VwGH 2003/13/0137

VwGH2003/13/01371.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, in der Beschwerdesache 1. des W, 2. des R, 3. des B, 4. des T, 5. des M, 6. des B, 7. des S,

8. des M, 9. des L und 10. des D, alle in W und alle vertreten durch ALTA Wirtschaftstreuhandgesellschaft Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1020 Wien, Praterstraße 62-64, gegen die Erledigung des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 23. Oktober 2003, Zl. RV/3383- W/02, betreffend Unterbleiben einer Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1985 bis 1991, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §188;
BAO §191 Abs3 litb;
VwGG §34 Abs1;
BAO §188;
BAO §191 Abs3 litb;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von (insgesamt) EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der angefochtenen Erledigung wurde die u.a. von den zehn Beschwerdeführern erhobene Berufung gegen sieben erstinstanzliche Bescheide vom 13. Dezember 2001, betreffend Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1985 bis 1991, als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, die angefochtenen Bescheide blieben unverändert.

Die erstinstanzlichen Bescheide waren an die zehn Beschwerdeführer sowie an Barbara B., alle vertreten durch eine Wirtschaftstreuhandgesellschaft, "als ehem. Gesellschafter der Miteigentümergemeinschaft S." adressiert. Sie stellten die jeweils "erzielten Einkünfte ... gem. § 188 BAO" mit S 0,-- fest, weil eine Überprüfung ergeben habe, dass Liebhaberei vorliege. Als Beteiligte mit einem Anteil von jeweils S 0,-- waren jeweils die zehn Beschwerdeführer und Barbara B. angeführt.

Die Berufung gegen diese Bescheide wurde von der Wirtschaftstreuhandgesellschaft namens der elf im Berufungsschriftsatz vom 18. Jänner 2002 einzeln angeführten Bescheidadressaten (darunter Barbara B.) erhoben. In einer Berufungsergänzung vom 30. April 2002 und einem Antrag auf Senatsentscheidung vom 31. Jänner 2003 war die "Mandantschaft" bzw. der "Mandant" in gleicher Weise bezeichnet. In der Berufungsverhandlung am 23. September 2003 bezog sich der einschreitende Vertreter in wiederholten Wortmeldungen auf die Anzahl von elf Miteigentümern.

Am Ende der Berufungsverhandlung verkündete die Vorsitzende "die Berufungsentscheidung (Abweisung) samt den wesentlichen Entscheidungsgründen".

Die schriftliche Ausfertigung vom 23. Oktober 2003 erwähnt am Beginn der Entscheidungsgründe, bei der "Berufungswerberin" handle es sich "um eine aus 11 natürlichen Personen, infolge Parifizierung der Liegenschaft bis zum Zeitpunkt 30. September 1991 bestehende Hausgemeinschaft". Adressiert ist die Erledigung aber nur an die zehn Beschwerdeführer. Barbara B. scheint weder im Kopf der Erledigung noch im Rückschein über deren Zustellung an die Wirtschaftstreuhandgesellschaft - wo jeweils die zehn Beschwerdeführer genannt sind - auf.

Die Beschwerde geht darauf nicht ein und beginnt die Darstellung des Sachverhaltes mit dem Hinweis, bei den Beschwerdeführern handle es sich "um zehn natürliche Personen, die von 1985 bis zum Zeitpunkt der Parifizierung der Liegenschaft am 30. September 1991 eine Hausgemeinschaft bildeten".

Mit Berichterverfügung vom 4. August 2008 wurde den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Hinblick auf diese Aktenlage Folgendes vorgehalten:

"Die Beschwerde erscheint unzulässig, weil sie sich gegen einen Nichtbescheid richtet.

Für Feststellungsbescheide nach § 188 BAO gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Prinzip der Einheitlichkeit der Feststellung mit der Folge, dass eine solche Erledigung u.a. dann nicht Bescheidqualität erlangt, wenn sie nur an einzelne der Personen, gegenüber denen sie gemäß § 191 Abs. 3 lit. b BAO wirken soll, adressiert ist. Auch negative Feststellungsbescheide müssen die Gesamtheit dieser Rechtssubjekte erreichen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. März 2006, Zl. 2004/15/0048, m.w.N.; die teilweise Einschränkung des erwähnten Prinzips durch das Betrugsbekämpfungsgesetz 2006, BGBl. I Nr. 99, ist für den vorliegenden Fall noch nicht von Bedeutung).

Die angefochtene Erledigung richtet sich an zehn von elf Beteiligten und scheint daher - unabhängig davon, ob die Miteigentümergemeinschaft nach der Parifizierung im Sinne des § 191 Abs. 2 BAO als 'beendigt' anzusehen ist - kein Bescheid zu sein.

Die mündliche Verkündung ändert daran nichts, weil in Ermangelung einer in dieser Hinsicht ins Einzelne gehenden Protokollierung kein Hinweis darauf vorliegt, dass die schriftliche Ausfertigung der Erledigung vom mündlich Verkündeten abweicht. Läge eine solche Abweichung vor, so wäre die schriftliche Erledigung vom 23. Oktober 2003, gegen die sich die Beschwerde ausdrücklich richtet, nicht als Ausfertigung der mündlich verkündeten, sondern als neue Erledigung zu werten (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 18. November 1998, Zl. 98/03/0207, Slg. Nr. 15.026/A), wodurch sich hier am Ergebnis ebenfalls nichts ändern würde."

Die belangte Behörde führte dazu in ihrer Stellungnahme vom 25. August 2008 im Wesentlichen aus, es sei immer um "elf natürliche Personen (d.h. die zehn Beschwerdeführer und Barbara B.)" gegangen. Die Berufungsentscheidung sei u.a. "dem steuerlichen Vertreter sämtlicher elf ehemaligen an der HG Beteiligten verkündet" worden und somit nach Auffassung der belangten Behörde diesen elf Personen gegenüber rechtswirksam ergangen. "Lediglich" die schriftliche Ausfertigung der verkündeten Berufungsentscheidung sei auf Grund eines offensichtlichen Ausfertigungsfehlers versehentlich nur an zehn Miteigentümer adressiert gewesen. Im Fall der Zurückweisung der Beschwerde beabsichtige die belangte Behörde eine Zustellung der schriftlichen Ausfertigung an die ehemaligen Miteigentümer "nunmehr unter Nennung sämtlicher (elf) ehemals beteiligten Personen".

Die Beschwerdeführer nahmen mit Schriftsatz vom 11. September 2008 wie folgt Stellung:

"Bei der mündlichen Verkündigung des UFS-Bescheides war allen Anwesenden (so auch dem steuerlichen Vertreter der ehemaligen Miteigentümer der MEG) bekannt und bewusst, dass die Entscheidung an alle MEG-Beteiligten gerichtet ist und wohl nur bei der Bescheidausfertigung ein Versehen passiert ist. Die allfällige Qualifikation der von den Beschwerdeführern angefochtenen Erledigung als Nichtbescheid führt lediglich zu einer weiteren Verzögerung des ohnehin nicht mehr ganz jungen Verfahrens (1985- 1991), die Beschwerdeführer würden - ebenso wie der UFS - eine Entscheidung in der Sache vorziehen, wenn dem VwGH das in Hinblick auf seine Judikatur zu einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheiden möglich erscheint."

Zu dieser Stellungnahme der Beschwerdeführer ist - abgesehen davon, dass der Ausfertigungsfehler ihrem Vertreter nicht schon bei der Verkündung des Bescheides "bekannt und bewusst" sein konnte - anzumerken, dass die Beschwerde, die den Ausfertigungsfehler unerwähnt lässt, nur namens der Adressaten der schriftlichen Bescheidausfertigung eingebracht wurde und, wie dargestellt, die ausdrückliche Behauptung enthält, die Hausgemeinschaft habe aus diesen zehn Personen bestanden.

Geltend gemacht wird darüber hinaus - als letzter Kritikpunkt der Beschwerde - die Nichtigkeit der erstinstanzlichen Bescheide mit Rücksicht auf die darin enthaltene Bezeichnung ihrer Adressaten als "ehemalige Gesellschafter". Diese Beifügung sei unrichtig gewesen, weil eine Miteigentumsgemeinschaft keine "Gesellschaft" sei. Die Berufung habe sich daher "gegen einen Nichtbescheid" (gemeint: gegen Nichtbescheide) gerichtet, womit die Beschwerde im Ergebnis - nach Aufhebung der angefochtenen Erledigung - nicht eine "Entscheidung in der Sache", sondern die Zurückweisung der Berufung anstrebt.

Die schriftliche Erledigung vom 23. Oktober 2003, gegen die sich die Beschwerde ausdrücklich richtet, ist nach den Maßstäben der im Vorhalt vom 4. August 2008 zitierten hg. Rechtsprechung jedoch kein Bescheid. Die vorliegende Beschwerde war daher aus den im Vorhalt genannten Gründen gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 1. Oktober 2008

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