Normen
AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZustG;
AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZustG;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, stellte am 14. Dezember 2001 einen Asylantrag.
Mit Bescheid vom 13. November 2002 wies das Bundesasylamt diesen Asylantrag gemäß § 7 AsylG ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ghana gemäß § 8 AsylG für zulässig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nach zwei erfolglosen Zustellversuchen (am 18. und 19. November 2002) an der Zustelladresse 1100 Wien, B-Gasse 178/5, durch Hinterlegung beim Postamt 1102 am 20. November 2002 zugestellt. Die hinterlegte Sendung wurde in der Folge als nicht behoben an das Bundesasylamt retourniert. Der genannte Bescheid des Bundesasylamtes blieb unbekämpft.
Am 19. Dezember 2002 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Asylantrag, den das Bundesasylamt mit Bescheid vom 22. Juli 2003 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückwies.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG ab.
Zur Begründung führte die belangte Behörde unter anderem aus, der Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. November 2002 sei mit 5. Dezember 2002 in Rechtskraft erwachsen. Da dem neuerlichen Asylantrag kein "neuer bzw. wesentlich veränderter Sachverhalt in Bezug auf die im Erstverfahren relevierten Umstände bzw. eine neue Rechtslage zugrunde liegt, war die Berufung gegen die Zurückweisung des neuerlichen Asylantrages wegen entschiedener Sache seitens des Bundesasylamtes zu verwerfen".
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Aktenvorlage der belangten Behörde - erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt (unter anderem) vor, der Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. November 2002 sei nicht rechtskräftig geworden, weil ihm dieser Bescheid "nie zugestellt wurde und dieser Mangel auch keine Heilung erfuhr". Aus dem Akt sei ersichtlich, dass er (Beschwerdeführer) seinen Hauptwohnsitz mit 25. Oktober 2002 nach 1030 Wien, O-Gasse 22/3, verlegt habe. In der B-Gasse habe er sich im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides bereits seit drei Wochen nicht mehr regelmäßig aufgehalten; an der Wohnungstür und im Hauseingangsbereich habe sich (damals) auch kein Namensschild befunden, welches auf seinen (regelmäßigen) Aufenthalt hätte schließen lassen. Der Bescheid sei ihm daher nicht rechtswirksam zugestellt worden.
Mit diesem Vorbringen macht der Beschwerdeführer geltend, dass er seine Abgabestelle mit 25. Oktober 2002 geändert und im Zeitpunkt der Bescheidzustellung an der Adresse 1100 Wien, B-Gasse 178/5, keine Abgabestelle (mehr) gehabt habe. Dieses Vorbringen als wahr unterstellt hätte an der zuletzt genannten Adresse eine wirksame Zustellung nicht erfolgen können, weshalb der Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. November 2002 keine Rechtswirkungen entfaltet hätte. Dies würde einer Zurückweisung des (neuerlichen) Asylantrages vom 19. Dezember 2002 die Grundlage entziehen (vgl. insoweit etwa die hg. Erkenntnisse vom 12. April 2005, Zl. 2004/01/0491, und vom 27. April 2006, Zl. 2005/20/0645).
Daher hat der Verwaltungsgerichtshof auch schon ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es in einem über einen Folgeantrag geführten Verfahren Aufgabe der Asylbehörden ist, sich mit der Zustellung des das Erstverfahren beendenden Bescheides näher auseinander zu setzen. Gibt die Aktenlage ausreichend Anlass, Überlegungen zur Wirksamkeit der Zustellung anzustellen und allenfalls auch entsprechende Ermittlungen vorzunehmen, so bewirkt deren Unterbleiben - ungeachtet des Umstandes, dass die Partei diese Frage im Verwaltungsverfahren nicht releviert hatte - einen wesentlichen Verfahrensmangel, der in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig aufgezeigt werden kann (vgl. das genannte Erkenntnis Zl. 2005/20/0645).
Die Asylbehörde erster Instanz holte vor Zustellung des Bescheides vom 13. November 2002 keine Auskunft aus dem Zentralen Melderegister ein. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde dem Bundesasylamt auf Grund des (neuerlichen) Asylantrages am 19. Dezember 2002 aber (vom Zentralen Melderegister) bestätigt, dass der Beschwerdeführer seit 25. Oktober 2002 mit Hauptwohnsitz an der Adresse 1030 Wien, O-Gasse 22/3, gemeldet war und eine Hauptwohnsitzmeldung an der (früheren) Adresse 1100 Wien, B-Gasse 178/5, nur von 5. März bis 25. Oktober 2002 vorlag; dieser Sachverhalt ist auch einem (in den Verwaltungsakten befindlichen) AIS-Auszug vom 19. Dezember 2002 zu entnehmen.
Auch wenn der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ein Vorbringen, welches die Rechtswirkungen der Zustellung des Bescheides (vom 13. November 2002) in Frage gestellt hätte, nicht erstattete, wäre es ungeachtet dessen Aufgabe der Asylbehörden gewesen, sich mit der Wirksamkeit der Zustellung des das Erstverfahren beendenden Bescheides näher auseinander zu setzen, zumal die Aktenlage für eine Änderung des Hauptwohnsitzes (der Abgabestelle) ausreichend Anlass gab. Der Beschwerdeführer wurde bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 22. Juli 2003 über die Zustellung des Bescheides vom 13. November 2002 nicht befragt. Auch die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid ohne nähere Begründung und ohne darüber Ermittlungen anzustellen lediglich fest, der erstinstanzliche Bescheid sei "am 5. Dezember 2002 in Rechtskraft erwachsen". Das Unterbleiben klärender Ermittlungstätigkeit über die Wirksamkeit der Zustellung des Bescheides vom 13. November 2002 stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 und 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 28. Februar 2008
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