissen vorzubeugen - festzuhalten, dass die dort inkriminierten Unterlassungen für sich genommen geeignet wären, ernsthafte Dienstpflichtverletzungen darzustellen, zumal es (betreffend die Anschuldigungen Punkte 14. und 19.) zutrifft, dass nicht jede von einem behandelnden Arzt bescheinigte "Krankheit" bzw. bloß die Vorlage ärztlicher Bescheinigungen dazu führt, aus diesem Grunde bereits eine gerechtfertigte Abwesenheit des Beamten vom Dienst im Sinne der §§ 48 Abs. 1 und 51 BDG 1979 anzunehmen. Dienstunfähigkeit durch Erkrankung nach § 51 Abs. 2 BDG 1979 und damit eine gerechtfertigte Dienstabwesenheit liegt vor, wenn durch diese die ordnungsgemäße Dienstleistung des Beamten an seinem Arbeitsplatz verhindert wird oder durch die Dienstleistung die Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung gegeben wäre oder die Dienstleistung für den Beamten eine objektiv unzumutbare Unbill darstellen würde (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom 18. November 1998, Zl. 96/09/0212 und Zl. 96/09/0363). Das erklärt auch, warum der Gesetzgeber in § 35 Abs. 2 LDG 1984 u.a. bei Verweigerung der zumutbaren Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung im Krankheitsfall die Abwesenheit vom Dienst als nicht gerechtfertigt gelten lässt, weil dadurch der Dienstgeber in seiner Kontrollfunktion behindert wird. Es kann aber nicht gesagt werden, dass auch bei Feststellung dieser disziplinären Verfehlungen keine andere als die von der belangten Behörde ausgesprochene Disziplinarstrafe der Entlassung hätte verhängt werden können. Die belangte Behörde hätte sich vielmehr mit der Erforderlichkeit dieser härtesten aller Disziplinarstrafen ausreichend zu befassen gehabt. Hierzu wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das (u.a.) zu der vergleichbaren Bestimmung des § 93 Abs. 1 und 3 BDG 1979 ergangene hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, hingewiesen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof in Abkehr vom sogenannten "Untragbarkeitsgrundsatz" die Hervorhebung der spezialpräventiven Erforderlichkeit der Strafe postuliert.

    Die belangte Behörde hat auch nicht erkennen lassen, welche der zahlreichen der Beschwerdeführerin angelasteten Verfehlungen sie im Sinne des § 71 Abs. 2 LDG 1984 als die schwerste Dienstpflichtverletzung angesehen hat, von welcher aus das Strafmass - unter Einbeziehung der weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsumstände - zu bestimmen gewesen wäre.

    Sie hat ferner als verletzte Norm einen Aufsichtserlass 2005 Rundschreiben Nr. 15/2005, Zl. BMBWK-10.361/0002-III/3/2005, angeführt, ohne diesen im Wortlaut zu zitieren oder dessen Inhalt so bestimmt wiederzugeben, dass eine Überprüfung der Subsumtion einzelner der Beschwerdeführerin vorgeworfener Dienstpflichtverletzungen unter diese Norm möglich ist (dazu, dass dies nicht den Bestimmtheitserfordernissen einer disziplinären Anschuldigung entspricht vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2001/09/0035).

    Da die belangte Behörde ihren Bescheid sowohl mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (was die Verfahrens- und Begründungsmängel angeht) als auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (was die Spruchgestaltung in Bezug auf die Weisungsverletzung und die Kriterien für den Ausspruch der Entlassung angeht) belastete, war, da die inhaltliche Rechtswidrigkeit jener wegen Verfahrensverletzungen vorgeht, der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

    Wien, am 8. August 2008

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