VwGH 2006/05/0060

VwGH2006/05/006023.6.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl sowie den Senatspräsidenten Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des K in London, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Eisenhowerstraße 27, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. Jänner 2006, Zl. BauR-013451/2-2006-Ba/Vi, betreffend einen Entfernungsauftrag nach dem Oö. Straßengesetz (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Timelkam), zu Recht erkannt:

Normen

BauTG OÖ 1994 §32a idF 1998/103;
LStG OÖ 1991 §13 Abs2;
LStG OÖ 1991 §18 Abs1;
LStG OÖ 1991 §18 Abs2;
LStG OÖ 1991 §18 Abs3;
LStG OÖ 1991 §18;
LStG OÖ 1991 §3 Abs1;
VwRallg;
BauTG OÖ 1994 §32a idF 1998/103;
LStG OÖ 1991 §13 Abs2;
LStG OÖ 1991 §18 Abs1;
LStG OÖ 1991 §18 Abs2;
LStG OÖ 1991 §18 Abs3;
LStG OÖ 1991 §18;
LStG OÖ 1991 §3 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer gehört die Liegenschaft Schillerstraße 21 in der mitbeteiligten Marktgemeinde. Als Einfriedung dieser Liegenschaft zum öffentlichen Gut Schillerstraße und zur seitlichen Nachbarliegenschaft (OKA-Siedlungsstraße 39) dient ein 1,85 m hoher Gartenzaun; es besteht auf dieser Straßenseite kein Gehsteig.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 24. September 2004 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, den von ihm entgegen der Bestimmung des § 18 Abs. 1 Oö. Straßengesetz 1991 entlang der Schillerstraße errichteten Zaun binnen zwei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 2004 hob die belangte Behörde den Berufungsbescheid auf Grund einer Vorstellung des Beschwerdeführers auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde Timelkam zurück. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei ein Auftrag zur Beseitigung unzulässig, wenn mit weniger einschneidenden Maßnahmen dasselbe Ziel erreicht werden könne, die gänzliche Entfernung also nicht das einzige Mittel darstelle, um einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit zu begegnen. Könne durch eine Zurücknahme des Gartenzaunes auf eine Höhe von 80 cm die Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit beseitigt werden, dürfe die Behörde nicht die gänzliche Entfernung des Zaunes verfügen.

Die belangte Behörde beanstandete im ersten Rechtsgang auch, dass das den Gemeindebescheiden zu Grunde liegende Gutachten keine tatsächlichen Feststellungen und Schlussfolgerungen erkennen lasse. Schließlich verwies sie auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Einfriedung in der vorliegenden Form seit mehr als 25 Jahren bestehe. Im Hinblick auf das Inkrafttreten des Oö. Straßengesetzes mit 1. August 1991 sei entscheidend, wann der Bau oder die sonstige Anlage tatsächlich errichtet werden.

Im zweiten Rechtsgang holte die Straßenbehörde der mitbeteiligten Marktgemeinde das Gutachten eines Sachverständigen der Abteilung Verkehrstechnik der belangten Behörde vom 3. August 2005 ein. In seinem Befund stellte der Sachverständige fest, dass der Zaun aus einem 0,5 m hohen Betonsockel bestehe, auf dem senkrecht an der Schmalseite zusammengefügte Bretter aufgesetzt seien. Der Zaun sei nicht durchschaubar. Auch an der seitlichen Abgrenzung zum Nachbargrundstück sei ein undurchsichtiger Bretterzaun in gleicher Höhe und Ausführung errichtet. Der Lenker eines Fahrzeuges, der vom Garagenvorplatz in die Schillerstraße einfahre, müsse etwa 2,0 m in die Schillerstraße einfahren, um ausreichende Sicht auf den Verkehr von links zu haben. Damit verbleibe auf der Schillerstraße nur mehr eine Nutzungsbreite von 4,2 m, was für eine Straße mit Gegenverkehr als zu gering anzusehen sei.

Im Gutachten führte der Sachverständige aus, dass, um ein gefahrloses Ausfahren zu gewährleisten, die Sicht auf den Querverkehr von links mindestens die Länge der Anfahrsichtweite von 30 m betragen müsse. Dies könne durch die teilweise Entfernung der Zaunbretter bis zur gegebenen Durchsicht oder durch die Reduzierung der Höhe auf maximal 0,8 m über der Fahrbahn erreicht werden. Eine solche Maßnahme betreffe den gesamten Zaun in seiner Länge von 14,5 m entlang der Schillerstraße und den der Straße am nächsten liegenden Teil des Zaunes zwischen den Grundstücken des Beschwerdeführers und dem Nachbargrundstück in einer Tiefe von 2 m. Wenn entweder der Zaun bis eine Höhe von 0,8 m über der Fahrbahn gekürzt werde oder der Zaun entlang der Schillerstraße und zwischen den Liegenschaften Schillerstraße 21 und OKA-Siedlungsstraße 39 bis in eine Tiefe von 2 m von der Straßengrenze derart abgeändert werde, dass lediglich jedes dritte Brett des Bretterzaunes bestehen bleibe, würde eine ausreichende Sicht auf den Querverkehr von links bestehen.

Die Anbringung eines Verkehrsspiegels werde nicht empfohlen, da dieser wegen Beschlagens mit Feuchtigkeit bzw. Vereisung nur zu 70 % bis 80 % des Jahres einsehbar sei. Derartige Verkehrsspiegel würden, da sie einen großen Beobachtungswinkel aufweisen, die tatsächliche Entfernung als entfernter vortäuschen.

Auf Grund dieses Gutachtens beantragte die Straßenverwaltung (der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde) mit Schreiben vom 10. August 2005 eine "Abänderung" entsprechend diesem Gutachten oder Beseitigung der entgegen § 18 Abs. 1 Oö. StraßenG errichteten Einfriedung.

In seiner Stellungnahme zum Gutachten rügte der Beschwerdeführer zunächst, dass er dem Ortsaugenschein nicht beigezogen worden sei. Es seien keine Feststellungen getroffen worden, wie sich der Garagenvorplatz in der Natur darstelle und in welcher Form die angegebene Entfernung gemessen worden sei. Mit Rücksicht auf die mangelnde Beschreibung der Örtlichkeit lasse sich die Angabe nicht nachvollziehen, dass man 2 m in die Schillerstraße einfahren müsse. Es sei auch nicht erhoben worden, seit wann eine Einfriedung in dieser Art auf seinem Grundstück tatsächlich bereits bestehe; er verwies auf sein schon früheres Vorbringen, dass die Einfriedung in der vorliegenden Form wesentlich länger als 25 Jahre bestehe. Verkehrsspiegel stellten eine gesetzlich vorgesehene Einrichtung zur Sicherung des Verkehrs dar; die Aussage, dass Verkehrsspiegel nur zu 70 % bis 80 % des Jahres einsehbar seien, sei durch nichts begründet. Sollte dies der Fall sein, müsse sich der Ausfahrende eines Einweisers bedienen.

Mit seiner Stellungnahme legte der Beschwerdeführer zwei Fotos vor, die die vorhandene Einfriedung auf seinem Grundstück vor rund 30 und 20 Jahren zeigten. (Ein weiters an dieser Stelle im Akt befindliches Foto ist mit dem Vermerk "neu" versehen.)

Mit Bescheid vom 23. September 2005 trug der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer auf, den errichteten Zaun binnen zwei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides entweder

  1. a) zu entfernen, oder
  2. b) den Zaun auf eine Höhe von 0,8 m über der Fahrbahn zu kürzen, oder

    c) den Zaun entlang der Schillerstraße (14,5 m) und zwischen den Liegenschaften Schillerstraße 21 und OKA-Siedlungsstraße 39 bis in eine Tiefe von 2 m von der Straßengrenze so zu ändern, dass lediglich jedes dritte Brett des Bretterzaunes bestehen bleibe.

    Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

    Die Berufungsbehörde stellte fest, dass sich im fraglichen Bereich schon vor Inkrafttreten des Oö. Straßengesetzes 1991 eine Einfriedung befunden hatte. Die gegenständliche konkrete Einfriedung sei erst nach Inkrafttreten dieses Gesetzes an Stelle einer höheren alten Einfriedung errichtet worden, was dadurch belegt sei, dass der Beschwerdeführer am 6. Juni 2002 eine Bauanzeige erstattet habe. Das eingeholte Gutachten sei nachvollziehbar und ausreichend; dass durch einen 1,85 m hohen kompakten Zaun eine massive Sichtbehinderung verursacht werde, werde auch vom Beschwerdeführer letztlich zugestanden. Im Sinne des § 18 Oö. StraßenG dürften Einfriedungen nur unter der Voraussetzung zugelassen werden, dass diese die gefahrlose Benützbarkeit der Verkehrsfläche nicht beeinträchtigten; wenn der Beschwerdeführer einen Verkehrsspiegel fordere, gestehe er selbst, dass der von ihm errichtete Zaun die gefahrlose Benützbarkeit beeinträchtige, da andernfalls der Verkehrsspiegel gar nicht erforderlich wäre. Außerdem bilde ein Verkehrsspiegel nur einen unzureichenden Ersatz für die direkte Sicht auf den Querverkehr.

    Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge. Hinsichtlich des Errichtungszeitpunktes verwies die belangte Behörde auf die vorgelegten Fotoaufnahmen; in Anbetracht des Fotos mit der Bezeichnung "neu" sei auch für einen Laien offenkundig, dass es sich bei der hier in Rede stehenden Einfriedung zweifelsohne um eine Neuerrichtung gehandelt habe. Es bestehe hinsichtlich der Ausführung ein wesentlicher Unterschied zwischen dem neuen Zaun und dem Altbestand. Von einer bloßen Sanierung könne nicht ausgegangen werden. Der Fall, dass an Stelle der alten Einfriedung eine neue Einfriedung errichtet werde, werde von § 18 Abs. 3 Oö. StraßenG nicht erfasst.

    Eine Zustimmung im Sinne des § 18 Abs. 1 Oö. StraßenG liege nicht vor, diesbezüglich habe der Beschwerdeführer auch kein Ansuchen bei der Straßenverwaltung eingebracht. Daher sei zu Recht ein Verfahren nach § 18 Abs. 2 Oö. StraßenG eingeleitet worden. Der vom Beschwerdeführer gewünschte Verkehrsspiegel würde, wie der Sachverständige ausgeführt hat, nur einen unzureichenden Ersatz für die direkte Sicht auf den Querverkehr darstellen. Es sei aber eine dauerhafte Sicht auf den vorbeifließenden Verkehr der Schillerstraße gefordert.

    In seiner dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf den Bestand von Bauten an öffentlichen Straßen verletzt. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

    Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe entlang der Schillerstraße keinen neuen Zaun errichtet, sondern einen seit über 40 Jahren bestehenden saniert, worauf er im Verfahren mehrmals aufmerksam gemacht habe. Die bestehende Betonsockelmauer sei unverändert geblieben, lediglich die darauf angebrachten Holzsteher bzw. -bretter seien erneuert worden, dies sei zur Gewährleistung der Sicherheit und Festigkeit unumgänglich gewesen. Es sei durch die Sanierung zu keiner Änderung der Art, des Umfangs, der Höhe oder einer allenfalls gegebenen Sichtbehinderung gekommen.

Aber auch eine Neuerrichtung an Stelle des bestehenden Zaunes hätte an der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 3 Oö. StraßenG 1991 nichts geändert. Würde man der Auslegung der belangten Behörde folgen, so wäre diese Bestimmung verfassungswidrig, da sie in bestehende Rechte eingreife und den Gleichheitssatz und den Schutz des Eigentums verletze. Die verfassungskonforme Auslegung des § 18 Abs. 3 StrG gebiete, dass lediglich die gänzliche Neuerrichtung von Bauten und Anlagen neben öffentlichen Straßen unter dem Gesichtspunkt der Benützbarkeit der Straßen zu prüfen sei. Ein Eingriff in bestehende Rechte, insbesondere durch Demolierungsaufträge, sei nicht gerechtfertigt.

Die Beseitigung von entgegen § 18 Oö. StraßenG 1991 errichteten Bauten und Anlagen sei dem Eigentümer über Antrag der Straßenverwaltung von der Behörde mit Bescheid aufzutragen. Ein solcher Antrag liege nicht vor, da im Schreiben des Bürgermeisters vom 10. August 2005 kein ausreichend bestimmter Antrag erblickt werden könne, es gäbe lediglich einen Hinweis auf das Sachverständigengutachten, dieser Hinweis sei zu unbestimmt.

Die Voraussetzung für eine Zustimmungserteilung gemäß § 18 Abs. 1 Oö. Straßengesetz 1991 lägen vor, auf eine Antragstellung komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Wenn die Zustimmung jedenfalls zu erteilen wäre, sei ein Beseitigungsauftrag unberechtigt.

Es seien keine Feststellungen getroffen worden, ob die gefahrlose Benützbarkeit der Schillerstraße gefährdet sei; bislang sei es zu keiner Beanstandung oder Beeinträchtigung des Straßenverkehrs gekommen, zumal es sich bei der Schillerstraße um eine Wohnstraße handle. Einfriedungen dieser Art, Höhe und Gestaltung seien ortsüblich. Der Beschwerdeführer habe Anspruch auf Gleichbehandlung mit den anderen Liegenschaftseigentümern ähnlicher Einfriedungen.

Die Straßenbehörde sei verpflichtet, das gelindeste Mittel zur Behebung der allenfalls gegebenen Sichteinschränkung einzusetzen. Hiebei hätte sich die Behörde eines ausdrücklich im Gesetz vorgeschriebenen Hilfsmittels, einem Verkehrsspiegel, zu bedienen. Die Argumente des Sachverständigen gegen dessen Verwendung seien unverständlich und widersprächen der allgemeinen Lebenserfahrung eines Verkehrsteilnehmers. Des Weiteren könnte ein Blumentrog in der Nähe des Zaunes zu einer Erweiterung des Sichtfeldes des Ausfahrenden führen, da dieser ein weiteres, gefahrloses Einfahren in die Schillerstraße gewährleisten würde. Es seien keine substantiierten Feststellungen getroffen worden, inwieweit der Zaun eine gefahrlose Benützung der Schillerstraße beeinträchtige. Auf Grund des geringen Verkehrs und, da nur ein Liegenschaftseigentümer betroffenen sei, käme es nur vereinzelt zu Berührungsmomenten zwischen dem Straßenverkehr und dem ausfahrenden Liegenschaftseigentümer.

Der für die Errichtung von Bauten und Anlagen an öffentlichen Straßen maßgebliche § 18 Oö. StraßenG 1991 idF LGBl. Nr. 82/1997 (StrG) lautet:

"(1) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, dürfen Bauten und sonstige Anlagen, wie lebende Zäune, Hecken, Park- und Lagerplätze, Teiche, Sand- und Schottergruben, an öffentlichen Straßen, ausgenommen Verkehrsflächen gemäß § 8 Abs. 2 Z. 3, innerhalb eines Bereichs von acht Metern neben dem Straßenrand nur mit Zustimmung der Straßenverwaltung errichtet werden. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn dadurch die gefahrlose Benützbarkeit der Straße nicht beeinträchtigt wird. Wird die Zustimmung nicht oder nicht binnen einer Frist von sechs Wochen ab schriftlicher Antragstellung erteilt, entscheidet über die Zulässigkeit die Behörde mit Bescheid, wobei in diesem Verfahren der Straßenverwaltung Parteistellung zukommt.

(2) Die Beseitigung von entgegen des Abs. 1 errichteten Bauten oder Anlagen ist dem Eigentümer über Antrag der Straßenverwaltung von der Behörde mit Bescheid aufzutragen.

(3) Der Bestand von Bauten und Anlagen, die nach früheren straßenrechtlichen Bestimmungen rechtmäßig errichtet wurden, wird durch die vorstehenden Bestimmungen nicht berührt."

Im Sinne des § 18 Abs. 3 StrG ist zunächst zu prüfen, ob hier ein Bau vorliegt, der nach früheren straßenrechtlichen Bestimmungen rechtmäßig errichtet wurde. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang - einen genauen Errichtungszeitpunkt des ursprünglichen Zaunes gibt der Beschwerdeführer nicht an - auf § 22 Oö. Landesstraßenverwaltungsgesetz 1975, LGBl. 22/1975, wonach (Abs. 1) Zäune entlang einer öffentlichen Straße nicht mehr als 2 m über der Fahrbahn hoch sein durften und (Abs. 6) Zäune, welche die Sicht behinderten oder sonstige Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit hervorriefen, auf Antrag der Straßenverwaltung gegen angemessene Entschädigung zu beseitigen oder abzuändern waren.

Dazu bringt der Beschwerdeführer vor, dass er den bestehenden Zaun im Frühjahr 2002 in Entsprechung seiner Instandhaltungspflicht saniert hat, während die Behörden davon ausgingen, er habe beginnend am 29. Mai 2002 die gegenständliche Einfriedung "errichtet".

Zur Beantwortung der Frage, ob eine "Sanierung" bzw. "Instandsetzung" eines Zaunes eine "Errichtung" im Sinne des § 18 Abs. 3 StrG darstellen kann, muss auf die vergleichbare baurechtliche Terminologie eingegangen werden. Nach § 32a Oö. BautechnikG in der Fassung LGBl. Nr. 103/1998 ist ein Neubau die Herstellung eines Gebäudes, und zwar auch dann, wenn nach Abtragung bestehender baulicher Anlagen alte Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden. Bezogen auf § 18 StrG erscheint es angebracht, bei Zäunen darauf abzustellen, ob unter Verwendung des alten Betonsockels eine Neuherstellung erfolgte, sodass - analog zum Gebäude - auch in einem solchen Fall von einer "Neuerrichtung" gesprochen werden kann. Gerade eine ausgewogene Bedachtnahme auf den in § 18 Abs. 3 StrG gewährten Bestandschutz einerseits, die in § 18 Abs. 1 StrG normierten Interessen an einer gefahrlosen Benützung der Straße andererseits, fordert eine derartige Betrachtungsweise: § 18 Abs. 3 StrG nimmt eben nur beim "Bestand" in Kauf, dass die Interessen des Straßenverkehrs unberücksichtigt bleiben; wenn sich aber gerade im entscheidenden Bereich oberhalb des Sockels die Ausführung zur Gänze ändert, besteht kein berücksichtigungswürdiges Interesse daran, die seit 1991 bestehende Rechtslage unbeachtet zu lassen.

In der Beschwerde wird dargelegt, dass die bestehende Betonsockelmauer unverändert blieb und lediglich darauf angebrachte Holzsteher bzw. Bretter in Entsprechung der Erhaltungspflicht erneuert worden seien. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos ist eindeutig erkennbar, dass ein ursprünglicher Pfostenzaun mit deutlichen Abständen durch einen dichten Bretterzaun ersetzt wurde. Ausgehend von den obigen Darlegungen kann den Verwaltungsbehörden nicht entgegen getreten werden, wenn sie diesen Sachverhalt als "Errichtung" im Sinne des § 18 Abs. 3 StrG beurteilt haben.

Der Zaun wurde an der Straßengrundgrenze errichtet, also unstrittig innerhalb des von § 18 Abs. 1 StrG erfassten Acht-Meter-Bereiches. Dieser Zaun ist auch ein "Bau" im Sinne des § 2 Z. 2 BauTG, weil zu seiner werkgerechten Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich sind.

Das Gesetz sieht nun vor, dass eine solche Errichtung einer Zustimmung der Straßenverwaltung bedarf; erst wenn die Zustimmung verweigert wird, muss die Behörde über die Zulässigkeit der Errichtung entscheiden. Hier wurde aber nicht über die Zulässigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 StrG entschieden, sondern ein Entfernungsauftrag nach § 18 Abs. 2 StrG erteilt. Voraussetzung eines solchen Auftrages ist es, dass ein Bau entgegen Abs. 1 errichtet wurde; entgegen Abs. 1 ist ein Bau errichtet, wenn weder eine Zustimmung vorliegt noch die Zulässigkeit mit Bescheid der Behörde festgestellt wurde.

Hier wurde weder die Zustimmung erteilt noch die Zulässigkeit bescheidmäßig ausgesprochen; auch die dritte Voraussetzung eines Beseitigungsauftrages nach § 18 Abs. 2 StrG, die Antragstellung durch die Straßenverwaltung, liegt hier vor: Der Antrag vom 10. August 2005 richtet sich auf die Beseitigung der auf dem gegenständlichen Grundstück errichteten Einfriedung. Darüber hinausgehende Bestimmtheitserfordernisse eines solchen Antrages sind dem Gesetz nicht zu entnehmen.

"Entgegen des Abs. 1" sind Bauten dann errichtet, wenn sie der einzigen dort genannten materiellen Anforderung, der Nichtbeeinträchtigung der gefahrlosen Benützbarkeit der Straße, nicht entsprechen.

In seinem Erkenntnis vom 16. April 1998, Zl. 97/05/0340, verwies der Verwaltungsgerichtshof auf den bei Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht4, 807 (jetzt: 5. Auflage, 1190), wiedergegebenen Ausschussbericht, wonach die Errichtung von Bauten von wesentlichen Einfluss auf die Benutzbarkeit der öffentlichen Straße, somit auf die Gewährleistung des bestimmungsgemäßen Verkehrs unter dem Aspekt der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sein kann und es daher gerechtfertigt sei, die Errichtung von Bauten unter dem Gesichtspunkt der Benützbarkeit der Straßen zu prüfen. Zur Aufhebung des damals bei ihm angefochtenen Bescheides gelangte der Verwaltungsgerichtshof deshalb, weil mangels diesbezüglicher Feststellungen die Frage der Benützbarkeit der Straße nicht abschließend beurteilt werden konnte.

Hier wurde ein Gutachten eingeholt, das konkrete Feststellungen über die örtlichen Gegebenheiten und über den Sichtbereich für den Lenker eines aus der Ausfahrt am Nachbargrundstück kommenden Fahrzeuges getroffen hat. Auf Grund dieser Umstände gelangte der Sachverständige zum Ergebnis, dass, um ein gefahrloses Ausfahren vom Garagenvorplatz in die Straße zu gewährleisten, die Sicht auf den Querverkehr von links mindestens die Länge der Anfahrsichtweite, also 30 m betragen müsse. Diesem Gutachten ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten; seine Ausführungen in der Beschwerde, dass die Schillerstraße eine Wohnstraße sei und dass keine Erhebungen über die Unfallhäufigkeit gepflogen worden seien, können das gewonnene Beweisergebnis, wonach die gefahrlose Benützbarkeit beeinträchtigt sei, nicht widerlegen. Auch die Frage, ob Einfriedungen in dieser Art, und zwar in Höhe und Gestaltung, ortsüblich seien, kommt es nicht an, weil ortsübliche Einfriedungen vom Anwendungsbereich des § 18 Abs. 2 StrG nicht ausgenommen sind.

Die belangte Behörde hat im ersten Rechtsgang, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der anzuwendenden Mittel folgend, den Berufungsbescheid deshalb aufgehoben, weil auf eine Reduzierung der Zaunhöhe nicht Bedacht genommen worden ist. Dem ist die Berufungsbehörde gefolgt und hat auch eine weitere Alternative aufgezeigt. Mit seinem Ansinnen, der bestehenden Gefahr könne durch die Anbringung eines Verkehrsspiegels begegnet werden, verkennt der Beschwerdeführer, dass § 18 StrG allein die Beseitigung des durch eine Bauführung an der Straßengrundgrenze geschaffenen Gefahrenherdes im Auge hat. Darauf, ob dieser Gefahrenquelle auch durch andere Maßnahmen - denkbar wäre etwa eine Ampelanlage - begegnet werden kann, stellt das Gesetz nicht ab.

Als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, dass er der Befundaufnahme durch den Sachverständigen nicht beigezogen wurde und dass das Gutachten entgegen seinem Antrag vom 24. August 2005 nicht mit dem Sachverständigen erörtert wurde. In diesem Schriftsatz hat der Beschwerdeführer das Beweisergebnis, der Lenker eines Fahrzeuges, der vom Garagenvorplatz in die Schillerstraße einfahre, etwa 2 m einfahren müsse, um ausreichend Sicht auf den Verkehr von links zu haben, bestritten; gerade diesbezüglich wäre es aber seine Sache gewesen, durch ein Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene diesem Beweisergebnis entgegen zu treten. Jedenfalls bestand auf Grund der bloßen Bestreitung keine Veranlassung für die Behörde, das Gutachten in irgendeiner Weise ergänzen zu lassen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unberechtigt, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. Juni 2008

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