VwGH 2006/01/0641

VwGH2006/01/064111.12.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, in der Beschwerdesache der G R (geboren 1973) in W, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. August 2006, Zl. 215.953/8-IX/27/04, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres),

Normen

AsylG 1997 §10;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1997 §10;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Der dritte Spruchabschnitt des angefochtenen Bescheides, mit dem die Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG), aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien, Provinz Kosovo, ausgewiesen wurde, wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist (ausgehend vom angefochtenen Bescheid) Staatsangehörige von Serbien, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Sie reiste gemeinsam mit ihrer minderjährigen Tochter Arbenita Kuqi (geboren am 19. Mai 1998) am 1. Juni 1999 in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Für ihre minderjährige Tochter stellte die Beschwerdeführerin einen Erstreckungsantrag nach § 10 AsylG (idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 101/2003).

Mit dem im fortgesetzten Verfahren nach dem hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2002, Zl. 2000/01/0373, im Instanzenzug ergangenen und vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. August 2006 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den - ihren Asylantrag abweisenden - Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Juni 2004 gemäß § 7 AsylG abgewiesen (erster Spruchabschnitt), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Serbien, Provinz Kosovo zulässig ist (zweiter Spruchabschnitt) und die Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien, Provinz Kosovo, ausgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde zum dritten Spruchabschnitt nach Wiedergabe von § 8 Abs. 2 AsylG und Art. 8 EMRK aus, die Beschwerdeführerin habe zwar in ihrer Berufung gerügt, dass die Erstbehörde keinerlei Ermittlungen zu familiären Anknüpfungspunkten in Österreich angestellt habe. Sie habe aber selbst nicht behauptet, dass es solche Anknüpfungspunkte gebe und sei unentschuldigterweise nicht zur Berufungsverhandlung erschienen. Da sich daher keine Hinweise ergeben hätten, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin gegen Art. 8 EMRK verstoße, sei die Ausweisung nach "Serbien (Provinz Kosovo)" auszusprechen gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zu I.:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits erkannt, dass in einem Fall wie dem vorliegenden eine Ausweisung, die es - nach der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage - möglich erscheinen lässt, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der asylrechtlichen Ausweisung das Bundesgebiet ohne ihre minderjährige Tochter zu verlassen hat, einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Familienleben der Beschwerdeführerin mit ihrer minderjährigen Tochter darstellt, welcher einer Rechtfertigung bedürfte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2008, Zl. 2007/01/1060, mit Verweis auf die hg. Erkenntnisse vom 12. Dezember 2007, Zl. 2007/19/1054, und vom 16. Jänner 2008, Zl. 2007/19/0851, sowie auch das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2008, Zl. 2006/19/1276).

In der Begründung des angefochtenen Bescheides zum dritten Spruchabschnitt findet sich jedoch keinerlei Hinweise auf die minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin und deren Asylerstreckungsantrag und daher auch keine nach der obzitierten Rechtsprechung erforderliche Rechtfertigung. (Dass der angefochtene Bescheid ebenso unerwähnt lässt, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme durch das Bundesasylamt am 14. Juli 1999 vorgebracht hat, ihrem Mann nach Österreich gefolgt zu sein, um ihn "zurückzuhaben", erscheint im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht relevant, da die Beschwerdeführerin weiter vorgebracht hat, dieser lebe "gegenwärtig mit einer anderen Frau").

Der dritte Spruchabschnitt des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff

VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerde wirft - soweit sie sich auf den ersten und zweiten Spruchabschnitt des angefochtenen Bescheides bezieht - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde insoweit abzulehnen.

Wien, am 11. Dezember 2008

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